von Nick Lüthi

Chrüsimüsimagazin

Anstelle seines traditionellen Film- und Kino-Magazins experimentiert das Schweizer Fernsehen mit freieren Formen. Das neue «Box Office» will vieles sein und ist nichts richtig. Die Sendung für bewegte Bilder wirkt beliebig und das Product-Placement nervt.

Auf diesem Sendeplatz hält sich der Schaden in Grenzen, wenn nicht alles perfekt geschliffen daherkommt. Denn der Vorabend auf SF zwei gehört zu den schwächsten Sendezeiten. Um sieben setzt oft die totale Flaute ein. Dann startet auch «Box Office». Seit Ende Februar ist das nicht mehr die Kino-Sendung von SF, sondern «ein zeitgemässes Film- und Medienmagazin mit hohem Service-Charakter».

Mit dem Vorgängerformat gemeinsam hat die Sendung nur noch den Namen. Studioeinrichtung, Moderation und Inhalte sind neu, ebenso die Präsentationsformen. Das Ganze läuft als Experiment jeweils mittwochs und noch bis zum Start der Fussball-Euro in zwei Wochen. Wie es danach weitergeht wird, ist noch nicht entscheiden.

Das neue «Box Office» folgt nicht mehr allein den wöchentlichen Kinostarts und den Festivals. Den  gewonnenen Freiraum nutzt die Sendung für Beiträge zu bewegten Bildern jedweder Herkunft, vorzüglich aus dem Web. Im Prinzip ein spannender und gesellschaftlich relevanter Ansatz. Navigationshilfen druch die Informations- und Bilderflut sind stets willkommen. Doch die Probleme folgen bei Auswahl und Präsentation der Themen.

Oft erhält man den Eindruck, dass die Redaktion einfach noch über einen irgendwie originellen Clip auf Youtube gestolpert ist und den nun zeigen will. Das hat etwas Beliebiges. Zudem wirkt die Präsentation des Bildmaterials unnatürlich auf einem Tablet eines südkoreanischen Herstellers, das der Moderator in die Kamera hält. Zwar wird der Zuschauer vor diesem Product Placement gewarnt, aber ein Ärgernis bleibt es trotzdem.

Wer ist eigentlich das Zielpublikum der neuen Sendung? Sind es die Filmfreunde und langjährigen Zuschauer der früheren Kino-Sendungen von SF, die nun sanft an die neuen Bildwelten herangeführt werden sollen? Oder sind es auch junge, netzaffine Kinoabstinente, denen das Schweizer Fernsehen gerecht werden will? Es sind beide. Und das macht es nicht einfacher.

Dass der Spagat zwischen so unterschiedlichen Publika zur Zerreissprobe wird, zeigt sich etwa dann, wenn Moderator Lory Roebuck versucht, das Phänomen der Internet-Memes zu erklären. Er tut es am Beispiel zweckentfremdeter Bilder, die im Netz kursieren. Das führt aber in die Irre: denn Memes sind mehr. Die gezeigte Bildmanipulation ist nur eine von zig Spielarten dieser Internet-Folklore. Wer damit vertraut ist, langweilt (oder ärgert) sich, wer davon keine Ahnung hat, versteht nur Bahnhof.

Für den kundigen Cinephilen ein regelrechtes Ärgernis darstellen müssen die Filmkritiken in der Rubik «Box Office»-Club. Zuschauer können sich bewerben und in lustigen Clips über einen neuen Streifen plaudern. Ihre Urteile gipfeln in Banalitäten, wie: «Wahrscheinlich würds z lang gah, zum ufzelle, was mir a dem Film alles gfalle hät. Ich han en würklich sehr sehr guet gfunde.»

Wie gesagt: «Box Office» ist ein Experiment. Da darf (ja: muss) nicht alls perfekt sein. Für einen Stammplatz im Programm von SF reicht die aktuelle Struktur der Sendung sicher nicht. Die Spielereien mit den Netzbildwelten wirken zu bemüht. Eine Fokussierung auf den Kinofilm, aber auch die überaus beliebten TV-Serien, würde der Sendung wieder jenes klare Profil verleihen, das die Vorgängersendungen schon ausgezeichnet hatte.

Leserbeiträge

Henri Leuzinger 25. Mai 2012, 16:48

In Anlehnung an den Titel kommt mir die Sendung ziemlich „handglismet“ vor, die Moderation peinlich-teenie-mässig, passend zu dem Youtube-Glump, das da dauernd mitlaufen muss. Nichts, aber auch gar nichts mehr von der Kompetenz und dem schalkhaften Charme der Monika Schärer. Zum Wegzappen.