von Carmen Epp

Jobwechsel: suchen oder gefunden werden?

Ausgeschriebene Stellen im Journalismus sind bekanntlich Mangelware. Die besten Angebote werden in der Regel unter der Hand vergeben. Auch unsere Kolumnistin ist aktuell auf Stellensuche und verlässt sich dabei – unter anderem – auch auf Vitamin B.

Meine Ausbildung am MAZ ist vorbei. Und doch denke ich immer mal wieder an die Kurse zurück – aktuell vor allem an einen der besten: «Career Starter – die Laufbahn richtig planen». Während dreier Tage lernten wir an Beispielen von Berufskollegen, welch vielfältige Wege eine Karriere im Journalismus nehmen kann. Und bei einem Besuch bei HR-Verantwortlichen von Ringier konnten wir unser Portfolio von Fachpersonen beurteilen lassen.

Das war vor fast genau einem Jahr. Was für mich damals reine Übung war, wird nun Realität: Ich habe meine Stelle beim «Urner Wochenblatt» gekündigt und bin nun auf Jobsuche. Ich will im Journalismus bleiben, das steht fest. Auch weiss ich, was ich mit Bestimmtheit nicht will: Ich will keinen Boulevard machen, keinen Thesenjournalismus, nicht zum «Blick», nicht zu «20 Minuten», stattdessen – wenn man mich träumen lässt – am liebsten über Medien und/oder über Gerichtsverhandlungen und Parlamentsdebatten schreiben. Die Frage also, wohin ich möchte, kann ich beantworten. Offen aber bleibt, auf welchem Weg ich dahin kommen kann und – noch wichtiger: kommen möchte. 

Sicher, das Naheliegendste ist der Weg über Stelleninserate. So durchstöbere ich auch regelmässig die einschlägigen Onlineportale dazu und achte auf Inserate in Printmedien. Doch abgesehen davon, dass dort die Gefahr gross ist, bloss als eine Nummer von vielen in der Liste der online erfassten Profile der HR-Abteilungen hängen zu bleiben, ist landläufig bekannt, dass die wirklich interessanten Stellen in den Redaktionen meist unter der Hand vergeben werden. Und an die kommt man bekanntlich nicht auf dem üblichen Bewerbungsweg, sondern durch etwas, dessen Wichtigkeit auch am MAZ-Kurs mehrfach betont wurde wurde: durch persönlich Kontakte, so genanntes Vitamin B.

Wird in einer Redaktion eine Stelle frei, spricht sich das unter den Redaktoren rum. Die kennen dann vielleicht jemanden, der was sucht, dessen Qualitäten sie schätzen, und empfehlen die Person bei Interesse dem Vorgesetzten. Oder der Stellensuchende kennt den Vorgesetzten selber und macht sich direkt bei ihm vorstellig.Das scheint mir ein gängiger Weg, sein Vitamin B bei der Stellensuche zu nutzen. So habe auch ich bereits die einen oder anderen Kollegen über meine Stellensuche informiert in der Hoffnung, Hinweise auf freie Stellen zu erhalten oder – im besten Fall – dafür empfohlen zu werden. 

Die Macht des Vitamin B kann aber noch weiter gehen. Dann nämlich, wenn sich der Vorgesetzte gleich selber an den Stellensuchenden wendet, weil er dessen Qualitäten schätzt und er ihn für sich gewinnen möchte. So wird das Be- zu einem An- oder gar Abwerben, der Suchende zum Gesuchten und Gefundenen, der Wollende zum Gewollten. 

Wir alle kennen die Geschichten derjenigen, die so zu einer neuen Stelle gekommen sind. Geschichten vom plötzlichen Anruf von Chefredaktor X, der Y für sein Blatt gewinnen wollte. Und sicher würden sich alle wünschen, dass es auch bei ihnen dereinst so laufen wird. Öffentlich zugeben würden es aber wohl die wenigsten. Zu romantisch scheint der heimliche Wunsch des «Gefunden-Werdens», zu nah der Verdacht der Anbiederung.

Das ist auch der Grund, wieso ich anfänglich zögerte, das Thema hier auszubreiten. Zugegeben: Der Vorwurf liegt nahe, ich würde die Kolumne missbrauchen, um meine Stellensuche publik und damit Werbung in eigener Sache zu machen. Doch ich bin sicher, dass sich neben mir viele Journalisten auf der Suche nach einer neuen Stelle ebenfalls Gedanken machen über die Macht ihres Vitamin B. Und wer sich ob dieser Zeilen die Nase rümpft, kann ich beruhigen: Bei aller Romantik bin ich realistisch genug, zu wissen, dass einem selbst das beste Netzwerk und die besten Kontakte nicht die harte Arbeit der Stellensuche abnehmen können. Ich werde also auch weiterhin Inserate lesen, bleibe aber natürlich offen für Tipps und Anrufe aller Art.

Leserbeiträge

Ramon T. 28. Oktober 2014, 00:06

Aha – und ohne Vitamin B? Wie findet man einen guten Job im Journalismus, wenn man einfach nur fähig ist?

Robin S. 28. Oktober 2014, 20:55

Ich meine selbst mit Vitamin B ist es schwierig. „Einfach ein paar Leute kennen“ reicht eben auch nicht, gerade auch für Einsteiger (wie mich) macht das die Sache kaum leichter. Die Stellenangebote sind rar und Kontakte zu grösseren Medienhäuser noch zu wenig gut, als dass man damit direkt eine Stelle bekäme. Auch Blindbewerbungen sind eine schwierige Sache, da die Medienhäuser mittlerweile schlicht kein Geld mehr haben. Einfach so eine Stelle schaffen? Das war einmal.
Das ist aber, für mich zumindest, nur die Spitze des Eisbergs, nur der kleinste Teil der Frustration. Das Schlimmste und Frustrierendste ist aber, aus einer Journalistenschule zu kommen und auf einen Job zu brennen. Dazu bereit die ganze Leidenschaft in diesen Beruf zu stecken und vieles dafür zu opfern. Und das, ohne eine Chance zu kriegen, sich beweisen zu können. Wollen aber nicht dürfen. Können, aber nicht gelassen werden. Dabei reissen sich viele nicht einmal um einen Wahnsinnsjob. Nicht jeder will Reportagen und Kolumnen machen, nein, es gibt auch noch uns Newsjunkies, die das Internet absuchen wollen bis spät in die Nacht, die live dabei sein wollen, wenn etwas geschieht, ob via Livestream oder Twitterfeed.