von Nick Lüthi

Fördern und verhindern

Staatliche Medienförderung soll dazu beitragen, Defizite des freien Markts zu korrigieren und «demokratiegerechte Medien» zu fördern. Dass der Staat selbst mit millionenteurer Kommunikation(sverhinderung) den Journalismus unterminiert, erscheint in der bisherigen Debatte nicht als Widerspruch. Auch ein aktuelles Papier der SP blendet die problematische Doppelrolle aus.

Es geht um Geld, um viel Geld. 100 bis 200 Millionen Franken seien erforderlich, um ein «demokratiegerechtes Mediensystem» zu sichern und die negativen Folgen des Medienwandels abzufedern, behauptet die SP. Deshalb sollen neben dem gebührenfinanzierten Radio und Fernsehen weitere Medien (Print, Online) unterstützt werden. Als neue Geldquelle schlägt die Partei eine «Datenverkehrsabgabe» vor, die Google, Facebook und andere Online-Plattformen zu entrichten hätten. Weiter fordert die SP, die Werbeeinnahmen der Medienunternehmen zu besteuern. Mit dem so generierten Geld würden Medien unterstützt, die einen strengen Anforderungskatalog erfüllen. Von der Unternehmensform bis zum Qualitätsverständnis wäre alles festgelegt und würde amtlich überprüft. Nachzulesen sind die medienpolitischen Visionen der SP in einem aktuellen Diskussionspapier. Wie realistisch diese Vorschläge sind, wird sich in der politischen Diskussion schnell herausstellen.

Dass staatliche Medienförderung an einem Grundwiderspruch krankt, macht die Forderungen allerdings nicht besonders glaubwürdig. Mit den Millionen für die Medien entstünde jene bizarre Konstellation staatlichen Handelns, wie man sie aus der Tabakprävention kennt: Mit millionenschweren Programmen will der Staat dem schädlichen Rauch den Garaus machen und subventioniert gleichzeitig den Tabakanbau. In der Medienpolitik ist das nicht anders: Wenn die Akteure jenes Staats, der gemäss SP «demokratiegerechte Medien» finanzieren und garantieren soll, zunehmend den Journalismus behindern und gängeln, ja ihn sogar konkurrenzieren, dann droht die Medienförderung zur Farce zu verkommen. Wie glaubwürdig ist ein Staat als Medienförderer, wenn er gleichzeitig mit eigenen parajournalistischen Publikationen und ausgebautem Kommunikationsapparat den Journalisten das Leben schwer macht? Wie glaubwürdig ist staatliche Medienförderung, wenn die Behörden das gesetzlich verankerte Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung Mal für Mal aushebeln und ad absurdum führen?

Verhindern und fördern schliesst sich gegenseitig aus. Es kann nicht sein, dass mit öffentlichen Millionen jene Defizite behoben werden sollen, die der Staat selbst mitverursacht. Der Staat ist nicht einfach der uneigennützige Wohltäter, als der er im Diskussionspapier der SP erscheint. Dieser blinde Fleck ist freilich nicht allein der SP anzulasten. Die Unvereinbarkeit von staatlicher Medienaktivität und -förderung bleibt auch anderweitig unberücksichtigt. Künftige Diskussionen über neue und bestehende Formen staatlicher Medienförderung können nicht umhin, diesen Grundwiderspruch zu thematisieren. Wer bessere Medien will und dem Staat hierfür eine tragende Rolle zubilligt, muss auch die Rückbindung behördlicher Kommunikations(verhinderug) fordern. Alles andere ist unglaubwürdig.

Bild: Flickr/Maurice Velati (CC BY 2.0)

Leserbeiträge

René Grossenbacher 27. April 2013, 10:50

Ich schätze die Kommentare von Nick Lüthi sonst sehr, aber dieser ist nun doch etwas gar unbedarft. Natürlich unterhalten Regierungen, Behörden, Unternehmen und Nonprofitorganisationen gigantische PR-Apparate, und die Journalisten stehen dieser Übermacht oft ziemlich hilflos gegenüber. Man überlege sich aber mal, was wäre, wenn es diese nicht gäbe. Wenn keine Regierung, kein Wirtschaftsunternehmen dieser Welt aktiv Informationen verbreiten würde, bräche das Mediensystem innerhalb von Stunden völlig zusammen. Es ist nun mal so, dass die Medien in hohem Masse von den Zulieferungen der PR-Industrie abhängig sind. Es ist die Aufgabe der Medien, mit diesen kritisch umzugehen, nicht deren Abschaffung zu fordern. Schliesslich sind die Journalisten die Ersten, die nach „professionellerer“ Kommunikation schreien, wenn irgendwo etwas schief läuft.

Ronnie Grob 27. April 2013, 13:59

Ein interessantes Gedankenexperiment, auch wenn es im Beitrag mehr um die Zweischneidigkeit staatlicher Förderung und staatlicher Verhinderung der Medienfreiheit geht. Wenn «keine Regierung, kein Wirtschaftsunternehmen dieser Welt aktiv Informationen verbreiten würde», dann wären wohl dann eben Journalisten gefordert, selbst etwas herauszufinden. Jedoch sind sowohl Staat als auch Unternehmen den Steuerzahlern und den Aktionären, ihren Geldgebern, zur Information verpflichtet, das Szenario wird folglich kaum eintreten. Was es in Zukunft weniger geben wird, ist der Umweg über Journalisten oder PR-Leute. Es wird vermehrt direkt und öffentlich kommuniziert.

Nick Lüthi 28. April 2013, 18:36

Ist mir alles klar. Ich plädiere ja auch nicht für eine Abschaffung behördlicher Kommunikation. Es geht mir lediglich darum zu erinnern, wie zu lesen steht, dass nicht über staatliche Medienförderung sprechen kann, wer nicht auch die staatliche Journalismusverhinderung thematisiert.

Stefan Bosshart 28. April 2013, 21:05

Der Beitrag spricht m. E. tatsächlich einen „blinde(n) Fleck“ im Positionspapier der SP über staatliche Medienförderung an…. PR-Informationen als (wertvollen und wohl auch nötigen) Input für den Journalismus sind das eine, Kommunikationsverweigerung (bei Unternehmen übrigens genauso wie beim Staat) als Reaktion auf Informationsanfragen seitens Journalisten das andere…