von Nick Lüthi

Verlage unterstützen Medienförderung für Nachrichtenagentur

Noch bevor ein kohärenter Plan für die künftige Förderungspolitik auf dem Tisch liegt, signalisiert der Bundesrat Bereitschaft, die Schweizerische Depeschenagentur sda mit Geldern aus der Medienabgabe zu unterstützen. Tamedia und NZZ, die grössten Aktionäre der Agentur, zeigen sich offen für eine solche Subvention. Die Agentur selbst sieht darin einen Stabilisierungsfaktor für ihr Geschäft.

Geht es darum, die privaten Medien mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren, gilt bei Schweizer Verlagen der Grundsatz: Wes Geld ich nehm’, dessen Lied ich sing. Darum Finger weg von staatlicher Medienförderung, weil sie die Unabhängigkeit gefährdet. Anders sieht es aus, wenn die gemeinsam getragene Nachrichtenagentur sda finanziell unterstützt werden soll. Sowohl Tamedia als auch die NZZ Mediengruppe, die beiden grössten Aktionäre der sda, zeigen sich offen für eine Subventionierung der Agentur.

In seiner Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Nationalrat, erklärte sich der Bundesrat bereit, als medienpolitische Sofortmassnahme die sda ab 2019 mit Mitteln aus der Medienabgabe finanziell zu unterstützen. Einen konkreten Betrag nannte er nicht. Im kommenden Herbst sollen sich im Rahmen einer öffentlichen Anhörung interessierte und betroffene Kreise zu dem Vorhaben äussern können.

Gemäss den Vorstellungen des Bundesrats sollte das Geld vor allem dazu dienen, ein gleichwertiges Angebot für die drei Landessprachen gewährleisten zu können. Die Anfrage der Grünen, auf welche die Regierung mit dem Fördervorschlag reagierte, problematisierte den Zustand der Westschweizer Medienlandschaft nach der Schliessung der Zeitschrift «L’Hebdo» und dem Stellenabbau bei der Tageszeitung «Le Temps». Die Produktion der französisch- und italienischsprachigen Dienste der sda kostet pro Jahr rund 2,5 Mio. Franken mehr als dass sie einbringen. Zur Deckung dieses strukturellen Defizits könnte die Medienförderung beitragen.

Tamedia und NZZ, die gleichzeitig Mitinhaber der Agentur und deren Kunden sind, sehen in der Subventionierung der Nachrichtenagentur keinen medien- und ordnungspolitischen Sündenfall. NZZ-Sprecherin Myriam Käser bekräftigt auf Anfrage die Haltung ihres Unternehmens, wonach man direkte Medienförderung «grundsätzlich ablehne». Indirekte Presseförderung dagegen könne «sinnvoll sein».

Ähnlich argumentiert auch Tamedia. Die sda leiste mit einem gleichwertigen Grundangebot in allen drei grossen Sprachregionen einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung in der Schweiz, allerdings nicht kostendeckend für die Romandie und die italienischsprachige Schweiz. «Sollte die Politik sich entscheiden, diese Transferleistung zu unterstützen, wäre eine indirekte Form der Medienförderung, die allen Kunden der sda zu Gute käme», teilt Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer auf Anfrage mit.

Damit bleibt aber die Frage offen, ob die Agentur das Geld überhaupt braucht oder ob es sich quasi um eine Subventionierung auf Vorrat handeln würde. In den letzten Jahren erzielte die SDA jeweils ein positives Konzernergebnis von 2,3 (2015), respektive eine halbe Millionen Franken (2014). Das Unternehmen steht also grundsätzlich gesund da.

Chefredaktor Bernard Maissen sieht eine Unterstützung via Medienabgabe vor allem dazu geeignet, das fragile Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden im Lot zu halten. «Das Geschäft der sda gründet auf Solidarität», betont Maissen. «Der kontinuierliche Einnahmenrückgang stellt dieses Modell in Frage.» Geht es der Branche schlecht, spürt das auch die Agentur. Verlage drängen auf günstigere Konditionen oder kündigen gar ihre Abonnements und hoffen in Neuverhandlungen bessere Bedingungen aushandeln zu können, sprich: weniger für das gleiche Angebot zu zahlen. Auch die Bundesverwaltung als Grosskunde hat in den letzten Jahren spürbar weniger Leistungen bezogen.

Wäre die sda ein Medienunternehmen, das nur nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen funktioniert, könnte sie die Zügel anziehen und für die defizitären Dienste in französischer und italienischer Sprache die vollen Kosten verrechnen. Kleinere Verlage aus Romandie und Tessin könnten sich ein solches Angebot nicht mehr leisten und müssten abspringen. Das wäre auch der Fall, wenn die Agentur als Sparmassnahme die lateinischen Dienste herunterfahren würde. Ein Leistungsabbau bei den lateinischen Sprachen wäre auch nicht im Interesse von Tamedia mit seinen zahlreichen Zeitungen in Romandie und Tessin. Verlage wie die NZZ oder die AZ Medien wiederum, die nur deutschsprachige Medien herausgeben, sind nur begrenzt bereit, ein Angebot mitzufinanzieren, das sie selbst nicht nutzen.

Ohne Medienförderung fürchtet Chefredaktor Maissen eine Überstrapazierung der agenturinternen Solidarität. Schon mit einem einstelligen Millionenbetrag könnten die unterschiedlichen Interessen ausgeglichen und verhindert werden, dass eine Abwärtsspirale mit unabsehbaren Folgen zu drehen beginnt.

Leserbeiträge

Christoph J. Walther 27. März 2017, 17:42

Nachrichtenagenturen sind im Internetzeitalter längst überflüssig — die Online-Newsrooms der Verlage arbeiten nach dem gleichen Prinzip (Null-Deadline). Nachrichtenagenturen dienen so nur noch als Subventions-Abschöpfungsvehikel. Offenbar geht es den Verlagen immer noch gut genug, dass sie dieses Kosten-Leck zu tragen vermögen. — Sollte es trotzdem um Bundessubventionen gehen, sind diese längst im Sprachengesetz (Art. 18 a) vorgesehen. Die Medienkopfsteuer dafür für Staatsaufgaben weiter (wie bereits mit dem RSI) dem Zweck zu entfremden, ist völlig fehlgeleitet.