von Stephanie Rebonati

«Oft siehst du die Paparazzi gar nicht»

Die Zürcher Grafikkünstlerin Blanda Eggenschwiler erlebt seit rund einem Jahr die volle Wucht des internationalen Boulevards – weil sie mit einem US-Superstar liiert ist. Im Interview spricht die 28-Jährige über Paparazzi, die sich im Kofferraum von Autos verstecken und über Schweizer Medien, die alles für bare Münze nehmen, was aus den USA kommt.

Gab man bis vor Kurzem «Blanda Eggenschwiler» bei Google ein, flatterte einem Aussichtsvolles entgegen: aufstrebende Künstlerin, Schweizer Grafikerin bei der «New York Times», Zürcher Designerin kollaboriert mit kalifornischem Kult-Label. Seit sie aber mit US-Superstar Joe Jonas von der Pop-Band «Jonas Brothers» liiert ist, spuckt die Suchmaschine böse Gerüchte in die Welt hinaus.

MEDIENWOCHE: Vor ein paar Tagen verbreitete der amerikanische TV-Sender «E! News», dass Du heroinsüchtig seist. Dann stand es im «Blick». Was geht Dir durch den Kopf?
Blanda Eggenschwiler: Ich möchte klarstellen, dass dieses Gerücht, wie bereits zahlreiche unwahre Vorgänger, von Klatsch-Webseiten in die Welt gesetzt wurde. Auf dieser Seite kann jeder anonym und willkürlich Gerüchte verbreiten – sozusagen das Social-Media-Äquivalent zum Dorfklatsch. Dagegen kann man sich kaum wehren. Eigenartig wird es allerdings erst, wenn vermeintlich ernstzunehmende Medientitel solche Gerüchte aufgreifen und sie als Wahrheiten verkaufen, ohne die Quelle zu überprüfen. Ich finde es enttäuschend, dass ich mit Gerüchten konfrontiert werde, die nicht weiter von mir entfernt sein könnten.

Im Frühling kursierten Gerüchte um ein vermeintliches Sex-Video. Schweizer Gratis- und Boulevardmedien griffen es auf und zitierten einen falschen Twitter-Account von Dir. Wie ist das passiert?
Das frage ich mich auch. Ich finde es peinlich, dass ein Mensch, der sich Journalist nennt, sich nicht zwei Minuten Zeit nimmt für die Recherche. Stattdessen wird ein falsches Zitat abgedruckt, weil er sich im Twitter-Account geirrt hat. Es ist relativ rasch klar, welcher Account von mir ist und welcher nicht.

Hat sich Deine Meinung über Journalisten und die Medien verändert?
Grundlegend. Ich bin viel kritischer geworden, denn ich weiss nun selber, wie einem das Wort im Munde verdreht wird. Das, was ich sage und das, was dann in der Zeitung steht, kann meilenweit voneinander entfernt sein.

1985 auf einem Futon in Zürich geboren, wuchs Blanda Eggenschwiler als Tochter von «tollen Hippie-Eltern» auf, die sie von klein auf ernst nahmen und stets unterstützten. Ihr Vater war Zeichenlehrer und spielte mit ihr ein Spiel: Sag mir ein Wort und ich zeichne es für dich. «Ich sagte immer Hund», erinnert sich die 28-Jährige. Irgendwann wurden die Rollen getauscht, früh wusste Blanda Eggenschwiler, dass sie in der Kreativwirtschaft Fuss fassen wollte. Nach dem Kunstgymnasium Liceo Artistico in Zürich studierte sie an der School of Visual Arts in New York Grafikdesign und Illustration, arbeitete danach als Art Director bei der «New York Times» und als Grafikerin in einer Branding Agentur. Heute ist sie selbstständig, illustriert für Magazine, entwirft für Labels Schmuck und Accessoires, konzipiert für Clubs und Restaurants Plakate und Broschüren. Im Juni dieses Jahres nahm sie erstmals an der Volvo Art Session im Zürcher Hauptbahnhof teil.

Du erlebst die Medien einerseits als Grafikkünstlerin und andererseits als Freundin eines Pop-Stars. Wie unterscheidet
sich das?

Ich habe gemerkt, dass es zwei verschiedene Herangehensweisen für Geschichten gibt. Ich habe schon extrem positive Interviews erlebt, in denen ich mich und meine Arbeit als Künstlerin wiedererkannt habe und mich verstanden fühlte. Mir wurde mit Interesse begegnet. Schwierig wird es, wenn ein Medienschaffender mit einer vorgefertigten Schlagzeile auf mich zukommt und so alles, was ich sage, dreht, damit es passt. Da kann ich sagen, was ich will, es besteht kein Interesse mir eine Stimme zu geben, sondern lediglich, Klatsch zu verkaufen.

Wie wirkt sich diese Medienpräsenz auf Deine Karriere aus?
Es hat seine Vor- und Nachteile. Einerseits erreicht meine Arbeit so ein grösseres Publikum, aber gleichzeitig ist der ganze Klatsch rufschädigend. Vor einem halben Jahr wurde mir beinahe eine Kollaboration abgesagt wegen des Gerüchts um das vermeintliche Sex-Video. Die Firma sagte mir, sie wolle nicht mit so etwas assoziiert werden. Ich habe ihnen erklärt, dass nichts daran wahr sei und dass ich ja auch nicht mit so etwas assoziiert werden möchte. Die Kollaboration fand zum Glück trotzdem erfolgreich statt.

Vor zehn Jahren war Blanda Eggenschwiler ein gefragtes Model, neben dem Gymnasium warb sie für Kleider, Unterwäsche und Shampoo. Nach Abschluss der Matura zog sie für ein paar Monate nach Paris und erkannte rasch, dass die Welt der Models ihr nicht behagte. Trotzdem, posieren kann sie noch immer, auf Instagram folgen ihr über 42’000 Leute, jedes Bild hat mehrere Kommentare, schmeichelnde und verletzende.

Wie gehst Du mit den Kommentaren zu Deinen Bildern um? Einige loben dich, andere nennen Dich «hässlich» und «Opportunistin».
Zu sagen, dass die Anschuldigungen und negativen Kommentare nicht wehtun, wäre eine Lüge. Aber ich bin mir auch völlig bewusst, dass diese Sachen von Leuten kommen, die mich nicht kennen. Ich reagiere nicht darauf. Diese Kommentare sagen mehr über die Leute aus, die sie posten, als über mich und sind somit irrelevant.

Selten beziehst Du Stellung. Wann erachtest Du es als notwendig?
Was mich viel mehr trifft, als die hasserfüllten Attacken, sind junge Frauen, die mir schreiben, dass sie sich hässlich fühlen, wenn sie ein Foto von mir sehen. Ich kenne das Gefühl von Unsicherheit, wie übrigens jede Frau in unserer Gesellschaft. Deshalb versuche ich, diese jungen Frauen in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken, in dem ich ihnen schreibe, dass etwa eine Werbekampagne Make-up, Styling und PhotoShop beinhaltet, oder dass Schönheit von einer riesigen Portion Charakter zeugt und nicht nur auf äusserliche Erscheinung basiert. Klingt wie Klischees, aber im Grunde sind sie wahr.

Nicht nur Fans, sondern auch Paparazzi folgen Dir. Wie fühlt sich das an?
Es ist etwas extrem Unangenehmes. Du weißt, dass du keine Reaktion zeigen darfst, weil dass dann auf den Bildern zu sehen ist und im selben Moment fühlst du dich derart exponiert und in deiner Intimsphäre belästigt, dass es schwerfällt, ein Poker-Face aufzusetzen. Oftmals siehst du die Paparazzi nicht, wenn du sie dann entdeckst, haben sie dich schon länger verfolgt. Die können in einem Laden stehen, im Kofferraum eines Autos sitzen oder drei Strassen weiter unten stehen. Paparazzi sind die einzigen Fotografen in der Welt, die wollen, dass du schlecht aussiehst. Ich habe inzwischen gelernt, auf den Boden zu schauen und weiter zu laufen.

Verhältst Du dich in der Öffentlichkeit wegen den Paparazzi anders als früher?
Nein. Ich weigere mich, mein Leben derart beeinflussen zu lassen.

Was ziehst Du aus dieser ganzen Erfahrung?
Es geht nur um Klatsch. Ich glaube, dass Leute, die diese Gerüchte verbreiten, nicht verstehen und sich nicht bewusst sind, dass es hier um Menschen geht. Ich bin viel kritischer geworden und ich glaube nur noch Sachen, die ich direkt von Leuten höre, ich glaube nichts mehr, was ich in der Klatschpresse lese.

Nach der letzten Frage klingelt Blanda Eggenschwilers Telefon, es ist ihre Managerin aus der Schweiz, Lea Rindlisbacher, die sich auch um Melanie Winigers Medienarbeit kümmert. «Okay, mache ich», sagt Blanda Eggenschwiler und notiert zügig etwas auf der Rückseite einer Quittung. Eine Schweizer Boulevardzeitung hatte ihr einige Stunden zuvor Fragen geschickt, worauf sie geantwortet hatte. Es ging um das Heroingerücht. Die
Journalistin hat daraufhin mehrere Antworten aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöst und neu eingebettet, zum zweiten Mal an diesem Tag. Blanda Eggenschwiler schüttelt lachend den Kopf und sagt: «Kann mir das bitte jemand erklären?»

Bild: Chantal Adair

Leserbeiträge

Berry 25. Oktober 2013, 12:37

Hört sich nach einer tollen und vielschichtigen Frau an. Alles Gute erhoffe ich mir für sie!

Kitschautorin 25. Oktober 2013, 13:36

Schrecklich, wie ein paar Menschen, die auf billigen Klatsch aus sind, Leute so inen Dreck ziehen können.

Klaus 25. Oktober 2013, 14:46

Muss man die kennen?
Joe Jonas, Blanda Eggenschwiler.
Nie gehört.
Oder wollen die durch solche Beiträge hier,
DASS man sie endlich kennt, die Namen?

bugsierer 25. Oktober 2013, 17:57

ich bin extrem bestürzt über dieses elende leben, das die gute wegen ihrem hübschen popdings als absolut unverdientes und total unabsehbares schicksal erleiden muss. grauenhaft. meine betroffenheitsskala ist damit def. am oberen limit angelangt. das grenzt an folter. hoffentlich ist ihre mission, junge frauen vom schöhnheitswahn abzubringen, mit viel erfolg gekrönelt. das wäre das mindeste. scheiss welt.

Bino 27. Oktober 2013, 06:02

das junge frauen, deren modelkarriere sich im sande verläuft behaupten, sie hätten gemerkt, dass der beruf model „nichts für sie ist“, oder sie „intellektuell zu wenig gefordert hätte“ ist standart. von der liaison mit dem popstarbubi hat sie sich vermutlich einen karrierekick erhofft… der schuss ging ja dann wohl kräftig nach hinten los.