Satire in der Türkei: Jeden Tag die rote Linie überschreiten
Was bedeutet der Tag der Pressefreiheit heute in der Türkei? Das Satireportal „Zaytung“ wagt die Opposition gegen die Regierung Erdoğan – angstfrei und respektlos.
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Was bedeutet der Tag der Pressefreiheit heute in der Türkei? Das Satireportal „Zaytung“ wagt die Opposition gegen die Regierung Erdoğan – angstfrei und respektlos.
Die Solidarität aus der Schweiz mit den Medienschaffenden in der Türkei könnte grösser sein, zumal die Regierung sehr wohl registriert, wenn man ihr auf die Finger schaut. Öffentliche Kritik ist bitter nötig. Denn wer in der Türkei nicht auf Regierungslinie berichtet, läuft jederzeit Gefahr, mit seiner Freiheit und Unabhängigkeit zu bezahlen für seine Arbeit. Unlängst Weiterlesen …
Der Mord an einem Journalisten in der Slowakei liess leicht vergessen, dass erst vor einem halben Jahr, ebenfalls in der EU, damals in Malta, mit Daphne Caruana Galizia eine politisch unbequeme Journalistin und Bloggerin ermordet wurde. Jens Vogt hat für «Das Magazin» auf der Mittelmeerinsel recherchiert und den Mordfall nun erstmals gesellschaftspolitisch eingeordnet. Eine wichtige Rolle spielt des Zweiparteiensystem in Malta, aus dem es kein Entrinnen gibt. Caruana Galizia stand der Nationalistische Partei nahe und zog allein damit schon den Unmut der Labur-Partei auf sich – die allerdings allen Grund hatte, sich vor den Recherchen der Journalistin zu fürchten. Lobour stand und steht im Ruf, mindestens ebenso korrupt zu sein, wie die politische Konkurrenz.
Die Tageszeitung Hürriyet und der TV-Sender CNN Türk sind die grössten Massenmedien in der Türkei, die bis heute – zumindest in Ansätzen – noch regierungskritisch berichten konnten. Damit dürfte nun Schluss sein. Der Doğan-Konzern, zu dem die beiden Medien gehört, verkauft sie an die Demirören Holding, die Staatspräsident Erdoğan nahesteht. «Damit endet in der türkischen Presse eine Ära», zieht Wolf Wittenfeld Bilanz.
Ein Jahr lang sass «Welt»-Korrespondent Deniz Yücel in der Türkei im Gefängnis. Mit seiner Frau Dilek gibt er das erste Mal ein Interview in Freiheit – und erzählt, warum er sich gegen seine Freilassung zunächst gewehrt hat.
Ausgerechnet jenes Gericht, das immer wieder die Meinungsäusserungsfreiheit in Europa verteidigt, erweist sich als Feind freier Berichterstattung. Das Schweizer Fernsehen wollte Helen Keller, Schweizer Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR, porträtieren. Doch daraus wurde nichts. Keller, schreibt SRF-Brüssel-Korrespondent Sebastian Ramspeck, wollte nur unter der Bedingung mit dem Sender sprechen, wenn sie den fertigen TV-Beitrag vor der Ausstrahlung hätte sichten und genehmigen dürfen. Ebenso untersagte die Richterin Bild- und Tonaufnahmen an einer öffentlichen Veranstaltung, wo sie auftrat. Ramspeck stellt ernüchtert fest: «Die Menschenrechts-Richterin ist durchaus mitteilungsbedürftig. Doch offenbar nur, wenn sie die Bedingungen des Interviews im Detail diktieren darf.»
Zum gestrigen «Welttag gegen Internetzensur» hat sich die Organisation Reporter ohne Grenzen etwas einfallen lassen: Wie können Menschen in Ländern, wo der freie Zugang zum Internet beschränkt ist, auf journalistische Inhalte zugreifen, die ihnen die Zensur vorenthält? Die Lösung: Man singt die Artikel, erstellt aus den Songs eine Playlist auf Spotify, Apple Music und Deezer. Denn die Streamingplattformen sind auch in Ländern zugänglich, wo andere Inhalte blockiert sind. Gesungener Journalismus diente einst auch in der Schweiz zur Umgehung behördlicher Einschränkungen. Polo Hofer sang 1986 für das Berner Lokalradio «Förderband» die Nachrichten, weil der Sender keine Konzession für gesprochene Nachrichten hatte.
Der Mord am slowakischen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak ist die Konsequenz des Hasses gegen die Presse, den Populisten in ganz Europa predigen.