von Nick Lüthi

Mit Wollen allein ist es noch nicht getan

Vor eineinhalb Jahren kündigte SRG-Generaldirektor Roger de Weck an, die Medienberichterstattung und -kritik in Schweizer Radio und Fernsehen verstärken zu wollen. Bis heute hat sich wenig getan. Die für November in Aussicht gestellte Première eines Medien–«Club» findet nicht statt.

Die Erklärung, weshalb das Schweizer Fernsehen SF bis heute noch keinen Medien-«Club» gesendet hat, klingt nach einer billigen Ausrede. Die Erstaustrahlung sei von einem aktuellen Medienthema abhängig, teilt ein SF-Sprecher auf Anfrage mit. Ein solches hat man am Leutschenbach offensichtlich noch nicht gefunden. Der mögliche Termin für die Première – Ende September sprach man von November – wird hinfällig. Mehr könne man heute nicht sagen, heisst es. Auch Patrik Müller, der als Chefredaktor von «Der Sonntag» als ständiger Gast für die angekündigte Sendung vorgesehen ist, weiss nicht mehr, wie er der MEDIENWOCHE mitteilt.

Auch wenn nun im Dezember oder Januar der erste Medien-«Club» im Programm stehen sollte, zeigt die langwierige Vorbereitung, welchen Stellenwert das Projekt offenbar geniesst. Es ist zumindest nicht so hoch priorisiert, wie es Roger de Weck einst gehängt hatte. Am Swiss Media Forum 2011 erweckte der SRG-Generaldirektor den Eindruck, als stünde das Thema weit oben auf der Traktandenliste. «Da rennen Sie eine offene Tür ein», sagte de Weck in Luzern auf eine entsprechende Frage: «Wir wollen in der Tat da und dort in bestehenden Gefässen medienkritische Sendungen verstärken.» Dabei hat er wohl an den «Club» oder auch die «Arena» gedacht.

Seit de Wecks Ankündigung sind eineinhalb Jahre verstrichen. Der Elan des Generaldirektors scheint in dieser Zeit nur bedingt auf die Sendungsmacher abgefärbt zu haben. Dass man bei SF den Sinn der öffentlichen Reflexion über das (eigene) Medienschaffen nicht überall versteht, zeigen Äusserungen der stellvertretenden Redaktionsleiterin der «Arena». Franziska Ingold fürchtet eine Nabelschau und fragt sich, ob Medienthemen das Publikum überhaupt interessieren.

Beim «Club» stiess de Wecks Wunsch dagegen auf grösseres Verständnis. Nachdem es anfänglich schnell gegangen war und die damalige Redaktion die viermalige Ausstrahlung einer Mediensondersendung pro Jahr angekündigt hatte, geriet die weitere Umsetzung aber ins Stocken. Unter anderem verzögerte der Personalwechsel nach dem Abgang von Moderatorin Christine Maier das Projekt. Danach lag das Projekt mehr als ein Jahr auf Eis.

An aktuellen Ereignissen, die zu kontroversen Mediendiskussionen anregen könnten, fehlt es gerade heute nicht. Nicht zuletzt die SRG mit ihrem tiefschürfenden Wandel vom Rundfunk- zum Multimedia-Haus böte einiges an kontroversem Stoff, der in der Öffentlichkeit reflektiert gehört. Eine neue Sendung würde auf fruchtbaren Boden fallen und müsste nicht erst das Terrain neu beackern. Zumal sich Medienprofis und andere Interessierte bereits heute in teils intensiv geführten Debatten engagieren. Was fehlt, ist der Transmissionsriemen, der solche Fachdiskussionen einem breiteren Publikum zugänglich und verständlich macht. Das können nur traditionelle Massenmedien, weil nur sie über die entsprechende Reichweite und Glaubwürdigkeit verfügen. Früher erfüllten diese Funktion, zumindest formell, die Medienressorts in Zeitungen und Magazinen. Die sind längst Geschichte. Ein Niedergang, den Roger de Weck beklagt und sagt: «Wir wollen in diese Lücke springen.» Mit Wollen allein ist es indes nicht getan.

Leserbeiträge

Philippe Neidhart 20. November 2012, 14:50

Habe vor knapp einem Jahr einen Beitrag auf medienkritik-schweiz.ch zu dieser Thematik verfasst.

bugsierer 20. November 2012, 16:33

kein thema gefunden? ich lach mich tot. bester leutschenbachwitz seit langem.

Patrick Kenel 20. November 2012, 22:08

Alternativ könnte srf.ch an prominenter Stelle einen Link auf diese unabhängige Website platzieren. Das wäre auch ein Hinweis dafür, dass man Medienkritik ernst nimmt.

Felix Hürlimann 21. November 2012, 00:16

Ob ein Club das richtige Gefäss für Medienkritik ist, lasse ich mal dahingestellt. Der NDR zeigt mit der Sendung „ZAPP“, wie man wöchentlich über die Medien berichten kann. Auch Kritik am eigenen Haus ist möglich.