von Journalismus Y

Fleissige Helferlein oder Arbeitsplatzvernichter?

97 Prozent aller Bankangestellten werden in den nächsten 20 Jahren durch einen Roboter ersetzt. Dies prognostizieren zumindest Forscher der Universität Oxford. Tippt man hingegen «Redakteur» ins Suchfeld ein, so erhält man die beruhigende Antwort, dass nur 5.5 Prozent aller Medienschaffenden fürchten müssen, dass ihre Arbeit bald von Maschinen erledigt wird. Doch genau das geschieht bereits heute.

Es ist offensichtlich: Ein Roboter beschwert sich nicht, wenn er nachts um drei noch 20 Spielberichte schreiben und veröffentlichen muss. Zu jeder Tages- und Nachtzeit erledigt er seinen Job in Sekundenschnelle und ohne Flüchtigkeitsfehler.

Nun mag das Wort «Roboter» irreführend sein. In Wirklichkeit reden wir hier natürlich von Algorithmen – also Computerprogramme, die von einem Programmierer mit Satzbausteinen und einer gewissen Logik ausgestattet wird und das dann strukturierte Daten – z.B. «Ereignis: Foul. Täter: Spieler X. Opfer: Spieler Y. Zeit. 83. Minute.» – in lesbaren Text umwandelt.

Was bisher automatisiert wurde, ist kaum sinnstiftende Arbeit

Wer schon einmal einen Liveticker geschrieben hat, der weiss: Es ist keine sehr herausfordernde Arbeit. Und auch keine besonders angenehme. In einer perfekten Welt würde nun der Computer den Liveticker schreiben und der Mensch eine Analyse zum Spiel. In der Realität kann es natürlich sein, dass ein Chef auf die teure Analyse und damit auf den Redaktor ganz verzichtet.

Denn die Algorithmen, die aus der Schmiede von Firmen wie Narrative Science (US) oder AX Semantics (D) kommen, werden immer besser. Diverse Studien belegen, dass sie nicht mehr von menschengeschriebenen Texten unterscheidbar sind und sogar als sachlicher wahrgenommen werden.

Schreiben sie im Moment vor allen Texte über Sport oder Finanzen (Bereiche in denn gut strukturierte, maschinenlesbare Daten vorliegen), gibt es aber auch einige Beispiele, die aufhorchen lassen. So präsentiert Christian Conradi in seinem Podcast ein Klavierstück, das von einem Algorithmus im Stile Frédéric Jopins komponiert wurde und selbst von Jopin-Experten nicht als Fälschung entlarvt werden konnte.

Symbiose von Mensch und Maschine

Ganz klar gibt es aber Bereiche, die nie von einem Algorithmus werden erledigt werden können. Journalistische Formen wie zum Beispiel die Reportage, wo man vor Ort geht, sich Dinge anschaut, erklären lässt und auch persönliche Eindrücke in den Text einfliessen lässt – das kann kein Roboter. Dasselbe gilt für Interviews, aber auch für Meinungsstücke wie Kommentare oder Einschätzungen.

Und so können wir nur hoffen, dass die Arbeit der verbleibenden 94.5 Prozent aller Journalisten noch schöner wird und wir die lästige Kleinarbeit in Zukunft den Computern überlassen können.

PS: Wir wollen besser werden. Hilf uns dabei, indem du kurz einige Fragen zum Podcast beantwortest. Geht ganz schnell, versprochen: