von Ronnie Grob

Klare Form im Korsett

Nur Schimpfen über die SRG bringt nichts, findet unser Autor. Wenn schon, muss der Leistungsauftrag radikal gekürzt werden. Denn um den Service public zu ermöglichen, reicht eine werbefreie Berichterstattung über Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft völlig aus. Dafür aber auf allen Kanälen. Wir dokumentieren seinen Debattenbeitrag, den zuerst das Magazin «Schweizer Monat» veröffentlicht hat.

An der Vernissage des Buchs «Weniger Staat, mehr Fernsehen» stiessen am 23. April 2015 im Zürcher Hotel «Savoy Baur en Ville» zwei Welten aufeinander. Der Saal war voller kämpferischer und reformwilliger Liberaler, die – zusehends emotionaler werdend – begehrten, die zum Ungetüm ausgewachsene SRG endlich zu bändigen. Doch ihr Vertreter auf dem Podium, SRG-Generaldirektor Roger de Weck, blieb so stoisch wie ein alter Beamter, der schon viele junge Reformwillige hat anrennen lassen. Er wiederholte jene Sätze, die er immer sagt: Die SRG ist dazu verpflichtet, ihren Leistungsauftrag zu erfüllen. Mehr tut die SRG nicht. Wo genau liegt das Problem?

De Wecks Trick ist so einfach wie genial. Er definiert den «Service public», wie es ihm gefällt – und unterstellt, dabei würde er bloss dem Leistungsauftrag folgen. Und was für ein «Service public» gefällt dem mit Vorliebe elitär auftretenden Bankierssohn? Einer, der so mächtig ist, dass eine private Konkurrenz daneben entweder gar nicht erst aufkommen kann oder bedeutungslos bleiben muss. Ein «Service public», der auch noch in den hintersten und kleinsten Bereich des Lebens eingreift. Ein «Service public», der von oben bestimmt, was unten ankommt. Nicht nur jede Sprache und jede Region soll doppelt und dreifach abgebildet werden, die Inhalte sollen auch jedes Medium, das existiert und neu aufkommt, besetzen und dominieren. Und weshalb? Weil es ihm in seiner Funktion ins Konzept passt. In den 1990er Jahren, als er noch Chefredaktor von «Zeit» und «Tages-Anzeiger» war und gerne zum Chefredaktor von «RTL Schweiz» geworden wäre, hätte de Weck vermutlich anders argumentiert. Aber als SRG-Generaldirektor baut er seine Machtgebiete aus. «Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt», hat Karl Marx mal dazu geschrieben.

Definition des Auftrags
Irgendwann wird es einigen im Saal gedämmert haben, dass das Fluchen über die SRG nichts bringt. Wer diese jährlich 1,2 Milliarden Franken Gebührengelder verbrennende Medienmaschine drosseln will, muss ihr schon die politischen Grundlagen entziehen. Also ihre Aufgaben beschneiden und enger fassen. Was es braucht, ist eine glasklare Definition des Leistungsauftrags der SRG.

Ein solch eng gefasster Auftrag entspräche idealerweise etwa dem, was das Deutschlandradio innerhalb der Medienlandschaft Deutschlands macht. Auf drei Radiosendern senden Deutschlandfunk (Schwerpunkt Information) und DRadio Wissen (Schwerpunkt Bildung) aus Köln, Deutschlandradio Kultur (Schwerpunkt Kultur) aus Berlin, jeweils ergänzt mit Textbeiträgen im Internet. Das Programm dreht sich vornehmlich um Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft. Aber auch wenn es um Sport, Religion, gesellschaftliche Themen oder Konsumfragen geht, bleibt die Berichterstattung seriös und die Qualität hoch. Werbung gibt es keine, das Programm wird lediglich von Nachrichten unterbrochen. Wer in Deutschland kompetent informiert werden möchte, braucht den Fernseher nicht einzuschalten, denn die von Deutschlandradio gelieferten Leistungen reichen problemlos aus. Internetzugriff haben heute fast alle und auch ein Radiogerät ist erschwinglich. Der Clou: 2013 verbrauchte das Deutschlandradio gerade mal 197 der 7681 Millionen Euro, die insgesamt im Namen des Öffentlich-Rechtlichen ausgegeben wurden, also lediglich 2,5 Prozent. Der öffentlich-rechtliche Auftrag in Deutschland lässt sich also für ein Vierzigstel der aktuellen Gesamtkosten bereits mehr als ausreichend erfüllen.

Zwar ist die Situation in der viersprachigen Schweiz etwas komplizierter. Doch der eigentliche Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender, eine ernsthafte und umfassende Information zu relevanten Themen, die Private nicht mit voller Sicherheit auch liefern würden, lässt sich, grosszügig ausgelegt, mit wenigen Prozent der heutigen Gebühreneinnahmen problemlos erfüllen, und zwar in allen Landessprachen und ohne Werbeeinnahmen.

Streichungsvorschläge
Wie liesse sich die SRG auf einen enger gefassten Auftrag verpflichten? Mit einer radikalen Zusammenstreichung des in Artikel 2 der SRG-Konzession definierten Programmauftrags. Punkt 1 kann auf die Verbreitung in den Amtssprachen begrenzt werden. Die Punkte 2 und 3 können ersatzlos gestrichen werden. In Punkt 4 kann der Auftrag auf das, was derzeit in Abschnitt a) definiert wird, beschränkt werden. Ein Satz wie «Die SRG trägt bei zur […] freien Meinungsbildung des Publikums durch sachgerechte und akkurate Informationen insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge» reicht völlig aus. Wer findet, dass auch Bildung und Kultur zum öffentlich-rechtlichen Auftrag gehören, sollte sich für eine (gestraffte) Beibehaltung der Abschnitte b) und c) stark machen. Die unter d) formulierte Unterhaltung gehört gestrichen, denn niemand muss den Bürgern unter Zwang Geld wegnehmen, um sie dann damit zu unterhalten. Es ist auch der in Verfassung und Konzession verankerte Unterhaltungsartikel, der Roger de Weck dazu verführt, den US-Serien- und Filmanbieter Net-flix als direkten SRG-Konkurrenten wahrzunehmen, ganz so, als wäre der Generaldirektor ein Medienunternehmer.

Eine Reduktion des Auftrags macht viele Artikel der Konzession entbehrlich. Deshalb muss die Konzession auch abseits von Artikel 2 radikal gekürzt werden. Manche Artikel sind allerdings heute schon überflüssig. So fordert Artikel 3, Punkt 2 zur Programmqualität gleichzeitig Quote und Qualität: «Die SRG strebt eine hohe Akzeptanz bei den verschiedenen Zielpublika an», heisst es da, unmittelbar gefolgt von: «Sie bemisst die Akzeptanz nicht in erster Linie in Marktanteilen.» Der Versuch, zwei divergierende Ziele zu erreichen, ist nicht nur unmöglich, sondern führt auch dazu, dass Roger de Weck so ziemlich alles als Erfolg verkaufen kann. «Beim Service public bemisst sich der Erfolg an der Qualität wie an der Quote», sagte er letztes Jahr der «NZZ am Sonntag». Aktuell ist die SRG also tatsächlich konzessioniert, stets auf der Gewinnerseite zu stehen.

Um diese Streichungen in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Konzession durchführen zu können, müsste jedoch zuerst die Bundesverfassung, Art. 93, Abschnitt 2 geändert werden. Eine schlanke Lösung könnte so lauten: «Mit einer sachgerechten und akkuraten Darstellung der Ereignisse tragen die öffentlich-rechtlichen Medien zur freien Meinungsbildung bei. Sie bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck und berücksichtigen dabei die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone.»

Freiräume und Möglichkeiten
Bindet man die Öffentlich-Rechtlichen auf einen eng umrissenen Auftrag zurück, so eröffnen sich privaten Medienunternehmern in allen Mediengattungen neue Möglichkeiten. Umgekehrt muss dann allerdings auch gelten: Öffentlich-rechtliche Inhalte sollten nicht von der Art des Mediums abhängig sein müssen. Wenn die Bürger auf demokratischem Weg zum Ausdruck bringen, dass sie die Inhalte einer öffentlich-rechtlichen Anstalt finanzieren möchten, wäre es unsinnig, die Verbreitung ihrer Programme auf Radio und Fernsehen zu beschränken. Dadurch entstünde nicht nur ein Freiraum, um mit dem neusten technischen Fortschritt einherzugehen. Wenn sie alle Medienformen bespielt und damit alle Bevölkerungsschichten erreicht, bewahrt das auch die Legitimation der SRG. Den klassisch-journalistisch arbeitenden Medien würde ein reduzierter SRG-Leistungsauftrag mehr Spielraum bieten. Medienangebote im Bereich Unterhaltung und Sport und je nachdem auch in den Bereichen Bildung und Kultur wären sogar vom unfairen Wettbewerbsdruck des gebührenfinanzierten Monopolisten vollständig befreit.

Mit Abstrichen im Angebot ist natürlich zu rechnen: Wenn sich keine hiesigen Medienunternehmen finden, welche die Übertragungsrechte für Olympische Spiele, den European Song Contest oder die Fussball-Weltmeisterschaft sichern oder Schwingfeste und Skirennen übertragen, so wird das Publikum gezwungen sein, auf die Angebote von Verbänden oder anderen Anbietern aus den Nachbarländern zuzugreifen, gegebenenfalls kostenpflichtig. Auch eine Reihe von im freien Markt nicht konkurrenzfähigen Lokalsendern müsste wohl schliessen. Es sei denn, sie kämen zu neuen Geldquellen oder fänden dank des Wegfalls von SRF-Unterhaltungskanälen wie Radio SRF 3 zu neuen Hörern.

Doppelmoral und Verlogenheit
Öffentlich-rechtliche Angebote könnten also nicht nur auf klassischen Kanälen wie Radio und Fernsehen verbreitet werden, sondern auch über Websites, per Newsletter oder App, via Facebook, Twitter, YouTube und WhatsApp, oder gar als gedruckte Zeitung. Die etablierten Marktteilnehmer, insbesondere die Zeitungsverleger, würden sich zwar gegen jegliche in ihren Verkaufsgebieten aufkommende Konkurrenz stemmen. Das ist nachvollziehbar, aber unwichtig. Denn der Journalismus ist zwar für die Gesellschaft unverzichtbar, Gleiches lässt sich aber nicht unbedingt von der Druckwirtschaft und den Medienkonzernen sagen. Die Doppelmoral und Verlogenheit, mit der die Zeitungsverleger einerseits bei jeder Gelegenheit verbal gegen die SRG austeilen und andererseits selbst Gebührengelder kassieren, muss scharf verurteilt werden. Jährlich fliessen 16,5 Millionen Franken an 12 kommerzielle Radiostationen, 2,9 Millionen Franken an 9 komplementäre Radiostationen und 34,6 Millionen Franken an 13 Regional-TV-Stationen. Vorzeigemann für das pseudomarktwirtschaftliche Gebaren dieser Kreise ist Hanspeter Lebrument, langjähriger Präsident des Verbands Schweizer Medien und gebührenfinanzierter Regionalmonopolist. Die von ihm geleitete Somedia AG, 2014 mit einem ausgewiesenen Gewinn von 3,2 Millionen Franken, hat jährlich ein Anrecht auf TV- und Radio-Gebührengelder in der Höhe von 5 818 813 Franken.

Die jammernde, reformscheue, gebührenkassierende Privatwirtschaft, die ihre Einnahmen am liebsten ebenfalls per Steuer einziehen würde, bietet bis jetzt keine Lösung, sondern ist vielmehr selbst Teil des Problems. Dass die SRG heute so stark ist wie noch nie, geht auch auf ihre Kappe. Denn ihre als Lobbying verkaufte, endlose Schimpftirade ist beeindruckend wirkungslos geblieben. Wenn Verlage wie Tamedia und Ringier den klassischen Journalismus zugunsten des Digitalgeschäfts mehr und mehr vernachlässigen, ist das zwar bedauernswert. Aber es wird nur dann zum Problem, wenn keine anderen Journalismusanbieter nachrücken. Hier muss niemand geschützt werden. Gestrichen werden kann folglich auch Artikel 93, Absatz 4: «Auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, ist Rücksicht zu nehmen.» Die Voraussetzung, um das zu tun, ist die Übergabe der aktuell vom Bundesrat ausgeübten Budgethoheit über das öffentlich-rechtliche Angebot an das Volk beziehungsweise an seine direkten Vertreter. So bliebe es in aller Regel beim Parlament zu entscheiden, in welchem finanziellen Umfang sich öffentlich-rechtliche Inhalte in der Schweiz verbreiten dürfen. Die Verteilung des gesprochenen Gelds auf die Kanäle kann gemäss einem Schlüssel vorgenommen werden, der sich auf neuste Daten aus wissenschaftlichen Mediennutzungsstudien stützt und die Aufmerksamkeitsbudgets entsprechend verteilt.

Fazit
Die SRG soll also alle Mediengattungen bespielen dürfen, und das in einer Höhe, die lediglich vom Parlament bestimmt wird? Korrekt. Die Inhalte müssen ja nur einmal hergestellt werden, worauf sie – gegebenenfalls geringfügig dem Medium angepasst – kostengünstig auf alle bisherigen und zukünftigen Kanäle verteilt werden können. Bei SRF-Radiosendungen läuft schon jetzt eine Kamera mit, man findet sie auf YouTube. Werden diese Inhalte verschriftlicht, lassen sie sich als Texte ausspielen. Als Texte vorliegende Recherchen wiederum lassen sich audiovisuell verarbeiten.

Einsparungsmöglichkeiten gibt es bei den Redaktionen: Je eine Zentralredaktion pro Sprachregion mit freien Mitarbeitern in den Regionen genügt. Lugano, Genf und Zürich können sich dabei gegenseitig einige Arbeiten übersetzen. In welcher Form das geschieht (und vor allem nicht geschieht), dafür bürgt die Konzession. Deren Erteilung und Einhaltung wird aktuell vom Bundesamt für Kommunikation verantwortet – auch das sollte von einer unabhängigeren und staatsferneren Instanz übernommen werden. Geschlossen werden könnten die vor allem Sport und Unterhaltung ausstrahlenden zweiten Fernsehkanäle, es sei denn, das Parlament bewilligt ein Budget, das es erlaubt, sie konzessionsgerecht zu füllen.

Verantwortung der Privaten
Eine SRG an der Kandare erzwingt ein grösseres Engagement der Privaten. Kommt es so weit, müssen sie mit Inserateschaltungen oder über Stiftungen dafür sorgen, dass auch von privater Seite weiterhin Nachrichten, Recherchen, Debattenbeiträge, Hintergrundinformationen erstellt und verbreitet werden, und zwar von unabhängigen Journalisten und ohne politische Einflussnahme. Denn jede freie Gesellschaft braucht den sachlichen Diskurs, und eine direkte Demokratie besonders. Diskutieren muss man aber auch über fehlgeleitete Subventionen in den Bereichen Kultur und Wissen.

Rembrandt van Rijn, Vincent van Gogh und Paul Gauguin starben in Armut. Wolfgang Amadeus Mozart und Honoré de Balzac arbeiteten wie besessen und kämpften dennoch zeitlebens gegen Schulden. Franz Kafka hat sein Werk in der Freizeit verfasst, die ihm blieb als Mitarbeiter einer Versicherung. Robert Walser versuchte sich im Feuilleton und endete in einer Heilanstalt. Doch erreichen die heutigen Kultursubventionen geniale Künstler besser? Im Gegenteil: Das System von Preisen und Jurys unterstützt gute Netzwerker. Erfolgreich ist weiter, wer bereit ist, mit ausgefeilten Anträgen in die Bürokratie einzusteigen. Kann man sich Balzac, van Gogh oder Walser vorstellen, wie sie bürokratiekonforme Anträge ausknobeln, um an Förderbeiträge zu gelangen? Auch wenn nur wenige von ihnen als grosse Künstler in die Geschichte eingehen werden: Die guten Journalisten machen so was auch nicht mit. Sie bleiben im Journalismus, solange der ihnen anständige Arbeitsbedingungen bietet. Ist das nicht mehr der Fall, machen sie etwas anderes.

Leserbeiträge

Fred David 30. Juni 2015, 14:24

Ich würde Ronnie Grob in den Nationalrat wählen, würde er kandidieren: Propere Polit-Analyse mit frisch-frechem Blick von aussen – und erst noch politisch umsetzbar.

Der Hebel ist tatsächlich die BV.

Den Informationsauftrag würde ich noch präziser definieren und die SRG würde ich in eine Stiftung mit klar definiertem Zweck umwandeln (dessen Einhaltung die staatl. Stiftungsaufsicht garantiert), um sie gegen den Einfluss von Parteien, Verbänden, Regierungen und Unternehmen abzuschirmen.

Das Beispiel des (werbefreien) Deutschlandfunk ist sehr gut gewählt.

Und: Wer TV-Shows, Skispringen, Schwingen, Olympia, FussballWM (der Fifa-Sumpf sollte auch den härtestgesottenen Sportfan übereugen, dass diese Sümpfe nicht auch noch öffentlich-rechtlich finanziert werden müssen) in extenso sehen will, soll dafür extra bezahlen; das lockt dann schon private Anbieter an. Das gleiche gilt für Spielfilmkanäle (der allein nicht lebensfähige Schweizer Film kann auch anders gefördert werden, ebenfalls über eine Stiftung).

Dafür sinken die Pflichtgebühren deutlich – und das Informationsangebot wird besser.

Ronnie Grob 30. Juni 2015, 21:34

Vielen Dank für die warmen Worte, lieber Fred David. Ich halte meinen Vorschlag auch für politisch umsetzbar. Und dass mich der Ex-Chefredaktor von „Cash“ in den Nationalrat wählen würde, merke ich mir gerne 🙂

Thomas Läubli 30. Juni 2015, 15:39

Die einzige Person, die hier elitär und oberlehrerhaft auftritt, ist Ronnie Grob selber. Das ist nicht untypisch für einen Mitarbeiter des «Schweizer Monats» – man lese nur mal die Artikel seines Vorgesetzten. Es fragt sich, warum man also solche Leute überhaupt ernst nehmen sollte, die nichts anderes zu tun haben als in anderen Beiträgen (siehe hier «Jetzt aber: Politisches Feuilleton») Kritiker als „vernachlässigbar“ abzukanzeln und auf Gegenargumente gar nicht erst einzugehen.

Das zeigt sich auch an der Formulierung der „fehlgeleiteten Subventionen in den Bereichen Kultur und Wissen“. Es folgt dann das beliebte „Argument“, dass wahre Künstler in Armut gestorben sind und Genialität nicht mit Geld zusammenhängen sollte. Dabei ist es eine Legende, dass keine grossen Meisterwerke enstanden seien, wenn ein Künstler von Monarchen und Mäzenen unterstützt wurde. Hiermit beweist Ronnie Grob, dass er von Kultur keine Ahnung hat und sich besser auch nicht darüber äussern sollte, was Kultur gefälligst sein sollte.

Ronnie Grob 30. Juni 2015, 21:31

Sie haben hier einiges falsch verstanden. Erstens bin ich freier und nicht fester Mitarbeiter des „Schweizer Monats“. Zweitens bin ich nicht der Meinung, dass wahre Künstler in Armut sterben sollen – ich stelle lediglich die falschen Anreize durch Subventionen in Frage.

Thomas Läubli 04. Juli 2015, 22:28

Das mit dem Falsch-Verstehen schiebt man gerne vor, wenn man nicht auf seine ostentative Herablassung gegenüber Twitterern, die nicht Ihre Meinung teilen, eingehen will (vgl. den Beitrag hier vom 26. 6. 15). Sie unterstellen mir einen Fehler, den ich nicht begangen habe: Ich schreibe oben nichts von „fest“ oder „frei“, sondern einfach „Mitarbeiter“. Und punkto Loyalität gegenüber Ihrem Kollegen spielt das keine grosse Rolle. Ich weiss also nicht, warum Sie darauf verweisen.

Beim zweiten Punkt ist es mir schleierhaft, von welchem Standpunkt aus Sie reden. „Falsche Anreize“ klingt nach Ökonomen-Slang. Wenn Sie aber den ökonomischen Standpunkt dem künstlerischen überordnen, lässt sich immer die Frage nach der Legitimität der Herrschaft stellen: Wer entscheidet, ob ökonomische oder künstlerische Kriterien massgebend sind? Gemäss künstlerischen Kriterien ergibt die Rede von „falschen Anreizen“ vielleicht überhaupt keinen Sinn. Damit bestätigen Sie aber zugleich meine Kritik, dass in einem Feuilleton die Herrschaft des politischen oder ökonomistischen Diskurses über den künstlerischen fehl am Platze ist. Wo der künstlerische Diskurs von fachfremden Erwägungen dominiert wird, stirbt die Freiheit. Deshalb möchte ich René Scheu und Sie, Ronnie Grob, als Antiliberale bezeichnen.