von Nick Lüthi

Bereue, Sünder!

Wenn Res Strehle die ihm von der Weltwoche vorgehaltene einstige Nähe zu Terroristen nicht kommentieren will, ist das nachvollziehbar und verständlich. Eine Stellungnahme käme zum jetzigen Zeitpunkt einem Unterwerfungsakt gleich. Aber Aussitzen hilft nicht ewig. Denn nicht nur politisch anders Gesinnte haben Fragen zu den verblüffenden Wendungen in Strehles Biografie.

Was sagt eigentlich der Betroffene selbst? Ist er inzwischen geläutert oder wirkt die einstige Sympathie für den sogenannten Linksterrorismus bis heute nach? Res Strehle als schlafende revolutionäre Zelle an der Spitze des Tages-Anzeigers? Antworten auf diese Fragen fordert die Weltwoche. In den beiden letzten Ausgaben leuchtet das Magazin das frühere persönliche und politische Umfeld des Journalisten aus und förderte mehr und weniger Bekanntes zutage. Strehle bevorzugte es zu schweigen. Weder zu den Ergebnissen der Recherche wollte er Stellung nehmen, noch nahm er das Angebot an, auf die Vorwürfe mit einem eigenen Artikel in der Weltwoche zu reagieren. Auch die Anfragen anderer Medien lehnte er bisher ab. Das Einzige, was der Tagi-Chefredaktor bisher dazu geschrieben hat, sind ein paar Zeilen im eigenen Blatt; nichts von Substanz, sondern eine pauschale Zurückweisung des «politischen Kampagnejournalismus», als den er die Weltwoche-Berichterstattung zu seiner Person bezeichnet und eine Ankündigung, rechtliche Schritte zu prüfen.

Inzwischen sind zehn Tage vergangen, seit die Weltwoche erstmals die Vergangenheit Strehles aufs Tapet gebracht hat und es sieht nicht danach aus, als ob der Kritisierte sein Schweigen brechen würde. Das ist verständlich und nachvollziehbar. Aus mehreren Gründen.

  • Wo Strehle politisch steht, dokumentiert er mit seinen Artikeln als Journalist seit Jahr und Tag. Daraus wäre in keiner Weise erkennbar, dass für ihn die revolutionären Organisationen, deren politisches Handeln er vor Jahrzehnten verständnisvoll kommentiert hatte, für ihn heute noch einen positiven Bezugspunkt darstellten; sein politisch-publizistischer Standpunkt befindet sich heute klar innerhalb der Schranken des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats.
  • Eine öffentliche Distanzierung von seinem früheren Schreiben und Handeln (wobei sich dessen Rechtswidrigkeit auf eine Verhaftung nach einer Hausbesetzung anno 1984 beschränkt), wie sie etwa Roger Köppel verlangt, würde Strehle als reuigen Sünder erscheinen lassen: Ich krieche zu jenem Kreuze, das die Weltwoche für mich aufgestellt hat; ein unwürdiger Unterwerfungsakt, der beim jetzigen Stand der Dinge in keiner Weise erkenntnis- und gewinnbringend zur Diskussion über den Wandel linker Biografien beitragen könnte.
  • Mit dem Polizeifoto auf dem Titelbild, das Strehle nach der erwähnten Hausbesetzung zeigt, lieferte die Weltwoche ein willkommenes Argument, um die Redlichkeit der Recherche als Gesamtes in Zweifel zu ziehen. Strehle zielt in seiner Stellungnahme denn auch direkt darauf ab. Damit wiederholt sich ein bekanntes Muster: Bei an und für sich diskutablen Phänomenen fährt die Weltwoche vermehrt mit dem Holzhammer ein. Sei es beim umstrittenen Roma-Cover oder dem «Fahndungsplakat» mit den irrenden Professoren. Das ist nicht «schrieben, was ist», sondern hinbiegen, bis es uns passt. Dass ein provokantes Bild die Diskussion prägt und von ihrem intendierten Kern ablenkt, darf niemanden überraschen, die Weltwoche zuletzt.

Aussitzen geht aber nicht ewig.  Als Chefredaktor, Journalist und Publizist stehen Strehle alle möglichen Plattformen zur Verfügung. Die muss er irgendwann nutzen, um Fragen zu beantworten, die nicht nur politisch anders Gesinnte stellen, wie die Weltwoche oder SVP-Politiker. Auch sein näheres und weiteres persönliches Umfeld wundert sich bisweilen, wie es Strehle scheinbar mühelos gelingt, als Journalist eine bürgerliche Karriere hinzulegen und gleichzeitig als «intellektueller Vordenker der Zürcher Autonomen» (WOZ) engen Kontakt zu linksradikalen Kreisen zu pflegen.

Wer seinen Werdegang auch nur aus der Ferne beobachtet, wundert sich nicht, dass ihm aus dieser Doppelrolle irgendeinmal ein Strick gedreht würde. Bisher war es ja so, dass die Medien mit einer Mischung aus Irritation und Faszination Strehles Spagat zwischen radikaler Politik und bürgerlicher Publizistik kommentierten. So etwa die NZZ am Sonntag, als sie vor vier Jahren feststellte: «Tatsächlich ist es schwierig, die Eindrücke und Fakten zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen.» Nachdem die Weltwoche nun Strehles Vergangenheit skandalisiert hat, erwarten auch ehemalige Weggefährten, wie der Wirtschaftspublizist Gian Trepp, eine Reaktion: «Auf Strehles Antwort darf man gespannt sein», schrieb Treppe jüngst in seinem Blog.

Leserbeiträge

Eliane Hangartner 18. Februar 2013, 15:19

Worum geht’s hier eigentlich?

Obwohl inzwischen mehrheitlich aufgedeckt ist, dass die WeWo aus einer Maus, die nie existiert hat, einen Elephanten gemacht hat, auch Nick Lüthi hier in diesem Text durchaus logisch nachvollziehen kann, wieso Strehle (von den einen paar Sätzen ausgenommen) sich nicht geäussert hat – wäre ja noch schöner, wenn irgend ein Schmierblatt mit ein paar leeren Behauptungen jemanden zwingen kann, zu einem bestimmten Thema Stellung nehmen zu müssen – so hat wohl, wie mir scheint, die Kampagne überlebt, denn die Forderung, Strehle müsse sich erklären, kommt auch hier zum Ende hin. Und auch hier bleibt die Forderung genauso schwammig wie anderswo bereits gelesen. Wozu soll/muss sich Strehle exakt erklären? Und mit welcher Begründung wird dies gefordert? Mit welcher Legitimation?
Wenn ich obigen schwammigen Vorwurf nehme „…wie es Strehle scheinbar mühelos gelingt, als Journalist eine bürgerliche Karriere hinzulegen und gleichzeitig als «intellektueller Vordenker der Zürcher Autonomen» (WOZ) engen Kontakt zu linksradikalen Kreisen zu pflegen.“, dann lese ich da heraus, dass es darum geht, mit wem Strehle privat befreundet ist oder zumindest Kontakt pflegt. Daraus abgeleitet stellen sich mir folgende Fragen: Seit wann müssen sich Journalisten einer Gesinnungsprüfung unterziehen (oder worum geht es hier sonst)? Haben Journalisten kein Recht auf ein Privatleben? Und ist die Frage nach den Freundschaften/Kontakten nicht klar innerhalb der Grenzen der Privatsphäre?

Mich würde ja interessieren, wie Nick Lüthi auf eine solche Forderung auf ihn bezogen – legen Sie bitte offen, mit wem sie befreundet oder sonstwie Kontakt pflegen, und wieso sie diese Kontakte pflegen, und überhaupt geben sie bitte exakt über ihre politische Gesinnung Auskunft – reagieren würde.

Die einzige Frage, die mich in Zusammenhang mit dieser Geschichte je länger je mehr interessiert: worum geht es eigentlich wirklich? Die Motivation der WeWo liegt ja auf der Hand. Offenbar scheinen aber noch ganz andere JournalistInnen eine Motivation zu haben, die Kampagne am Leben zu erhalten.

Nick Lüthi 18. Februar 2013, 16:16

Es geht weder um «Privates», noch um «Freundschaften/Kontakte» und erst recht nicht um eine «Gesinnungsprüfung»; davon schreibe auch auch gar nichts. Was an Res Strehle fasziniert und bisweilen eben auch irritiert, ist dieser Spagat, den ich beschreibe. Es sind zwei öffentliche Rollen: Die eine als Journalist, die andere als «intellektueller Vordenker der Zürcher Autonomen» (wobei das nur stellvertretend steht für seine Aktivitäten als linker Ökonom). Was mich daran, ganz allgemein gesprochen, interessiert, sind linke Biografien im Wandel. Und wie gesagt: In einem aufgeheizten Klima lohnt sich nicht darüber zu debattieren. Deshalb steht mein Text ja auch primär dafür, zu erklären, weshalb es richtig und verständlich ist, wenn sich Strehle jetzt nicht äussert; mit Betonung auf jetzt.

Bruno Bucher 18. Februar 2013, 19:07

Ganz interessant, genau das ist mir auch in die Nase gestochen dieses Geschmäckle der Gesinnungsschnüffelei. Hingegen habe ich aus Lüthis Text nicht entnommen, dass ihn besonders linke Biografien interessieren. Auch hier ein Geschmäckle, nämlich das der Ausrede. Dabei ist die Sache banal einfach. „Wer seinen Hund töten will, klagt ihn der Tollwut an.“ (Georges Clemenceau) Um nichts anderes geht es hier und darauf soll man hereinfallen? Wir haben die Leistungen eines Journalisten zu beurteilen und die sind ja gut sichtbar. Was der Mensch hinter der Leistung ist, was er denkt, welchen Interessen er so st noch nachgeht, ist nicht einmal sekundär von Bedeutung für seine Leistung. Oder anders herum gefragt: Macht es einen Unterschied, ob Köppel in seinem anderen Leben ein Wohltäter ist, journalistisch aber unter keinem Titel wirklich einen lobenswerten Leistungsausweis vorzuweisen hat?

Eliane Hangartner 18. Februar 2013, 19:37

Die Antwort nun tönt doch ein bisschen moderater als die Worte oben. Was mir nicht einleuchtet: Du sprichst von 2 öffentlichen Rollen. Ich sehe nur eine öffentliche Rolle, nämlich die als Journalist. Nur weil ihm die WoZ andichtet, «intellektueller Vordenker der Zürcher Autonomen» zu sein, heisst das a) doch noch lange nicht, dass er dies wirklich war, und b) sogar wenn dem wirklich so gewesen ist, stelle ich in Frage, dass dies eine öffentliche Rolle war. Eine öffentliche Rolle ist meiner Erachtens nach das Bekleiden eines Amtes oder einer Position in der Öffentlichkeit, in das sich mensch wählen oder anstellen lässt. D.h. der Rollenträger gibt sein Einverständnis zur Rolle. Ob „Vordenker“ überhaupt so eine Rolle sein kann, wage ich in Frage zu stellen, zumindest in Zusammenhang einer ‚unorganisierten‘ Gruppe.
Auch stört mich hier: da wird ein diffuser Begriff in den Raum geschmissen. Was heisst denn „Vordenker“? Einer, der an Versammlungen den Ton angibt? Jemand, der Texte schreibt, den andere lesen und sich davon beeinflussen lassen? Jemand, der in demagogischer Art und Weise anderen die eigene Meinung aufdrängt und sie in einer Art Gehirnwäsche zu deren eigener Meinung macht? Wo fängt „Vordenker“ an und wo hört „Vordenker“ auf? Und macht sich die fragliche Person selber zum „Vordenker“ oder wird sie von anderen dazu gemacht? Und wenn sie nur dazu gemacht wird, hat sie dann eine Verantwortung dafür?
Das ist mir alles noch viel zu diffus, und mir leuchtet auch nach der obigen Antwort immer noch nicht ein, zu was Strehle denn nun genau Stellung nehmen sollte.

Das Dich linke Biografien im Wandel interessieren, ist wiederum ein anderes Thema, das mit der Person Strehle m.E. nur bedingt zu tun hat. Es ist nachvollziehbar, dass Du aus diesem Interesse heraus allenfalls gerne mit der einen oder anderen Person, die Deines Erachtens nach zu diesem Thema was Spannendes zu erzählen hätte, ein Interview führen würdest, kann ich nachvollziehen. Auch, dass Du in diesem Zusammenhang auf Strehle kommst, weil ihm obige Dinge nachgesagt werden. Ich gehe aber davon aus, dass die Biografie einer Person, solange diese nicht in direktem Zusammenhang mit einem öffentlichen Amt oder einer Position steht, in den Bereich der Privatsphäre gehört. Insofern ist es doch das Recht der jeweilig angefragten Personen, ob sie an einem solchen Interview teilnehmen wollen oder nicht. Du sprichst in Deinem Text oben Strehle aber quasi das Recht ab, auf Dauer zu schweigen zu dieser Thematik („Aussitzen geht aber nicht ewig.“)

Meines Erachtens bräuchte es zuerst mal eine saubere Klärung, worum es hier geht. Was ist öffentlich, was privat? Was ist bewiesen, was nur Unterstellung? Bei welchen konkreten Fragen glaubt die Öffentlichkeit ein Recht auf Stellungnahme zu haben, und wieso? Und welche Fragen hätte die Öffentlichkeit aus reiner Neugierde, legitimationsfrei, gerne beantwortet?
Alle Forderungen nach Antworten seitens Strehle, die ich in den letzten Tagen gelesen habe, sei dies nun in dem einen oder anderen Blog, sei es auf FB oder Twitter, hatten genau dieses Manko: sie blieben diffus, was konkret Strehle vorgeworfen wird, und mit welcher Begründung er sich zu erklären habe. Und diese Klarheit bringst m.E. auch Du nicht zustande. Und mir ist es zu einfach, schnell eine diffuse Forderung im virtuellen Raum zu platzieren, die dann für einige Zeit herumgeistert.

Frank Hofmann 18. Februar 2013, 16:26

@Nick Lüthi: Mit Ihrem Beitrag bin ich grösstenteils einverstanden. Allerdings ist Ihr erster Satz nicht korrekt: Die WW hat gegen Strehle nie „Terror-Vorwürfe“ erhoben. Sie hat seine Nähe zu Terroristen/Linksextremisten thematisiert. Aus den Zitaten in der WW geht seine damalige Sympathie zu Terroristen klar hervor. Schon verständlich, dass ihm das heute peinlich ist. Er ist nun angezählt, v.a. wenn er sich nicht öffentlich erklärt und davon distanziert. Stimmen die Zahlen beim Tagi nicht, verbessert dies seine Lage nicht.

Nick Lüthi 18. Februar 2013, 16:54

Merci für den Hinweis. Da habe ich tatsächlich in unzulässiger Weise zugespitzt, werde das entsprechend korrigieren.

Stefan Stettler 19. Februar 2013, 10:17

Viele Gründe, die Sie nennen, um das Schweigen des Herr Strehle zu rechtfertigen. Ich glaube damit wird der seelischen Befindlichkeit etwas gar viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Vorwürfe, die erhoben werden sind von Substanz. Dass diese von einer Seite kommen, die als unchic gilt ist in diesem Fall nicht relevant.
Res Strehle sollte so schnell wie möglich Stellung nehmen und sich von dieser Vergangenheit klar und deutlich distanzieren. Eine Vermutung die habe: Vielleicht WILL er sich ja gar nicht von diesem Gedankengut lossagen.

Klärer 19. Februar 2013, 13:32

Das ist wohl die absurdestes Diskussion ever! Hat denn irgendjemand der auf diesem Blog schreibt oder hier Kommentare verfasst die WOZ-Originalartikel gelesen, die die WW jetzt als Beweise verkauft? Ich glaube nicht. Denn hätte man dies getan, was für Journalisten eigentlich der allererste Schritt sein sollte, wenn ein CR des Sympathisierens mit Terroristen und des Antisemitismus „angeklagt“ wird, hätte man festgestellt, dass es für Strehle absolut keinen Grund gibt, sich zu erklären. Denn: die Beweise sind, um in diesem Jargon zu bleiben, gefälscht. Die Zitate sind verdreht und aus dem Zusammenhang gerissen. Anstelle antisemitischer Äusserungen findet man im Originalartikel zum Beispiel eine Kritik der Schweizer Grossunternehmen, die sich mit antisemitischem Verhalten arabischen Kunden anbiederten. Strehle kritisierte im damaligen Artikel, den die WW jetzt als Beleg für Strehles antisemitische Haltung verwendet, die antisemitischen Gesten der Grossunternehmen. Wieso sollte sich jemand dazu erklären, wenn offensichtlich gelogen wird?

Anton Keller 19. Februar 2013, 20:45

Die Chefredaktion des Tagis hat die Twitterergeschichte medial aufgebauscht, welche dazu gefūhrt hat, dass der Twitterer alles verloren hat. Res Strehle steht da schon mehr im Rampenlicht als ein SVP Schulpfleger.

Marcel Zufferey 23. Februar 2013, 13:05

Na ja, da gab es noch andere, weitaus bedeutendere Persönlichkeiten, denen ihre eigene, radikale Vergangenheit nichts anhaben konnte- im Gegenteil, ist man fast versucht zu sagen. Da war doch mal einer in der deutschen Politik, ohne Bildungsabschluss, ehemaliger Taxifahrer, ein bisschen Photografie und APO-Vergangenheit, der heute eine Professur an der Princeton University inne hat und u. a. sehr gut bezahlte Vorträge an Symposien hält, die von verschiedenen Finanzdienstleistern wie z. B. Hedgefunds organisiert werden… Joschka Fischer ist sein Name, wenn’s mir recht ist. War da nicht mal etwas mit einem brennenden Polizeiauto und Steinen? Oder waren das lediglich Ton, Steine, Scherben..? Mach kaputt, was dich kaputt macht!

Fred David 23. Februar 2013, 15:25

Ja @) Marcel Zufferey, das war Joschka Fischer. Aber der hat auch noch als Aussenminister sich detailliert mit dieser Zeit und seiner Rolle auseinandergesetzt, und zwar öffentlich. Er hat nicht geschwiegen. Er ist auch nicht zu Kreuze gekrochen. Die Auseinandersetzung hat man in der Oeffentlichkeit respektiert und akzeptiert. Sie war nötig. Sie hat ihm nicht geschadet, im Gegenteil.

Marcel Zufferey 24. Februar 2013, 11:49

Es soll Menschen geben, die geläutert aus ihrer Vergangenheit hervor gehen. Ob Res Strehle auch zu diesen Menschen gehört, wird sich noch weisen müssen. Und sollte er sich gewandelt haben, dann wohl in dieselbe Richtung, wie Joschka ‚Joschi‘ Fischer, der mittlerweile begriffen hat, dass das Leben beim ehemaligen Klassenfeind durchaus auch Annehmlichkeiten bietet:

I’m going over to the other side
I’m happy to have
Not to have not
Big business is very wise
I’m inside free enterprise

This Is Not A Love Song, PIL (1983)

Fred David 24. Februar 2013, 12:19

…und nebenbei: Solche Karrieren sind in der Schweiz nahezu ausgeschlossen: Vom Hilfslaboranten und Taxifahrer ohne Matura, ohne Studium, ohne nennenswerte Berufskarriere zum – durchaus erfolgreichen – Aussenminister und Dozenten in Princeton.

Das sind Anzeichen einer offenen Gesellschaft, was für die Schweiz eher nicht gilt. Ausserhalb der vorgezeichneten „bürgerlichen“ Laufbahn, mit „falschem“ Parteibuch und bewegter – d.h. auch: aktiver und tätiger, womöglich sogar origineller – Vergangenheit in jungen Jahren, bleibt der Stempel haften.

Gerade anhand seiner Karriere könnte der Kollege Strehle das thematisieren. Aber dann muss er offensiv, nicht defensiv aus sich herauskommen – nicht bloss mit einem Interview im „Schweizer Journalist“.

Und wie das mit dieser WG und ihren Bewohnern wirklich war, möchte ich ebenfalls wissen.

Warum erkennt er diese Chance für eine grössere Debatte mit gesellschaftlicher Relevanz nicht?

Im Übrigen wundere ich mich, dass aus der Redaktion nicht der Hauch von Unterstützung für den Chef kommt, zumindest nach aussen ist davon nichts zu sehen oder zu hören. Auch die zwei, drei eher unwillig hingeworfenen Sätze des VR-Präsidenten erstaunen in ihrer Kargheit.

So geht man nicht mit seinem wichtigsten Chefredaktor im Haus um.

Ein Kommunikationsunternehmen hat andere Möglichkeiten der Kommunikation.

Dani Weiss 25. Februar 2013, 03:03

Die Frage oder das Problem sind ja nun weder Res Strehle noch seine wie auch immer geartete Vergangenheit, auch nicht die Weltwoche oder ihre letztlich einmal mehr selbst entlarvende Dreckkampagne, diesmal gegen Strehle (da geht es ja eingestandermassen nicht um die Verteidigung irgendeiner Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, böse Jungs und Mädels und was sonst noch so in Anschlag gebracht wird, sondern um das Weisswaschen von doch ziemlich übel rechten Kristallnacht-Liebhabern, die üblichen Angriffe von dieser Seite auf eben diese Rechtsstaatlichkeit wenn es gerade passt – etwa was das Löschen von Daten anbelangt…, und woher stammen überhaupt die Originalfotos und Dokumente?). Auch ob sich Strehle nun so oder so zu seiner Vergangenheit äussert ist nicht die Frage hier. Nein, das Problem oder der Skandal ist ja eher, dass noch immer einige zehntausend Leute dieses Schmierenblatt mit seinen paranoiden Verschwörungsberichten, seinem angeblichen Qualitäts-Enthüllungsjournalismus (der wie auch gerade wieder in diesem Fall immer mehr verschleiert als zur Diskussion bringt und zudem auf billigste Art Quellen – «ein Informant», Sachen aus dem Sozialarchiv usw. – in Anschlag bringt) abonniert haben und lesen (und zum Teil noch denken, dass es aufklärerisch sei), ganz zu schweigen von all dem Geld, welches in dieses Ideologieprodukt reingestopft wird. Also: Sich sicher nicht nicht auf die Agenda und das Themensetting der Weltwoche einlassen, grundsätzlich totschweigen, dass es sie gibt und dass da was geschrieben wurde, eine andere Art des Journalismus kultivieren und wohldosiert in bestimmten Fällen mit Worten zurückschlagen bzw. klagen, wenn sich die Gelegenheit bietet, dass es diesem Filz wirklich schmerzen könnte.

Hans Käslin 13. Dezember 2014, 21:43

Es handelt sich ja um einen Chefredakteur einer grossen Zeitung. Dieser Zeitung jedes Mittel, egal wie hinterhältig oder primitiv Recht andersdenkenden eins auszuwischen. Einzelne Mitglieder der SVP werden mit allen Methoden desavouiert, bloss gestellt und fertig gemacht. Das nun eine politisch etwas anders denkenden Weltwoche mal ein wenig recherchiert und ihre Ergebnisse präsentiert ist eine erfreuliche Sache. Strehle kann dazu aus zwei Gründen keinen greifbaren Kommentar abgeben. Erstens befindet sich die Weltwoche auf einem journalistischen Niveau von dem ein Boulevard-Stümper wie Strehle nur träumen kann und zweitens entsprechen die Vorwürfe ganz einfach den Tatsachen.