von Antonio Fumagalli

So lief der PR-Gau für Regierungsrätin Hochuli ab

Ausgerechnet in einer SRF-Sendung plauderte die Grüne Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli freimütig aus, dass sie keine Billag-Gebühren bezahle. Das war erst der Anfang einer Serie von Kommunikationspannen, wie unser Kolumnist während der Recherche erlebte.

Letzten Dienstagmorgen tat ich das, was wir zumindest während der Sessionen gemeinhin als «wandeln» bezeichnen. Ich ging durch die Wandelhalle des Bundeshauses und sprach mit verschiedenen Parlamentariern. Thema: Die Revision des Radio- und TV-Gesetzes, bei der sich die Räte nach zahlreichen Wendungen schliesslich doch einigen konnten. Ich versuchte auszuloten, ob das Gesetz in der Schlussabstimmung durchkommen wird und wie wahrscheinlich ein Referendum ist.

Der Zufall wollte es, dass die Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli just am Abend zuvor auf SRF 3 freimütig ausplauderte, dass sie keine Billag-Gebühren bezahle. Schliesslich schaue sie ja weder fern, noch höre sie Radio. Auf den Hinweis des Moderators, dass sie mehrere empfangsfähige Geräte besitze und deshalb abgabepflichtig ist, sagte sie: «Wenn ich etwas nicht brauche, zahle ich auch nicht.» Rebellisch sei dies nicht.

Während ich also am Dienstagmorgen mit Natalie Rickli, Kurt Fluri und Jürg Grossen über die RTVG-Revision sprach, wusste ich zuerst noch nichts von Hochulis Äusserungen. Ich erfuhr es über unseren Blattmacher und sprach in der Folge auch die Parlamentarier darauf an. Je länger, je mehr kristallisierte sich heraus, dass eher Hochulis Verhalten und weniger das drohende RTVG-Referendum Gegenstand meines Artikels werden würden.

Obwohl ich es mir von einer ehemaligen SRG-Mitarbeiterin schlecht vorstellen konnte, ging ich zuerst davon aus, dass Hochuli schlicht nicht wusste, aufgrund ihrer zahlreichen Geräte und trotz TV- und Radio-Abstinenz Billag-Gebühren bezahlen zu müssen (ob das sinnvoll ist oder nicht, darüber kann man sich streiten – aber das ist nicht Gegenstand dieser Kolumne). Also rief ich ihren Pressesprecher an, der mir von einem «Abkommen» zwischen der Billag und ihr erzählte. Es kam mir spanisch vor, zu eindeutig schien mir die Faktenlage. Ein Abkommen zugunsten einer Regierungsrätin? Wenn das stimmte, wäre der Skandal erst recht perfekt gewesen.

In der Absicht, seine Chefin zu entlasten, sandte mir der Pressesprecher Screenshots des vermeintlichen Abkommens. Der geschickteste Schachzug war das nicht – er belastete Hochuli nämlich zusätzlich. Im zugeschickten Schreiben wies die Billag die Politikerin darauf hin, dass sie aufgrund ihrer Abmeldung «folglich alle Empfangsgeräte ausser Betrieb setzen» müsse. Dass dazu auch Handys, Computer oder ein Autoradio zählen – Hochuli selbst machte nie einen Hehl daraus, solche Geräte zu besitzen –, wurde im Schreiben explizit erwähnt.

Was tun, wenn die Fakten derart gegen einen sprechen? Fehler eingestehen, Besserung geloben, nach vorne schauen – so könnte man meinen. In der Kommunikationsmaschinerie Hochulis schien diese Sichtweise noch nicht vorzuherrschen. Zwar liess ihr Sprecher ausrichten, dass es ihr «leid tue, falls sie etwas getan haben sollte, das trotz Billag-Absolution nicht in Ordnung sein sollte». Am Tag darauf, als der Artikel also längst erschienen war, schrieb der gleiche Sprecher: Frau Hochuli werde künftig die Gebühren entrichten, «falls sie dazu verpflichtet ist». Einsicht tönt anders.

Das deutet darauf hin, dass es Hochuli eben doch in erster Linie ums Rebellentum geht. Sie schien gar richtiggehend stolz auf ihren «zivilen Ungehorsam», sonst hätte sie gegenüber dem SRF-Moderator ihre Billag-Verweigerung kaum bereits im Vorgespräch erwähnt. Weshalb für etwas bezahlen, das man nicht konsumiert? Ich kann dieser Sichtweise durchaus etwas abgewinnen – nur greift sie zu kurz.

Gerade als hochrangige Behördenvertreterin muss die Aargauer Politikerin ein vitales Interesse daran haben, dass die demokratisch legitimierten Gesetze eingehalten werden. Da muss sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen, so wenig sie die entsprechenden Paragraphen gutheisst. Sonst leistet sie genau jenen Kräften Vorschub, die sich um demokratische Spielregeln foutieren, weil «die da oben» ja ohnehin machten, was sie wollten.

Mit der Gebührenverweigerung macht Susanne Hochuli zudem unfreiwillig Werbung für die neue Medienabgabe, die ab 2018 alle Haushalte zahlen sollen – unabhängig von der konkreten Mediennutzung und den vorhandenen Empfangsgeräten. Kontrollen, wer mit welchen Geräten welche Programme konsumiert, werden damit obsolet. Es ist die Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet eine Billag-Verweigerin das beste Argument für eine flächendeckende Abgabepflicht liefert.

Leserbeiträge

Marianne Weber 22. September 2014, 11:53

Es braucht nun endlich eine Diskussion darüber, welches Angebot die SRG künftig überhaupt noch anbieten soll. Von mir aus viel weniger. Eine Regierungsrätin, die von TV-und Radioauftritten profitiert und keine Gebühren bezahlen will, macht sich auf jeden Fall unglaubwürdig.

bob 22. September 2014, 23:34

Kommt der Boulevard jetzt auch hier noch?

Im Artiekl schreiben Sie nichts, was Aussagen wie
* „wenn die Fakten derart gegen einen sprechen“
* „demokratisch legitimierten Gesetze eingehalten werden“
legitimieren. Da der blosse Besitz eines Geräts nicht unbedingt eine Gebührenpflicht auslöst (*), wären mehr Details nötig und die finde ich entweder im Zusammenhang oder dann ist PR-Gau bestenfalls boulevardesk. Ich mag sicher nicht überprüfen, ob diese in den zitierten Medien vorkamen.

Also vermute ich wohl richtig: Effekthascherei? Und dass Sie vielleicht Hochuli nicht mögen, stört mich nicht, das ist hier nicht der Punkt.

(*) s. bspw. http://www.beobachter.ch/konsum/multimedia/artikel/billag_fernsehgebuehr-fuer-den-compi/

Ernst Jacob 20. November 2014, 17:07

Susanne Hochuli lebt ihre eigene Art, es entspricht wohl Ihrem für sich angelegten Muster. Es ist aber auch Ausdruck einer Ueberzeugung, die unverhüllt auch Kompromisslosigkeit manifestiert.

Weibliche Kompromisslosigkeit, die bevorzugt und bekannterweise immer dann zur Anwendung kommt, wenn das vermeintliche Problem Andere betrifft, in diesem Fall, irgendwelchge Gesetze oder Regeln, die zwar eigentlich für Alle Anderen ja auch gelten.

Wäre doch eigentlich alles nur halb so schlimm. Zumindest, wäre die Frau nicht Politikerin. Und auch so, das damals letzte Dutti-Partei-Member und Professor aus der Ostschweiz war ja auch Politiker, als er von der Post gejagt und gebüsst wurde, weil er ein illegales Funktelefon besass.

Susanne Hochuli aber ist Aargauer Regierungsrätin. Und allein schon daher sollte sie, zumindest in rechtlichen Dingen, zumindest eine Art Vorbild-Fukktion wahrnehmen können, auch wenn es ihr persönlich nicht behagt. Am Geld allein kann’s ja nicht liegen, hoffe ich zumindest.

Sie kam doch eigentlich mit der Welle, die unter Anderem auch einen Geri Müller popularisierte und in der Folge politisch hochtrieb. Nur, im Gegensatz zu ihm, schickt sie sicher keine Selfie’s an femde Männer, und hat auch keinen, der sich darob gar noch, zumindest medial, geschädigt fühlen könnte.

Ob und wie lange noch, im Zeitalter des langsamen allgemeinen Erwachens und Erkennens, Positionen von Exekutivmitgliedern im Aargau von Personen in Stil und mit der Politik einer Frau Hochuli und Anderer zu halten sind, werden die Stimmbürger|innen entscheiden.

Aber vielleicht gelten Regeln ja auch nur solche, die zum normalen Volk gehören. Würde auch erklären, wieso sie immer so herzlich lacht, wenn sie mal doch etwas gefragt wird, was ihr nicht passt…

Wunderschön, dafür aber eiskalt, wie das Matterhorn. Zu kalt, und zu berechnend, zumindest für mich…