von Carmen Epp

Mehr als ein Diplom

Endlich! Nach zwei Jahren an der Schweizer Journalistenschule MAZ habe ich die Diplomausbildung erfolgreich abgeschlossen und ich halte das lang ersehnte Diplom in den Händen. Das MAZ hat mir während der Ausbildung aber nicht nur ein Stück Papier mit auf den Weg gegeben, sondern meinen Rucksack gefüllt mit Handwerkszeug, Selbstbewusstsein einem Netzwerk – und für mich am wichtigsten: mit Mut zur Reflexion.

Ich stand zwar nicht mit leerem Rucksack an der Murbacherstrasse 3 in Luzern, damals im März 2012, als ich zum ersten Kurstag meiner Diplomausbildung als Journalistin antrat. Schliesslich hatte ich zuvor bereits zweieinhalb Jahre als Redaktorin beim «Urner Wochenblatt» gearbeitet. Bis dahin noch rein nach Gefühl und durch Learning-by-Doing. Erst am MAZ aber bin ich mir mit jedem der 90 Kurstage bewusster geworden, wieso ich tat, was ich tat, und wie ich es noch besser tun kann.

Mit Sicherheit kann man auch ohne MAZ lernen und als Journalist besser werden – als Autodidaktin oder in der Auseinandersetzung mit seinen eigenen Texten unter Redaktionskollegen. Im Berufsalltag aber fehlt häufig die Zeit dafür. Wohingegen wir am MAZ teilweise mehrere Tage an einzelnen Texten feilen konnten. Ausserdem dürfte die Vielfalt der Inputs am MAZ durch die unterschiedlichen Mitstudenten und Dozenten aus den unterschiedlichsten Medienformen um ein Vielfaches grösser sein als in den eigenen vier Redaktionswänden.

Natürlich waren nicht alle Kurse überwältigend, und ich habe mich ab und zu schon auch gefragt, was ich da eigentlich tue. Rückblickend auf die gesamte Ausbildung aber muss ich sagen: Die Summe aller Einzelteile hat mich weiter gebracht. Und ich würd es jederzeit wieder tun.

Neben all dem Handwerkszeug, das man am MAZ mitkriegt, war es gerade für mich als Lokaljournalistin auch sehr lehrreich, aus meinem Mikrokosmos auszutreten und zu erfahren, wie andere arbeiten: Printjournalisten aus grösseren Medienhäusern, Radioleute, Agenturjournalisten oder VJ’s. Das MAZ hat mir eine grössere Welt von Journalismus erschlossen – ein Zugang, den ich sonst nicht so ohne weiteres erhalten hätte. Und von dem ich auch in Zukunft profitieren werde.

Diese neue Welt hat letztlich auch mein eigenes Rollenverständnis geprägt. Immer wieder stand ich am MAZ vor der Frage: Will ich so arbeiten wie die Dozenten es uns vormachen? Will ich solche Interviews führen wie Peer Teuwsen? Ein Porträt mit persönlicher Meinung färben wie Cornelia Kazis? Rein auf Emotionen setzen wie Daniel Steil? Solche Fragen waren mitunter die grösste Herausforderung für mich am MAZ und haben mich anfänglich ganz schön verunsichert. Rückblickend gesehen aber waren genau diese Fragen der grösste Gewinn für mich am MAZ. Denn sie gaben mir den Mut zur Reflexion meines Rollenverständnisses, von medienethischen Fragen und aktuellen Debatten in der Medienwelt, welche ich nach und nach in meinen Blog einfliessen liess.

Erst durch diese Auseinandersetzung mit Dozenten und Mitstudenten konnte ich zu «meiner Schreibe» finden, ihr eine persönliche Note verpassen und den Blick öffnen für Anderes, Neues. Dass dies möglich ist, liegt in der Natur der Sache. Abgesehen von Medienrecht und Medienethik gibt es im Journalismus glücklicherweise keine exakte Lehre. Was gut oder schlecht ist, ist letztlich Geschmackssache und eine Frage der Selbstverständnisses. Insofern habe ich das MAZ auch nie so sehr als Schule verstanden, sondern vielmehr als Werkstatt: Ein Ort, an dem sich die Journalismus-Welt trifft, um gegenseitig voneinander profitieren zu können.

Und ich habe profitiert. Ob ich dank der Diplomausbildung am MAZ nun eine bessere Journalistin bin? Ich glaube ja. Zumindest weiss ich heute, mehr als noch vor zwei Jahren, was ich tue, bin mir meiner persönlichen Rolle als Journalistin bewusster geworden. Eine Eigenschaft, die ich einigen jungen, aber auch gestandenen Kollegen da draussen ebenfalls wünschen würde. Hier könnte das MAZ in Zukunft noch stärker werden. Indem es das Rollenverständnis der Studenten gezielt auf die Probe stellt und es nicht dem Zufall überlässt, ob sich jemand überhaupt Gedanken macht darüber, was er tut und wieso er es so tut.

Zwar werden wohl die verschiedenen Rollenbilder in einem Kurs vermittelt. Diese sollten aber während den zwei Jahren immer wieder hinterfragt werden. Damit letztlich jeder Absolvent nach zwei Jahren das MAZ mit einem Bewusstsein darüber verlässt, wie er als Journalist sein will und wie nicht. Denn das ist – neben der Vermittlung von Handwerk und Wissen – meines Erachtens die grösste Leistung, die eine Journalistenschule überhaupt erbringen kann.

Leserbeiträge

Frank Hofmann 14. April 2014, 16:08

Wichtiger ist, was VOR diesem MAZ-Kurs an Bildung und Ausbildung gemacht wurde. Eine Matura reicht jedenfalls nicht. Wie will jemand dem Publikum „die Welt erklären“, was ja immer noch der (überhebliche) Anspruch der Medienleute ist? Wie will man kompetent über Literatur schreiben ohne Germanistikstudium, wie über Aussenpolitik ohne Geschichtsstudium, wie über Wirtschaft ohne Ökonomiestudium, wie über Naturwissenschaft ohne Phil.-II-Studium? Natürlich ist das alles unerheblich, wenn man sich als Ziel setzt, TV-Moderatorin zu werden oder beim Lokalblatt zu bleiben. Es kommt also darauf an, wie man Journalismus definiert.

Marco 14. April 2014, 20:03

Gut für dich, Carmen, dass du bereits Berufserfahrung in die Ausbildung brachtest. Es könnte nämlich dein Garant sein, nicht im journalistischen Praktikumssumpf abzusaufen. Die Branche ist ja bekannt dafür, qualifizierte Hochschulabgänger als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen, alles unter der achsowohl klingenden Beschönigung des „Praktikums“. Gemacht wird die Arbeit eines vollwertigen Redaktionsmitgliedes, bezahlt wird sie mit einem Hungerlohn! Dabei wird das drei- bis sechsmonatige Praktikum als Anstellungsbedingung vorausgesetzt, eine Anstellungsgarantie bekommt man aber nicht. Ist das Praktikum vorbei, sind die Schulden, die sich im Laufe des Studiums angehäuft haben, nicht kleiner geworden und auch das nächste Medienunternehmen setzt ein Praktikum in der eigenen Redaktion voraus. So geht das Spiel.

Carmen Epp 15. April 2014, 13:42

Lieber Marco, besten Dank für Deinen Kommentar. Du sprichst da in der Tat etwas Wichtiges an, wenn es um Ausbildung und Jungjournalisten geht: die weit verbreitete Prakitkumskultur. Ich schätze mich glücklich, dass ich längst aus der Praktikumsmühle rausgekommen, bin und bin mir durchaus bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist. Ich denke, da muss man auch in Zukunft immer mal wieder den Daumen drauf halten und hoffen, dass die Verantwortlichen merken, dass die Praktikumskultur mehr Schaden anrichten kann als gedacht. Denn oft schwindet mit schwachen Anstellungsbedingungen irgendwann auch die Lust, gute Leistung zu erbringen. Und das ist schade um die vielen, eigentlich talentierten Nachwuchsjournalisten da draussen.

Alexander Ess 15. April 2014, 18:01

Gratulation Carmen zum Diplom,
ich mache mir auch seit längeren Gedanken über die MAZ. Hatte auch schon einen kurzen Kontakt mit Alexandra und kenne auch welche die dort erfolgreich ihren Abschluss machten. Marco hat recht aber es gibt auch Firmen da bekommt man als Stage nicht so schlechten Lohn und sie zahlen ja auch einen Teil der Ausbildung. Interessant ist eher was Frank geschrieben hat. Ich zum Beispiel wär ein Quereinsteiger im Journalismus da ich nur eine Berufsmatura habe. Ich war schon sehr überrascht als ich die PDF zur Aufnahmeprüfung bei der MAZ ansah. Mich begeistert vorallem der Fotojournalismus. Jetzt während der Reise gab es vieles zu sehen das ich auch auf meiner Homepage berichtet habe. Der Wille und die Begeisterung für die Ausbildung sind vorhanden. Jedoch ist der Werkzeugkoffer für die MAZ Werkstatt noch nicht vollständig. Fotografie ist meine Leidenschaft und diese würde ich gerne mit Journalismus teilen.