Twitter-Rekord vor «No Billag»-Abstimmung
Die Zahlen sind rekordverdächtig: Seit dem 1. September 2017, also ein halbes Jahr vor der «No Billag»-Abstimmung, wurden über 60’000 Tweets abgesetzt zum Thema. Vor der Bundesratswahl 2015 waren es gerade einmal 2300. Die Politologen Thomas Lo Russo und Thomas Willi haben die Kurzmitteilungen analysiert und versucht herauszufinden, ob Gegner oder Befürworter die Nase vorne haben. In der Gesamtschau zeigt sich, dass am Anfang die Gegner der Gebührenabschaffung die Kommunikation auf Twitter stark dominierten. Unterdessen haben die Befürworter aber aufgeholt. Was den Ton der Diskussion angeht, setze die Diskussion um «No Billag» «in punkto Intensität und Gehässigkeit gerade neue Massstäbe», schreiben die Autoren.
Fernsehen raus aus Facebook?
Offenbar erwägt der österreichische Rundfunk ORF, seine Inhalte nicht mehr länger auf Facebook bereitzustellen. Im Handelsblatt zitiert Hans-Peter Siebenhaar entsprechende Aussagen des ORF-Online-Chefs Thomas Prantner: «Warum sollen wir mit unseren Inhalten dafür sorgen, damit ein börsennotierter Konzern aus dem Silicon Valley seine Werbeeinnahmen steigern kann?» Sollte es dazu kommen, dass sich Fernsehprogramme mit eigenen Angeboten aus Facebook zurückziehen, dürfte das für den blauen Riesen kein allzu grosses Problem darstellen, produziert doch das Unternehmen in den USA bereits eigene audiovisuelle Inhalte und könnte so auch in Europe locker kompensieren, was ihnen beim Rückzug des Fernsehen verloren gehen könnte.
Journalismus: Erst das Erklärstück öffnet den Zugang zu den News
Manchmal lohnt es sich, ein paar Jahre zurückzublicken, auch nur um festzustellen, wie wenig sich doch eigentlich getan hat. Vor zehn Jahren schilderte der Journalist und Medienprofessor Jay Rosen in seinem Blog, wie er damals das epische Erklärstück «The Giant Pool of Money» zur Immobillienkrise, die sich zu einer globalen Finanzkrise ausweitete, rezipiert hatte. Rosen beschreibt, wie er sich nach diesem stündigen Radio/Podcast-Stück für das Thema zu interessieren begann und fortan auch News zur Immobilienkrise las, weil er nun verstand, worum es geht. Seine Erkenntnis: Es gibt Themen, wo man zuerst das ganze Bild gesehen haben muss, damit man auch die einzelnen Elemente davon versteht. Für den Journalismus hiesse dies, frühzeitig Erklärstücke zu publizieren und so mehr Publikum für die nachfolgenden News zu gewinnen. Viel ist davon auch zehn Jahre nach dem Aha-Erlebnis von Jay Rosen noch nicht zu sehen.
In Deutschland wird die Sprache des 3. Reichs wieder salonfähig
Es gehört zur Strategie der AfD, die Grenzen des Sagbaren nach rechts zu verschieben. Eine Terminologie, wie sie aus dem Sprachgebrauch des Faschismus bekannt ist, soll wieder salonfähig werden, etwa wenn der politische Gegner als «krank im Geist und Geschlecht» oder Flüchtlinge als «Schmarotzer und Parasiten» bezeichnet werden. Dabei trügen auch die Medien eine Verantwortung, schreibt Anatol Stefanowitsch in der Jüdischen Allgemeinen: «Ganz egal, ob sie diese Aussagen wertfrei wiedergeben oder sie verurteilen, sie vervielfältigen durch ihre Berichterstattung die monströse Sprache der Menschenfeinde und tragen damit zur Verschiebung der sprachlichen Normalität bei.»