von Ronnie Grob

Sorry? Not me.

Die Debatte um die Vergangenheit von Res Strehle zeigt, wo es harzt in den Schweizer Medienbetrieben. Weil es keine Kultur des Eingestehens von Fehlern gibt, hat die offene Kritik einen schweren Stand. Während eigenes Fehlverhalten nachsichtig behandelt wird, werden anderen selbst kleinste Vergehen noch nach Jahren vorgehalten. Was ist denn so schwierig daran, Verfehlungen einzugestehen, zu korrigieren, sich gegebenenfalls zu entschuldigen? Strehle darf nicht schweigen. Er muss sich erklären.

It’s sad, so sad
Why can’t we talk it over? Oh, it seems to me
That sorry seems to be the hardest word
Elton John, 1976

Andreas Strehle hatte schon mehrfach die Möglichkeit, seine politische und publizistische Vergangenheit zu thematisieren: Sei es im Buch «Mein Leben als 68er», sei es im das Buch promotenden Artikel «68, aber lieb» im Tagi-Magi, sei es in einem Leitartikel nach dem Stellenantritt als Tagi-Chef, sei es in einem Essay, sei es in einem Gastbeitrag in einem anderen Blatt, zum Beispiel der WOZ. Doch Strehle schweigt bis heute. Er schweigt auch, wenn eine Debatte über seine Vergangenheit im Gang ist und sich doch einige fragen, ob er Gewalt auch heute, so wie früher, für ein legitimes Mittel des Klassenkampfes hält. Eine Stellungnahme, die erklärt, keine Stellung nehmen zu wollen, ist keine Stellungnahme.

Weil Strehle schon viele Jahre keine Unterstützung für den bewaffneten Klassenkampf geäussert hat, ist zu vermuten, dass er diese Positionen heute nicht mehr vertritt. Es ist doch aber schon sehr wunderlich, wenn der Chefredaktor des Tages-Anzeigers nicht öffentlich erklären kann, wie er zum Thema Terrorismus stand und steht. Mindestens diese Information ist er der Öffentlichkeit schuldig, schliesslich führt er eine grosse, linksliberale Tageszeitung und ist nicht mehr bei einer kleinen linken Wochenzeitung angestellt. Der vor wenigen Tagen verstorbene taz-Redaktor Christian Semler könnte Strehle ein Vorbild sein: «Ich bin froh, dass wir nie die Macht in den Händen hatten – es wäre schlimm ausgegangen», sagte der ehemalige Chef der maoistischen KPD-AO.

Doch was ist mit den Kritikern? Ich selbst feierte in einem Blogtext 2010 die Auflagezahlen von Martin Spieler bei der Handelszeitung, bis ich merkte, dass der Gewinn aus den übernommenen Cash-Abos resultiert. Ein dummer Fehler, der den ganzen, eindeutig zu schnell geschriebenen Artikel in Frage stellt und den ich besser nicht veröffentlicht hätte. Wir machen alle Fehler. Die Weltwoche, die nun Strehle so eindringlich auffordert, Abbitte zu leisten, bezeichnet das breit kritisierte Roma-Cover bis heute weder als Fehler noch als grosses Missgeschick. Wider besseren Wissens wird ein Zusammenhang behauptet zwischen dem Titelbild mit dem mit einer Waffe auf den Leser zielenden Jungen im Kosovo und den im Artikel behandelten Verbrecherbanden in der Schweiz.

Im Journalismus tut man sich schwer mit Korrekturen. Was verschwiegen werden kann, wird verschwiegen. Man entschuldigt sich, wenn es die Anwälte fordern, dann auch mal ganz gross auf der Titelseite, so wie «Blick» 2007 bei Jürg Maurer, dem sogenannt «frechsten Pensionskassenverwalter der Schweiz». Auf rechtlichen Druck hin räumt auch ein Tages-Anzeiger selbstkritisch ein, dass Alexander Müller, mit dem Strehle Ende Januar überraschend ein zweiseitiges Interview führte, «vorgängig zur Berichterstattung korrekt hätte angehört werden» hätte müssen: «Diese Interpretation ging zu weit», «das war unzutreffend», geht doch.

Schweigen hat lange ganz gut funktioniert. Doch in Zeiten des Internets gibt es auf lange Frist kein Pardon mehr, was falsche Fakten betrifft, das haben viele Journalisten immer noch nicht begriffen. Dabei hat doch, wer journalistisch seriös arbeitet, kein Problem, einen trotz aller Sorgfalt durchgerutschten Fehler zuzugeben.

Der Nachsicht den eigenen Unzulänglichkeiten gegenüber steht die harte Kritik von Journalisten an unliebsamen Politikern, denen auch noch die kleinsten Fehler haarklein und ewig nachgetragen werden. Als der damalige Bundesrat Christoph Blocher in seiner Albisgüetli-Rede 2006 (nach eigener Aussage versehentlich) zwei mutmassliche Verbrecher als Verbrecher bezeichnet hatte, führte das zu einer Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (Bericht als PDF-Datei). Zur Sache veröffentlichten Schweizer Journalisten 2006 Hunderte, eher Tausende von Artikeln. Blocher entschuldigte sich öffentlich. Die GPK stellte fest, Blocher habe «mit seinen öffentlichen Verlautbarungen über die zwei betroffenen albanischen Flüchtlinge der Unschuldsvermutung nicht Rechnung getragen» und «zudem den Flüchtlingsstatus zweier in der Schweiz aufgenommener Personen missachtet». Nun ja, wenn so etwas bloss mal nie einem Journalisten passiert, wenn er sich öffentlich äussert.

Journalisten sind keine Götter, sondern Menschen. Auch sorgfältige Arbeiter machen Fehler – aus den verschiedensten Gründen: Unwissenheit, Unachtsamkeit, Zeitdruck, und so weiter. Es ist ein erfreulich unreglementiertes, freies Gewerbe, dem sich jeder, der sich dazu berufen fühlt, anzuschliessen versuchen darf. Allerdings stelle man sich nur mal vor, Atomphysiker, Ingenieure oder Mathematiker würden ebenso viele Fehler wie Journalisten machen und ebenso sorglos damit umgehen. Die Gesellschaft geht mit den Fehlern der Journalisten recht gnädig um, denn, so Constantin Seibt: «Du wirst nicht für Deine Fehler in Erinnerung behalten, sondern für die Sachen, bei denen Du mal wirklich gut warst.» Das stimmt, und auch die Arbeitgeber sind tolerant: selbst angerichtete Schäden in der Höhe von mehreren hunderttausend Franken führen nicht zur Entlassung. Unter diesen Umständen zu arbeiten, ist eigentlich pures Glück. Um so einfacher müsste es doch sein, a) begangene Fehler einzugestehen, b) begangene Fehler öffentlich und transparent zu korrigieren, c) gegebenenfalls um Verzeihung zu bitten.

Erst aus einer Kultur des Fehler-Machens und des Fehler-Eingestehens kann auch eine Kultur des Kritik-Anbringens und des Kritik-Eingestehens entstehen. Eine Kultur, in der jedem und jeder eine gewisse Anzahl Fehler zusteht, die offen besprochen werden können, führt zu einer Kultur, die offene Kritik nicht nur aushält, sondern aktiv als Arbeitsinstrument verwendet. Offen ausgetragene Kritik ist zweifellos nicht immer angenehm, dafür oft lehrreich. Sie führt zu Verbesserungen.

Dagegen die Welt, in der Fehler nicht angesprochen werden, in der vordergründig immer alles super ist, selbst wenn die Dinge überhaupt nicht in Ordnung sind. Es geht je länger je weniger auf, eine Redaktionskultur des Verschweigens und Vertuschens zu pflegen und Blattkritiken des Hochjubelns und Selbstlobs zu zelebrieren, während im Internet jedermann nachlesen kann, welches Redaktionsmitglied welche Fehler gemacht hat. Gruppen, die sich auch noch für den übelsten Murks und das langweiligste Stück gegenseitig auf die Schulter klopfen, sind dem Untergang geweiht. Zurecht. Sie sollten Raum schaffen für kritischere Geister.

Es bleibt die Frage, ob Res Strehle klagen wird, und wenn ja, weswegen. Noch werden «alle rechtlichen Schritte» geprüft, «um in Zukunft eine korrekte Berichterstattung anzumahnen». Wem das wichtig ist und generell für engagierten Journalismus einsteht, hat kein Problem, selbst einen Schritt zu tun und so Transparenz und Klarheit zu schaffen.

Leserbeiträge

Luis Brauer 18. Februar 2013, 14:01

Guter Text. Weshalb aber alle Medienjournis immer und immer wieder die Unwahrheit kolportieren, dass Strehle mit dem Müller-Interview Fehler beim TA eingeräumt haben soll, ist mir ein grosses Rätsel. Jeder weiss, dass es Newsnet unter der Verantwortung von CR Wälty ist, das die Geschichte zu verantworten hat. Natürlich strebt man heute im Hause Tamedie eine konvergente Redaktion an. Und hat die bittere Pille deswegen wohl geschluckt. Damals waren es aber zwei eigenständige Redaktionen.

Kurt Imhof 18. Februar 2013, 14:22

Mit der mangelnden Fehlerkultur im Journalismus bin ich völlig einverstanden. Die Suggestivwirkung dieses Beitrages (ja stimmt ja eigentlich, warum auch nicht?) entsteht jedoch durch die Gleichsetzung von lebensbiographisch eingebetteten politischen Positionen und handwerklichen Fehlern journalistischer Natur.
Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Letzteres orientiert sich an den Professionalitätsnormen einer Expertenkultur, es lässt sich vermeiden und allenfalls korrigieren, weil etwas im Licht dieser Normen richtig oder falsch ist. Ersteres ist auf ganz andere Weise mit Personen verbunden: Es handelt sich um Weltanschauungen und daran geknüpfte Identitäten, die sich einer Unterscheidung von richtig/falsch entziehen.

Ronnie Grob 18. Februar 2013, 14:31

Für Chefredaktoren grosser Mitte-Links-Zeitungen gibt es aber schon auch Weltanschauungen, die nicht in Frage kommen. Darum will man ja doch auch wissen, wie Strehle dazu stand und steht.

Um handwerkliche Fehler im Journalismus zu beurteilen, braucht es meiner Meinung nach keine Expertenkultur, sondern einfach nur Aufstellungen und Beweise, die von allen logisch nachvollzogen werden können.

Kurt Imhof 18. Februar 2013, 14:42

Nein, es gibt in der liberalen Gesellschaft keine Weltanschauung, die prinzipiell nicht in Frage kommt. Man kann Weltanschauungen verwerfen und oder diskutieren, aber die liberale Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie Weltanschauungen in keiner Weise unter Strafe stellt. Es war u.a. eine der unseligen Seiten der Kulturrevolution in China, die ultimativ Selbstkritik bezüglich Weltanschauungen verlangte. Kurz: Selbstbezichtigungsforderungen weltanschaulicher Natur sind zutiefst umliberal.

Bezüglich Expertenkultur: Normen sind in solche Kulturen eingebettet (oder eben nicht) und erhalten in ihnen Plausibilität.

Markus Schär 18. Februar 2013, 16:06

Ist die Frage also für Sie unzulässig:

Ist es richtig oder falsch, Terroristen mit unverhohlener Sympathie eine publizistische Plattform zu bieten?

Kurt Imhof 18. Februar 2013, 16:17

Nein, das ist zulässig. Aber Sie thematisieren mit Ihrer hypothetischen Frage etwas anderes als der Diskussionskontext hier. Terroristen bekämpfen gewalttätig die verfassungsmässige, demokratische Ordnung. Zwischen Weltanschauung und Tat macht der Rechtsstaat wie der Liberalismus einen Unterschied.

Markus Schär 18. Februar 2013, 16:38

Die Frage ist nicht hypothetisch (siehe Weltwoche vom 14. und vom 21. Februar…)

Markus Schär 18. Februar 2013, 16:44

Ich habe an anderer Stelle schon halböffentlich geschrieben, also mache ich es hier nochmals: Res Strehle war die Corporate-Communications-Abteilung der Schweizer Atomterroristen.

Ich bitte um eine Klage.

Christof Moser 18. Februar 2013, 14:55

Ne, Ronnie. Handwerkliche Fehler (bei denen Journalisten dringend eine offene Fehlerkultur entwickeln müssen) und öffentliches Entschuldigen für angebliche Verirrungen in der Biografie eines Chefredaktors auf die gleiche Ebene zu stellen, ist ziemlich schief. Abgesehen davon: klar gibt es für Chefredaktoren «grosser Mitte-links-Zeitungen» Weltanschauungen, die nicht gehen. Aber diese Positionierung (so sie denn so ist, wie du schreibst) ist ja sechs Tage in der Woche auf dutzenden Seiten überprüfbar. Hast du auch nur einen linksextremen Inhalt gefunden im Tagi des Res Strehle? Eben.

Ronnie Grob 18. Februar 2013, 15:19

Ich fordere nicht zwingend eine Entschuldigung, sondern einfach eine Erklärung. Ein Tagi-Chefredaktor kann doch problemlos erklären, wie er zum Terrorismus stand und steht. Doch das hat Strehle bisher nicht getan. Warum nicht? Ich glaube, aufgrund einer allgemein fehlenden Fehler- und Kritikkultur im Schweizer Journalismus.

Fred David 18. Februar 2013, 16:56

Ich sehe das ähnlich wie @Ronnie Grob: Es geht nicht um Zukreuze-Kriechen, um öffentliche Entschuldigung, um Selbstkasteiung oder was? Aber ein paar Dinge möchte ich schon gern erklärt haben. Als Leser. Darauf habe ich Anrecht. Ein Chefredaktor hat, wie kaum jemand anders, jede Möglichkeit dazu. Er kann die Form selber festlegen. Er kann zum Angriff übergehen. Er kann das Ganze einbetten in eine Debatte über diese Jahre, von denen hier die Rede ist. Er kann ein Interview geben. Nur eines kann er nicht: schweigen.

Marc Anthony Grabowski 18. Februar 2013, 16:17

Strehle war also mal ein „radikaler Linker“ und symphatisierte mit militanten Aktionen- oder wenigstens mit Personen die solche Aktionen durchführten. Heute ist er Chefredaktor des „Tagi“. Man kann Strehles Weg von der einen Seite attackieren („Strehle hat sich nie von seinen alten linksextremistischenArtikeln distanziert“) aber auch von der anderen Seite in Frage stellen („Strehle hat sich opportunistisch verkauft, er arbeitet heute für das Establishment“).

Was soll Strehle uns denn erklären? Wahrscheinlich war er nie so richtig ein „Linker“- genausowenig wie er heute ein „Liberaler“ ist, er war vor allem Journalist, einer der gerne schrieb und auch gerne provozierte und sich dabei gerne mit allen möglichen anderen anlegte.

Und er war auch immer ein Stück weit ein Opportunist, einer der sich nicht festlegen wollte, einer der schon immer „irgendwie auf dem Sprung“ in ein anderes Lager war, einer dem es auch schlicht zu langweilig gewesen wäre sich irgendwo festnageln zu lassen. Als die Weltwoche ihn 2009 auf seinen einstigen Verbalradikalismus ansprach:

http://www.woz.ch/0915/medien/gewissen-leuten-verzeiht-man-nicht-einmal-den-tod

hat Strehle dies offenbar ignoriert, jetzt wo ihn Köppel und Philipp Gut anbellen würde er das gerne ignorieren-und eigentlich wäre genau dies, also das weitere ignorieren wenigstens konsequent im Sinne der Biografie des Herrn Strehle.

Marc Anthony Grabowski 18. Februar 2013, 16:29

…sorry, angesprochen hat den talentierten Mr. Strehle im Jahr 2009 natürlich die WoZ … heute bellen ihn Köppel und Ph. Gut an … that is the difference.

Vinzenz Wyss 18. Februar 2013, 23:15

Es entspricht einer Regel, dass von Medien angegriffene Personen zunächst schweigen, aussitzen, herunterspielen. Oft fahren sie damit nicht schlecht und wir erfahren gar nie von einem „Problem“. Öfters ist es aber der Fall, dass die Verdächtigten, Angeschuldigten oder einfach nur „Angepissten“ das Problem und vor allem dessen Dynamik in der Öffentlichkeit unterschätzen; diesen Fall identifizieren dann die Experten der Krisenkommunikation als Krisen und misslungene Kommunikation. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Protagonisten solcher Geschichten aus dem Journalismus kommen oder aus der Politik, der Wirtschaft oder aus der Kirche beispielsweise. Die Mechanismen laufen ähnlich ab und sind nicht auf eine mangelnde Journalismuskritik-Kultur zurückzuführen (obwohl es dieses Defizit natürlich gibt).

Blöd nur, dass meistens keiner Gewissheit hat, wie das ausgehen kann. Ob also daraus tatsächlich eine Krise wird oder nicht. Ob man sich rechtfertigen soll oder besser schweigen. Genau diese Ungewissheit ist ja ein Charakteristikum der Krise. Ich meine auch, dass Res Strehle Wind aus den Segeln nehmen und was sagen sollte (auch wenn er nicht Gewissheit haben kann, wie sich das Gesagte dann im Munde der Weltwoche und anderer sofort aktivierter Medien verselbständigen kann). Dass er bis heute schweigt, hat wohl mit seinem Stolz zu tun und damit, dass er hofft, in der Öffentlichkeit werde so der Fall als ein simpler Provokationsakt der Weltwoche durchschaut und so früher oder später an Bedeutung verlieren. Spricht er, wird sich seine Kommunikation mit Hilfe herbeieilender Medien verselbständigen, was die Weltwoche hofft.

Ich kann diese Haltung verstehen, glaube aber auch, dass sie ein schlechter Ratgeber sein kann. Es wäre besser die Deutung der Situation nicht nur anderen zu überlassen, also Stellung zu nehmen; von mir aus auch darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstaat zwischen Weltanschauung und Tat einen Unterschied mache (wenn es denn nützt, in dieser Diskussion Differenzierungen einzubauen).

Markus Schär 19. Februar 2013, 07:00

„Die nachkommenden Generationen sollen aus den Fehlern und Irrtümern der Vergangenheit Lehren ziehen können.“

Die Juso meinen Bundesrat Eduard von Steiger.

Markus Schär 19. Februar 2013, 09:11

Die Jugend, wir erinnern uns, neigt zu moralischem Rigorismus – weil sie noch kaum Gelegenheit hatte, schlimme Fehler zu machen. Das ist ihr Privileg. Das Privileg (und Desiderat) der Älteren ist es dafür, aus ihren Fehlern und Irrtümern zu lernen. Sie können es auch lassen. Aber sie sollten dann Vokabeln wie „Moral“ aus ihrem Wortschatz streichen.

Und wenn ich grad dabei bin: Weshalb wagt eigentlich niemand, den am nächsten liegenden Gedanken zu äussern? Wozu führt eine unbewältigte Vergangenheit? Erpressbarkeit.

Lukas Aerni 23. Februar 2013, 19:11

Wie sich Meinungen eben mit der Zeit ändern können:

Markus Schär:
3. Januar 2010 um 07:15
… Über Res Strehle schrieb einmal die in dieser Frage gewiss unverdächtige WOZ: „Er fungierte in einem Parallelleben als intellektueller Vordenker der Zürcher Autonomen. Bis in die späten neunziger Jahre, als er «WOZ», «Weltwoche», «Facts» schon hinter sich hatte und (als brillanter Kopf von Roger Köppel geholt! ms) den Chefsessel des «Magazins» übernahm, referierte er vor Kleingruppen und schrieb Bücher zu Kapital und Krise.“

Ja, und? Muss das ein TA-Leser wissen? Nein, er kann und sollte sich bei dem, was Res Strehle schreibt und schreiben lässt, immer eine eigene Meinung bilden: Also entscheiden, ob ihn Fakten und Argumente überzeugen oder ob er pure Ideologie vorgesetzt bekommt – in den allermeisten Fällen gar nicht gekauft, sondern einfach im linksliberalen bis softsozialistischen Mainstream angewöhnt. …

Markus Schär 21. Februar 2013, 09:07

Bevor diese Debatte den Gang nimmt, den sie nehmen muss, noch das ultimative Statement, für das man sonst (richtigerweise) bezahlen muss. Es kommt, wie immer, von Kurt W. Zimmermann, der schreibt, was die Branche denkt, aber nicht zu sagen wagt:

„Strehle schweigt. Er sagt, er wolle selber entscheiden, ‚zu welchem Zeitpunkt ich welche Debatte führe‘. Natürlich ist diese Argumentation eine Schande für jeden Journalisten. Man stelle sich vor, ein Blocher oder ein Vasella wollten eigenmächtig entscheiden, wann sie eine Debatte über sich selbst für angemessen hielten. Die Journalisten würden sie für dieses undemokratische Bekenntnis zur Intransparenz zu Recht grillieren.

Ich habe Strehle gesagt, seine Haltung erinnere mich an Nordkorea. Er war etwas beleidigt.“

cuirhomme 21. Februar 2013, 12:14

Sowohl Herr Blocher praktiziert dies ohne Wimpernzucken http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/christoph-blocher-gibt-sich-ahnungslos-1.14032174 als auch Herr Vasella (siehe Chronologie der 72 Mio. Vergütung). Ich verstehe Ihre Gleichung nicht…

stefan 21. Februar 2013, 10:24

beim elton john zitat hast du mich verloren

Ronnie Grob 21. Februar 2013, 10:33

Schade. Ich hätte es an das Ende stellen sollen 😉

Philip Kübler 21. Februar 2013, 13:04

Dem Sorry-Song von Elton John ging „It’s hard to say I’m sorry“ der Band Toto voraus. Die Barden scheinen also einsichtig zu sein. Doch lassen wir uns nicht täuschen: Die stärkeren Popsongs waren „Je ne regrette rien“ und „I did it may way“. Sie werden von Betagten gesungen dann, wenn sie Bilanz ziehen – oder irgendwohin weiter ziehen. Die Zuhörer wissen jeweils nicht so genau, was unbereut bleiben oder nachträglich geheiligt werden soll. Doch alle sind gerührt und spüren Kraft. Demonstrative Standhaftigkeit auf lockerem Boden scheint zu beeindrucken. – Dies am Rande.

Alesch Staehelin 22. Februar 2013, 13:59

„Hard to Say I’m Sorry“ ging Elton Johns Song nicht voraus, sondern erschien ganze sechs Jahre danach — und stammt auch nicht von der Band „Toto“, sondern von „Chicago“.

Das muss indes im vorliegenden Zusammenhang auch so sein, denn in der Windy City hat während mehrerer Jahre Barack Obama gewirkt, dem ja mitunter auch vorgehalten wird, er habe sich von der (radikalen) Linken her immer mehr dem Establishment zugewandt. So schliesst sich der Kreis. Gleichzeitig liesse sich mit dieser „Hook“ das Thema trefflich weiter aufbauschen.