von Torsten Haeffner

«Kommt in die Gänge!»

In deutschen Medien machen Journalistinnen und Redaktorinnen mobil: Sie fordern eine Quote von 30 Prozent weiblichen Führungskräften in Redaktionen. Aber weshalb ausgerechnet eine Frauenquote? Es gibt zahlreiche andere gesellschaftliche Gruppen, die in den Medien auch unterrepräsentiert sind. Das Recht auf Führung erwirbt man nicht per Verordnung oder Quote.

Geht es um einen verordneten Frauenanteil in Führungspositionen, sind die Meinungen schnell gemacht: Die Befürworter versprechen sich von der zwangsweisen geschlechterspezifischen Besetzung von Führungspositionen mehr Gerechtigkeit. Die Gegner von Quoten sehen in verordneter Geschlechtergerechtigkeit eine Form der Diskriminierung oder lehnen jegliche Zwänge zur Durchsetzung von vermeintlicher Gleichheit generell ab.

Am 26. Februar war es wieder einmal soweit: Unter dem Titel «Frauen sind kein Problem, sondern die Lösung», verkündete Katharina Riehl in der «Süddeutschen Zeitung» kämpferisch: «In Deutschland gibt es viel zu wenig Frauen in Leitungsposten. Auch in Verlagshäusern, wie der SZ. Nun machen 350 deutsche Journalistinnen mobil – und fordern jetzt eine Frauenquote von 30 Prozent für Führungspositionen.»

In einem offenen Brief beklagen sich die Initiatorinnen von «Pro Quote» bei ihren Vorgesetzten, dass «nur zwei Prozent aller Chefredakteure der rund 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen Frauen» sind. Weiters monieren sie, dass von 12 Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks «lediglich drei weiblich» sind, mithin also 25 Prozent. Das Ziel der Journalistinnen ist, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens dreissig Prozent der Führungspositionen in den Redaktionen mit Frauen besetzt werden, und zwar auf allen Hierarchiestufen. «Schaffen Sie das?», fragen sie die Adressaten des Schreibens. Nichts spricht dafür.

Denn eine Lösung ist die Quote nicht. Hätten Frauen das Recht, Quoten im Journalismus oder in anderen Berufen durchzusetzen, dann stünde das gleiche Recht auch beispielsweise Ausländern, Christen, Muslimen etc. zu. Zumal wenn man Miriam Meckel ernst nimmt, die meint, die Quote wäre rechtens, «weil Medien täglich dazu beitragen, unsere Weltbilder zu entwerfen. Die sollten auch den Blick der Frauen enthalten». Und welche Gruppe hätte dann – frei nach Frau Meckel – nicht das Recht, ihren Blick in die Weltbilder der Leser zu projizieren?

Kriterium zur Beförderung auf einen Chefposten kann nicht die Zugehörigkeit zu irgendeiner Gruppierung sein: Führen kann und soll, wer in den für die jeweilige Publikation erfolgsentscheidenden Rubriken über die dafür erforderliche Qualifikation, Kompetenz und ergo Autorität verfügt.

Und wie steht es darum in deutschen Medien? Ein Quervergleich von führenden deutschen Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen ergibt – und das kann jeder selbst bei seinem Leib- und Magenblatt überprüfen: In erfolgsentscheidenden Ressorts (Innenpolitik, Internationales, Wirtschaft, Finanzen, Wissenschaft, Sport etc.) arbeiten fast ausschliesslich Männer. Frauen sind hier nur selten am Werk.

Sie publizieren dagegen vornehmlich Artikel von den vielen Nebenkriegsschauplätzen dieser Welt: also über Lokales, Gesellschaftsthemen, Beziehungsprobleme, die neueste Party-Location, Beauty-, Gesundheits- und Bewerbungstipps, Prominente, Mode, Lifestyle, Kultur, Literatur, TV und dergleichen mehr.

Wo also sollen sie denn herkommen, diese dreissig Prozent Frauen? Und warum arbeiten viel weniger Frauen als Männer in den jeweils matchentscheidenden Disziplinen?

Die Initiative «Pro Quote» verkennt: Das Recht auf Führung erwirbt man nicht per Verordnung oder Quote. Führen und Macht muss man wollen und die dafür in den Schlüsseldisziplinen erforderlichen Qualifikationen, Kompetenzen und Autorität muss man liefern. Haben sich Frauen einmal in den jeweiligen Schlüsseldisziplinen etabliert und beweisen sie die nötige Durchsetzungskraft, dann braucht es keine Quote. Die Journalistin Lena Ackermann skandiert auf pro-quote.de: «Kommt in die Gänge!» Das sollten sie wirklich wörtlich nehmen, die Damen.

Leserbeiträge

Lars: L 02. März 2012, 12:37

Die sollten auch den Blick der Frauen enthalten»

Blick der Frauen, gabs den nicht mal?

Ah nein, das war Blick für die Frau.

Thomas P 05. März 2012, 10:23

Auch Torsten Haeffners Meinung zu einem Frauenanteil in Führungspositionen scheint schnell gemacht worden zu sein. Er erkennt in einer Frauenquote eine ungerechte Bevorteilung von Frauen, einer Gesellschaftsgruppe wie „beispielsweise Ausländern, Christen, Muslimen etc.“, weshalb diese kein „Recht , ihren Blick in die Weltbilder der Leser zu projizieren“ hätten. Darüberhinaus seien diese sowieso vornehmlich in den „Nebenkriegsschauplätzen dieser Welt“ wie Beauty und Mode zugange und impliziert weiterhin, Frauen fehlen „in den Schlüsseldisziplinen erforderliche[n] Qualifikationen, Kompetenzen und Autorität“, sonst wären sie ja längst in Führungspositionen.

„Und warum arbeiten viel weniger Frauen als Männer in den jeweils matchentscheidenden Disziplinen?“

Wegen misogynen Einstellungen, wie Torsten Haeffner sie seinem Kommentar zu „Kommt in die Gänge!“ vertritt. Der status quo in Redaktionen von deutschen Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen, welcher durch jahrhunderte lange Diskriminierung von Frauen erst so ermöglicht wurde, erscheint ihm als eine Konsequenz von mangelnder „Qualifikation, Kompetenz und ergo Autorität“.

Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, rät er Frauen, den Aufruf „Kommt in die Gänge!“ wörtlich zu nehmen. Und zwar „wirklich“, als ob sie sich noch nicht ernsthaft genug bemüht hätten.

Frauen können’s nicht, und selbst wenn sie’s denn können, haben sie sich bislang nicht genug angestrengt.
Überkommene Einstellungen wie sie Torsten Haeffner äußert machen die Diskussion um eine Quote überhaupt erst notwendig.

Torsten Haeffner 05. März 2012, 18:17

Werter Thomas P.
Es wäre der Sache sicher mehr als dienlich, wenn Sie ein einziges stichhaltiges Argument anführen würden.

Ihre schon reichlich Grauschleier angesetzte These – „Die Frauen sind die Opfer, und alle anderen sind daran schuld.“ – bringt niemanden weiter.

Mit besten Grüssen
Torsten Haeffner

Hotcha 05. März 2012, 11:10

Kein einziger neuer Gedanke in dieser Meinungsäusserung zu einem Offenen Brief von vor einer Woche. Nicht originell, nicht aktuell – was wohl Ronnie Grob vom Bildblog bewogen haben mag, diesen leicht staubigen Artikel trotzdem in seine heutigen sieben „handverlesenen Links“ aufzunehmen? Weil Herr Grob selber hier Redaktor ist?

Es ist mir klar, dass die Medienwoche Starthilfe benötigt – noch hat sie sich nicht so ins Gespräch bringen können, wie es vermutlich ihrem Anspruch entspricht. Muss man aber deshalb gleich zu so verzweifelt anmutenden Aktionen greifen? Und das gar wiederholt? Und das mit einem Kommentar, der gegen Quote argumentiert, Leistung setze sich schon durch, man soll sie halt erbringen.

Das sollte auch hier gelten, die Herren (ja, ich habe dieses ‚die Damen‘ als herablassend empfunden).

Torsten Haeffner 05. März 2012, 18:21

Wert(e) Hotcha
Danke für Ihren Kommentar. Jedoch: Kein einziger weiterführender Gedanke, kein stichhaltiges Argument, nur Klage, Unterstellung und Verunglimpfung. Schade.

Trotzdem beste Grüsse
Torsten Haeffner

martin 05. März 2012, 16:21

Das wichtigste hat er vergessen:

Was ist mit den Arbeiterkindern? Und was mit den Ossis?

bert 05. März 2012, 16:30

Was für ein positivistischer Unsinn…

KH 05. März 2012, 17:06

Quoten haben noch nie irgendein Problem gelöst. Man ersetzt lediglich eine Diskriminierung durch eine andere – selbst wenn Leute nicht anhand von Geschlecht ihre Bewerber aussuchen, so müssen sie es ggf., wenn sich unter den Bewerbern nicht genügend qualifizierte Frauen befinden oder dies auch nur zu befürchten steht. Menschen haben auch unterschiedliche Interessen. Vielleicht mögen Frauen die entsprechenden Tätigkeiten einfach nicht, hmm?

Stattdessen wird pauschal vermutet: unterrepräsentiert -> diskriminiert. Vielleicht sollte das erstmal untersucht werden?

Mal davon abgesehen, dass die genannte Quote gerade mal einer Handvoll Frauen hilft.

Man sollte sich vielmehr Gedanken machen, warum Frauen in dem Beruf unterrepräsentiert sind, und dann bei den Ursachen ansetzen, anstelle an den Symptomen herumzudoktern. Verträgt sich die Tätigkeit vielleicht schlechter mit der Lebensplanung von Frauen? Dann ist durch eine Änderung der Arbeitsbedingungen viel mehr erreicht als durch irgendeine Quote.

Und die Frage, warum eine Frauenquote, wenn andere Gruppen ebenso unterrepräsentiert sind und keine Quote bekommen, halte ich für durchaus legitim.

bugsierer 05. März 2012, 17:34

ich kann es schon bald nicht mehr hören, dieses quotengedöns. und schon gar nicht, wenn es von figuren wie frauke ludowig verkündet wird. und ich kriege das nackte grauen bei dem selbstreferentiellen lobgesang, den das feminat bei pro-quote.de auf die damenwelt trällert. ein kompletter overload an fein ausgetextetem pr-sprech, null selbstkritik, kein mann kommt zu wort. peinlich.

zu frau meckel: warum wird die gute bei den journalisten eigentlich dermassen überbewertetet? wo immer „was mit medien“ im weitesten sinn verhandelt wird, wird frau meckel zitiert, und sei es nur zu ihrem social medialen burnout, den sie sogleich zum buchprojekt hochjazzt. was hat die gute eigentlich zu sagen? wofür steht sie? was eigentlich erklärt sie? – im vergleich zu ähnlich bekannten kommentatoren wie sascha lobo oder gunter dueck ist ihr output doch eher spärlich, trivial und nicht immer wirklich up to date.

Nele 05. März 2012, 18:56

Wie oft muss man es eigentlich noch erklären: die Frauenquote bringt nicht deshalb mehr Frauen in Führungspositionen, weil einfach minder qualifizierte Frauen per Zwang in Chefsessel bugsiert werden, sondern weil bei zwei GLEICHWERTIGEN BewerberInnen die weibliche Person bevorzugt wird. Es wird also nur das ungekehrt, was bis dato wohl oft der Regelfall war: dass bei zwei gleichwertigen Bewerbern der männliche genommen wurde.

KH 06. März 2012, 09:36

…womit man wieder die gleiche Art von Diskriminierung hat, nur andere Opfer. Nein, eigentlich hat man mehr Diskriminierung – schließlich müssen auch Unternehmen, die vorher nicht den Mann genommen haben, nun die Frau nehmen.

KH 06. März 2012, 09:40

Und was macht der Unternehmer, wenn er mal nicht genügend gleichwertige Frauen unter den Bewerbern hat, aber die Quote noch nicht erfüllt hat?

Genau. Er wählt minder qualifizierte Frauen.

Das passiert, wenn die Quote sich nicht daran orientiert, wie viele Frauen sich mit welcher Qualifikation beworben haben – wobei Letzteres schlichtweg nicht objektiv messbar ist.

Nele 06. März 2012, 11:32

@KH nein, denn das Verfahren MUSS nur so gemacht werden, bis die Wuote erreicht ist und ab da kann wieder jeder selbst entscheiden ohne weder Männer, noch Frauen zu diskriminieren. Was ist daran so schlimm? Und ich würde es auch nicht Diskriminierung nennen, das Wort ist zu hart. Es ist ja selten wahrscheinlich so, dass das bewusst von Arbeitgebern eine Entscheidung gegen eine Frau ist (was zb bei Rollstuhlfahrern oder dunkelhäutigen Menschen wahrscheinlicher erscheint). Die Quote soll doch nur unbewusste Traditionsmuster aufbrechen.

@KH das kann ich nicht beurteilen, halte es aber für ein Klischee. Verpflichtet ist er sicher nicht. Wenn es Gründe gibt, die die Qualifikation nachweisbar objektiv belegen, wird es sicher nicht so sein. Das wäre hirnrissig und ist definitiv nicht das Ziel einer Quote, sondern nur ein beliebtes Totschlagargent dagegen

KH 06. März 2012, 12:30

@Nele:

Ich antworte dem ersten Teil mal direkt:

„nein, denn das Verfahren MUSS nur so gemacht werden, bis die Wuote erreicht ist“

Also herrscht Diskriminierung von Männern, BIS die Quote erreicht worden ist. Danach herrscht wieder der Zustand, der vorher auch herrschte, also ggf. auch wieder Diskriminierung von Frauen.

„Es ist ja selten wahrscheinlich so, dass das bewusst von Arbeitgebern eine Entscheidung gegen eine Frau ist“

Die ersetzt wird durch eine bewusste Diskriminierung von Männern, so lange die Quote nicht erreicht wurde.

Der zweite Teil ist m. E. kein Klischee, sondern die logische Konsequenz. Was soll ein Arbeitgeber denn machen, der nicht genügend gleich qualifizierte Frauen unter den Bewerbern hat, aber von Gesetz wegen verpflichtet ist, eine bestimmte Quote zu erfüllen?
Es gibt eben KEINE Mittel, die Qualifikation nachweisbar objektiv zu belegen. Was mache ich denn, wenn vor mir eine Person mit ausgezeichneten Schulnoten sitzt, aber den Eindruck einer extrem verschüchterten Person macht, die den Kontakt mit Menschen scheut? Wie soll ich das vor irgendjemandem argumentieren, wenn die Person anschließend Diskriminierung ruft? Ich habe meine Gründe, aber wie soll ich den Eindruck beweisen, den ich selbst ja nur aus einem einstündigen Gespräch habe?

Hachja 10. März 2012, 14:24

Haben sich Frauen einmal in den jeweiligen Schlüsseldisziplinen etabliert und beweisen sie die nötige Durchsetzungskraft, dann braucht es keine Quote.

Putzig, diese Naivität älterer weißer Männer, die sich so gar nicht vorstellen können, was diese Attribute nur im Entferntesten mit ihrem Erfolg zu tun haben sollen.
Jeder [sic] ist doch eines Glückes Schmied und so! Frauen wollen wohl einfach nicht oder sind nicht gut genug! Woran sollte es wohl auch sonst liegen, dass mann selbst es schafft, andere aber nicht. Ganz sicher nicht an der eigenen privilegierten Situation, gewiss nicht!

Aber wer will sich auch schon eingestehen, dass einem vielleicht nicht die selbst erworbene „Durchsetzungskraft“ und das eigene Können allein zur erstandenen Position verholfen haben. Da ist es doch viel schöner weiterhin fest daran zu glauben, alle hätten die gleichen Chancen und mann sei einfach besser als die anderen.
Das Eingeständnis, dass Eingriffe gebraucht werden, weil bestimmte Gruppen benachteiligt werden, setzt halt auch die Anerkennung der Tatsache, dass mann selbst davon profitiert haben könnte, voraus. Und das verletzt das Ego und narzisstische Selbstbild natürlich, da ist diese Vermeidungsstrategie nur naheliegend. Die Angst, dass an diesem Selbst- und Weltbild gekratzt werden könnte, ist selten offensichtlicher formuliert worden als in diesem sehr aufschlussreichen Artikel. Sie sind doch selbst Schuld, die Damen, jawohl, sollen die doch besser werden und sich bemühen. Bloß weit weg mit der Vorstellung, dass sie dies vielleicht schon sind und es andere Gründe als Ehrgeiz und Qualifikation gibt, die beeinflussen, wer in den Genuss bestimmter Stellen kommt.