von Nick Lüthi

«Blick am Abend» jetzt auch im Web: Listen machen heute alle

blickamabend.ch ist vor allem eine elektronische Ausgabe des gedruckten «Blick am Abend». Auch wenn es online vermehrt Artikel in Listenform gibt, hat die Seite reichlich wenig mit dem grossen Vorbild Buzzfeed zu tun.

Wenn eine der grössten Zeitungen des Landes erst 2013 mit einer eigenen Webseite ins Netz geht, dann trägt das tatsächlich Züge eines «Medienereignisses» – ob gerade «des Jahres» oder zumindest «des Tages», sei mal dahingestellt. Die breitspurige Ankündigung zum Start von blickamabend.ch sorgte einerseits für die gewünschte Aufmerksamkeit und passt andererseits zur Ankündigung, nichts Geringeres als eine eidgenössische Variante des Über-Portals Buzzfeed bieten zu wollen.

Nur weil blickamabend.ch einen Teil der Artikel in Listenform präsentiert, was ja gerade arg en Vogue ist, hat das noch nicht viel mit Buzzfeed zu tun. Listen als journalistisches Ordnungsprinzip sind so alt wie der Journalismus selbst. Auch wenn es löblich ist, sich an den ganz Grossen zu orientieren, verstellt der exzessiv bemühte Vergleich mit Buzzfeed in die Irre. Denn blickamabend.ch ist vor allem eine elektronische Ausgabe des gedruckten «Blick am Abend», erweitert um zeitgenössische Online-Elemente.

Einen Narren gefressen hat die Redaktion wie gesagt an den sogenannten Listicles, Artikel in Listenform. Verständlich, dass sie zum Start nahezu jedes mögliche und unmögliche Thema als kommentierte, vertikale Bildstrecke durchzudeklinieren versucht. Das gelingt manchmal, oft wirkt es aber erzwungen bis bemüht, zumal viele der verwendeten Bilder hinlänglich bekannte Motive der Internet-Folklore sind. Diese in einen neuen, überraschenden Kontext zu stellen, ist anspruchsvolle, kreative Arbeit.

Auch wenn nun offenbar die Branche gebannt nach Zürich blickt, weil blickamabend.ch vorgibt, neue Wege zu gehen, bietet die Webseite der Abendzeitung nur beschränkt Inspiration. Sie funktioniert nur im spezifischen Kontext der Blick-Gruppe. Die redaktionelle Hauptlast tragen der Blick-Newsroom und die 25 Kolumnistinnen und Kolumnisten.

Der Kniff der Ringier-Kommunikation war es, ein längst fälliger Schritt als Ereignis des Jahres zu verkaufen; manche haben es geglaubt. Nachdem nun auch der «Blick am Abend» eine eigene Webseite hat, folgt vielleicht auch noch mal der Sonntagsblick, der im Netz weiterhin heimatlose ist (wie übrigens auch die NZZ am Sonntag). Danach wären dann alle nationalen Schweizer Medien in der Gegenwart angekommen.

Leserbeiträge

Lukas Baumann 16. Dezember 2013, 12:17

Es fehlt der Listenartikel der Medienwoche-Verrisse!