von Nick Lüthi

Ohne Not direkt in den Fettnapf

Überraschende Wendung in der Affäre Weltwoche/Strehle: Der angegriffene Tages-Anzeiger-Chefredaktor meldet sich in der aktuellen Ausgabe des «Schweizer Journalist» zu Wort. Viel sagt er nicht, dafür Entscheidendes.

Was tut einer, wenn er nichts sagen will? Er schweigt. Was macht Res Strehle, wenn er nichts sagen will? Er redet trotzdem. Das ist nicht die einzige Eigentümlichkeit an einem Interview, das der Tages-Anzeiger-Chefredaktor dem Branchenmagazin «Schweizer Journalist» gewährt hat.

Strehle sieht sich seit zwei Wochen heftigen Vorwürfen der Weltwoche ausgesetzt. Das Blatt rückte Strehle in die Nähe von Terroristen und verlangt von ihm eine Erklärung zu seinen früheren politischen Positionen. Bisher zog es der Angegriffene vor zu schweigen. Der Weltwoche gegenüber wollte er sich nicht äussern. Nur im Tages-Anzeiger hielt er auf ein paar Zeilen fest, was er von der Berichterstattung der Weltwoche zu seiner Person hält: realitätsferner Kampagnejournalismus, auf den er wenn schon mit rechtlichen Mitteln zu reagieren gedenke.

Umso überraschender, dass es sich Strehle nun doch anders überlegt hat. Selbst Markus Wiegand, Chefredaktor «Schweizer Journalist», der mit Strehle gesprochen hat, weiss nicht, was den Tages-Anzeiger dazu bewogen hat, das Schweigen zu brechen. Seiner Sache so ganz sicher scheint sich Strehle aber nicht zu sein. Die längste Zeit erklärt er im Interview, weshalb er nicht den «hässlichen Teppich der Unterstellungen» betreten wolle, den die Weltwoche für ihn ausgelegt hat. So weit, so konsistent.

Doch plötzlich kommt Strehle auf jenen Punkt zu sprechen, der ihm die Weltwoche unter die Nase gerieben hatte: die Gewaltfrage. Autorisierter O-Ton Strehle: «Es gibt auf die Gewaltfrage nicht nur eine apodiktische Antwort: ja oder nein. Die Skala zwischen der Gewaltfreiheit eines Dalai Lama und dem militärischen Weg der kurdischen Arbeiterpartei PKK oder dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist breit. Es wäre interessant zu diskutieren, was in welcher historischen Situation mehr Erfolg verspricht.»

Das hätte Strehle, zumindest zu diesem Zeitpunkt und in dieser Kürze, besser bleiben lassen. Nun tritt er ohne Not in einen Fettnapf. In seine knapp gefasste Aussage lässt sich vieles hineininterpretieren. Wer ihn, wie die Weltwoche, in die Nähe von politischen Gewalttätern gerückt hat, wird in dieser Aussage selbstverständlich die Bestätigung dafür sehen, dass Strehle bis heute politische Gewalt gutheisst. Näher an der Realität wäre freilich die Lesart, dass es Strehle zuerst einmal interessant findet, über das Phänomen der politischen Gewalt in Vergangenheit und Gegenwart zu debattieren.

Auch mit der folgenden Antwort begibt sich Strehle genau dorthin, wo ihn die Weltwoche haben wollte, er aber eigentlich gar nicht hingehen wollte: Strehle findet Worte des Bedauerns für sein früheres Agieren. Er bedaure, dass es Zeiten gegen habe, «in denen ich dogmatisch war und ideologisch argumentierte». Umso irritierender mutet es an, wenn Strehle gleichzeitig den «Kampagnejournalismus» der Weltwoche geisselt und nicht merkt, dass er ihn mit seinen Antworten geradezu neu befeuert.

Das Interview, zumindest die erste beiden Seiten, ist ein Dokument missglückter Krisenkommunikation. Es zeigt, dass Journalisten, wenn sie sich selbst mit heftigen Vorwürfen konfrontiert sehen, die gleichen Fehler machen, wie die Akteure, die ihnen mit Tritten ins Fettnäpfchen den willkommenen Stoff für die Berichterstattung liefern.

Leserbeiträge

A. Beeli 22. Februar 2013, 14:42

Gute Analyse. Doch: Was hätte „gute“ Krisenkommunikation für einen Sinn, wenn sie allenfalls das wahre Gesicht von Strehle hätte kaschieren können?

Nick Lüthi 22. Februar 2013, 14:47

Gelungene Krisenkommunikation hiesse in diesem Fall, sicher nicht zeitnah auf die Berichterstattung der Weltwoche zu reagieren. Sondern zuerst einmal Schweigen und denn das Thema aus freien Stücken aufgreifen.

Stefan Keller 28. Februar 2013, 00:37

Lieber Nick: Nachdem der „Schweizer Journalist“ erst heute im Briefkasten lag, habe ich dieses Interview endlich nachgelesen. Ich verstehe deine Position nicht recht: Muss ein Journalist eine Kommunikationsstrategie haben? Sollte er nicht einfach Artikel schreiben? Du kritisierst vor allem die Passage: «Es gibt auf die Gewaltfrage nicht nur eine apodiktische Antwort: ja oder nein. Die Skala zwischen der Gewaltfreiheit eines Dalai Lama und dem militärischen Weg der kurdischen Arbeiterpartei PKK oder dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist breit. Es wäre interessant zu diskutieren, was in welcher historischen Situation mehr Erfolg verspricht.» Ist diese Aussage nicht von banaler Wahrheit? Und was der Widerspruch sein soll zwischen dem Bedauern früherer Dogmatismen und der Kritik heutigen Kampagnenjournalismus‘ begreife ich auch nicht. Jetzt muss ich wohl – für die vielen Gesinnungswächter – noch dazu schreiben, dass ich mit Strehle nie befreundet war, mit Meienberg aber schon, und dass ich zwar mal mit dem auf dieser Seite herumdelirierenden Markus Schär eine halblinke Zeitschrift machte, aber Gewalt (auch gegen ihn) heute wie damals ablehne.

Nick Lüthi 28. Februar 2013, 01:30

Was ich nicht verstehe: Wer die ganze Zeit sagt, dass er nichts sagen will und dann doch etwas sagt, handelt für mich schizophren. Die Aussagen zur «Gewaltfrage» und das Bedauern früherer ideologischer Härte sind an und für sich nicht spektakulär, da hast du recht. In ihrer Knappheit und Kontextlosigkeit schaffen sie weder Klarheit, noch eignen sie sich als Beitrag zu einer – wie auch immer gearteten – Debatte über linke Biografien im Wandel; es sind hingeworfene Happen, die zum Spekulieren einladen.

Stefan Keller 01. März 2013, 00:41

Ja, ein Mensch in seinem Widerspruch. Vielleicht hat Strehle ein Leben lang so funktioniert? Kann man anders als widersprüchlich überhaupt Chefredaktor werden? Und die Frage, ob er heimlich immer noch ein Linksradikaler ist, stellt sich angesichts seiner Praxis doch gar nicht. Er hat recht, wenn er auf seine Artikel verweist.

Beat Gloor 22. Februar 2013, 15:12

Ich finde, man sollte Krisenkommunikation (und ihr Glücken oder nicht) in diesem Fall nicht mit derjenigen bei einem Unternehmen vergleichen. Ich sehe auch keinen Widerspruch zwischen dem aufrichtigen Bekenntnis zu jugendlicher Radikalität und gleichzeitig dem Vorwurf des Kampagnenjournalismus (der sich auf längst vergangenen Zeiten bezieht).
Es sollte im Journalismus weiterhin möglich sein, dass jemand die eigene Ansicht als (immer zeitgebundene) Wahrheit äussert. Menschen sind keine Unternehmen und dürfen im Lauf des Lebens gescheiter werden. Klar gibt es auch einige, die immer noch denselben neoliberalen Blödsinn verzapfen wie vor zwanzig Jahren. Und klar, es gibt auch Unternehmen, die gescheiter werden.
Wenn man bedenkt, dass ein Text meist mehr über seinen Autor aussagt, als der Autor über die Sache sagen wollte, dann, denke ich, lesen wir die Artikel mit der richtigen Brille – ob im Tagi oder in der Weltwoche.

Lahor Jakrlin 22. Februar 2013, 15:18

Strehle ist in einem GEWALTIGEN Dilemma. Einerseits bin ich überzeugt, dass er seine jugendlich undifferenzierten Links-Sympathien der Vergangenheit bereut (das tun ALLE in unseren Jahrgängen!), andererseits ist er auf den linken Mainstream angewiesen.

Das ist ja auch der Grund, dass noch keine breite Debatte über die Gräuel des Sozialismus stattfindet.

Ergo entschied sich Strehle für eine „mittelharte“ Antwort. Und die ging, logisch für eine Persönlichkeit seines intellektiuellen Kalibers, in die Hosen. Oder wie es der Titel der Analyse sagt: Strehle trat voll in den Fettnapf.

Stefan Limacher 22. Februar 2013, 15:30

Was ich feststelle, ist das die Diskussion ausser in Journalisten-Kreisen wirklich niemanden interessiert. Mir scheint, da lassen sich die Brancheninsider von der Weltwoche eine Diskussion aufdrängen, die sie masslos überschätzt wird. Pure Nabelschau.

Eliane Hangartner 22. Februar 2013, 19:13

Widerspruch! Ich bin keine Journalistin, war ich nie, werde ich nie sein. Trotzdem interessiert mich die Geschichte. Weil ich sie widerlich finde (weil auf die Person gespielt wird, grundlos (m.E., da die Vorwürfe nach Überprüfung sich nicht halten lassen)), weil es nach Gesinnungsprüfung riecht, weil es mich an Amerika nach dem 2. WK erinnert (McCarthy-Ära), und weil ich es unglaublich, ja fast unfassbar finde, wie es die Rechte in der CH zunehmend schafft, die Themen zu diktieren, und weil rechte Positionen zunehmend salonfähig werden.

Frank Hofmann 22. Februar 2013, 19:37

Wenn alles falsch ist, warum klagt Strehle nicht? Vielleicht weil er weiss, dass er sich nur lächerlich macht. Seit wann ist es unzulässig, die Vergangenheit eines moralistisch argumentierenden Opinionleaders zu durchleuchten? Wie ist es möglich, dass jemand, der noch als Ü40-Jähriger dem Linksradikalismus frönte, sich heute auf der Teppichetage eines kapitalistischen Medienunternehmens bewegt? Wie passt das zu seiner klassenkämpferischen Grundhaltung, von der er sich nie klar distanziert hat? Die echten Linken, die sich wie Strehle früher über den Tagi mokierten, sollten sich auch mal hinterfragen. Der Anti-WW-Reflex verhindert dies wohl.

Henri Leuzinger 22. Februar 2013, 15:42

Strehle und jedem vifen, aktiven, engagierten, jungen, denk- und schreibfähigen Menschen ist zu Gute zu halten, dass sie in der Jugend radikal, kompromisslos, manchmal ideologisch und vielleicht sogar extrem agierten – bis sie mit wachsender Erfahrung erkennen: So einfach ist das menschliche Leben wohl doch nicht. Dann werden die Urteile differenzierter, kompetenter, souveräner, reifer.
Ich begreife daher nicht, warum die tendenziösen Anwürfe eines einschlägig bekannten Köppelchens zur publizistischen Affäre aufgeschäumt wurden. Dem nimmt doch ernsthaft niemand ab, dass er ohne Sünde ist und daher den ersten Stein werfen kann.
Das Ganze riecht doch sehr nach Kampagne, wie sie nördlich des Rheins so gerne gepflegt werden, besonders im Sommerloch oder hier, in der Winterkälte.

Eliane Hangartner 22. Februar 2013, 19:07

Danke, Hr. Leuzinger, auf den Punkt gebracht!

Betr.: Strehle 22. Februar 2013, 15:42

Der „Tagi“ täte gut daran, einen neuen CR zu suchen.

bugsierer 22. Februar 2013, 21:03

ich bin ziemlich angewidert davon, dass ausgerechnet die medienwoche dieses nichtthema so breit auswalzt. habt ihr keine wichtigeren medienprobleme als diese oberüble kampa dieses unsäglichen kampfblatts und des unsäglichen rechtspolterers köppel weitrzuverwursten?

billig billig billig.

das oben erwähnte inti von herrn strehle finde ich auch nicht optimal. er hätte besser nichts gesagt. trotzdem verstehe ich nicht, warum seine schurnikollegen (kollegen?) ihn in diese ecke treiben. bireweich. unprofessionell. unfair.

ich werde den verdacht nicht los, dass sich bei euch und beim schweizer journalist ein paar testosterongesteuerte jungschurnis einen höchst seltsamen spass mit dem herrn strehle leisten und dabei köppel und konsorten gehörig auf den leim gehen.

warum sprecht ihr nicht über die handwerklichen fehler des herrn gut? die sind schon seit tagen bekannt und hier von herr binswanger sauber gelistet:
http://dasmagazin.ch/dasMagazin/viewer.html?contentId=dasMagazin.2013.8.e5#article=7

warum erkundigt ihr euch nicht bei leuten, die dabei waren? warum röscherschiert ihr nicht, was z.b. herr held alles angestellt hat? was soll dieser kleinkarierte zickenkrieg?

welchen plan habt ihr, medienwoche?

Nick Lüthi 22. Februar 2013, 21:21

Wir führen keine Kampagne. Gegen nichts und niemanden.
Leider darf ich das Interview aus dem «Schweizer Journalist» mit Res Strehle nicht verlinken (der Chefredaktor hats mir untersagt). Wenn du das gelesen hättest, würdest du dir auch an den Kopf greifen. Ich habe nie *gegen* Strehle geschrieben, wie du mir unterstellst.
Rekapitulieren wir kurz, was die Medienwoche tatsächlich gemacht hat:
Erster Beitrag: die Unabhängigkeit des Presserats thematisiert, nachdem sich dessen Präsident, ohne eine Beschwerde abzuwarten, wertend zur Berichterstattung geäussert hat.
Zweiter Beitrag: ein Pro/Contra, ob Strehle Stellung nehmen soll oder nicht (eine Stellungnahme erwartete übrigens nicht nur die Weltwoche, sondern auch unverdächtige Zeitgenossen wie Gian Trepp). Wobei ich klar dafür plädiert habe, Strehle solle sich *nicht* auf die Logik der Weltwoche einlassen.
Dritter Beitrag: Dieser Artikel hier als Reaktion auf das überraschende Interview mit dem wichtigsten Branchenblatt der Schweiz.
Kampagne? Gegen oder für wen oder was?

Alex Baur 23. Februar 2013, 00:00

Meiner Meinung nach ist das ganze weder eine Kampagne (davon war schon nach dem ersten Artikel die Rede; und ich frage mich, ab wieviel Artikel ist eine Kampagne denn eine Kampagne) noch eine Krise. Sondern ganz einfach ein interessantes und relevantes Thema: Ist politische Gewalt eine bessere Gewalt, wenn sie von links kommt? Was wäre, wenn Strehle (keine Jugendsünde notabene, er war schon ziemlich erwachsen) statt bei den Linken etwa bei der PNOS oder bei den Skins gewesen wäre? Würde man sich dann auch so locker darüber hinwegsetzen? Wie steht er heute zu diesen Themen? Ich meine, dass sie ein TA-Chef diesen Fragen stellen sollte. Und wenn er es nicht gegenüber der Weltwoche tun will, dann halt anderswo. Sein Schweigen ist für einen Journalisten einfach sackschwach.

Markus Schär 23. Februar 2013, 06:21

Wie es die Strehle-Verteidiger – wer solche Verteidiger hat, braucht keine Ankläger mehr, nicht wahr, Philipp Hildebrand? – mit Dichtung und Wahrheit, mit Lesen und Abschreiben halten:

Marianne Fehr schreibt in ihrer Biografie „Meienberg“ (Limmat-Verlag, 1999, 388ff.):

„Eine zweite Ehrung erfährt er durch das Buch ‚Biederland und die Brandstifter. Niklaus Meienberg als Anlass‘. … Vorgesehen war eigentlich auch ein Buchbeitrag von Res Strehle, eine Kritik von links. Strehles Verhältnis zu Meienberg hat sich seit 1984 vor allem aus politischen Gründen stark abgekühlt. Bevor er seinen Text schreiben will, sollen die Differenzen auf den Tisch kommen. Im Gespräch kritisiert Strehle Meienbergs Abgrenzungen von linksradikalen Positionen. Meienberg distanziert sich einmal mehr von ‚der Trottelhaftigkeit‘ von Gruppen wie der deutschen RAF oder der Brigate Rosse, die glaube, mit punktuellen Morden einer revolutionären Bewegung Vorschub leisten zu können. Auf die Frage, wo er denn politisch stehe, antwortet er: ‚Ungefähr am äusseren linken Rand der Sozialdemokratie. In gewissen Fragen eher bei der Poch. In rein analytischen Fragen manchmal bei den Trotzkisten.‘ … Die Diskussion, auch als Versöhnungsgespräch gedacht, ist für einen Text zu wenig ergiebig, Res Strehle schreibt den Beitrag nicht.“

Ich finde die Stelle und schicke den Ausschnitt ab „Vorgesehen war…“ Philipp Gut. Dadurch ist für ihn nicht ersichtlich, dass „Biederland und die Brandstifter“ nicht von Marianne Fehr herausgegeben worden ist. Deshalb der – dumme, weil leicht vermeidbare – Fehler mit den bibliografischen Angaben, der einzige.

Man muss keine preisgekrönte germanistische Dissertation geschrieben haben, sondern einfach lesen können (und wollen), um die Passage wie Philipp Gut zu verstehen:

„Wer ist Res Strehle? Eine unverdächtige Zeugin ist Marianne Fehr, ehemalige Journalistin der von Strehle mit gegründeten linken Wochenzeitung (Woz) und Biografin des Publizisten Niklaus Meienberg. Fehr beschreibt, wie sie Strehle 1988 zu einem Essay im Meienberg-Band ‚Biederland und die Brandstifter‘ gewinnen wollte. (Das ist, s.o., falsch, ms) ‚Vorgesehen war auch ein Buchbeitrag von Res Strehle, eine Kritik von links“, so Fehr. Schon dies ist aufschlussreich. Meienberg positionierte sich damals selber zwischen dem ‚äusseren linken Rand der Sozialdemokratie‘, den POCH und, wörtlich, den ‚Trotzkisten‘. Doch Strehle ging diese Linksaussenposition zu wenig weit. Die beiden Freunde, die zuvor mehrere Jahre zusammen gewohnt hatten, entfremdeten sich über diesen ideologischen Unterschieden. Fehr: ‚Strehles Verhältnis zu Meienberg hat sich seit 1984 vor allem aus politischen Gründen stark abgekühlt. Bevor er seinen Text schreiben will, sollen die Differenzen auf den Tisch kommen. Im Gespräch kritisiert Strehle Meienbergs Abgrenzungen von linksradikalen Positionen.‘ ‚Linksradikal‘ hiess innerhalb der extremen Linken (PG interpretiert, wie er es im historischen und im germanistischen Seminar gelernt hat, ms), dass man die Überzeugung vertrat, der kommunistischen Revolution sei mit gezielten Morden an Repräsentanten des demokratischen und marktwirtschaftlichen Systems auf die Sprünge zu helfen – wie das etwa die Rote-Armee-Fraktion (RAF) in Deutschland tat. Entlang der Terror- und Gewaltfrage verlief die Trennlinie (und die Sekundarschule genügt eigentlich auch, um dies zu erkennen, ms). Strehle wandte sich von Meienberg ab, weil dieser Attentate wie diejenigen auf den deutschen Generalstaatsanwalt Siegfried Buback oder Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer ablehnte (der Historiker erklärt für jene, die immer noch nichts begreifen, ms). Meienberg nannte die Terrorstrategie ‚trottelhaft‘, was Strehle nicht goutierte.“

Marianne Fehr erkennt sofort die Explosivität dessen, was sie vor 14 Jahren geschrieben hat. Sie schreibt deshalb eine Distanzierung auf Facebook, die von den Strehle-Verteidigern triumphierend verbreitet wird – ohne dass sie überhaupt zur Kenntnis nehmen, was Gut und Fehr selbst geschrieben haben:

„In der heutigen ‚Weltwoche‘ wird so getan, als hätte ich mit dem Autor P. Gut über Res Strehles politische Gesinnung Ende der Achtzigerjahre gesprochen (wo wird ’so getan‘?, ms). In Tat und Wahrheit zitiert er aus meiner Meienberg-Biografie (das tat PG ja, mit dem Fehler bei den bibliografischen Angaben, ms). Alles, was Gut Strehle unterstellt, ist im Buch nicht enthalten, sondern erfunden (das kann selber beurteilen, wer lesen kann, ms). Wie schludrig Gut arbeitet, zeigt auch (nicht ‚auch‘, es gibt sonst nicht den geringsten Fehler, ms) sein Satz, ich hätte Res Strehle um einen Beitrag für das Buch ‚Biederland und die Brandstifter‘ gebeten. Dieser wurde jedoch von Barbara Lukesch und Martin Durrer herausgegeben.“

Daniel Binswanger schreibt dies in einem Magazin, das ernst genommen werden will, einfach so ab, ohne den Originaltext nachzulesen und mit den (völlig korrekten) Zitaten und Paraphrasen von Philipp Gut zu vergleichen. Er schliesst aus der panischen Distanzierung von Marianne Fehr auf einem Kanal, der als journalistisch unseriös gilt:

„Offenbar hat Gut hier ein frei erfundenes Lügengebäude gezimmert, in der verzweifelten Hoffnung, Strehle irgendwie zu beschädigen.“

Und das ist dann wirklich das Letzte, nicht wahr, Philipp Hildebrand?

Bettina Büsser 23. Februar 2013, 16:09

Was ich nicht verstehe, lieber Markus Schär:
1. Was hat Philipp Hildebrand damit zu tun?
2. Welche Rolle spielen die verschiedenen Ausbildungstypen (Sekundarschüler, historisches und germanistisches Seminar) für das Verständnis der Sache?

Was mir auffällt (meine Ausbildung spielt dabei keine Rolle):
Wenn Meienberg, wie hier zitiert wird, laut Marianne Fehrs Buch auf die Frage, wo er politisch stehe gesagt hat: ‚Ungefähr am äusseren linken Rand der Sozialdemokratie. In gewissen Fragen eher bei der Poch. In rein analytischen Fragen manchmal bei den Trotzkisten.‘ Und Philipp Gut das dann so zusammenfasst: „Meienberg positionierte sich damals selber zwischen dem ‚äusseren linken Rand der Sozialdemokratie‘, den POCH und, wörtlich, den ‚Trotzkisten‘.“, dann ist es nicht dasselbe. Meienberg positioniert sich erstens grundsätzlich am linken Rand der SP, bei „gewissen Fragen“ bei der POCH und „in rein analytischen Fragen manchmal“ bei den Trotzkisten. Das ist nach meinem Sprachverständnis nicht „zwischen“ diesen Positionen, sondern auf einer Position mit ein paar Aussreissern.

Und: Gibt es für den Satz „Strehle wandte sich von Meienberg ab, weil dieser Attentate wie diejenigen auf den deutschen Generalstaatsanwalt Siegfried Buback oder Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer ablehnte“ irgendwelche konkreten Quellen (ein Historiker würde die vorweisen müssen, da sie in Form einer Tatsachenbehauptung und nicht in Form einer Interpretation oder Erklärung daherkommen)?

Letzte Frage, ganz allgemein: Hat eigentlich schon jemand das gesamte Strehle-Interview des „Schweizer Journalisten“ gelesen oder war bisher nur der im Netz kursierende Ausriss im Umlauf?

Markus Schär 23. Februar 2013, 19:58

1. Was Philipp Hildebrand damit zu tun hat, sollte man einer Medienjournalistin nicht erklären müssen: Vor einem Jahr heulten und jaulten genau dieselben Leute und bemühten ihre sonst beträchtliche inquisitorische Energie, um das untragbare Verhalten eines ehemaligen Hedge-Fund-Managers (a.k.a. Abzockers) zu entschuldigen und jeden Vorwurf zu verwedeln. Sich von Leuten wie Binswanger verteidigen zu lassen, kann einem also das Genick brechen.

2. Pardon, aber Wortklaubereien wie jene, dass einer, der mal am äussersten Rand der SP, mal bei den POCH und mal bei den Trotzkisten steht, nicht dazwischen stehen soll, sind auch auf Kindergartenniveau zu blöd.

3. Marianne Fehr schreibt für alle, die lesen können und wollen, Meienberg distanziere sich (gegen Strehle) „einmal mehr von ‚der Trottelhaftigkeit‘ von Gruppen wie der deutschen RAF oder der Brigate Rosse, die glaube, mit punktuellen Morden einer revolutionären Bewegung Vorschub leisten zu können“. Philipp Gut erklärt, was er damit meinte. So what? (Ich schreibe es hier gerne nochmals: Res Strehle war die Corporate-Communications-Abteilung der Schweizer Atomterroristen; er unterstützte zumindest publizistisch (so viel lässt sich jederzeit beweisen) Sabotage, Sprengstoffattentate und einen Brandanschlag auf ein (zufällig unbewohntes) Ferienhaus. Darüber hinaus lehnte er jahrzehntelang den demokratischen Rechtsstaat ab – und es gibt nichts, was auf eine Umkehr hindeuten würde. Nochmals: Ich bitte um eine Klage; im Gegensatz zu Binswanger, der Lügen abschreibt und einem Kollegen damit ein „frei erfundenes Lügengebäude“ vorwirft, kann ich den Wahrheitsbeweis locker erbringen.

4. Dass Markus Wiegand seinen Scoop schützt – mir sagte er: „Strehle macht exklusiv ein Interview mit einem Mini-Magazin, in dem er doof aussieht – was soll das? -, sollte man einer Medienjournalistin (halt von der inferioren Konkurrenz) auch nicht erklären müssen.

Bettina Büsser 24. Februar 2013, 18:12

1. Danke, dass du es der Medienjournalistin trotzdem erklärst. Von wegen „genau dieselben Leute“: Nach meiner Beobachtung sind es mehrheitlich Journis aus dem Bereich Medien/Kommunikation, die sich bisher zur „Weltwoche“-Geschichte über Res Strehle geäussert haben. Geheult und gejault (klingt ziemlich nach Hundezwinger …) haben sie dabei meiner Wahrnehmung nach nicht. Das Thema wurde, im Vergleich zur damaligen Hildebrand-Geschichte, eigentlich auch nicht sehr breit aufgenommen. Ausserdem reagieren aktuell mit wenigen Ausnahmen (z.B. Daniel Binswanger) auch nicht dieselben Leute, die sich zur damaligen Hildebrand-Geschichte vernehmen liessen.

2. Es mag für dich Kindergarten sein, für mich ist es Grundlage des Handwerks, dass man angemessen zitiert bzw. Zitate angemessen zusammenfasst.

3. Ich lese in Marianne Fehrs Text, was Meienberg gesagt hat. Nicht, was Strehle gesagt hat. Ist ja auch eine Meienberg-Biographie. Und: Sorry, mit einer Klage kann ich nicht dienen.

4. Dass du „Edito + Klartext“ als „inferior“ einstufst, ist natürlich bedauerlich. Aber ich verstehe nicht, weshalb du mir zu meiner Frage, ob jemand schon das ganze Interview gesehen hat, etwas erklären sollen müsstest. Das Interview des „Schweizer Journalisten“ mit Strehle erscheint ja auf Papier gedruckt; die entsprechende Ausgabe sollte laut Werbemail von letzter Woche bereits draussen sein. Es wäre also denkbar, dass es jemand, der das Heft abonniert hat, schon gelesen hat. Oder?

Markus Schär 24. Februar 2013, 19:49

Das ganze „Schweizer Journalist“-Interview mit Res Strehle lässt sich seit Donnerstagvormittag auf iKiosk lesen. Das funktioniert einwandfrei (wie auch bei der Weltwoche), es erscheint mir als vernünftige und zukunftsträchtige Lösung, und dies bei einem Verleger, den ein Kollege als „Taliban wider alles Digitale“ verspottet. Darüber, dass die Leser für anspruchsvollen Journalismus bezahlen sollen, sind wir uns wohl einig. (Und wir können uns hoffentlich auch darin finden, dass es mehr bringt, über integral gelesene Texte zu debattieren als über hektisch vertwitterte Fragmente, Fehlinterpretationen oder Fälschungen.)

Weiter: Ich könnte dir problemlos zehn „Kollegen“ nennen (die Anführungszeichen setze ich auch persönlichen wie aus professionellen Gründen), die genau gleich wie vor einem Jahr agieren, also – im Gegensatz zu ihrem gut ausgebildeten Killerinstinkt – den Kritisierten entschuldigen, die Kritik verwedeln und die Kritiker mit läppischen bis lügenhaften Anschuldigungen angreifen.

Und schliesslich, liebe Bettina: Wir haben einmal miteinander gelernt, wie man/frau Texte liest und deutet. Warum fällt es euch so unglaublich schwer zuzugeben, dass Philipp Gut nach den Kriterien des historischen und des germanistischen Seminars – abgesehen von den beiden bekannten und eingestandenen Fehlern – alles richtig gemacht hat?

Bullshit 25. Februar 2013, 13:57

Ähm, ihre Verwunderung, ob „unserer“ Mühe Herrn Gut „wissenschaftliche“ und journalistische Redlichkeit zuzugestehen, rührt daher, dass man diese, wenn man auch nur ein klein wenig Verstand, Sprachgefühl und Erfahrung am historischen und germanistischen Seminar irgendeiner Schweizer Universität vorweisen kann (von letzterem sogar ein wenig mehr als nur „ein klein wenig“…), niemals und in keinster Weise zugestehen kann: Denn Herr Gut hat entscheidende Worte und Satzstellungen verdreht (ohne dies anzugeben), er hat direkte und indirekte Rede sinnverfälschend umgestellt, er hat interpretiert, wo er vorgibt zu zitieren und so weiter und so fort. Niemand an den von ihnen zitierten Instituten würde sowas durchgehen lassen. Dass Herr Gut vor einiger Zeit an diesen Orten mit seinen Arbeiten bestanden hat, möglicherweise (man mag es sich kaum vorstellen) sogar geschätzt wurde, kann trotzdem möglich sein. Aber die hier vorliegenden Texte missachten unzählige journalistische und wissenschaftliche Regeln und sind daher, kurz gesagt, totaler Bullshit.

Ulrich Schwendener 23. Februar 2013, 12:17

Warum gibt Strehle ein Interview in einer Zeitschrift die nur von Journalisten gelesen wird?
Es macht für Nichtjournalisten den Eindruck, dass sich Strehle nur unter seinesgleichen austauscht. Der Pöbel der Nichtjournis bleibt aussen vor.

Michel Seuttinger 25. Februar 2013, 17:01

am meisten ins fettnäpfchen getreten ist mE das magazin. ohne not eine emotionale, eher peinliche kollegenschelte gegen p. gut zu schreiben, das ist das dümmste, was man machen kann. dieser binswanger macht genau das, was er laut seinem artikel nicht tun sollte – er steigt auf die diskussion ein, begibt sich sogar auf noch tieferes niveau. ein schuss ins eigene knie, nent man das.

Ugugu 26. Februar 2013, 10:36

@MarkusSchär @AlexBaur (…und alle anderen Herren von der Weltwochefraktion) Kann Herr Gut seinen Text eigentlich nicht selbst verteidigen, sonst ist er doch auch nicht so kleinlaut?

Alfred Koller 26. Februar 2013, 11:14

@Medienwoche: Do Not Feed The Troll.

Ugugu 27. Februar 2013, 09:17

@AlfredKoller Bienvenue! Noch nie gesehen und gelesen hier in den Medienwoche-Kommentarspalten. Zufall?

Alfred Koller 27. Februar 2013, 19:23

@Ugugu: Merci! Glauben Sie an Zufälle? Oder worauf wollen Sie hinaus?

Annabelle Huber 26. Februar 2013, 22:56

Herr Lüthi,
sind die Leser zu dumm, dass man ihnen nicht mehr zumuten kann, oder sind die Journalisten heutzutage einfach nicht in der Lage, Probleme zu erfassen ?
Gerade in der heutigen Zeit wäre es wichtig, dass Presseorgane ihre Verantwortung als 3.Macht wahrnehmen würden, wenn der Verleger es ihnen zugesteht.
Dazu muss man aber Probleme nüchtern analysieren können.
Die Weltwoche hat in letzter Zeit gravierende Misstände im Alleingang aufdecken müssen, weil diese Fähigkeit offensichtlich abhanden gekommen ist.
Roger Köppel prangert zu Recht an, dass in der Schweizer Medienlandschaft rigoros mit zweierlei Ellen gemessen wird.
Die Einen dürfen Texte manipulieren, um Hanebüchernstes zu insinuieren , weil sie sich in ihrem dogmatischen Eifer ideologisch auf der richtigen Seite wähnen.
Die Einen dürfen mit ihrer journalistisch unsorgfältigen Arbeit Existenzen vernichten, weil sie sich in ihrem dogmatischen Eifer ideologisch auf der richtigen Seite wähnen.
Die Einen brauchen sich mit ihren journalistischen Fehlleistungen nicht auseinander zu setzen, weil sie sich in ihrem dogmatischen Eifer ideologisch auf der richtigen Seite wähnen.
Und diese Einen sind nicht in der Weltwoche zu suchen,
dort sind die Anderen,
die nicht dürften,
weil sie ideologisch falsch liegen,
wie jeder weiss, der ideologisch richtig liegt.
Dogmatischer Eifer ist eine Frage der Konditionierung, nicht der Ideologie.
Darüber sollten Sie und Ihresgleichen mal nachdenken, das ist viel wichtiger als Sie ahnen.

Jürg Bürgi 27. Februar 2013, 14:58

Kolleginnen, Kollegen! Was für eine kleinkarierte, rechthaberische Debatte! Alle, die sich, hier und anderswo, über die in der Branche allseits bekannte Biografie Res Strehles wichtig tun, lassen sich zu Komplizen der «Weltwoche» machen und verfehlen die entscheidende Frage: Was ist der Zweck der Kampagne? Wem soll sie nützen? Schaut auf das Schrumpfblatt «Basler Zeitung»! Der rechtsliberale und nationalkonservative Kreis um die Geldgeber und Strippenzieher Tettamanti und Blocher hat sich die wohlfeile BaZ als Sprachrohr ausgewählt, weil er fest daran glaubt, dass der Besitz einer Tageszeitung geeignet ist, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Sie wollen den links-grünen Mainstream der urbanen Zentren in die bürgerlich-konservative Richtung wenden. In ihrem elitären Weltbild sind Medien Propaganda-Instrumente. Journalisten, die dieses – notabene längst obsolete – Konzept umsetzen, gerieren sich, wie Markus Somm, als Missionare – oder sie sind einfach opportunistische Zyniker.

Res Strehle, der nächsten Monat 62 wird, und sein Verleger mögen noch einige Zeit standhalten, aber in Basel hockt der Köppel-, Gut- und Blocher-Kumpel Somm schon in den Startlöchern. Seitdem die BaZ vom Ex-Tagi-Mann Rolf Bollmann geleitet wird und der Druckauftrag bei Tamedia landete, scheint ein weiteres Zusammengehen logisch. Dafür müsste aber in Zürich eine neue Richtung eingeschlagen werden. O-Ton Bollmann http://www.onlinereports.ch/News.109+M5634ed39f49.0.html): «Die Integration der BaZ in ein Mantelkonzept, ob mit dem «Tages-Anzeiger» oder einer anderen Zeitung, steht im Widerspruch zur Positionierung der BaZ, wie sie von den Inhabern gewünscht wird.» Die Position der BaZ nach den Vorstellungen ihrer Besitzer ist am bürgerlichen rechten Rand. Die Diffamierung der Spitze des Tagi als «links» oder gar als «linksextrem» ist als Trommelfeuer zur Vorbereitung des Gefechtsfelds zu lesen. Der Angriff erfolgt, wenn die Zeit reif ist. In jedem Fall bleibt Strehle für den Rest seiner Zeit auf dem Chefposten in der Defensive: Ein erstes Ziel ist damit erreicht. Gut möglich, dass als nächstes die ganze «linke» («links-liberale», «links-grüne») Richtung des Tagi drankommt. Affaire à suivre.

Fred David 27. Februar 2013, 20:57

Endlich geht’s da mal ein bisschen in die Tiefe. Danke @Jürg Bürgi.

Frank Hofmann 27. Februar 2013, 22:59

Muss man sich in Spekulationen und Verschwörungstheorien verlieren? Könnte man nicht einfach sagen: Strehle mit seiner Vergangenheit sollte sich besser nicht als Herold der Political Correctness aufspielen. Und dann noch den Gränni machen, wenn er angegriffen wird.

Markus Schär 28. Februar 2013, 06:03

Vielleicht ist es so, wie Jürg Bürgi verschwörungstheoretisiert; ich weiss es nicht. Ich möchte einfach Journalismus machen (wie Nick Lüthi und Ronnie Grob und Markus Wiegand), also nach Recherchieren und Reflektieren schreiben können, was ich für wahr und richtig halte. Das konnte ich in dreissig Jahren professionellem Journalismus oft nicht, egal wo ich politisch stand. In diesem Fall machen die meisten Kollegen und „Kollegen“ einmal mehr Journalismus nach dem Motto: He’s a son of a bitch, but he’s our son of a bitch. Und das ist kein Journalismus.

Pascal Claude 28. Februar 2013, 10:31

Sehr geehrter Herr Schär

Haben Sie denn überhaupt noch Zeit für den von Ihnen beschriebenen Journalismus? Sie wohnen ja sozusagen auf medienwoche.ch.

Lahor Jakrlin 28. Februar 2013, 10:47

Oh mein Gott, wir da immer auf die Pianisten geschossen! Schon nur die Frage nach Strehles politischer Position wird zur Blasphemie erklärt …

Sit & think: Res Strehle steht im Fadenkreuz des Interesses, weil er CR einer der grössten und wichtigsten CH-Tageszeitungen ist. Es darf doch gefragt werden, in welche Richtung er die Leserschaft führt! Und es darf auch erwartet werden, das er eine klare Antwort gibt.

Im besagten Interview eiert er sich durch die Fragen, und wo es zur Sache ginge, dort „lässt er sich von niemand die Agenda diktieren“.

Es bleibt dabei: Strehle ist ein Gefangener seiner Vergangenheit, denn er darf nicht zu viele seiner Dogmas offen aufgeben, ohne in der linken „urbanen“ Szene Halt zu verlieren.

Mit diesem Dilemma ist er nicht allein, und deswegen findet auch keine Aufarbeitung der Sympathien, Beziehungen und Vernetzungen von Schweizer Medienleuten mit den sozialistischen Terrorregimes des Ostblocks statt.

Strehle könnte diese Chance packen. Aber eben – er eiert rum, tritt lieber in Fettnäpchen oder „lässt er sich von niemand die Agenda diktieren“. In der Politik wird das auch mit „Ausssitzen“ bezeichnet.