von Redaktion

Zwei unterschiedliche Blicke nach rechts

Sie tun das Gleiche, aber doch nicht dasselbe: Fabian Eberhard recherchiert aus journalistischem Interesse im rechtsextremen Milieu. Sören Kohlhuber tut dies aus politischem Antrieb. Ein Gespräch über die Grauzone zwischen Journalismus und Aktivismus.

Ende April in der Halbstundenstadt Olten, in einem Lokal hinter dem Bahnhof. Der Werkstudent und freie Journalist Sören Kohlhuber nutzt schon zum zweiten Mal seinen Jahresurlaub für eine mit Wandertagen kombinierte Vortragsreise durch die Schweiz. Im Gegensatz zu anderen, die sich politisch Linksaussen bewegen, hat er keine Angst vor dem Auftritt in der Öffentlichkeit – sie ist sogar sein wichtigstes Instrument. Wenn Kohlhuber nicht studiert, dokumentiert er als freier Journalist die Aktivitäten von Neonazis in Ostdeutschland: in Büchern, auf Fotos, in Zeitungsartikeln und in – manchmal verhängnisvollen – Tweets.

Wie Kohlhuber beobachtet auch der Schweizer Journalist Fabian Eberhard den Rechtsextremismus. Zum Thema fand er 2011 als Volontär bei der «Sonntagszeitung». Heute erscheinen seine Recherchen regelmässig auf der Titelseite des Sonntagsblick, wo er inzwischen als Reporter arbeitet. Er bewegt sich damit im professionellen Rahmen einer Zeitungsredaktion, im Gegensatz zu Kohlhuber, der sich mit seinen journalistischen Aktivitäten als Teil der antifaschistischen und antirassistischen Bewegung sieht.

MEDIENWOCHE:

Fabian Eberhard, du arbeitest beim Sonntagsblick und schreibst regelmässig über Neonazis und andere Rechtsextreme. Ist das einfach besonders guter Boulevardstoff?

Fabian Eberhard:

Der Sonntagsblick macht im News- und Recherchebereich ja eigentlich nicht mehr Boulevard als die «Sonntagszeitung», bei der ich davor gearbeitet habe. Das Layout ist schriller, ein Titel vielleicht mal knalliger, aber inhaltlich ziehe ich die Geschichten gleich auf wie früher in der «Sonntagszeitung». Natürlich auch nach allen Regeln und Pflichten des journalistischen Handwerks, so kontaktiere ich Betroffene immer, bevor ich über sie berichte. Es gab auch schon den Fall, dass der Betroffene dann am Telefon heulte und beteuerte, er verliere seinen Job, wenn ich darüber schreibe. Dann muss ich abwägen.

MEDIENWOCHE:

Und wann bringst du die Story?

Fabian Eberhard:

Wenn das Vorkommnis relevant ist, bring ich sie. Ich hab beispielsweise einen Rechtsextremen publik gemacht, der in der Armee für den Nachrichtendienst arbeitet. Den vollen Namen haben wir nicht genannt und das Foto nur anonymisiert gezeigt, aber als Journalist seh ich da schon ein öffentliches Interesse. Unabhängig davon, ob der sich jetzt missverstanden fühlt.

MEDIENWOCHE:

Ganz ohne Zuspitzung geht es beim Boulevard aber doch nicht. Den Westschweizer Jean-David Cattin hast du als «Chefplaner» der Anti-Flüchtlingsaktion «Defend Europe» beschrieben. In anderen Medien figuriert er durchgängig nur als deren «Kommunikationsverantwortlicher». Hast du da einen Schweizer wichtiger gemacht als er ist?

Fabian Eberhard:

Überhaupt nicht. Ich verfolge Cattin schon seit Langem und weiss, dass der in Frankreich klar ein führender Kopf der Szene ist. Seit 10, 15 Jahren ist er dort eine prägende Figur – vor allem auch ideologisch. Der schreibt Bücher, hält Vorträge, an denen sie neue Mitglieder rekrutieren. Ich habe ihn also bewusst als Chefplaner bezeichnet.

MEDIENWOCHE:

Auch «Chefplaner» der Aktion im Mittelmeer?

Fabian Eberhard:

Ja, auch da. Weil er die Aktion massgebend mitgetragen und organisiert hatte, auch wenn er dann nicht mit auf dem Boot war. Sein Vater hat das nach dem Artikel übrigens öffentlich bestätigt, er nannte ihn «Co-directeur». Klar spitzt man manchmal zu, aber in diesem Fall würde ich das bestreiten.

MEDIENWOCHE:

Was sind denn die Kriterien, dass du überhaupt berichtest?

Fabian Eberhard:

Wann immer ich ein öffentliches Interesse erkenne. Das geht über die Anzahl Teilnehmer eines Konzerts oder einer Demo hinaus: Sind militante Strukturen vorhanden? Gibt es internationale Verbindungen? Ich wäre tief genug im Thema drin, um jede Woche über ein kleines Privatkonzert von 30 Neonazis zu berichten. Aber ich schreibe nur, wenn die Nazis ihr Konzert beispielsweise im städtischen Jugendtreff durchführen. «20 Minuten» macht schnell mal was Grösseres, bloss weil auf der PNOS-Webseite eine Stellungnahme aufgeschaltet ist. Ich versuche wirklich nur das zu berichten, was andere nicht veröffentlicht haben wollen. Wenn PNOS-Mitglieder freudig einen Artikel teilen, hat man was falsch gemacht.

MEDIENWOCHE:

Sören, du recherchierst vor allem zu Neonazi-Strukturen und -Aktivitäten in Ostdeutschland, kennst aber auch die Verhältnisse in der Schweiz. Welches sind die grössten Unterschiede?

Sören Kohlhuber:

In der Schweiz ist alles kleiner: alle Subkulturen und ihr Gewaltpotenzial. Nach meinem Empfinden sind die staatlichen Strukturen aber teilweise undemokratischer, etwa das Bewilligungsrecht für Demonstrationen und die Frage, wer die Polizeieinsätze bei unbewilligten Spontanversammlungen zahlt. Bei uns ist das kein Thema und deshalb müssen Neonazis keine Konsequenzen fürchten. In Ostdeutschland können neonazistische Strukturen offener auftreten und werben als in der Schweiz.

Fabian Eberhard:

Was in der Schweiz auch anders ist, ist die geringere gesellschaftliche Breite des Engagements gegen rechts. Wenn sich Leute gegen Neonazis stellen, werden sie schnell in die linksextreme Ecke gestellt. Die Zivilgesellschaft ist in Deutschland viel aktiver.

MEDIENWOCHE:

Apropos Widerstand und Zivilgesellschaft. Sören, eine Stelle in deinem neusten Buch hat uns befremdet. Du hast dieses Kapitel mit «Gewalt gegen Rechts» betitelt und es endet mit einem Songzitat: «Es erinnert mich an die sehnsüchtige Skatepunk-Hymne ‹Ein Lied für Gewalt gegen Rechts› der brandenburgischen Band SPN-X ‹Es wär schön, gäbs Gewalt gegen Rechts. Das wär wirklich nicht schlecht. Ich fände es schön, könntet ihr mich verschonen, mit Lichterketten und Demonstrationen, ändern wird es sich wohl kaum, wahrscheinlich bleibt es nur ein Traum.›»

Sören Kohlhuber:

Für mich ist die Gewalt an sich nichts Schönes, aber ich kann die Wut, die Hilflosigkeit verstehen, die sich dann in der Gewalt zeigt. Und manchmal braucht es diese auch um wachzurütteln. Die ewige Passivität des Antifaschismus ist ein grosses Problem. Man muss nicht zwangsweise mit einer positiven Botschaft protestieren! Es muss nicht glitzern, es muss kein Einhorn sein. Man kann auch an den Punkt kommen, an dem man sagt, dass Gewalt das einzige Mittel ist. Sie darf kein Selbstzweck sein, aber sie ist ein Mittel. Seit 2010 der Dresdner Naziaufmarsch erstmals mit einer Sitzblockade gestoppt wurde, hat man immer mehr auf diese friedlichen Konzepte gesetzt: Viele Leute können teilnehmen, die Altersspannweite und die politischen Positionen sind breiter. Der Atem der Zivilgesellschaft reicht aber nur für einige Grossanlässe pro Jahr. Sie kann nicht immer da sein. Wenn am Hitler-Geburtstag ein Fackelmarsch in einer Stadt durchgeführt wird, die Neonazis als wichtigen Feindort verstehen, kanalisiert sich das nicht mehr anders, als in der Sehnsucht nach Gewalt gegen Rechts. Der Text wirkt so wie er wirken soll.

MEDIENWOCHE:

Fabian, so weit würdest du wohl nie gehen?

Fabian Eberhard:

Nein, als Journalist ist es nicht meine Aufgabe, Handlungsweisen für die antirassistische oder antifaschistische Bewegung zu geben. Gewalt ist für mich dabei kein legitimes Mittel. Gleichzeitig muss man anerkennen, dass viele Recherchen zu grossen Geschichten in den Medien aus Antifa-Kreisen kommen, auch wenn das nicht immer so deklariert wird. Die Information zum Beispiel, dass am Neonazi-Konzert in Unterwasser 150’000 Euro gesammelt wurden und in NSU-nahe Kreise flossen, kam von Thüringer Antifas.

Sören Kohlhuber:

Es hat mit Respekt zu tun, dass man die Antifa als Quelle nennt, sofern sie das will. Ich finde es immer schade, wenn das grosse Medien nicht tun, weil man natürlich nicht offenlegen will, dass man mit der bösen, bösen Antifa zusammenarbeitet. Dabei bedeutet Antifaschismus nichts anderes als die Verteidigung demokratischer Rechte.

Fabian Eberhard:

Ich finde auch, dass Antifaschismus nicht zwingend etwas Linkes sein muss.

MEDIENWOCHE:

Wie eng arbeitest du mit der Antifa zusammen?

Fabian Eberhard:

Ich arbeite punktuell mit Antifa-Kreisen zusammen. Die Antifa Bern zum Beispiel macht saubere Recherchearbeit, zum Teil sauberer als gewisse Journalisten in der Schweiz. Natürlich wende ich dann das journalistische Einmaleins an, aber meist sind ihre Recherchen-Grundlagen differenziert. Und als Journalist stelle ich mir dann natürlich die Frage, wie ich das in die Zeitung bringe.

MEDIENWOCHE:

Sören, siehst du dich eigentlich als Aktivist oder als Journalist?

Sören Kohlhuber:

Ein deutscher Staatsschutzbeamter hat mal gesagt, ich sei Grauzone. Ich sei ein zu überwachender Linksextremist, der über einen gültigen Presseausweis verfügt. Solange ich diesen Ausweis habe, bin ich Journalist. Laut deren Logik bin ich also linksextremistischer Journalist.

MEDIENWOCHE:

Und wie bezeichnest du dich selbst?

Sören Kohlhuber:

Ich bin antifaschistischer Journalist. Journalismus betrachtet sich immer als neutral, aber Journalismus ist nicht neutral. Per Definition ist Journalismus ein Teil jener Strukturen, welche die Demokratie bewahren sollen. Zur Demokratie gehört eine antifaschistische Einstellung. Mein Journalismus hat ein bestimmtes Ziel: die Zerschlagung faschistischer Strukturen, aber in einem demokratischen Rahmen.

MEDIENWOCHE:

Bist du eigentlich Mitglied der Antifa?

Sören Kohlhuber:

Nein, bin ich nicht. Ich war Teil antifaschistischer Netzwerke. Sowohl der Staatsschutz als auch die Nazis würden sich totlachen, wenn ich das leugnen würde. Aber ich mache es auch nicht zum Thema.

MEDIENWOCHE:

Wie beeinflusst diese Vergangenheit deinen Beruf?

Sören Kohlhuber:

Ich halte mich sicher nicht immer an die Grundregeln des Journalismus, weil ich primär ein politisches Interesse verfolge. Für mich ist Journalismus ein Instrument im demokratischen Kontext. Als Journalist habe ich Möglichkeiten, welche antifaschistische Gruppen nicht haben. Wenn die Recherchematerial aufbringen, dann bleibt das normalerweise in deren Szene. Da bin ich dann ein Multiplikator, der eine breitere Öffentlichkeit schafft.

MEDIENWOCHE:

Dann bist du quasi ein eingebetteter Reporter.

Sören Kohlhuber:

Ja, ein bisschen so.

Fabian Eberhard:

Ich sehe nichts Verwerfliches daran, sich im Sinne der Wahrhaftigkeit auch in antifaschistischen Kreisen Informationen zu holen, auch wenn diese ein politisches Interesse verfolgen. Das läuft bei Recherchen in Bundesbern ja nicht anders. Oder bei NGOs – da gehen Journalisten gar mit auf Pressereise. Die Frage ist dann, wie man mit dem Material umgeht.

Sören Kohlhuber:

Ich finde das auch nicht problematisch. Die Frage ist doch: Was ist mein Ziel als Journalist? Und das ist halt aufdecken und skandalisieren und da muss ich schauen, welche Mittel stehen mir zur Verfügung. Wenn die Behörden mauern, dann habe ich nicht viele Möglichkeiten. Da kann ich alles selber mühselig herbeiziehen, nur weil ich versuchen will, nicht mit der bösen Antifa zusammenzuarbeiten. Ich gehe auch zu Polizeikräften, die ich kenne und frage, was da läuft und kriege so meine Informationen.

Fabian Eberhard:

Ich mache das auch auf allen Seiten.

Sören Kohlhuber:

Moment! Ich würde nicht, wie du es machst, zu Nazis gehen, um eine Stellungnahme abzuholen. Ich will ihnen keine Plattform bieten. An einer Stelle habe ich das gemacht im einen Buch. Damit wäre meine journalistische Sorgfaltspflicht für die nächsten zehn Jahre erfüllt. Sie sollen sich nicht in die Opferrolle begeben können und das würden sie machen, wenn ich sie mit meiner Recherche konfrontiere. Wer Neonazi ist, wer für die Ideologie arbeitet, wer für die Strukturen arbeitet, der weiss, warum er das tut, den muss ich nicht mehr fragen, wieso er das tut. Die Wahrscheinlichkeit ist zudem relativ klein, dass ich etwas erfahren würde, wenn ich mich als Sören melde und mal nachfrage, was in der Szene gerade so läuft. Da würde ziemlich schnell aufgelegt.

MEDIENWOCHE:

Dass du mit eigenwilligen journalistischen Standards arbeitest, sah man vor einem Jahr. An einer linken Demo gegen den G20-Gipfel in Hamburg hast du in mehreren Tweets eine Gruppe mutmasslicher Rechtsextremer geoutet. Man lastete dir das als Aufruf zur Gewalt an, weil die Gruppe bedrängt und einzelne davon auch verletzt wurden. Eine klare Grenzüberschreitung.

Sören Kohlhuber:

Ich habe tatsächlich die Grenze vom Journalisten zum Aktivisten überschritten. Aber ich kann bis heute hinter diesen Tweets stehen. Ich habe nicht zu Hetze aufgerufen, wie mir vorgeworfen wurde, ich habe nicht gesagt, dass es Neonazis sind, sondern lediglich geschrieben, dass da eine Person mit einem T-Shirt der Identitären rumläuft und um sie herum Leute mit Kameras stehen.

MEDIENWOCHE:

Wieso hast du das gemacht?

Sören Kohlhuber:

Aufgrund der Geschichte der Anti-Antifa-Aktivitäten in Deutschland sind potenzielle Rechte mit Kameras auf linken Demos ein Problem, weil dann einfach mal Neonazis deine Wohnung stürmen und dein Auto brennt. Das ist Kollegen passiert; das ist Freunden passiert.

MEDIENWOCHE:

Aber du hast erst hinterher recherchiert, wen du auf Twitter an den Pranger gestellt hast.

Sören Kohlhuber:

Genau, ich wusste nicht, wer da vor mir steht. Ich habe nur das Identitären-T-Shirt gesehen. Anders machen würde ich es das nächste Mal trotzdem nicht.

MEDIENWOCHE:

Es lässt sich aber nicht leugnen, dass die Gruppe aufgrund deiner Tweets breiter identifiziert wurde und linke Demonstranten gegen sie Gewalt ausübten.

Sören Kohlhuber:

Seien wir realistisch: Die Angriffe, die da stattgefunden haben, waren harmlos. Die Kniewunde, die der eine davonzog, holte er beim Stolpern. Trotzdem haben sie daraus ein Riesenbrimborium gemacht. Es hiess, ich hätte zu einer Hetzjagd aufgerufen; es hiess, ich hätte zu Mord aufgerufen. Was ich selbst daraufhin an Mordaufrufen erhalten habe, an E-Mails, wo mir beschrieben wurde, wie ich umgebracht werde, hat keinen interessiert. Aber sie konnten sich als Opfer inszenieren. Das einzige Problem an meinen Tweets war das, was die Rechten daraus machen konnten.

MEDIENWOCHE:

Fabian, wie kamst du eigentlich zum Dossier Rechtsextremismus?

Fabian Eberhard:

Ich bin da reingerutscht. Es gab einen Schlüsselmoment vor sieben Jahren bei der «Sonntagszeitung». Damals war ich Volontär und habe recherchiert, als der NSU aufgeflogen ist und der Anschlag von Breivik stattfand. Aus Interesse am Thema bin ich drangeblieben. Weil es wichtig ist, selbst wenn der klassische Rechtsextremismus in der Schweiz vielleicht weniger virulent ist als in Deutschland. Das Dossier ist ein kleiner, aber kontinuierlicher Teil meiner Arbeit.  Ich recherchiere ja aber eigentlich viel mehr zu anderen Themen. Wenn man sich etwa das letzte Jahr anschaut, habe ich deutlich häufiger über die Türkei, Katalonien oder Islamismus geschrieben. Aber immer, wenn ich was über Rechtsextremismus mache, kommen diese Fragen: Aktivist oder Journalist? Das zeigt, dass Rechtsextremismus politisch noch immer sehr aufgeladen ist. Dabei ist Kritik am Rechtsextremismus ja wohl keine Frage der eigenen politischen Positionierung, sondern mehr eine Frage des gesunden Menschenverstands. Als Journalist will ich Licht ins Dunkel bringen.

MEDIENWOCHE:

Wie stark unterstützen dich die Redaktionen von «Sonntagszeitung» und jetzt Sonntagsblick, dass du an dem Thema dranbleiben kannst?

Fabian Eberhard:

Immer sehr stark. NSU und Breivik waren sowieso Themen, die auf die Titelseite gehörten. Wenn das Thema eine Weile lang nicht so dominant ist, ist die Schwelle etwas höher. Aber ich bin in beiden Redaktionen auf ein Umfeld gestossen, das mich diesbezüglich immer unterstützt hat.

MEDIENWOCHE:

Aber Drohungen gehören für euch beide zur Kehrseite des Berufs?

Sören Kohlhuber:

Das habe ich mir nun mal so ausgesucht. Selbst Sportjournalisten werden angefeindet, wenn sie mal schlecht über einen Verein schreiben. Ich würde mich auch nicht beklagen, wenn mich Neonazis körperlich angehen. Das gehört zu ihrer Ideologie, Journalisten mundtot zu machen.

MEDIENWOCHE:

Und Fabian, wie wirst du bedroht?

Fabian Eberhard:

Die übleren Drohungen kommen von den Neonazis, aber zahlenmässig sind es mehr von Erdogan-Fans, wie auch von spanischen Nationalisten, wenn ich über die Katalonien-Krise schreibe. Meine Artikel wurden zum Teil übersetzt und dann auch entsprechend rumgereicht. Da kommt dann schon sehr viel rein. Todesdrohungen kommen aber vor allem von Neonazis.

MEDIENWOCHE:

Wie gehst du damit um?

Fabian Eberhard:

Die schlimmen Drohungen veröffentliche ich. Einen Teil zeige ich an. Aber ich kläre zuerst immer die Hintergründe ab. Was sind das für Leute, die da drohen? Sind die gewalttätig, sind sie international vernetzt? Wie tief sind die in den Strukturen drin? Aber ich zeige nicht jedes E-Mail oder jede Facebook-Nachricht an. Wenn es gegen die Familie geht, dann ist zum Beispiel eine Grenze überschritten.

MEDIENWOCHE:

Nach den Vorkommnissen um G20 hast du, Sören, auf deinem Blog ein halbes Jahr lang nichts veröffentlicht. Haben dich die Rechten zum Schweigen gebracht?

Sören Kohlhuber:

Nein, ich hatte einfach keine Zeit. Aber ich habe mich nicht einschüchtern lassen. Eine Woche nach G20 weihten die Identitären in Halle einen Treffpunkt ein, da bin ich extra hingefahren, um zu zeigen, dass trotz Morddrohungen immer mit mir zu rechnen ist. Die Szene soll nicht denken, sie habe Punkte gemacht. Die Pause auf dem Blog hängt mit der Arbeit fürs neue Buch und meinem Vortragskalender zusammen. Seit zwei Jahren habe ich 105 Lesungen und 30 Vorträge gehalten.

MEDIENWOCHE:

Ist das ein gutes Geschäft?

Sören Kohlhuber:

Da es eine Herzensangelegenheit ist und da ich nicht gern in grosse Städte fahre, sondern vor allem aus meiner grossen Heimatstadt in die Provinz, ist es meistens ein Nullsummenspiel.

MEDIENWOCHE:

Wieso schreibst du Bücher, wenn es sich wirtschaftlich nicht lohnt?

Sören Kohlhuber:

Viele schaffen es nicht, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Deswegen wollte ich aufbereiten, wie es um die Neonazis in Deutschland steht. Das erste Buch trägt auch den griffigen Titel: «Deutschland, deine Nazis». Da wollte ich aufzeigen, welche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland und zwischen Stadt und Land bestehen. Bei den Lesungen freuen sich viele, weil ich eine andere Perspektive vermittle als ihre eigene.

MEDIENWOCHE:

Weshalb ist Journalismus zu Rechtsextremismus und Neonazis Männersache? Kennst du Frauen, die das Gleiche tun wie du?

Sören Kohlhuber:

Ja. Aber es sind nur wenige. In einer Konfliktsituation während Aufmärschen möchte ich keine Frau sein. Mich beleidigen sie nur, weil ich fett bin. Darüber machen die Nazis Witze, aber das prallt ab. Wenn ich die Vergewaltigungsfantasien plus Mordfantasien sehe, die Kolleginnen oder auch Aktivistinnen bekommen, bin ich jedes Mal schockiert. Ich kriege nur Mordfantasien. Mir hat noch kein Nazi geschrieben, er werde mich erst rektal penetrieren und dann töten. Bei Frauen sind die Reaktionen der Neonazis noch viel grausamer. Darum habe ich grossen Respekt vor den Frauen, die das tun. Aber ich kann jede verstehen, die es nicht macht.

Das Gespräch führten Benjamin von Wyl und Nick Lüthi am 24. April in Olten.

Leserbeiträge

Ben B. (Deutschland) 27. Mai 2018, 11:22

Dieser Beitrag zeigt das ganze Dilemma des (deutschen) Journalismus.
Wenn man z.B Leuten wie Kohlhuber, die noch vor dreißig Jahren in Deutschland als Linksextremisten verhaftet worden wären, ein Podium gibt.
Seine gefühlte Wahrnehmung von angeblichem Rechtsradikalismus in Deutschland spricht den tatsächlichen Zuständen, in denen Linksextreme in Deutschland auf alles einprügeln, was nicht linksextrem genug ist, Hohn.

Die Lebenswirklichkeit von Deutschen wird dagegen durch verzerrte Berichterstattung linksgebürsteter Journalisten, die den 68er Brutstätten der Journalistenschulen entstammen und schon aus Altersgründen noch nie einen leibhaftigen Nazi gesehen haben, verhöhnt.
Und auch von den unzähligen organisierten „Gegendemos“, falls sich das deutsche Volk wieder einmal erdreistet, für oder gegen etwas auf die Straße zu gehen, was der großen sozialistischen Linie widerspricht.
Einschließlich der bewußten Einschüchterung, Sachbeschädigung und Körperverletzung mit Tötungsabsicht durch Antifa-Schlägertruppen.

Meinen letzten richtigen Neonazi (und nicht nur deutschen Meinungsabweichler) habe ich übrigens vor 16 Jahren bei uns hinter mir stehend am Aldi-Kassenband gesehen.
Typen wie Kohlhuber wieseln hier aber zu Tausenden durchs Land.
Ganz extrem an den Universitätsstädten, wo sie ein Biotop bilden, das sich selbst durch Eigenbrütung in einer linken Blase vergrößert, aber, welch Hohn, vom „rechten“ Proletariat munter finanzieren läßt.

Menschen wie Sören Kohlhuber sind darum keinesfalls Indikatoren in Form eines Berichterstatters einer politischen Situation in Deutschland, sondern aktive Initiatoren, die genau diese Zustände erst herstellen.
Ihnen fehlt nicht nur die Distanz zum Thema, sondern auch der Wille, gute Arbeit abzuliefern.
Stattdessen missionarischer Eifer ein selbstverstärkendes irrationales Weltbild zu bekämpfen. Anhand Personen, die er und seinesgleichen als Feinde ausgemacht haben.
Die Parallelen zum lokalen Journalismus des dritten Reiches sind da frappierend.

http://fatalistblog.arbeitskreis-n.su/2017/07/13/soeren-kohlhuber-ist-ein-pseudonym-der-linksfaschist-heisst-christoph-froehlich/

https://www.youtube.com/watch?v=LdECMXbNRyA

https://saskia-ludwig.de/2017/07/10/pnn-arbeitet-mit-linksextremistischem-journalisten-soeren-kohlhuber-zusammen/