Die Lebensversicherung einer Lokalzeitung
Sie berichten vom unterklassigen Fussballspiel und vom Konzert der Musikgesellschaft, sie tun das für wenig Geld und mit viel Leidenschaft. Freie Mitarbeiter sind für Lokalzeitungen Gold wert. Das Mindener Tageblatt windet ihnen nun ein Kränzchen, betont, wie ohne sie eine breite Berichterstattung über das lokale Leben gar nicht möglich wäre. «Von alt bis jung, vom Experten bis zum Allrounder, vom Akademiker bis zum Arbeiter. Unsere Schreiber müssen genauso vielfältig sein wie unsere Leser», schreibt Lokalredaktorin Nadine Conti.
Nachrichten allein sind kein Service public
Die Frage stelle sich gar nicht, ob Unterhaltung und Fiktion zum Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu zählen habe. Drehbuchautor Stefan Stuckmann plädiert in der taz für einen weiten Service-public-Begriff, der nicht nur non-fiktionale Formate umfasst. Unterhaltung von Information trennscharf abgrenzen zu wollen, sei widersinnig. Stuckmann nennt zahlreiche TV-Serien der letzten Jahre, denen er einen stärkeren gesellschaftspolitischen Einfluss zuschreibt als klassischen journalistischem Formaten. In den USA könnten Private solche Sendungen produzieren aufgrund eines globalen Markts. In Deutschland dagegen sei kostspielige Serienproduktion nur mit öffentlichen Mitteln möglich – was auf den noch viel kleineren Schweizer Markt bezogen hiesse, dass hierzulande anspruchsvolle fiktionale Produktion erst recht nur subventioniert möglich ist.
Die Russen haben Facebook nicht «manipuliert»
Geht es um die Einmischung Russlands in die US-Politik, ist schnell die Rede davon, wie Russland Social-Media-Plattformen für seine Propaganda «missbrauche». Joshua A. Geltzer, Rechtsprofessor an der Georgetown Universität, wehrt sich gegen diese irreführende Beschreibung. Russische Kreise hätten Facebook und Twitter genau so genutzt, wie die Unternehmen das vorsehen. Also nicht «missbraucht», sondern einfach gebraucht, wie wir das alle tun. Was auch heisst: Die Plattformen können nicht einfach irgendwelche Hintertüren schliessen, die missbräuchlich genutzt wurden, wenn sie solche Aktivitäten unterbinden möchten, sondern müssten zentrale Funktionen abschalten. Auswege? Transparenz über die Algorithmen und ein aktiveres Eingreifen von Facebook & Co. gegen offensichtliche Missbräuche und Verstösse gegen die Hausregeln.
Im Stahlgezwitscher
Die beiden Autoren Jörg Scheller und Wolfang Ullrich versuchen sich an einem «noch nicht etablierten Genre». Sie rezensieren den Twitter-Account des Medientheoretikers und Philosophen Norbert Bolz. Das erweist sich als sehr ergiebiges Unterfangen. Denn Bolz, der seit sechs Jahren unter dem Motto «Die Wahrheit in einem Satz» twittert, durchlief in dieser Zeit einen politischen Gesinnungswandel, der sich anhand seiner Tweets sehr schön dokumentieren lässt; es ist eine Radikalisierung, die sich nach dem «Flüchtlingsjahr» 2015 abzuzeichnen begann. Zwar finden sich auch heute noch die für Bolz typischen kalenderspruchartigen Sentenzen, wie etwa «Kunst täuscht, ohne zu betrügen». Aber auf den grössten Zuspruch stossen klar seine Äusserungen gegen Merkel, Flüchtlinge und Political Correctness. Bolz hat bei AfD & Co. eine neue Fangemeinde gefunden.
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