von Nick Lüthi

Es geht auch ohne «Lex Weltwoche»

Die Forderung von sechs Parteipräsidenten nach Offenlegung der Eigentumsverhältnisse der Weltwoche ist bereits erfüllt – ganz ohne neues Gesetz. Überhaupt wäre eine «Lex Weltwoche» ein unzulässiger Eingriff in die Medienfreiheit, schreibt die linke WOZ der Politik ins Stammbuch.

Als Medienkolumnist geniesst Kurt W. Zimmermann in der Weltwoche offensichtlich grosse Narrenfreiheit. Die geht so weit, dass er sogar eines der – vermeintlich – bestgehüteten Geschäftsgeheimnisse der Schweizer Medien ausplaudern darf: die Eigentumsverhältnisse seines Auftraggebers, der Weltwoche. Er habe sich darüber vorgängig nicht mit Verleger und Chefredaktor Roger Köppel abgesprochen, teilt Zimmermann auf Anfrage der MEDIENWOCHE mit. Folgendes weiss er zu schreiben:

Als Roger Köppel 2006 die Weltwoche kaufte, musste er nach meinen Informationen gegenüber dem Verkäufer Tito Tettamanti eine fünfjährige Sperrfrist eingehen, während deren er nicht an Dritte verkaufen durfte. Dafür sicherte Tettamanti die Bankkredite ab, weil keine Bank einem Journalisten einfach so zwölf Millionen leiht. Seit 2007 hat Köppel jährlich zwischen ein und zwei Millionen Franken verdient und die Kredite zu gutem Teil zurückzahlen können.

Nun braucht das freilich (noch) nicht die ganze Wahrheit zu sein. Dessen ist sich auch Zimmermann bewusst, wenn er schreibt «nach meinen Informationen». Er relativiert seine Aussagen aber nur insofern, als «auch Double- und Triple-Checks nie ganz ausschliessen, dass man in den Details nicht ganz richtig liegt.» Doch er denke, «dass im vorliegenden Fall meine Informationen halten». Zumindest das, was da steht, sollte also stimmen. Sonst hätte Verleger Köppel die Kolumne wohl kaum zur Veröffentlichung freigegeben.

So wohlfeil die Forderung der Parteipräsidenten nach Transparenz bei der Weltwoche, so schnell und unspektakulär wurde sie nun erfüllt. Ob sich die Politiker mit Zimmermanns Angaben zufriedengeben, können wir sicher in der Sonntagszeitung lesen. Der berechtigten Forderung nach Transparenz über die Eigentumsverhältnisse von Medienunternehmen haben die Politiker mit ihrem maulheldenhaften Auftritt einen Bärendienst erwiesen. Wer sich um eine Offenlegung der eigenen Sponsoren drückt, dem steht es schlecht an, Transparenzforderungen in Richtung Medien zu stellen. Deutsch und deutlich erteilt denn auch ein anderer Medienkolumnist, Stefan Keller in der Wochenzeitung WOZ, eine Absage an die geforderte «Lex Weltwoche» mit Verweis auf die verfassungsmässig garantierte Medienfreiheit:

Es ist also bestimmt nicht an der Politik, einzuschreiten, wenn eine Zeitung «unter dem Deckmantel von Recherchen» (Zitat SP-Präsident Levrat, Anm. d. Red.) politische Kampagnen anzettelt (..). Selbst wenn eine Zeitung wie die Weltwoche ständig halb wahre Informationen verbreitet und bösartige Unterstellungen publiziert, sollte die Politik sich hüten, deshalb gleich neue Mediengesetze zu fordern.

Auch Zimmermann hält die Intervention der Parteipräsidenten für unangebracht und «höchst kontraproduktiv», da sie «ohne vorgängige Diskussion mit der Medienbranche einen einseitigen Aktionismus gestartet» hat. Grundsätzlich würde er aber ein Gesetz unterstützen, «wonach Medienhäuser all ihre Aktionäre benennen müssen, die mehr als zehn Prozent ihres Kapitals halten».

P.S. Da war noch was in Zimmermanns Kolumne. Er äussert sich nicht nur zu den Eigentumsverhältnissen der Weltwoche, sondern übt auch noch scharfe Kritik an deren Berichterstattung zur Affäre Hildebrand, im Speziellen am Artikel von Urs Paul Engeler vom 5. Januar: «Allerdings beging das Blatt den hitzköpfigen Fehler, Hildebrand als Lügner und als Gauner zu betiteln. Die Debatte wurde dadurch unnötig emotionalisiert.» Solche Selbstkritik – auch wenn hier «nur» der Medienkolumnist Position bezieht – wünscht man sich auch von anderen Medien zu ihrer Leistung in der Affäre Hildebrand.

Leserbeiträge

Leo Nauber 20. Januar 2012, 15:49

Bravo Herr Lüthi. Es ja jedermann frei gestellt, eine Zeitung zu lesen oder nicht, zu glauben, was drin steht oder auch nicht und es nachzuprüfen, Inserate zu schalten, wo er will und wo nicht. Mir muss doch nur das Produkt passen, wer es anbietet ist doch egal.
Und ja, die Politiker sollen mal alle ihre Sponsoren offen legen. Und die unendlich vielen linken Beratungs- und Expertenbüros, die für jeden Mist eine saumässig teure Studie auf Staatskosten verfassen dürfen, dem Staat Dienstleistungen und Stunden verkaufen dürfen sollen sich mal auch outen. Und Typen wie Adreas Gross sollen auch mal aufzeigen, was die den Staat in den letzten Dekande gekostet haben – und mal etwas zeigen, was da als entsprechend wertem Nutzen hervorkam.

Gruss
Leo

B. Brandt 20. Januar 2012, 22:54

„Solche Selbstkritik – auch wenn hier «nur» der Medienkolumnist Position bezieht – wünscht man sich auch von anderen Medien zu ihrer Leistung in der Affäre Hildebrand.“

Bravo! Das habe ich mir nämlich bei der Lektüre der Kolumne auch gedacht und ich bin weder WW-Abonnent noch SVP-Mitglied.

Leider bin ich mittlerweile zur Erkenntnis gelangt, dass Medien und Politiker, welche sich eher dem linken Spektrum zugeneigt fühlen, in der Regel weniger bereit sind, Selbstkritik zu üben als Medien und Politiker aus dem rechten Lager. Nicht nur in der Causa Hildebrand.

Wieso dies so ist, verstehe ich allerdings nicht. Ich sehe keinen vernünftigen Grund, weshalb man eigene Fehler nicht eingestehen können sollte, unabhängig von der politischen Gesinnung.

Errare humanum est!