von Nick Lüthi

Blochers Brückenkopf in die Zeitungszukunft

Der Gratiszeitungsverlag, den die BaZ Holding jüngst erworben hat, eignet sich ideal als Andockpunkt für weitere Blätter. Christoph Blocher sagt: «Wenn das Geschäft erfolgreich ist, wird es ausgeweitet.» Damit sich der neue Platzhirsch nicht zu einer Bedrohung für die Vielfalt der lokalen Presselandschaft entwickelt, müssen die unabhängigen Kleinverleger Gegensteuer geben.

Eine Weile lang konnte man den Eindruck gewinnen, als seien die Expansionsgelüste Christoph Blochers im Mediengeschäft in einer Sackgasse stecken geblieben. Die «Basler Zeitung» entfaltete nicht die publizistische Strahlkraft eines nationalen Referenzblatts, wie ihr das ursprünglich zugedacht war. Zwar kursierten in den letzten Jahren immer wieder Gerüchte über Kaufambitionen für weitere Zeitungen. Einmal soll die «Berner Zeitung» im Fokus des Interesses gestanden haben, ein anderes Mal war die Rede von einer Kaufofferte für den «Blick». Ausser aufgeregter Schlagzeilen blieb am Ende jeweils nichts übrig. Und auch das Projekt einer Gratis-Sonntagszeitung, das mehr als nur ein Gerücht war, entfaltete seine Wirkung vor allem als Drohkulisse. So blieb neben er Basler Zeitung gerade noch Tele Blocher, das mit seinen 2000 Youtube-Abonnenten nicht eben als Massenmedium gelten kann.

Inzwischen ist klar, wohin die Reise geht. In die Provinz. Also dorthin, wo das Zeitungsgeschäft noch funktioniert. Die Basler Zeitung Holding AG, an der Christoph Blocher zu einem Drittel beteiligt ist, aber mit Abstand die grösste Finanzkraft der drei Besitzer aufweist, hat rückwirkend auf Ende Jahr die 25 Gratiszeitungen des Zehnder Verlags in Wil für eine nicht genannte Summe erworben.

Die ehemaligen Zehnder-Gratisblätter laufen bereits heute erfolgreich. Das Unternehmen schrieb zuletzt schwarze Zahlen. Damit steht einer baldigen Expansion eigentlich nichts im Weg.

Und das soll erst der Anfang gewesen sein. Bekanntlich kommt mit dem Essen der Appetit. In der Tele-Blocher-Sendung vom 19. August sagte Christoph Blocher zu den Zukunftsplänen mit den neu erworbenen Zeitungen: «Wenn das Geschäft erfolgreich ist, wird es ausgeweitet.» Die ehemaligen Zehnder-Gratisblätter laufen bereits heute erfolgreich. Das Unternehmen schrieb zuletzt schwarze Zahlen. Damit steht einer baldigen Expansion eigentlich nichts im Weg.

An die nun erworbene Redaktions- und Verlagsinfrastruktur lassen sich mit wenig Aufwand weitere Zeitungen anschliessen. Das ist zum einen möglich mit eigenen Neugründungen. Rolf-Peter Zehner, der das Gratiszeitungsimperium aufgebaut hatte, sagte einmal: «Das ist ja an und für sich unsere Kraft, dass wir innert zwei Wochen eine neue Zeitung auf die Beine stellen können.» Zum anderen kann auch mittels Akquisition das Portfolio erweitert werden. Bereits heute sind mehrere unabhängige Gratisanzeiger über das Swissregio Kombi mit den früheren Zehnder- und jetzt BaZ-Gratiszeitungen im Anzeigengeschäft verbunden.

Heute noch unabhängige Verlage können schnell zu Übernahmekandidaten werden, etwa wenn sich bei familiengeführten Verlagen, wovon es gerade im lokalen Bereich zahlreiche gibt, keine interne Nachfolge finden lässt. Gut möglich und auch wahrscheinlich, dass die BaZ-Holding selbst nach solchen Titeln Ausschau hält. Schliesslich decken die erworbenen Gratiszeitungen vor allem das zentrale und östliche Mittelland, sowie die Ostschweiz und das Rheintal ab. Bern und die Nordwestschweiz erreichten die Zehnderblätter erst am Rand.

Auch wenn Blocher & Co. versichern, sie verfolgten mit der Akquisition der Zeitungsgruppe keine politischen Ziele, liegt genau das Gegenteil auf der Hand.

Anders als für den Zehnder-Verlag, der mit den Zeitungen vor allem die eigenen Druckmaschinen auslasten wollte, spielt beim neuen Eigentümer die Publizistik eine ungleich wichtigere Rolle. Auch wenn Blocher & Co. versichern, sie verfolgten mit der Akquisition der Zeitungsgruppe keine politischen Ziele, liegt genau das Gegenteil auf der Hand. Nur wegen des Geschäfts investiert heute niemand mehr in Zeitungen und mit dem Umbau der Basler Zeitung haben sie gezeigt, wie man eine vormalige Forumszeitung politisch auf Kurs bringt.

Doch allein mit dem Gratis- und Wochenzeitungsgeschäft kann das selbst gesteckte Ziel, zum viertgrössten privaten Medienunternehmen hinter Tamedia, Ringier und NZZ heranzuwachsen, nicht erreicht werden. Hiesse das doch, sich noch vor den AZ Medien und Somedia zu positionieren. Das lässt sich nur mit der Übernahme eines grösseren Unternehmens bewerkstelligen. Ein möglicher Kandidat wären die Somedia, die heute bereits für die Basler Zeitung Layout und Korrektur erledigen. Das ist natürlich kein Präjudiz. Umso weniger als dass Verleger Hanspeter Lebrument die Unabhängigkeit seines Unternehmens für seine Lebzeit garantiert. Aber er ist auch nicht mehr der Jüngste und wie sich das Geschäft unter seinen Kindern weiterentwickeln wird, die alle drei bei Somedia arbeiten, weiss heute niemand.

Heute ist es nicht mehr ein Grossverlag aus der Stadt, der im Multipack Zeitungen auf dem Land einkauft, sondern ein schwerreicher Politiker.

Wem etwas am Erhalt einer vielfältigen Medienlandschaft gelegen ist – gerade im Lokalen –, sollte den jüngsten Blocher-Coup als Weckruf verstehen. Heute ist es nicht mehr ein Grossverlag aus der Stadt, der im Multipack Zeitungen auf dem Land einkauft, sondern ein schwerreicher Politiker. Umso wichtiger wird die Verteidigung der Unabhängigkeit der Klein- und Kleinstverlage, die mit ihren Publikationen einen essenziellen Beitrag zum Funktionieren der föderalen Demokratie auf kommunaler und Bezirksebene leisten; dort also, wo einem die Politik am nächsten kommt, weil sie den persönlichen Alltag prägt.

Heute ist diese Vielfalt nicht bedroht, es blühen und spriessen die Blätter und Blättchen, weil das lokale Anzeigengeschäft mit Zeitungsinseraten noch funktioniert. In zehn, spätestens zwanzig Jahren dürfte das aber nicht mehr der Fall sein. Diese Aussichten waren ja auch der Grund, warum Zehnder jetzt verkauft hat. Die meisten Kleinverlage werden den Schritt in die digitale Zukunft nicht aus eigener Kraft schaffen. Da bietet es sich an, unter dem Dach einer grösseren Struktur Zuflucht zu suchen, wie sie die BaZ Holding nun anbietet. Oder aber die Kleinen setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Der jüngst gegründete Kleinverlegerverband «Medien mit Zukunft» böte sich hierfür idealerweise als Plattform an, umso mehr als dass der Verband neben Lobbyarbeit auch Instrumente für die digitale Medienproduktion entwickeln und bereitstellen will.

Leserbeiträge

Albert Stadler 22. August 2017, 17:59

Ich persönlich finde es völlig absurd und gefährlich, wenn ein Machtmensch, welcher ohnehin eine einseitige politische Meinung vertritt, die Macht über die Medien bekommt. Solche Beispiele kennt man ja schon, am Schluss hat das Volk in eine Richtung zu gehen. Wo bleibt da die in der Schweiz so hochgelobte Meinungs- und Pressefreiheit?

Christian Meyer 23. August 2017, 08:43

Das Gezeter hörte man schon bei der BaZ-Übernahme. Weil eben gerade diese „einseitige politische Meinung“ nach Blochers Auffassung zu wenig in den Medien zum Ausdruck kommt, will er weiter in Zeitungstitel investieren. Es ist sein eigenes
Geld, und damit kann er machen, was er will. Übrigens: Wie viele Redakteure, die SVP-Werte vertreten, kennen Sie auf Schweizer Redaktionen? Eben.

Luisa Haltner 25. August 2017, 15:06

@Christian Meyer: Hat die SVP seit Blocher eigentlich Werte?! Und wenn ja, welche? Ich kann keine finden bei einer Partei, die jene, die hier für uns Geld verdienen (Ausländische Arbeitnehmer), Menschen in Not, Invalide und Kranke beschimpft, verleumdet und pauschal des Betrugs verdächtigt. Ein anderes Thema als das hat die SVP ja nicht. – Ach ja: Europa wäre noch: Ein Unternehmer, der von der EU Subventionen kassiert und in Luxemburg Steuern bezahlt, sollte wohl eher still sein, als seine (finanziellen) Unterstützer zu beschimpfen. Da verhält er sich wie die (von ihm beschimpften) aufsässigen Ausländer, die über die CH schimpfen, aber Sozialgelder entgegen nehmen.

Sorry, Herr Meyer, die SVP ist wie ihr Besitzer: ziemlich kläglich.

Christian Meyer 28. August 2017, 13:37

 
@Luisa Halter. Sie schreiben, die SVP vertrete keine Werte. Welche Werte und Ziele vertreten Sie, Frau Halter? Vermutlich diese: möglichst viele Migranten in der Schweiz aufnehmen, sofortiger EU-Beitritt, mit anderen Worten – die Schweiz abschaffen.
 

Luisa Haltner 25. August 2017, 15:00

Ueber Selbstverständlichkeiten spricht man nicht! Wenn Blocher  keine politischen Absichten hätte, dann müsste er das nicht betonen! Aber Lügen hat sich Blocher ja öffentlich erlaubt…

Hier gibt es nur ein Mittel: Sollte mich ein solches Blatt erreichen, werde ich es in einem grossen Umschlag unfrankiert zurückschicken. Das freut die Post – und wenn das ein paar 10’000 tun werden, wird dem Herrn auf dem Herrli-Berg die Lust vergehen.

Allerdings ist das Wort Grossmogul etwas gross. Blocher bleibt ein Abziehbildchen aller seiner grossen Vorbilder. Immer.