von Nick Lüthi

Das nächste Schrittchen

Der Bundesrat anerkennt die schwierige Lage der Medien, findet aber, diese sollen ihre Probleme vorerst selber lösen. Nun setzt das Parlament Druck auf und fordert vom Bundesrat eine «Gesamtschau» und ein «Förderkonzept». Die Unabhängigkeit der Presse ist damit nicht in Gefahr, denn mehrheitsfähig dürften eh nur indirekte Massnahmen sein, wie etwa die finanzielle Unterstüztung der Journalistenausbildung.

Die Terminologie lässt erahnen, dass schon bald wieder viel Papier produziert wird: Der Bundesrat soll umgehend «eine Gesamtschau der schweizerischen Medienlandschaft aus regionalmedienpolitischer und gesamtmedienpolitischer Optik» erstellen. Und danach «ein Förderkonzept zur Stärkung der staats- und demokratiepolitischen Bedeutung der Medien». Den Auftrag dazu hat die Regierung letzte Woche vom Parlament erhalten, nachdem auch der Ständerat einer Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats zugestimmt hat.

Der Vorstoss verlangt, dass der Bundesrat handelt und nicht nur beobachtet. Die Regierung hätte es bevorzugt, das bestehende Modell der indirekten Presseförderung mittels verbilligter Posttaxen weiterzuführen und in den übrigen Bereichen abzuwarten, wie sich die Branche entwickelt. Bis spätestens in drei Jahren hätte dann «erneut eine Standortbestimmung» vorgenommen werden können, schreibt der Bundesrat.

Diese Zurückhaltung war eine von drei Handlungsmöglichkeiten, die der Bundesrat als Erkenntnis aus 700 Seiten wissenschaftlicher Studien vor einem Jahr gezogen hatte. Zwei andere, aktionistischere Optionen verwarf er, weil er es in erster Linie als die Aufgabe der Branche betrachtet, Antworten auf dies Herausforderungen des Medienwandels zu finden. Nicht staatliches Handeln, sondern Eigenverantwortung und Selbstregulierung Medien sei angezeigt.

Das Parlament macht nun also Druck und verlangt «umgehend» eine Gesamtschau und ein darauf basierendes Förderkonzept. Sonst könnte es dann zu spät sein, mahnte der Urner Ständerat Markus Stadler (GLP). Der Zeitfaktor dürfe nicht unterschätzt werden, denn «vielen Zeitungen dürfte eine weitere Krisenwelle bevorstehen.» Nur: Weder Gesamtschau noch Förderkonzept werden eine allfällige nächste Krise abzumildern helfen.

Zum einen müsste für eine direkte finanzielle Unterstützung einzelner Medienprodukte, respektive Presseverlage, die Verfassung angepasst werden. Zum anderen hat der Ständerat in der Motion just jenen Punkt gestrichen, der vom Bundesrat verlangt hätte, bis in zwei Jahren einen Entwurf für rechtliche Grundlagen zur indirekten und direkten Medienförderung vorzulegen. Mittelfristig geht es also nur um indirekte Massnahmen, wie sie bereits heute existieren in Form ermässigter Post- und Transporttarife sowie einem reduzierten Mehrwertsteuersatz.

Zusätzlich vorstellbar wäre ein stärkeres Engagement des Bundes bei der Finanzierung von Aus- und Weiterbildungsangeboten für Medienschaffende. Im Bericht des Bundesrats, auf dessen Grundlage das Parlament nun konkrete Massnahmen fordert, wird die Unterstützung der Journalistenausbildung als am wenigsten heikle Medienförderung betrachtet mit Blick auf die unerwünschte staatliche Lenkung des Meinungsbildungsprozesses.

Obwohl es hier und heute in keiner Weise darum geht, die Subventionsschleusen zu öffnen und die Schweizer Medien an den staatlichen Tropf zu hängen, herrscht mancherorts bereits Alarmstimmung. So auch letzte Woche in der Neuen Luzerner Zeitung. Für Uneingeweihte las sich der Frontseitenkommentar, als wolle der Staat die Pressefreiheit beerdigen, weil er über Medienförderung nachdenkt. Nun ist es wichtig und richtig, wenn sich Medien gegen staatliche Einflussnahme wehren und Druckversuche transparent machen. Nur würde man gerne im gleich scharfen Ton auch lesen, wie heikel die Abhängigkeit der Presse von kommerziellen Inserenten sein kann – und diese ist um Einiges grösser als der staatliche Einfluss; selbst dann, wenn die jetzt angedachten Fördermassnahmen umgesetzt werden sollten.

Leserbeiträge

Vinzenz Wyss 25. Juni 2012, 20:26

Oje, da wirds einem ja ganz „gschwurblig“ im Kopf, wenn man den Kommentar von Jan Flückiger in der Neuen Luzerner Zeitung liest. Warum nur müssen Journalisten immer schwarz-weiss denken. Es gibt doch noch das komplexere Dazwischen. Hinter dem Appell nach Journalismusförderung steht doch nicht der simple Ruf nach mehr Staat (keiner tut das), sondern nach einer Medienpolitik, welche die Unabhängigkeit des Journalismus fördert, indem sie dessen Rahmenbedingungen verbessert. Dieser unterkomplexe Kommentar in der NLZ liefert gerade einen Beweis für das Übel: Es ist irgendwie störend, wenn Journalisten ohne Fachwissen meinen, auch husch-husch über Medien noch was absondern zu können; etwa dass der Markt das mit der Qualität schon richten würde. Medienwissenschaftliche Befunde (die kann man auch googlen) sprechen hier schön nachvollziehbar von Intransparenz und Marktversagen (grad weil ich als Leser ja nicht wissen kann, ob der NLZ Monopolist richtig recherchiert hat und ein bisschen draus kommt). Gut, dass der Jan Flückiger nicht auch noch zur Finanzkrise kommentiert (oder tut er das auch ungefähr so?).