von Ronnie Grob

Die Rechnung für die Panikmache

Ungenutzte Impfdosen gegen die Schweinegrippe, Erwerbsausfälle bei Gemüseproduzenten wegen EHEC, Polizeieinsätze bei Facebook-Partys: Medien, die mit ihrer Berichterstattung Hysterie schüren, erzeugen Kosten – immer häufiger werden diese von der Allgemeinheit getragen.

Viele Medien handeln genau so wie die von ihnen so gerne kritisierten Banken: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Konfrontiert man sie mit dem Vorwurf, sie hätten einen Anteil an den durch immer neue Hysterien verursachten Kosten für die Allgemeinheit, so streiten sie alles ab:

  • Schuld an den Kosten für die Schweinegrippe-Impfdosen, die ungenutzt das Ablaufdatum überschritten haben, sind nicht die Medien, die über Wochen hinweg Panik geschürt haben, sondern die Behörden, die sich verpflichtet sahen, die Bevölkerung zu schützen und aufgrund dieses Drucks der Pharmaindustrie enorme Mengen an Impfstoffen abkaufte. (Beispiel)
  • Schuld an den Verkaufsausfällen bei den Gurken und den Sprossen, die kurzzeitig in Verdacht waren, EHEC-Erkrankungen auszulösen, sind nicht die Medien, die durch ihre flächendeckende Berichterstattung bei den Konsumenten Ängste ausgelöst haben, sondern das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Robert-Koch-Institut, die Warnungen ausgesprochen haben. (Beispiel)
  • Schuld an den Kosten für den Polizeieinsatz an einer aus dem Ruder laufenden Facebook-Party ist nicht die Boulevardzeitung, die per Aufmacher auf die Party hinweist, sondern das 16-jährige Mädchen, das (versehentlich oder auch nicht) öffentlich zum Besuch ihrer Geburtstagsparty eingeladen hat. (Beispiel)

Es ist wahr: Eingeladen hat die 16-jährige Thessa, Impfdosen bestellt und vor Gurken und Sprossen gewarnt haben die Behörden. Doch wäre es zur Ausnahmesituation gekommen, wenn sich die Medien nicht gegenseitig hochgeschaukelt hätten?

In unserer Welt des permanenten Reizes ist es nicht einfach, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Für die Medien ist, aufmerksamkeitsökonomisch gesehen, jede Ausnahmesituation ein Segen. Und, das haben die Medien schon längst herausgefunden: Wenn keine Ausnahmesituation besteht, dann schafft man sich eben eine.

Was bleibt? Die Medienkonzerne verdienen Geld mit der Panikmache. Und die Steuerzahler sind dazu gezwungen, die daraus resultierenden Kosten zu begleichen.

Die Rechnung für die Schweinegrippe-Impfaktionen beläuft sich in Deutschland auf „zwischen rund zehn und 40 Milliarden Euro“, in der Schweiz auf „etwa 130 Millionen Franken“. Wo auch immer da die Wahrheit liegt, es sind absurd hohe Beträge für eine Aktion, die Ökonom Mathias Binswanger für ein sinnloses Konjunkturprogramm hält und bei der unklar ist, wie viele Menschen sie tatsächlich vor dem Tod bewahrt hat. Es bleibt zu erinnern, dass die Pandemie vergleichsweise wenige Opfer gefordert hat. Selbst der Nutzen der Gegenmittel ist umstritten, so das von den Ämtern bestellte und gegen die Vogelgrippe eingesetzte Medikament Tamiflu. Und dann haben britische Journalisten auch noch herausgefunden, dass mindestens drei Wissenschaftler, die an den WHO-Richtlinien für die Pandemie mitarbeiteten, auch auf den Gehaltslisten von Pharmakonzernen stehen.

Der Ausweg aus der Situation ist, der Panikmache keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Das ist Aufgabe der Konsumenten, vor allem aber der Journalisten. Irrelevantes bleibt irrelevant, auch wenn alle anderen darüber reden und schreiben und senden. Vom Rudeljournalismus sollten wir uns alle distanzieren.

Leserbeiträge

hof. 08. Juli 2011, 11:46

ok, durchaus einverstanden. aber den leser und seine urteilsfähigkeit sollten wir nicht ganz ausser acht lassen. man muss nicht jeder panikmache glauben/folgen.

Ronnie Grob 08. Juli 2011, 12:02

Richtig. Aber die Ämter fühlen sich durch die Berichterstattung dazu gezwungen, zu handeln. Auch wenn der einzelne Bürger keine Angst hat – für die Kosten aufkommen muss er dennoch.

drikkes 08. Juli 2011, 13:44

Schwierig, wenn einer erst einmal angefangen hat. Erinnert mich ein wenig an diese Diskussion. Ich meine mich auch allerdings an eine Abmachung der Zeitungsverlage und Fernsehsender zu erinnern, daß in Schweden einfach nicht über rechte Parteien berichtet wird. Folge: Sie werden kaum gewählt.