von Nick Lüthi

Den Systemwechsel zu Ende denken

Die SP will die Diskussion um die Presseförderung beleben mit dem Vorschlag für eine Werbeabgabe und eine «Google-Steuer». Ein unnötig kompliziertes Unterfangen. Mit den Empfangsgebühren existiert bereits ein gut eingeführtes und breit akzeptiertes Fördersystem. Nach dem Systemwechsel zu einer Medienabgsbe, könnten neben Radio und TV auch weitere Mediengattungen unterstützt werden.

Medienförderung mit öffentlichen Mitteln ist in der Schweiz im Grundsatz unbestritten. Während sich die Finanzierung von Radio und Fernsehen mittels Nutzergebühren seit Jahrzehnten bewährt hat, gehen bei der Presseförderung die Meinungen auseinander. Das aktuelle System mit vergünstigten Posttaxen für bestimmte Zeitungstypen, mag niemanden richtig zu befriedigen. Nun will die SP mit neuen Vorschlägen die Debatte beleben.

Nationalrat Hans-Jürg Fehr erläutert die Eckpunkte des Positionspapiers, das im nächsten Jahr veröffentlicht werden soll, gegenüber dem Magazin Edito&Klartext: Mit einem Aufschlag auf den Inseratetarifen, sowie einer Abgabe auf den Datenverkehr, den Suchmaschinen erzeugen, sollen rund hundert Millionen Franken generiert werden. Medien könnten Fördergelder beantragen, wenn sie bereit sind, dafür gewisse Leistungen zu erbringen, wie etwa die Verpflichtung zur Ausbildung des Personals oder bestimmte publizistische Service-public-Angebote im Programm.

Der Vorschlag hat zwei Haken:

  • Eine Werbeabgabe droht zum Bumerang zu verkommen. Ein Aufschlag auf erodierende Tarife würde zur Abwanderung der Werbekunden auf Kanäle ausserhalb der traditionellen Medien führen, die nicht besteuert werden. Damit verpufft der beabsichtige Effekt. Ausserdem ist davon auszugehen, dass Medienunternehmen, die auf dem Werbemarkt erfolgreich sind und damit mehr Geld abliefern müssten, sich mit Klauen und Nägeln gegen eine Werbesteuer wehren würden.
  • Die vorgeschlagene Google-Steuer krankt an der gleichen Kurzsicht, wie die Forderung der Verleger nach einem Leistungsschutzrecht: Google profitiere von «journalistischen Leistungen, zu denen sie nichts beigetragen haben», begründet SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr den Vorschlag. Das ist höchstens die halbe Wahrheit. Jede Suchmaschine hilft, wie der Name sagt, beim Suchen und vor allem Auffinden von Presseartikeln. Das ist zwar keine journalistische, aber sonst eine wichtige Leistung, die Google gratis erbringt. Und gegen den Giganten aus Kalifornien Gesetze durchsetzen zu wollen, dürfte sich als nervenaufreibendes und langwieriges Vorhaben herausstellen. Dazu käme ein Abgrenzungsproblem: Eine «Lex Google» wäre nicht haltbar, doch welche anderen Dienste würden noch unter die neue Abgabepflicht fallen?

Die SP-Vorschläge wirken reichlich unrealistisch, zumal damit ein komplett neues Fördersystem mit der dazugehörigen Bürokratie aufgebaut werden müsste. Ein einfacherer Weg ist bereits vorgespurt: Mit dem geplanten Systemwechsel von den Radio- und Fernsehgebühren zu einer allgemeinen Medienabgabe, wäre es nur folgerichtig, auch den Kreis der förderungsberechtigten Medien zu öffnen. Angesichts der Konvergenz von bisher linear ausgestrahlten Programmen hin zu multimedialen Plattformen, kann Radio und TV nicht mehr trennscharf von anderen Medien unterschieden werden.

Nur Lokalradio und Regionalfernsehen mit Gebühren zu unterstützen, wie das heute der Fall ist, erscheint zunehmend anachronistisch und letztlich nicht mehr haltbar in einer konvergenten Medienlandschaft. Kommt dazu, dass der publizistische Service public, den die Privatsender zu leisten verpflichtet sind, nicht über alle Zweifel erhaben ist. Auch unter diesen Vorzeichen wäre es angezeigt, die Leistungsaufträge unabhängig von bestimmten Gattungstypen zu vergeben. An lokalen und regionalen Medien, die schon heute ohne öffentliche Gelder einen Service public erbringen, fehlt es nicht. Sie zu unterstützen, könnte sich wirtschaftlich stabilisierend und publizistisch qualitätssichernd auswirken. Die Öffentlichkeit würde eine solche Medienförderung keinen einzigen zusätzlichen Rappen kosten. Im Gegenteil: Die Medienabgabe soll gegenüber der Empfangsgebühr sogar billiger zu stehen kommen für den einzelnen Haushalt.

Für die Umsetzung des hier skizzierten Modells wäre eine Anpassung der Verfassung erforderlich; die kennt heute nur Radio und TV. Bakom-Direktor Martin Dumermuth hält eine solche Änderung nicht für unmöglich, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass es im bisherigen Revisionsprozess keine Bestrebungen in diese Richtung gebe. Noch bleibt Zeit, das zu ändern.

Bild: Flickr/Maurice Velati (CC BY 2.0)

Leserbeiträge

C. Haller 23. November 2012, 17:02

Soweit ersichtlch, schlägt der Autor vor, gleichzeitig mit dem geplanten Systemwandel bei den Radio- und TV-Gebühren den Kreis der bezugsberechtigen Medien zu öffnen. Damit werden m.E. neue Probleme geschaffen. U.a müsste definiert werden, welche Mediengattungen bezugsberechtigt sind. Ob im Ergebnis die „Medienabgabe“ für den Einzelen sinkt bzw. künftig nicht erhöht wird, bleibt für mich fraglich. Es könnte sein, dass jede Mediengattung für sich in Anspruch nimmt, eine bestimmte Leistung zu erbringen, welche durch ihren Service Public Auftrag abgedeckt sein soll. So wie z.B. die SRG wohl die Ansicht vertritt, dass Online-Werbung auch zu ihrem Leistungsauftrag gehöre.

Fred David 24. November 2012, 22:16

Naja, Geld einzusammeln ist nicht so sehr das Problem. Es zu verteilen aber schon. Das führt zu ewigen Streitereien und einem Giesskannenprinzip mit begrenzter Wirkung. Ich bin skeptisch.

Ich setze mehr auf sehr gut ausgestattete private Stiftungen, aus denen sich die Stifter raushalten: im Interesse von mutigen, freien Medien. Es braucht nur wenige meinungsbildende, dafür aber starke, unabhängige und mit unterschiedlicher Ausrichtung mit einander konkurrierende. In einem reichen Land wie der Schweiz muss das möglich sein. Und es ist möglich.

Es ist gut, das solche Vorschläge wie oben auf den Tisch kommen. Es sensibilisiert die Öffentlichkeit, dass etwas getan werden muss und dass freie Medien keine Selbstverständlichkeit sind, heute weniger denn je.

Man darf die Debatte nicht gleich schon zu Beginn mit 1001 Einwänden abwürgen.

Nun müssten allerdings die Ideen systematisch gesammelt und ergebnisoffen analysiert werden. Es sind ja schon einige da. Ein Thema für Medienwissenschaftler. Journalisten können das nicht. Die wagen nicht, über ihr eigenes Business offen zu diskutieren. Und Verlegern darf man diese Debatte schon gar nicht überlassen, auch nicht der neu zu gründenden Medienkommission des Bundesrates. Der Schnellere ist der Flinkere…