von Nick Lüthi

Kein Kurswechsel beim SRF-Journalismus

Ein Interview mit der designierten SRF-Direktorin wirft Wellen: Man müsse keinen Meinungsjournalismus machen, sagte Nathalie Wappler. Die Aussage wird weit herum als Ankündigung eines Kurswechsels verstanden. Doch SRF-intern heisst es: «An unseren bisherigen Grundsätzen ändert sich nichts.»

Ihr Gespräch mit der NZZ am Sonntag zieht weiter seine Kreise, inzwischen über die Landesgrenzen hinaus. So berichtete am Dienstag etwa die Frankfurter Allgemeine über die vermeintlich brisanten Aussagen der künftigen Direktorin von Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Der Schweizer Korrespondent eröffnet seinen Artikel mit dem Zitat, das massgeblich für Aufsehen und Aufregung sorgt: «Wir müssen keinen Meinungsjournalismus machen.» So laute das Versprechen von Nathalie Wappler als designierte Rundfunkchefin.

Während Kritiker der SRG die Botschaft wohlwollend aufnahmen und darin einen Kurswechsel hin zu einem stärker faktenorientierten Journalismus sehen, zeigen sich Unterstützerinnen und Sympathisanten eines medialen Service public von der nächsten SRF-Chefin «erschüttert» und «irritiert» und befürchten ein publizistisches Eunuchentum bei Schweizer Radio und Fernsehen.

Wie sich nun zeigt, sind beide Reaktionen überzogen und werden der Haltung Wapplers nicht gerecht. Zwar will sie sich bis zu ihrem Stellenantritt im kommenden Frühjahr nicht mehr öffentlich äussern, Klarheit schafft aber eine interne Notiz.

Nach den Aussagen ihrer künftigen Chefin zeigten sich verschiedene Redaktionsleiterinnen und Redaktionsleiter von SRF verunsichert und wandten sich an die direkten Vorgesetzten. Radiochefredaktorin Lis Borner reagierte und hält zuhanden ihrer Untergebenen schriftlich fest, dass die Äusserungen Wapplers nicht als Ankündigung eines publizistischen Kurswechsels zu verstehen seien. «An unseren bisherigen Grundsätzen ändert sich nichts», schreibt Borner in der Notiz, die der MEDIENWOCHE vorliegt. Das sei das Ergebnis eines klärenden Gesprächs mit Nathalie Wappler. «Wir sollen und werden auch künftig nicht nur abbilden, sondern auch einordnen, gewichten und Hintergrund liefern», so die SRF-Radiochefredaktorin weiter. Damit bekräftig Borner eine Aussage, die Wappler im Interview mit der NZZ am Sonntag auch gemacht hat. Sie sagte: «Deshalb wird es für uns immer wichtiger, zu erklären, warum es Journalisten braucht, die auswählen und gewichten.»

Zum Meinungsjournalismus hält Borner fest, dass dieser bereits bisher nicht erwünscht war und es auch weiterhin nicht sei. In der Gerafftheit eines transkribierten und redigierten Gesprächs konnte die Aussage Wapplers als Kurswechsel (miss)verstanden werden. Ihr Anliegen, so wird es in er internen Notiz weiter festgehalten, war es aber viel mehr, an journalistische Tugenden zu erinnern, wie sie schon heute in der Programmcharta und den publizistischen Leitlinien von SRF festgeschrieben sind: Von der sachgerechten Darstellung aller relevanten Fakten über die unvoreingenommene journalistische Haltung, bis zur Verpflichtung, unabhängig von persönlichen Werthaltungen und Neigungen zu entscheiden.

Der Wirbel um Wapplers Aussagen zeigt einmal mehr, wie stark die SRG heute im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht und wie jedes einzelne Wort sofort in die eine oder andere Richtung interpretiert wird im Sinne der jeweiligen politischen Präferenz. Ein vom Publikum finanzierter Service public muss Beobachtung und Kritik aus allen Richtungen aushalten. Je deutlicher und unmissverständlicher seine Signale sind, desto besser gelingt der Dialog mit der kritischen Öffentlichkeit.

Leserbeiträge

Lahor Jakrlin 14. November 2018, 09:03

Doch, hier kündigt sich ganz klar ein Wandel zum faktenorientierten Journalismus an.

Wieso sind denn SRF-MA „verunsichert“, ist es nicht schon heute ihre Pflicht, faktenorientiert zu berichten?

Natürlich nicht. Wer soetwas behauptet, dem steigt Schamesröte ins Gesicht. Die Speerspitze à la A. Honegger oder die Selektionskriterien beim Echo sind täglicher Beweis, dass persönliche Werthaltungen aus der SP-Mottenkiste und damit Manipulation vorherrschen.  So weit, so klar.

Interessanter im Bericht ist aber der Misstritt von Lis Borner, wenn sie zwar die Aussagen ihrer zukünftigen Chefin korrigiert (das wäre ja wohl Aufgabe von Frau Wappler), dann aber sagt (Zitat): « … an journalistische Tugenden zu erinnern…:V on der sachgerechten Darstellung aller relevanten Fakten über die unvoreingenommene journalistische Haltung, bis zur Verpflichtung, unabhängig von persönlichen Werthaltungen und Neigungen zu entscheiden.»

Dem ist nichts hinzuzufügen. Honegger & Co. werden ihre persönlichen Werthaltungen und Neigungen zurückhalten müssen. Eine wohltuende Entwicklung.

Ueli Custer 14. November 2018, 09:21

Langsam wirds peinlich. Offenbar hast du das Nein zu No Billag immer noch nicht verdaut.

Lahor Jakrlin 18. November 2018, 23:17

Ueli Custer, bitte Argumente statt persönliche Angriffe.

Die Renitenz von Borner, Brenn & Co. rührt von der Tatsache her, dass sich die Super-GAV-verwöhnten SRF-Beamten nicht vorstellen können, dass eine Demokratisierung (politische Vielfalt statt linker Einheitsbrei) Leutschenbachs überhaupt möglich ist.

Wir erleben nun einen echten Medien-Krimi: Wird sich Wapplers Intelligenz durchsetzen, oder wird sie von der Roten Kapelle noch vor Antritt zermürbt?

Spannend.

Ueli Custer 19. November 2018, 07:40

Da im Moment noch völlig unklar ist, ob die Aussage von Frau Wappler wirklich zu einer Veränderung führt, heisst meine Devise: Abwarten was passiert und dann kritisieren, wenn wirklich etwas passiert – auf die eine oder andere Seite. Die Erwartungen sind nämlich auch hier ziemlich genau entgegengesetzt. Ich lese Stimmen, die mit der angekündigten Veränderung bereits den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören.

Hubert Bucher 18. November 2018, 05:28

Schade! Der öffentliche Rundfunk (Radio und Fernsehen der SRG) soll nicht mit Gebühren Politik machen. Hoffentlich setzt sich die neue Direktoren dann durch, wenn sie mal im Amt ist.