von Nick Lüthi

«Ich war Bobby California»

Fünf Jahre lang sorgte er mit seinen scharfen Kommentaren in Online-Diskussionen zur Medienzukunft für rote Köpfe. Mit Zähnen und Klauen verteidigte ein unbekannter Journalist die Ehre seines Berufsstandes – und nervte damit einen Teil der Mitdiskutanten gehörig. Jetzt zeigt Bobby California sein Gesicht. Es gehört Andreas Gossweiler. Die MEDIENWOCHE hat ihn getroffen.

Weshalb diese Aufregung? Aus der zeitlichen Distanz betrachtet, mutet die epische Debatte nachgerade bizarr an. Zum Jahresausklang 2009 lagen sich Journalisten und Blogger in den Haaren. Über fünf Tage und in hundert Kommentaren lieferten sie sich auf medienspiegel.ch einen Schlagabtausch zur Zukunft der Medien im Allgemeinen und zum Online-Journalismus im Speziellen. Sind Blogger die neuen Journalisten, was leisten Medienblogs?

Unerbittlich und scharf im Ton prasselten Argumente aufeinander nieder, manchmal auch Beleidigungen. Alles in allem aber grosses Kino in der kleinen Welt der Medienblogger. «Da könnte man ein super Cabaret-Stück daraus machen, wenn man es auf einer Bühne vorlesen würde», sagt ein sichtlich amüsierter Andreas Gossweiler. Der 47-jährige Journalist zählte unter seinem Pseudonym Bobby California zu den eifrigsten Debatteuren. Jetzt sitzt Gossweiler entspannt im Café Mandarin beim Bahnhof Stadelhofen in Zürich, trinkt ein Mineralwasser und sieht eigentlich ganz freundlich aus. Gossweiler arbeitet als Redaktor der Zeitschrift «Gesundheitstipp». In den Journalismus eingestiegen war der gelernte Grafiker nach einem Praktikum beim «Beobachter». Danach schrieb er als freier Journalist und als Redaktor beim Anzeiger von Uster.

Gossweiler hat die Monsterdebatte von Ende 2009 ausgedruckt und zum Gespräch mitgebracht; es sind 24 A-4 Seiten. Mit Leuchtmarker hat er jene Stellen markiert, wo Bobby am heftigsten angegriffen wurde. «Solche Sprache würde ich nie verwenden», verteidigt sich der Journalist. Damit meint er Kommentare, wie: «Bobby California dreht durch und kotzt über alles, was auch nur zwischen den Zeilen an seinem Ast rüttelt, auf dem er als anonymer Holzveredler sitzt.»

Es waren weniger Bobbys Argumente, als das pseudonyme Auftreten, das Blogger wie Christian Röthlisberger alias bugsierer zu solch heftigen Äusserungen hinreissen liessen: «Am meisten auf den Sack ging mir, dass Bobby immer den redlichen Schurni gab und gleichzeitig latent aus dem anonymen Hinterhalt auf (fast) alles schoss, was ihm vors Korn kam», schreibt Röthlisberger auf Anfrage der MEDIENWOCHE. Mit seiner mutwilligen Unkenntlichkeit trieb Gossweiler seine Gegenüber, wovon der Grossteil mit offenem Visier zum Schlagabtausch angetreten waren, regelmässig zur Weissglut und befeuerte damit eine Debatte in der Debatte.

Der unbändige Wunsch ihn zu enttarnen, trieb bisweilen bunte Blüten. Einmal schlug jemand vor, ihm mithilfe der Stilometrie auf die Schliche zu kommen. Doch Gossweiler gelang es, seine wahre Identität geheim zu halten. «Die totale Anonymität war aber nie mein Ziel», relativiert der Journalist sein Mimikry. «Es gab auch Leute, die wussten, dass ich Bobby bin.» Es sei ihm darum gegangen, seinen bürgerlichen Name vor der Suchmaschine Google zu verbergen.

Seine pseudonyme Netzidentität fand Andreas Gossweiler im Plattenregal bei Curt Boettcher. Der wenig bekannte, und wie Gossweiler findet, geniale Songschreiber, Produzent und Sänger aus Wisconsin, schrieb einst die Songzeile: «Changed my named to Bobby California.» Und so tat es auch Gossweiler. Ab 2006 entwickelte sich der unbekannte Bobby zu einer Konstanten in der medienkritischen Online-Debatte in der Schweiz, vornehmlich auf dem Blog medienspiegel.ch und später auch mit seinem eigenem Blog.

Seit ein paar Wochen ist Bobby Geschichte. Andreas Gossweiler hat genug. «Die Diskussion ’neue Medien gegen alte Medien‘ interessiert mich nicht mehr. Da wurde alles gesagt.» Auf die nicht enden wollenden Debatten trifft das durchaus zu. Je länger die Diskussionen dauerten, desto weniger gaben sie her.

Dennoch kann Martin Hitz, der mit seinem Blog medienspiegel.ch dem verbalen Ringkampf eine Plattform bot, Bobbys Auftritten auch etwas Positives abgewinnen: «Ich denke, dass er vor allem die Rolle des advocatus diaboli gespielt hat – häufig etwas gar missionarisch, oft aber auch mit gut formulierten Argumenten, die immer wieder zu hitzigen, aber durchaus auch substanziellen Debatten führten.»

«Missionarisch» würde Gossweiler nicht auf sich sitzenlassen. Doch frei von Emotionen sei auch er nicht gewesen. «Wenn es heisst, du seist inkompetent, ist es schwierig nüchtern zu bleiben.» Das störe ihn aber nicht. Solange man anständig bleibe, dürften die Emotionen auch mal hochgehen.

Sein Anliegen sei eigentlich ein ganz selbstverständliches gewesen: «Mir ging es als Journalist darum aufzuzeigen, wie aufwändig professioneller Journalismus wirklich ist.» Vehement wehrte sich Bobby und wehrt sich Gossweiler gegen die Prognose, wonach Amateure, Blogger, Bürgerjournalisten, das zu leisten imstande seien, was bisher Journalisten taten. «Ein Journalist bei einem bezahlten Titel macht etwas anderes als ein Blogger oder ein Mitarbeiter einer Gratiszeitung.»

Das wurde mitunter so wahrgenommen, als verteufle er das ganze Web und wolle das Rad der Mediengeschichte zurückdrehen. Was sicher auch daran liegt, dass Bobby California in diesen Diskussionen, wo er kaum auf Verbündete zählen konnte, seine Positionen plakativer darstellte, als sie nun Andreas Gossweiler in einem ruhigen Gespräch unter vier Augen wiedergeben kann.

Andreas Gossweiler ein Netz-Phobiker? Keineswegs, wie ihm auch seine Gegenspieler attestieren. Schliesslich wusste er die Klaviatur der Online-Medien geschickt zu bedienen und baute mit einem Pseudonym eine Marke im Netz auf. Ihm sei einfach aufgefallen, dass gewisse Leute völlig unrealistische Heilserwartungen ins Internet projizierten. Und das störe ihn.

Seine heftigsten Widersacher, darunter auch Medienwoche-Autor und Blogger Ronnie Grob, ziehen eine gemischte Bilanz nach fünf Jahren Bobby California: «In den Diskussionen empfand ich seine kreativen Beleidigungen belebend, leider hat seine starre Haltung viele Gespräche erschwert und langweilig gemacht.» Das Verdienst von Gossweiler und seinem pseudonymen Alter Ego sei es gewesen, konservativen Schweizer Journalisten, die den neuen Entwicklungen aus dem Web ablehnend gegenüberstehen, eine Identität gegeben zu haben. «Ich fürchte», meint Ronnie Grob weiter, «die Gruppe, die er repräsentiert, ist gar nicht so klein.»

Ganz ähnlich sieht es auch Christian Röthlisberger, Texter und Blogger, der den Zorn von Bobby California immer wieder auf sich gezogen hatte. «Er war für mich die Ikone eines aufgescheuchten Berufsstandes, der sich vom Netz überrollt fühlt und erst jetzt langsam-langsam-langsam aus der Deckung auftaucht.» Zu seiner Zukunft im Netz unter Klarnamen wünscht ihm Röthlisberger Glück und zieht einen Schlussstrich unter die jahre- und ellenlangen Wortwechsel: «Die Netzgemeinde ist weniger nachtragend, als Bobby meint.»

So milde und versöhnlich die Worte von Grob und Röthlisberger auch gemeint sein mögen, für Bobby wären sie mit Bestimmtheit eine Steilvorlage zu einer heftigen Replik. Doch dazu kommt es nicht mehr. Bobby ist Geschichte und Andreas Gossweiler will sich nicht mehr öffentlich an der Diskussion «neue Medien gegen alte Medien» beteiligen. Als Redaktor schreibt Gossweiler weiterhin über Gesundheitsthemen und in seinem neuen Blog über sub-originelle Namen von Coiffeursalons, Kultur in der Westschweiz oder bedrohtes historisches Bauerbe. Themen mit vergleichsweise geringem Aufreger- und Debattenpotenzial.

Leserbeiträge

Christian Leu 27. Oktober 2011, 15:46

Sensationell die zweisprachigen Blogbeiträge die er macht! Wow!

Rainer Stadler 27. Oktober 2011, 15:54

Nach der Lüftung der Bobby-Burka: Nun erinnere ich mich an die Aufforderung in der damaligen Debatte, als Kommentar 100 absehbar wurde, ich solle einen ausgeben. Na, das würde ja ein lustiges Treffen. Wer will, kann sich ja bei mir melden.

Philippe Wampfler 27. Oktober 2011, 16:10

Schön, sind alle so versöhnlich. Gereizt hätte es mich schon, ein paar Aussagen über die qualitativ hoch stehende Arbeit der Bezahljournalisten an den tatsächlichen Produkten von Herrn Gossweiler zu messen… 

Vladimir Sibirien 28. Oktober 2011, 09:31

Schade schade, dass dieses Geheimnis noch vor dem Kryptos des FBIs gelüftet wurde. Wildeste Phantasien entsprangen der gut gehüteten Identität. Auslandsjournalist bei der Südostschweiz? Sonntag? Oder Schaf im Wolfspelz bei der Weltwoche? Nein, viel subtiler wurden postkommunistische Ideologien in Editorials über Rollatoren und Treppenlifte verpackt. Im Gesundheitstipp. Gesundheitstipp! Die nächste Apothekenrundschau werde ich aber ganz genau lesen.

agossweiler 28. Oktober 2011, 10:00

Schau dir den Gesundheitstipp mal an, dann siehst du den Unterschied zur Apothekenrundschau. Ich habe nie über Rollatoren oder Trepppenlifte geschrieben. Beim Gesundheitstipp betreiben wir kritischen Recherchierjournalismus. Es ist, nebenbei gesagt, eine der wenigen Zeitschriften, bei denen Journalisten noch Zeit haben, um ein Thema gründlich auszuleuchten.

bugsierer 28. Oktober 2011, 19:15

@vladimirsibirien haha… genau. wie gemein…

Titus 01. November 2011, 03:17

Pardon, Nick, aber ich hätte mir schon eine etwas kritischere Haltung zum selbsternannten Verteidiger seines Berufsstandes gewünscht, der die grösste Debatte ausgedruckt (!) wie eine Trophäe ans Interview mitbringt und der nie müde wurde, die eigenen Posts und Tweets zu löschen wenn’s für ihn unbequem wurde.

Unter dieser kritischen Haltung hätte ich auch verstanden, was er sich denn von seiner Kunstfigur erhofft hatte. Anderen auf den Nerv zu gehen kann ja wohl kaum die Motivation gewesen sein – oder etwa doch? Ebenso hätte ich erwartet, dass er nach seiner „Bilanz“ gefragt worden wäre: Was hat denn der ganze Zirkus letztendlich gebracht? Hätte er nicht mehr erreichen können, wenn er nicht aus dem anonymen Hinterhalt geschossen hätte oder wenn er sich eher in einem konstruktiven Gremium à la Verein Qualität im Journalismus engagiert hätte?

Der Name Bobby als Blogger mag Geschichte sein. Die Person dahinter ist es nicht. Nun so zu tun als ob nichts gewesen wäre, funktioniert nicht, denn jetzt muss sich einer ziemlich ins Zeug legen…

Sonst, Andreas, wirst Du Dich noch häufig rechtfertigen müssen, worin denn beispielsweise die Recherche besteht, wenn man ein paar Beutelchen japanischen Grüntee in ein Laboratorium schickt um dann das wiederzukäuen, was schon im Juni anderen Medien zu berichten wussten (wiederkäuen ist gemäss Bobby eigentlich Sache der Blogger).

Du wirst dann ebenso rechtfertigen müssen, weshalb Du dem Widerspruch nicht nachgegangen bist, dass der Tee, der am nächsten bei Fukushima angebaut wird, kaum nachweisbares Cäsium aufweist, währenddem der Tee, der am weitetest von Fukushima entfernt angebaut wird, die höchste Werte enthält. Das hätte ich ein gründliches Ausleuchten genannt…

Andreas Gossweiler 05. November 2011, 10:18

Titus Sprenger, es freut mich, dass Sie den Gesundheitstipp gelesen haben. Wenn Sie sich zu meiner Arbeit äussern wollen, sollten aber die Fakten stimmen. Die Fakten sehen wie folgt aus: Der Gesundheitstipp war das erste und bisher einzige Medium, das japanische Lebensmittel ins Labor geschickt hat, um die radioaktive Belastung zu messen. Wir haben nicht «ein paar Beutelchen» untersucht, sondern 20 Tee- und Algenproben sowie 20 Fischproben ins Labor geschickt. Alle anderen Medien haben sich bisher damit begnügt, die Verlautbarungen des BAG wiederzugeben. Die Tatsache, dass die Kontamination nicht abnimmt mit der zunehmenden Entfernung von Fukushima, ist kein «Widerspruch», sondern lässt sich mit lokal unterschiedlich intensiven Niederschlägen rechtfertigen.

Andi Jacomet 01. November 2011, 18:37

Nachdem das Thema „Bobby“ nun schon etliche Monate irgendwo in einer Ecke verstaubte, kommt aus heiterem Himmel diese Meldung – und auch wenn ich wie die meisten hier kein Interesse an einer weiteren Konfrontation habe und gern in den Friede-Freude-Eierkuchen-Chor einstimme, leuchten doch noch ein paar Fragezeichen im Hinterkopf.

Fand die „Enttarnung“ statt, da Andreas/Bobby nach monatelanger Vorsicht doch einen entscheidenden Fehler gemacht hat? Wollte er vielleicht gar enttarnt werden? Wie bringt man die teils gehässigen Kommentare eines Bobby mit dem herzlich dreinblickenden Meteo-Siegrist-Gesicht eines Andreas zusammen, der sogar ähnliche Gegenden wie ich mag und ebenfalls ein Flair für altehrwürdige zu haben scheint?

Es ist schon etwas schauderlich (oder soll man es „faszinierend“ nennen?), wie dieser Normalo-Andreas hier in Text und Bild rüberkommt, während mir sein Alter Ego stets als abgrundtief negativ, boshaft, dünnhäutig und bisweilen hassgeladen reinkam.

Das bring ich irgendwie nicht zusammen.

Ist Andreas einfach ein guter Schauspieler oder macht er nun auf „schaut her, ich bin ein Lieber“, da er enttarnt ist und er nicht anders kann? Haben wirs mit einem Fall von Schizophrenie zu tun? Mit einem „Bad-Superman-Syndrom“ – tagsüber unauffällig und brav, als Zweitfigur aber komplett anders? Oder mit einem Freizeitschauspieler, der sich in seine Rolle stärker, als er wollte, hineinsteigerte und sich vor dem Compi regelmässig totlachte, wenn er die Reaktionen auf seine Tiraden sah?

Niemand von uns ist ein perfekter Engel, und so mancher von uns macht im Schutze der Anonymität Dinge, die er sonst nie täte. Ist vermutlich menschlich. Aber es ist immer wieder schräg, wenn man eine dermassen grosse Diskrepanz zwischen einem Menschen und seiner ehemals anonymen Kunstfigur feststellt.

Nun gut, es hat keine Verletzten gegeben, der Fall ist abgeschlossen, über die Blogger- und Medienszene hinaus interessiert sich niemand für den Fall. Auch wenn die Suchmaschinen nun genau das tun, wovor Bobby immer so panische Angst hatte – passieren wird… vermutlich nichts. Doch ein Stück weit hat Titus recht mit seiner Aussage „so zu tun als ob nichts gewesen wäre, funktioniert nicht“. Weniger wegen Andreas‘ Texten, eher wegen den beiden Charakteren, die ich partout nicht zusammenbringe.

OK, vielleicht ist das alles auch gar nicht so wichtig.

Drum ist auch Jenny Viriginia selbstverständlich bei einem Umtrunk gern dabei, so es denn dazu kommt, dass Rainer Stadler einen ausgibt. Ansonsten buchen wir das wohl unter „Kuriositäten des Onlinelebens“ ab und reiben uns ein letztes Mal verwundert die Augen.

Philippe Wampfler 02. November 2011, 21:45

Die Frage würde mich auch interessieren – war die »Enttarnung« in dieser Form geplant (also so, dass allen klar ist, wer B. C. gewesen ist), oder war das ein Unfall?

Andreas Gossweiler 05. November 2011, 11:52

Andi Jacomet, es freut mich, dass Du in meinem Blog gemeinsame Interessen entdeckst. Tatsächlich habe ich kurz an Dich gedacht, als ich im Frühling auf der ehemaligen Chemin de fer de Provence in Bargemon vorbei radelte.
Ich finde es aber schade, dass jetzt wieder die alte, fruchtlose Debatte um die Verwendung von Pseudonymen aufgewärmt wird, statt dass man über das diskutiert, was ich sagte (nämlich: dass es im Internet alles gratis gibt, aber oft in mangelhafter Qualität, oder auch: dass Blogger nicht die gleiche Arbeit machen wie Journalisten). Alles, was ich im Bobby-California-Blog geschrieben habe, würde ich auch unter meinem bürgerlichen Namen veröffentlichen.
Ich habe mich auch nie «totgelacht» über Reaktionen. Ein Grund, warum ich manchmal froh war um das Pseudonym, waren die überraschend aggressiven Reaktionen seitens der «Netzgemeinde». So schrieb ein Blogger unter anderem, «was sagt dein Therapeut dazu» und ähnlich Grobes. Die Diskussion um alte und neue Medien wurde auf beiden Seiten engagiert und manchmal hitzig geführt. Das ist auch gut so. Aber ich ging nie so weit, bei anderen Bloggern geistige Krankheiten zu vermuten, nur weil ich mit ihrer Meinung nicht einverstanden war. Einige Bürger der «Netzgemeinde» scheinen Bobby California bereits zu vermissen. So schrieb die «Lupe», ich würde jetzt in meinem Blog nur noch über «Alltagsbanalitäten» schreiben. Man kanns eben nie allen recht machen.

Ronnie Grob 06. November 2011, 16:53

@Andreas Gossweiler: Es war anzunehmen, dass Du Deine Kommentare irgendwann verklären würdest. Du hast viele Deiner unter „Bobby California“ in Blogs und auf Twitter veröffentlichten Aussagen irgendwann gelöscht, was Dein gutes Recht ist. Tatsächlich aber hat dieser „Bobby California“ schön ausgeteilt. Ein paar von den mich betreffenden Aussagen hab ich mir notiert, damit sich jeder ein eigenes Bild machen kann.

Alle folgenden Aussagen wurden unter dem Namen „Bobby California“ in inzwischen gelöschten Beiträgen gepostet:


16. April 2010
Ronnie Grob’s eigenhändig getippter Flachsinn
Ich staune immer wieder, was für einen hanebüchenen Quatsch dieser Ronnie Grob von sich gibt, einer der verblendetsten Internet-Gläubigen und einer der verbissensten Journalisten-Basher. (…)

Das ist so dumm, dass ich mir für einmal die Mühe sparen kann, Quellen zu suchen, die dazu dienen könnten, Ronnie Grob’s Quatsch widerlegen. (…)

17. April 2010
Hilfe, die Asche kommt!
Ich weiss nicht, was die grössere Katastrophe ist: die isländische Asche oder Ronnie Grob’s Blog. Oder das Newsnetz? (…)

12. Mai 2010:
«Wir feiern 70 Jahre Niklaus Meienberg» gibt Ronnie Grob, der einfältigste Blogger weit und breit, im Blog des Zürcher Pressevereins vor. (…)

So weit, so gut. Ich kann mit diesen Aussagen gut leben, Du offenbar auch. Aber wir wollen ja nicht so tun, als wären sie nie gefallen. Ich will Dir, auch aus Mangel an Beweisen, gerne glauben, dass Du nie so weit gingst, „bei anderen Bloggern geistige Krankheiten zu vermuten“, nur weil sie anderer Meinung waren.

Ich vermisse Bobby California nun wirklich nicht, who would? Und von Andreas Gossweiler wünsche ich mir ein paar brauchbar Debattenbeiträge ohne die Einflechtung von Vorurteilen gegenüber das Web und seine Publizisten. Bist ja selber einer.

Andreas Gossweiler 06. November 2011, 21:43

Jetzt geht das alte Hickhack wieder los. Ich ahnte es. Das lässt mich daran zweifeln, ob die in Nicks Artikel wiedergegebene Aussage eines Bloggers, die «Netzgemeinde» sei «nicht nachtragend», stimmt. Ich habe jetzt endlich getan, was die «Netzgemeinde» lange Zeit gefordert hat: ich stehe jetzt mit meinem bürgerlichen Namen hin. Doch niemand gratuliert mir dafür. Im Gegenteil: Mir werden die wildesten Sachen unterstellt, was teilweise an Rufschädigung grenzt. So wirft mir Blogger Jacomet «Boshaftigkeit» und mehr vor. Der gleiche Jacomet hat mich in seinem Blog als «kindisch», «verbohrt», «unbelehrbar», «krud», «dahergelaufener Amateurblogger», «jähzornige Tröte», «schräger Typ», «oberlehrerhaft», «Griesgram», «stur» und «verbohrt» bezeichnet. Wie freundlich sind denn diese Jacomet’schen Worte? Der Verfasser hat sie bis heute nicht gelöscht. Aber er sollte sie vielleicht besser löschen. So wie ich einige meiner Wortmeldungen gelöscht habe, weil sie aus dem Moment entstanden sind, aber nicht gültig sind für die Ewigkeit.

Drum sag ich: Blogger, Jungs, lassts jetzt mal gut sein. Die Auseinandersetzung um Blogs, Bäumetöter, neue und alte Medien verlief auf beiden Seiten hitzig. Doch es gibt einen Unterschied: Meine Kritik war immer ausschliesslich auf Blogs und auf Blogtexte bezogen, nie auf konkrete Personen. Ich habe Nick Lüthi beim Interview auch gesagt, dass Ronnie Grob sicher ein Typ ist, mit dem man ganz nett ein Bier trinken kann (falls du mir das nicht glaubst, kannst Du sicher Nicks Aufnahme abhören, Ronnie). Und falls Ronnie ebenfalls zum von Rainer Stadler offerierten Besäufnis kommen möchte, fände ich das grossartig. Ich habe mich bei Rainer schon via Email angemeldet. Ich war und bin mit einigen von Ronnies Texten nicht einverstanden. Zum Beispiel halte ich es für falsch, das Resultat von irgendwelchen Umfragen als wahres Abbild der politischen Präferenzen der Journalisten darzustellen. Auch die Aussage, «Blogs seien die neuen Zeitungsgründungen» stimmt leider hinten und vorne nicht, ich habe im Bobby-California-Blog erklärt, warum. Offenbar habe ich damit einige Blogger nachhaltig beleidigt. Das tut mir nur teilweise leid, denn praktisch alle Blogger, die mir verbale Grausamkeiten vorwerfen, waren und sind selber auch nicht zimperlich in der Wortwahl. Auch Ronnie Grob nannte mich in seinem Blog einen «Troll». Er hat das bis heute nicht gelöscht. Ich kann damit leben. Aber wer «Trolle» austeilt, muss auch mit «Quatsch» leben können.

Also liebe Blogger, freut euch doch, dass ich jetzt endlich eurem Wunsch nachgekommen bin und meine Fritte präsentiere. Auch ihr habt sicher besseres zu tun, als die alten Tiraden wieder auszugraben. Ich habe auch besseres zu tun.

Andi Jacomet 06. November 2011, 23:21

Lieber Andreas, ich werde mich hüten, diesen kleinen Dialog vom vorletzten Sommer zu löschen – das wäre gewissermassen Geschichtsklitterung. Ich frage mich heute beim Lesen, wie ich so viel Zeit ins akribische Formulieren von Bobbyfertigmachungen und Rechtfertigungen investieren konnte – wer das liest, fragt sich vermutlich mit Fug und Recht zuerst, was ich denn für eine Tröte sei und ob ich nichts Gescheiteres zu tun hatte.

Ich frage mich ebenso bereits heute bei so manchem Text aus den ersten Blogjahren, ob ich das wohl heute noch so sehe – und komme öfters zum Schluss: Nein. Deswegen lösche ich es aber nicht, es ist gewissermassen meine konservierte Meinung des Jahres 2005. Ich gehe davon aus, dass die meisten halbwegs intelligenten Leute (und bei den anderen ists mir egal) wissen, dass sich Meinungen und Beziehungen im Laufe der Jahre ändern und man bei einem Text, der klar sichtbar mit „2005“ markiert ist, davon ausgehen kann, dass der Urheber als einige Jahre Gealterter zu anderen Schlussfolgerungen kommen könnte.

Du schreibst: “ So wirft mir Blogger Jacomet (…)“ oder “ Der gleiche Jacomet hat mich“ – nein, eben nicht dich!

Meine Aussagen beziehen sich auch nicht auf Andreas Gossweiler (bei dem ich mich darauf freue, mehr über die verlorenen Bahnlinien der Provence zu lesen und an den ich jetzt dummerweise vor jedem Coiffeursalon denke), sondern auf Bobby California, und sind auch keine „Der-ist-so“-Aussagen, sondern „Der-kommt-mir-so-rein“-Beschreibungsversuche aufgrund der damaligen Anonymität (man hatte ja keine Vergleichsmöglichkeiten, was mich immer störte, und ich bleibe bei meiner Ansicht, dass es ohne die Anonymität zu vielen Tiraden gar nicht gekommen wäre).

Ich wollte Bobby damals vermutlich zum x-ten Male sagen, dass das so nichts wird mit einer konstruktiven Diskussion, und Bobby nebenbei natürlich auch noch etwas ans Bein pinkeln, so wie Bobby das auch amix getan hat. Das war zu diesem Zeitpunkt die Stimmung, und das bleibt drum auch so im Netz, solange ich der hier geäusserten Ansicht bin. Vielleicht denke ich in 20 Jahren anders darüber und lösche meine Netzvergangenheit, ohne mit der Wimper zu zucken – on verra.

Heute finde ich: Eine strange, aber starke Episode der Schweizer Bloggeschichte! Also unbedingt stehen lassen. (Allenfalls sollte sich jemand die Mühe machen, den leider schon arg dezimierten Blog Bobbys mal zu konservieren, bevor er plötzlich weg ist, damit wir im Altersheim später bei einem Glas dazu lachen können.) Löschen tu ich (nebst Spam) allenfalls themenfremde Kurz-Markierereien wie “ Was hat dieser sentimentale Quatsch / Familienklatsch in einem Blog verloren?“, von dem ich den Urheber an dieser Stelle vermutlich nicht nennen muss. Aber den ganzen Dialog vom Juli 2010 finde ich erhaltenswert – auch, wie Bobby und Andi nach all dem Austeilen plötzlich zu Randy Newman abgeschweift sind.

Gratulieren? Ich finde es gut, dass du nun mit deinem Namen zu allem stehst – es ist, was viele von dir seit Anbeginn der Diskussionen erwartet haben. Zu Selbstverständlichkeiten gratuliert man gemeinhin nicht.

Inhaltlich finde ich auch: „(…) werde ich mich nicht mehr zur Debatte um neue und alte Medien äussern. Diese Diskussion hat sich erschöpft (…)“ – was an der ganzen Sache also bleibt, ist die psychologische Komponente. Und drum, Andreas, komme ich halt immer und immer wieder mit diesen Anonymitätsszeug; ich kenne bisher keinen Fall, bei dem jemand (OK, in einem relativ kleinen Kreis) so lange anonym blieb und bei dem man nun weiss, wer er ist, und die Diskrepanz zwischen „wie seine Kunstfigur wirkt“ und „wie das Original rüberkommt“ doch recht frappant ist.

Aber ich bin kein Psychologe und soooo brennend interessierts mich auch wieder nicht, dass man das nun breitwalzen müsste. Ein gemeinsames Bier wäre zweifellos ein adäquater Abschluss dieser interessanten Episode.

Andreas Gossweiler 06. November 2011, 23:46

Meine Güte Andi Jacomet, «Geschichtsklitterung» klingt, wie wenn unsere Blogs so wichtig wären wie der Vertrag von Versailles oder die Geschichte Deutschlands in den 30er Jahren. In meinem Blog nehme ich mir die Freiheit, vieles auszuprobieren und es auch wieder zu verwerfen, wenn es nicht funktioniert. Bobbys Wort ist nicht Gottes Wort.

«Allenfalls sollte sich jemand die Mühe machen, den leider schon arg dezimierten Blog Bobbys mal zu konservieren…» Nicht verzagen, Rötlisberger Christian fragen. Der Bugsierer hat gemäss eigenen Angaben verschiedene meiner Netzfürze der alberneren Sorte gescreenshottet. Falls ich irgendwann mein Bobby-Blog löschen werde, was durchaus möglich ist, kann Rötlisberger sicher helfen.

«Löschen tu ich allenfalls themenfremde Kurz-Markierereien»: Nur zu. Ich habe die episch lange Diskussion mit Andi Jacomet im Bobby-Blog auch schon lange gelöscht. Mitsamt dem Blogpost.

«Aber den ganzen Dialog vom Juli 2010 finde ich erhaltenswert»: Ach was. Weg mit dem Müll. Um Himmelswillen. Bevor Bugsierer einen Screenshot anfertigt.

«Ich kenne bisher keinen Fall, bei dem jemand so lange anonym blieb»: Sorry Andi Jacomet, aber das stimmt einfach nicht. «Ugugu» ist bis zum heutigen Tag anonym. Seine Tweets sind geschützt… Aber bei Ugugu stört sich niemand am Pseudonym. Warum nicht? Quod licet Ugugu, non licet Bobby, oder was? Lass nur, ich kenne die Antwort schon: Ugugu ist eben ein Teil der «Netzgemeinde», d.h. er polemisiert immer streng entlang der Doktrin der Internet-Gläubigen (alles muss gratis sein, alle Journis sind Dummköpfe, Blogger sind die neuen Journalisten usw.). Hingegen Bobby ist ein Journalist, mit dem kann man machen, was man will. Für mich ist deshalb klar: Wer mein Pseudonym kritisierte, störte sich nur daran, was ich zu sagen hatte. Sonst hätte die «Netzgemeinde» auch Ugugus Pseudonymverwendung attackieren müssen. Das hat sie aber nie getan.

«Ich finde es gut, dass du nun mit deinem Namen zu allem stehst»: Danke, das wollte ich hören.

«Die Diskrepanz zwischen Kunstfigur und Original»: Wenn ich das lese, bekomme ich grad Lust auf ein Bobby-Revival. Nur um zu beweisen, dass es keine Diskrepanz gibt. Aber ruhig Blut, es wird kein Bobby-Revival geben. Ich habs nicht nötig, irgend etwas zu beweisen.

Das Besäufnis führen wir übrigens am besten auf der Bühne des Casinotheater oder Millers Studio durch. Wir könnten einen saftigen Eintritt verlangen, denn diese Runde wäre sicher unterhaltsam und zum Wiehern komisch…

Andi Jacomet 07. November 2011, 01:49

„Ich habe die episch lange Diskussion mit Andi Jacomet im Bobby-Blog auch schon lange gelöscht. Mitsamt dem Blogpost.“ – Schade. Sowas würde ich eben nicht tun, grad weils nicht so wichtig ist wie der Versailler Vertrag, sondern ein schönes Onlinekulturepisödli in dieser unserer kleinen beschaulichen Schweiz. Kleine Geschichten haben mich schon immer mehr interessiert als die grossen.

„Lass nur, ich kenne die Antwort schon:“ – Muss dich leider enttäuschen. Die Antwort lautet: Du hast Recht, ich habe mich getäuscht. „Für mich ist deshalb klar: Wer mein Pseudonym kritisierte, störte sich nur daran, was ich zu sagen hatte.“ – Für mich, da ich mit ugugu keine Onlinekrächer hatte und da er bei Meinungsverschiedenheiten in meinem Blog wesentlich cooler blieb als wir beide es je könnten. Im Prinzip gilt aber: ugugu ist ein debiles Pseudonym und Anonymität ist doof.

„Danke, das wollte ich hören.“ – Und ich würde gerne noch hören: War das Outing eine Panne, ein Versehen (dieses Insfüschtlilache müsstest du uns noch gönnen) oder willentlich?

„Wenn ich das lese, bekomme ich grad Lust auf ein Bobby-Revival. Nur um zu beweisen, dass es keine Diskrepanz gibt.“ – Vielleicht erkenne ich jetzt plötzlich auch langsam wieder mehr Bobby in Andreas‘ Zeilen. Irgendwie beruhigend.

„… denn diese Runde wäre sicher unterhaltsam und zum Wiehern komisch… “ – No doubt about that!

Vladimir Sibirien 08. November 2011, 18:10

„Wir könnten einen saftigen Eintritt verlangen, denn diese Runde wäre sicher unterhaltsam und zum Wiehern komisch…“

Dann könnte auch ein Kieferchirurg zum Kindergeburtstag laden. Was ist komisch an einem Avatar, dessen Marke der gehässige Unterton und eine Opferrolle intergalaktischen Ausmasses ist? Das Einzige, was an Bobby interessiert hat, war, wer so mit den Beteiligten ins Gericht zu gehen meint. Keine gute Voraussetzungen für Liebesbekundungen nach der Enttarnung, die offensichtlich sehnlichst erwartet wurden. Das Ziel der Darbietung war die Reaktion an sich, nicht die Auseinandersetzung mit Inhalten.

Andi 15. November 2011, 23:32

Sehr schön, danke für die Fotos und Infos, da war mir einiges neu. Aber ich glaube, Philippe hätte etwas weiter unten auch noch gern eine Antwort…

Philippe Wampfler 07. November 2011, 22:23

Ich wiederhole meine Frage – war das genau so geplant: Versanden lassen, alle Nachfragen ignorieren, einen kryptischen Hinweis ins Netz setzen und dann darauf warten, dass den jemand findet: Und mit einem Blogpost unter Realname in Erscheinung treten? Oder war das improvisiert? Und warum diese Enttarnung – nur weil ein Thema nicht mehr interessant ist? (Bobby war ja keineswegs monothematisch unterwegs…)

bugsierer 08. November 2011, 02:07

nun ja, alles hab ich nicht gescreenschottet von bobby, aber genug, um ihn als digitalen flunkerer und analogen höseler zu überführen. hier ein kleines beispiel von einem der vielen von ihm gelöschten posts, der mal über 30 comments hatte:
https://skitch.com/roetext/gg3rk/bc-hellacopters-20110727

@wampfler: vergiss es, da war nix geplant. bobby konnte einfach nicht mehr anders, irgendwann schafft das der strongste drittklassjourni nicht mehr mit diesem anonymen dings. und so dilettantisch wie er sein blog aufgemacht hat, hat er sich jetzt auch geoutet. er meint tatsächlich, dass er damit durchkommt. mit den gleichen reden wie früher als bobby. und mit dem gleichen unwissen, was das für seine googleability als @agossweiler heisst. henusode… da muss er jetzt halt selber durch.

😉

Thomas Läubli 12. Dezember 2011, 22:19

Neuerdings betreibt ja auch Martin Hitz auf dem Medienspiegel Zensur. Die Bitte um eine Löschung eines Kommentars, in dem ich von diesem Herrn da oben als Idiot bezeichnet werde, wurde ignoriert. Und jetzt wurde ich auch noch gesperrt, weil Herr Hitz nicht ertragen konnte, dass ich ihm vor Augen geführt habe, wie sich eine solche Beleidigung anfühlt. Journalisten werden wohl nie erwachsen.

Vladimir Sibirien 13. Dezember 2011, 10:42

Skandal. Ein klarer Fall für Barbara Salesch.

Martina Hitzgi 13. Dezember 2011, 20:07

*hicks* da hat jemand zuviel Zeit. Er würde sich gescheiter einen schööönen Abend mit einem Röteli machen. Sänk ju for jur wain! Ich zitiere *hicks* aus der «Legende vom heiligen Trinker» (nein, nicht dass ich *hicks* damit sagen wollte, er sei ein Trinker, aber sein Verhalten ähnelt doch stark einem – nein! wo denkst du hin?! *hicks* also da musst du schon ganz abartig böse Gedanken haben, dass du mir so öppis Infames unterstellst, nein, aber sicher nöd – ich will ihn ja *hihicks* nur stilistisch blossstellen, äh, parallelisivieren oder so):

«Er schaute tief ins Glas und schien mit seiner Hakennase (nein, das ist doch nicht antisemitisch gemeint, wo denkst du nur hi *hicks*? Muss ich das noch äkschtra betonen?) das Gefäss gleichsam festzuhalten, als ob er damit eine zusätzliche Versicherung hätte, den kostbaren Tropfen ja nicht auf den Boden fallen zu lassen.»

Und jetzt *hicks* kömmt meine Lieblingsstelle:

«Er hatte neben dem Trinken keine anderen Freuden mehr, als den anderen zuzuschauen, wie sie sich piesacken und zerfleischen. Aber dies gab ihm immerhin ein Gefühl der Überlegenheit, das er manchmal mit der Geste eines Imperators äusserlich zum Ausdruck brachte. Man beachtete den Einsamen jedoch kaum. Schweiss rann ihm von der Stirne direkt ins Glas, wenn er die schemenhaften Zänkerer im Lokal beobachtete. Es waren Schweissperlen einer perversen Freude und zugleich einer inneren Angst, wie sie Leuten zueigen ist, denen der Kontakt zu leibhaftigen Menschen eine Mühsal war. Sie tropften auch ins Glas und verliehen dem Trunk eine salzige Note. Er pflegte dann traurig zu sich zu murmeln: „Ihr seid das Salz der Erde.“»

Bobby California 14. Dezember 2011, 20:29

«Martina Hitzgi», fantastisch! Da kann nur Jenny Virginia dahinter stecken, a.k.a. Andi Jacomet, der Berner Altmeister der gepflegten Blog-Parodie. Bravo Andi! Jetzt hab ich dich schon zum zweiten Mal enttarnt.

Andi 18. Dezember 2011, 00:21

Désolé, diesmal nicht.

Thomas Läubli 14. Dezember 2014, 21:42

Nun will ich das Geheimnis lüften: „Martina Hitzgi“ bin ich. Nachdem mich der Tagesanzeiger online gesperrt hatte, war ich dort ebenfalls gezwungen, zu einem Pseudonym zu greifen und bin zuerst als „Hedwig Streuli“ und nach deren Sperrung als „Gertrud Schneider“ durch die virtuellen Räume gegeistert. Nun durfte plötzlich auch Gertrud Schneider nichts mehr publizieren, und mein derzeitiges Pseudonym verrate ich nicht.

Ich habe – als erklärter Gegner des anonymen Kommentierens – viel gelernt über die Zensurmechanismen der Online-Medien. Vor allem Journalistenkritik wurde selten veröffentlicht, hingegen rechtskonservative Pamphlete gerne. Dies zeigt die totale Verzerrung des Diskurses, indem eine lautstarke Minderheit ihre Schreibwerkstätten mit Erfolg betreibt. Man beachte nur mal die Verteilung von Kommentaren & Likes zur Ecopop-Initiative bei 20Minuten.

Ich habe diesen Trend auch bei der NZZ verfolgt, und auch dort ist es möglich, mit dem Argument der „Netzkultur“ (Lorenz König) anonyme Kommentatoren und Pseudonyme zu dulden. Netzkultur besagt also vor allem folgendes: Wer über die finanzielle und zeitliche Kapazität verfügt und in Grossraumbüros mehrere Computer zur Verfügung hat, kann den Diskurs in die gewünschte Richtung lenken. Mit Demokratie oder dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments hat das nichts mehr zu tun.