«Manche Medien schreiben einfach irgendwas»
Im Frühling wurde Luca Hänni durch die Casting-Show «Deutschland sucht den Superstar» zum Teenie-Idol. Inzwischen ist er nicht nur volljährig geworden, sondern auch mediengewandter. Ihm ist klar, dass er die Medien genau so sehr braucht, wie sie ihn.
Wir treffen uns bei Luca Hänni Zuhause in Uetendorf bei Thun. Dort wohnt er bei seiner Mutter. Man duzt sich – wie es «im Musikbusiness» üblich ist. Manager Frank Wiedermann ist dabei, weshalb wir Hochdeutsch sprechen, Luca Hänni mittlerweile fast akzentfrei und mit Floskeln durchsetzt. Es ist ein ungewohntes Thema für den Teenie-Star, der gelernt hat, seine Musik zu vermarkten. Der Manager hört dem Gespräch zu und ergänzt es mit markigen Aussagen. Angesichts der Zielgruppe erklärt er sich bereit, sich zitieren zu lassen – jedoch ohne diejenigen Medien zu benennen, die nicht gut wegkommen.
MEDIENWOCHE: Seit Frühling diesen Jahres bist du ein «Superstar» – und damit ein Medienstar. Welche Interview-Frage wurde dir schon so oft gestellt, dass du sie eigentlich nicht mehr beantworten magst?
Luca Hänni: Wenn man berühmt wird, können sich die Leute denken, dass man ein bisschen mehr verdient als vorher. Ganz oft wird mir die Frage gestellt, was mit dem Geld passiert: Ist alles schon weg, hast du alles verspielt oder was hast du dir damit alles geleistet – meist teure Sachen. Klar interessiert das die Leute, aber die Frage kam mittlerweile einfach zu oft.
Gibst du gerne Interviews?
Ja. Ich mag es, wenn ich auf Google gehen und etwas Neues über mich lesen kann. Bei Zeitungen kann man einfach drauflosquatschen und dann gespannt sein, was genau dabei rauskommt. Cool ist, dass man es aber auch steuern kann und dann da Dinge stehen, die ich selber gesagt habe.
…weil sonst die Journalisten einfach schreiben, was sie sich selber ausgedacht haben?
Das passiert natürlich oft, aber das ist wohl Journalisten-Freiheit. Es wird viel spekuliert und auch viel Unsinn geschrieben. Das ist aber bei jedem Künstler so und völlig normal. Es bringt nichts, wenn man sich aufregt, wenn etwas steht, was man nicht genau so gesagt hat.
Durch die Castingshow DSDS bist du über Nacht zum Star geworden. Wie hast du den plötzlichen Medienrummel verdaut?
Das war schon krass. Die ersten zwei Tage hatte ich durchgehend Telefoninterviews! Das war auch anstrengend. Jeder Anruf dauerte zwei Minuten, man sagte schnell: Alles ist gut, ich freue mich und tschüss, und dann kam schon der nächste. Jetzt kann man das etwas besser koordinieren. Interviews zu geben, muss man auch erst lernen, gerade vor der Kamera. Noch vor einem Jahr war ich immer ganz aufgeregt, habe gestottert und wusste nicht, was ich sagen soll. Jetzt geht das alles fliessender. Man lernt halt immer dazu.
Was zum Beispiel?
Ich als Schweizer musste aufpassen, dass ich in der Aufregung nicht zu schnell spreche und mich dann verhasple. Dass ich keinen Zusammenhang nenne, den man auch falsch verstehen kann. Die Zeitungen nutzen das aus und machen eine Schlagzeile daraus. Gut ist, wenn man etwas gezielt promoten will. So ist man fokussierter. Sonst schweift man leicht ab, und dann schreiben die Medien natürlich irgendwas.
Wie sieht dein «Medienfahrplan» diese Woche aus?
Wir waren bis vor kurzem auf Tournee, da kommen nachmittags jeweils die lokalen Zeitungen vorbei. Gestern hatte Daniele (der Zweitplatzierte derselben Casting-Show, Anm. der Red.) in Zürich ein Konzert an einer Award-Night, und ich habe Gold und Platin für mein Album in der Schweiz gekriegt. Da haben wir schon am Nachmittag noch etwas gedreht mit RTL. (Luca Hänni überlegt, Manager Frank Wiedermann hilft nach.) Morgen ist Weltpremiere des Musicals Pirates of the Caribbean, ich bin als Zuschauer eingeladen und werde den Medien gegenübertreten. Am Sonntag sind wir in Winterthur bei Radio Top… Und gleich kommt die «Bravo» hier vorbei, die machen ein paar Fotos und zeigen mein Zuhause.
In der Öffentlichkeit bist du der Teenager-Superstar, wie er im Bilderbuch steht. Werden die Medien dir damit als Person gerecht?
Ich glaube, die Medien geben ganz gut wieder, wie ich bin. Ich hab denen ja auch gesagt, wie ich bin. (lacht) Klar läuft vieles in diese Teenie-Schiene rein. Aber das bin ich ja auch. Von daher bin ich voll zufrieden.
Was selten zur Sprache kommt: Du hattest dir auch selber Instrumente beigebracht, bevor du dich in die Obhut von DSDS begeben hast.
Ja, ich spiele Schlagzeug, Klavier und Gitarre. Irgendeine Zeitung hat mal geschrieben: Der kann nur singen und sonst nichts. Wenn man so etwas liest, denkt man schon, das hätte man besser recherchieren können. Das fand ich schon krass.
Was geht dir durch den Kopf, wenn dich die Medien als «Schnügel» bezeichnen?
Das finde ich eigentlich eher schmeichelhaft. Ich sehe das positiv.
In den deutschen Medien bist du immer auch der «Schweizer». Ist das ein Vor- oder ein Nachteil?
Die finden es immer süss, wenn ich Schweizerdeutsch spreche. Manchmal singe ich einen halben Song auf Schweizerdeutsch, das kommt schon sehr gut an.
Dein Dasein als Castingshow-Sieger hast du den Medien zu verdanken. Bist du ein Medienprodukt?
(zögert) Ich bin gemacht von einer Show. Gilt das auch als Medium? Es hat mich natürlich schon vorher gegeben als Musiker, einfach in einem kleineren Rahmen. Aber klar, wenn mich die Medien nicht unterstützt und gepusht hätten, wäre ich nicht zum Star geworden. Das kann man wohl so sagen.
Du bist jung. Fühlst du dich von den Journalisten ernst genommen?
Es gibt beides. Die meisten sind respektvoll. Ich merke einen Unterschied zwischen Radios und Zeitungen. Beim Radio kommt es sehr darauf an, ob der Moderator einen mag oder nicht. Moderatoren sind oft kritischer als Zeitungsjournalisten.
Hast du schon schlechte Erfahrungen mit Medien gemacht?
(Luca Hänni schaut seinen Manager an, beide lachen.) Luca Hänni: Gerade jetzt geht die Gerüchteküche ab, es heisst, Luca trennt sich von Bohlen. Es ist ein neues Album in Planung, aber mit welchem Produzent das im nächsten Jahr herauskommt, ist noch offen. Und dann steht plötzlich überall etwas, was nie gesagt worden ist.
Frank Wiedermann: Luca wurde nicht nur falsch zitiert, sondern es wurde etwas hineininterpretiert. Das ist natürlich schlecht. Jetzt gehen alle Medien drauf und verbreiten es weiter. Gerade die Boulevard-Zeitschriften suchen immer eine Story. Da geht es weder um die Musik noch um den Menschen, sondern nur um die Sensation. Und wenn die nichts haben, schreiben sie eben selber etwas. Es gibt verschiedene Medien, die so ihre Schlagzeilen machen – und das auf Kosten des Künstlers.
Welche Konsequenzen zieht ihr daraus?
Luca Hänni: Man kann nicht einfach abwarten, was passiert, man muss es klarstellen. Das haben wir gestern auf RTL gleich gemacht. Ich mag es nicht, wenn ein Gerücht umgeht.
Und Konsequenzen gegenüber der Zeitung oder dem Journalisten?
Frank Wiedermann: Was will man schon machen. Wir werden sehen, wie wir damit umgehen. Es gibt in der Schweiz eine Journalistin, die wird kein Interview mit Luca mehr machen. Sie hatte ein Interview geführt und fand das wohl total langweilig, weil nichts Neues dabei herauskam. Sie wollte im Privatleben bohren. Am Ende hat sie mich zitiert mit der Erklärung, warum man nichts über das Privatleben sagt. Luca wurde zur Nebensache, und das geht natürlich nicht. Wir hatten schon davor negative Erfahrungen mit ihr gemacht, aber das war der Gipfel.
Lest ihr Interviews denn nicht gegen?
Frank Wiedermann: Im Normalfall lesen wir Interviews gemeinsam durch. Es gibt natürlich tagesaktuelle Boulevardmedien, wo ein Gegenlesen alleine wegen dem Zeitdruck schwierig ist. Oft wird es vom Journalisten aber einfach nicht geschickt. Bei anderen Zeitungen kriegt man die Interviews ganz selbstverständlich zum Gegenlesen. In der Regel geben wir die okay, wir haben ja nichts zu verbergen. Aber wenn jemand wirklich etwas völlig anderes schreibt oder eine Aussage in einem anderen Kontext verwendet, dann muss man das ändern.
Was macht ihr sonst für Erfahrungen mit Boulevard-Medien?
Frank Wiedermann: Boulevard-Medien versuchen oft Tricks anzuwenden, um Sachen rauszukriegen, die es gar nicht gibt. Die wollen für sich eine Geschichte bauen. Wir hatten mal ein Angebot, Luca mit seiner Freundin nach Mauritius in den Badeurlaub zu schicken – bezahlt. Einzige Bedingung: ein Fotograf ist dabei. Das fanden wir toll, nur hatte die Freundin von Luca keine Zeit und ich wäre stattdessen mitgeflogen. Das wollten sie natürlich nicht mehr bezahlen, weil sie nur auf die Exklusiv-Bilder aus waren.
Gibt es umgekehrt auch Medien, die du mittlerweile kennst und denen du vertraust?
Luca Hänni: Es gibt sie schon, die Medien, zu denen man einen sehr guten Draht hat. Aber Medien bleiben Medien. Ich glaube, man kann sollte ihnen nie so richtig vertrauen. Klar, es ist ein Geben und ein Nehmen, beide Seiten wollen immer nur das Beste. Aber das Beste für eine Zeitung ist manchmal auch etwas, was nicht stimmt. Darum halte ich eine gewisse Distanz.
Frank Wiedermann: Die Leute von der Jugendzeitschrift «Bravo», die gleich hier vorbeikommen, kennen wir seit Jahren. Sonst würden wir die nicht nach Hause einladen, das ist doch sehr privat und intim. Bei ihnen können wir uns sicher sein, dass sie die Dinge so schreiben, wie sie gemeint sind – natürlich in ihrer jugendlichen Sprache.
Dein Management nimmt eine wichtige Rolle ein. Gilt das auch für den Umgang mit Medien?
Auf jeden Fall. Die Anfragen gehen ja nicht an den Künstler selber. Das Management checkt ab, worum es genau geht – zu meiner Sicherheit und damit ich mich wohl fühle. Das steht dann auf meinem Plan und ich kann mich darauf einstellen.
Besprecht ihr Gespräche vor?
Luca Hänni: Das ist schon wichtig. Ich fühle mich wohler, wenn ich weiss, worum es geht.
Frank Wiedermann: Wobei Luca sehr frei ist. Wir sagen ihm nicht, was er sagen soll und was nicht. Im Gegenteil. Es geht mehr um Themen wie die anstehende Tour, das Album oder ein Produkt, das man durch die Medien promoten will. Wir, das Management, sind aber nur seine Beraterfirma. Die Entscheidung liegt einzig und alleine beim Künstler, ob er unsere Beratung annimmt. Es ist schliesslich sein Gesicht, das dann im Fernsehen oder in der Zeitung ist.
Hast du mal ein Medientraining erhalten?
Luca Hänni: Ich habe bei DSDS schon gewisse Erfahrungen gesammelt. Ein richtiges Medientraining hatte ich aber noch nie. Das würde mich sehr interessieren, davon habe ich schon viel gehört. Was man alles mit Medien machen kann, klingt cool. Gerade beim Sprechen: wie man Wörter betont oder eben nicht, damit man nicht falsch verstanden wird.
Welche Tipps hat dir dein Management dazu gegeben?
Mich selber sein, entspannt und locker bleiben – das ist das Wichtigste. Und wenn mir Fragen gestellt werden, auf die ich keine Antwort weiss, bin ich frei, diese zu überspringen. Besser einmal überspringen als Quatsch zu erzählen.
Du hast eine eigene Unterwäsche-Kollektion, für die du auch als Model posierst. Ein Pflichtprogramm?
Das mache ich sehr gerne. Ich bin total froh über diese Anfrage. Ich mag Fotoshootings, und die Promos im Laden sind einfach der Hammer. Da sind beide Seiten gut bedient. Alles was Werbung und Medien ist, macht mir Spass. Wie bei den Interviews entscheiden wir zusammen, worauf ich Bock habe und was das Management gut findet.
Gibt es für dich auch Tabus?
Ja klar! Das war ein Unterwäsche-Shooting, weniger würde ich nicht tragen. Für Alkohol würde ich auch keine Werbung machen. Das passt auch nicht zu mir, ich bin halt ein Teenie-Star.
Du kommunizierst intensiv über deinen Facebook– und Twitter-Account. Welchen Kanal magst du lieber?
Twitter ist eigentlich praktischer, weil man in den Kurznachrichten weniger schreiben muss. Aber Facebook ist einfach der Hammer, weil man mit Fotos und Gewinnspielen ganz viele Leute erreichen und ganz viel machen kann. Aber ich habe die Konten ohnehin verbunden: Instagram, Twitter, das landet alles auch auf Facebook.
Wie stark beeinflusst das Management deine Aktivitäten, zum Beispiel die Hinweise auf Gratis-Konzerte oder dein Tour-Tagebuch auf Facebook?
Das sind eigentlich meine Ideen, das mache ich selber.
Für deine «Fännis», wie du deine Fans nennst, postest du unzählige Herzen. Lieferst du dich emotional aus?
Die Fans fahren voll darauf ab, wenn da Herzchen stehen – und für mich ist es kein Problem, ihnen das zu bieten. Ich kenne aber meine Grenze: Ich schreibe zwar, wenn ich schlafen gehe oder aufstehe, aber mein Privatleben poste ich nicht auf Facebook. Ich habe ich nicht das Gefühl, dass ich mich da ausliefere.
Und umgekehrt: Macht dir die Aufopferung deiner Fans manchmal Angst?
Nicht gerade Angst, aber es gibt schon krasse Sachen. Man muss auch aufpassen, wenn man jemandem auf Facebook zurückschreibt oder auch nur «gefällt mir» klickt. Dann meint die Person gleich, dass wir jetzt Freunde seien.
Deine Freundin hältst du konsequent von den Medien fern. War das ihr Wunsch?
Es war der Wunsch von uns beiden. Wenn sie auch Musik machen würde, wäre das wohl etwas anderes. Ich bin viel unterwegs, und sie muss ja ihr normales Leben weiterleben. Sie wird da rausgehalten, damit sie keine Probleme bekommt.
Von Reality-Shows wie Big Brother hast du dich früher distanziert. Kürzlich warst du dennoch im «Trash»-Format «Mitten im Leben» auf RTL zu sehen. Woher der Sinneswandel?
Ich möchte nicht Hauptdarsteller einer solchen Show sein. Sie kamen einfach bei einem Konzert von mir vorbei und haben mich gefilmt. Klar, ich habe die Fans dann auch reingeholt, aber das war nicht gespielt. In einer Soap wäre ich hingegen gerne einmal zu Gast. Das fände ich cool.
Frank Wiedermann: Erst wollten wir nicht mitmachen. Dann konnten wir aber alles im Vorfeld mit der Redakteurin besprechen, damit es nicht blöd aussieht. In der Show ging es dann vor allem um zwei Mädels, die eine Reise in die Schweiz gemacht haben. Wir haben zugesagt: Eine Stunde Luca Hänni als Thema im Fernsehen – wo kriegt man sonst eine Stunde Musik?
In der Schweiz warst du bei ganz unterschiedlichen TV-Sendungen zu Gast: vom Jugend-Sender Joiz, bis zu traditionelleren Formaten wie Benissimo oder SF bi de Lüt.
Die Teenies lesen bestimmt keine BZ, die sind auf Facebook, schauen Joiz. Da geht es darum, etwas zu performen, um Spass. Es ist mir aber wichtig, auch das ältere Publikum anzusprechen und seriösere Gespräche zu führen, wo es zum Beispiel um die Zukunft geht. Ich werde ja auch älter und will in der Zukunft auch immer noch Musik machen. Da ist es wichtig, auch die älteren Leute auf meiner Seite zu haben.
Gewinner von Casting-Shows verschwinden meist schnell wieder in der Versenkung. Was ist deine Strategie, damit die Medien dich nicht vergessen, wenn es bereits den nächsten Superstar gibt?
Die Strategie ist, Gas zu geben und viel Neues zu machen. Das Ziel ist, nächstes Jahr mit dem neuen Album zu überzeugen, um etwas aus der Castingshow-Ecke rauszukommen. So will ich auch in Zukunft bestehen.
Ashfor 11. Dezember 2012, 11:09
Wow, das ist mal ein ausführliches, seriöses Interview. Danke!
Sonja 11. Dezember 2012, 18:59
Liebe Frau Notter, liebes Team!
Danke für dieses ausführliche und sehr gute Interview mit Luca Hänni, ich hätte ewig weiter lesen können,
vielen Dank und viele Grüsse aus Wien,
schickt Ihnen Sonja
Manuela 11. Dezember 2012, 22:00
Danke für das tolle Interview!!!