von Nick Lüthi

Längst fälliger und logischer Schritt

Radiohörer, Journalisten und Experten sind sich weitgehend einig: Das neue Erscheinungsbild der SRF-Radioprogramme sei misslungen, der Abschied von der Traditionsmarke DRS eine Torheit. Nur: Das Ende war schon seit Jahren absehbar. Den Markenkern gefährden nicht neue Logos, sondern unbedachte Eingriffe ins Programm.

Der Entscheid fiel nicht erst am letzten Donnerstag, als SRF die neuen Namen der Deutschschweizer Radioprogramme bekanntgab. Bereits mit dem organisatorischen Zusammenschluss von Radio DRS und SF Schweizer Fernsehen vor einem Jahr zum konvergenten Medienunternehmen Schweizer Radio und Fernsehen SRF war absehbar, dass die neue Dachmarke mehr als nur ein internes Kürzel bleiben würde. Und so ist es nun auch gekommen. Radio reimt sich in der Deutschschweiz künftig auf SRF und nicht mehr auf DRS.

Genau genommen hätte DRS schon viel länger abgeschafft gehört. Bereits seit 1992 steht das R ohne Funktion da im Kürzel für «Deutsche und Rätoromanische Schweiz», nachdem sich damals das Radio und Fernsehen für die rätoromanische Schweiz RTR als autonome Unternehmenseinheit der SRG konstituiert hatte. 20 Jahre lang betrieb Radio DRS de facto Etikettenschwindel und gab sich als etwas aus, das es gar nicht mehr war.

Doch wen interessiert schon (Medien)geschichte, wenn ein Empörungsangebot auf dem Silbertablett serviert wird? Und die neuen Namen und Logos des Deutschschweizer Radios bergen offenbar grosses Erregungspotenzial. Nur so lässt sich der teils heftige Ton erklären in den zahlreichen Kommentaren zum Namenswechsel. Der absehbare, notwendige und letztlich auch sinnvolle Schritt gerät zum Aufreger.

Klar: Niemand verzichtet gerne auf Liebgewonnenes. Fast 50 Jahre lang stand das Kürzel für Radio in der Deutschschweiz, für Abermillionen von unterhaltenden und informativen Hörerstunden zuhause an den Radiogeräten. In der Kritik schwingt auch Nostalgie mit: Man meint gar nicht die Gegenwart, sondern die verklärte Vergangenheit, wenn man den Abschied von DRS bedauert.

Wenn nun Markenexperten davor warnen, dass mit dem Namenswechsel «leichtfertig Vertrauenskapital geopfert» würde, dann bleibt das vorerst eine Behauptung und keine Tatsachenfeststellung. Denn als Markenkern bleiben die Programme erhalten – egal für wie schlecht und misslungen man die Logos auch halten mag. Hier hat das Radio am meisten zu verlieren. Schliesslich findet das Publikum die öffentlich-rechtlichen Sender qualitativ am besten.

Ein Risiko für den Verlust von Vertrauenskapital besteht bei den programmlichen Anpassungen im Rahmen der Zusammenführung von Radio und Fernsehen. Denn das Publikum orientiert sich mindestens ebenso stark an einzelnen Sendungen wie an der Dachmarke. Hier tut SRF gut daran, behutsam und sorgfältig(er als bisher) an der Konvergenzschraube zu drehen. Das Hüst-und-Hott mit dem konvergenten Vorzeigeprojekt Zambo oder das uninspirierte Abfilmen einer Radiotalkshow zur gekürzten Wiedergabe am TV wirken nicht besonders vertrauenserweckend.

Bei der Grafik mag der Eindruck entstanden sein, dass es schnell und billig gehen musste. Bei den Programmen darf das nicht geschehen. Die neuen Namen und Logos, die noch in diesem Jahr eingeführt werden, dürfte ein Grossteil der Radiohörer anfänglich mit einer leichten Irritation zur Kenntnis nehmen, sobald aber die vertrauten Stimmen erklingen, ist wieder alles, wie es immer schon war.

Leserbeiträge

bugsierer 27. März 2012, 18:17

kluge aufdröselung wiedermal. danke.

ich getraue mich aber schon bald nicht mehr zu kommentieren hier, da ich oft der einzige oder zumindest einer der wenigen bin.

was mich zur frage bringt: warum diskutieren eigentlich die schweizer schurnis hier nicht aktiver mit?

meine vermutung: vermutlich sind sie zu sehr mit dem teasern ihrer eigenen artikel bei twitter beschäftigt.

wullipulli 27. März 2012, 18:31

Dann schreiben wir doch mal einen Kommentar:)

Finde, Nick Lüthi hat das ganze pointiert aufgeschrieben. Genau so sehe ich es auch. Die Logos waren ein Fehlgriff, doch jetzt müssen wir auf den Inhalt gespannt sein. Doch: auch der wird sich bei der Bevölkerung irgendwann einpendeln.

R. Bönzli 30. März 2012, 14:19

Konsequenterweise muss aber dann SF auch in SRF TV 1, 2, info umgetauft werden. Alles andere wäre unlogisch. Genau deshalb ist mir unbegreilflich, wieso die Radiosender nicht einfach SR1-3 genannt werden. Die Abkürzung F für Fernsehen hat darin nichts verloren.