BaZ: Nach dem Verkauf ist vor dem Umbau
Auf Tamedia wartet keine einfache Aufgabe mit der Übernahme der «Basler Zeitung». Eine politische Neupositionierung scheint unumgänglich zu sein für den kommerziellen Erfolg. Darauf müssen auch die direkten Konkurrenten «bz Basel» und Tageswoche reagieren.
Christoph Blocher beendet sein Medienexperiment in Basel und verkauft die «Basler Zeitung» an die Zürcher Tamedia. Im Gegenzug übernimmt der Alt-SVP-Bundesrat von Tamedia deren Beteiligung am «Tagblatt der Stadt Zürich», sowie vier Gratiszeitungen in Deutsch- und Westschweiz. Markus Somm wird die BaZ als Verleger und Chefredaktor verlassen und nach einem Sabbatical als Autor für Tamedia schreiben.
Die «BaZ» wird sich damit von einem politischen Projekt wieder in ein kommerzielles Projekt verwandeln. Das heisst: Die «BaZ» muss in Basel wieder bei möglichst vielen Leserinnen und Lesern gut ankommen – und das geht bekanntlich nicht, indem die Zeitung diese Leser regelmässig vor den Kopf stösst.
Basel wird weiterhin zwei Tageszeitungen haben. Wie in Zürich treffen in Basel mit der «bz Basel» und der «BaZ» die beiden grossen Zeitungsgruppen der Deutschschweiz aufeinander: Die AZ/NZZ-Gruppe und die Tamedia. Für beide ist Basel kommerziell ein wichtiges Terrain, weil die Region Basel ein starker Wirtschaftsraum ist. Zwei Zeitungen, die sich inhaltlich konkurrenzieren – das ist für die Stadt und Region Basel gut.
Rückblickend ist dieser Wutartikel doppelt seltsam. Wollte Bollmann damit den Preis nach oben treiben?
BaZ-Verwaltungsratspräsident Rolf Bollmann hat letzte Woche in einem ausführlichen Wutartikel unter dem Titel «Es kann nicht sein, was nicht sein darf» in der eigenen Zeitung alle beschimpft, die seiner Zeitung Misserfolg unterstellen und mit Zahlen zu belegen versucht, dass die «BaZ» lange nicht so schlecht sei, wie sie geschrieben werde. (Ich habe das hier schon kommentiert.) Rückblickend ist dieser Wutartikel doppelt seltsam. Wollte Bollmann damit den Preis nach oben treiben? Wollte er die kühlen Rechner von Tamedia beeindrucken? Oder handelt es sich um den verzweifelten Versuch der quasi-posthumen Gesichtswahrung?
Wenn dies das Ziel war, dann ist es gründlich misslungen. Markus Knöpfli hat Bollmann in einem ausführlichen Artikel auf Horizont.net («Gut gebrüllt, Bollmann» genüsslich alle Fehler, Falschrechnungen und unzulässigen Vergleiche vorgerechnet. Er kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass die «BaZ» in acht Jahren unter Blocher/Somm deutlich mehr Leserinnen und Leser verloren hat als vorher in elf Jahren unter Hagemann. Sicher ist: Die «BaZ» weist heute im Print weniger als 100’000 Leserinnen und Leser aus und ist damit deutlich zu klein, als dass sie sich rentabel betreiben liesse, ohne in ein Mantelkonstrukt eingebunden zu sein. Die Versuche von Blocher, etwa mit der Bündner Somedia und ihrer «Südostschweiz» einen eigenen Mantel zu kreieren, sind gescheitert, also blieb Blocher nur der Verkauf an eine Zeitungsgruppe.
Unter Tamedia wird die «BaZ» den Mantelteil aus Zürich übernehmen. Das ist im Wesentlichen der erste Bund der Zeitung, also Ausland, Inland, Sachthemen sowie die überregionalen Inhalte aus den Bereichen Wirtschaft, Sport und Kultur. Das bedeutet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für diese überregionalen Seiten bei der «BaZ» arbeiten, wohl einen neuen Job suchen müssen. Darüber hinaus dürfte sich der eine oder andere «BaZ»-Mitarbeiter aus den lokalen Ressorts ebenfalls eine neue Stelle suchen müssen, weil Tamedia die «Basler Zeitung» umpositionieren muss. Das geht glaubwürdig nicht mit Journalisten, die in den letzten Jahren den konfrontativen Rechtskurs von Blocher verkörpert haben.
Die «bz Basel» wird ihr Profil neben einer eingemitteten und seriösen «Tagi-BaZ» schärfen müssen.
Die beiden lokalen Konkurrenten, die «bz Basel» und die «Tageswoche», haben zwar geradezu krampfhaft versucht, sich nicht als Anti-BaZ-Zeitungen zu positionieren, sie waren aber beide zumindest die «Guten» neben der «bösen «BaZ»». Wenn es Tamedia schafft, die «BaZ» rasch umzupositionieren, wird dieser Bonus für beide wegfallen. Gefährlich ist das vor allem für die «bz Basel». Sie wird ihr Profil neben einer eingemitteten und seriösen «Tagi-BaZ» schärfen müssen.
Gut möglich, dass sich die Verteilung im politischen Spektrum dann umkehrt, dass also die «bz Basel» dann bürgerlicher positioniert sein wird als die «BaZ». Zum einen hat die «Nordwestschweiz», wie der Mantel der bz aus Aarau heisst, mit Patrick Müller einen sehr bürgerlichen Chefredaktor, zum anderen ist die bz immer noch stark im Kanton Basel-Landschaft verwurzelt und der tickt politisch deutlich rechter als der Stadtkanton.
Wenn die «Tageswoche» ihr Profil schärfen will, dann wäre das sicher links – einen ersten Schritt hat sie kürzlich bereits gemacht.
Hätte Peter Wanner und seine AZ-Medien die «BaZ» übernommen, wäre es in Basel wieder zu einer Monopolsituation gekommen (wobei sich dann die interessante Frage gestellt hätte, unter welche Marke Wanner die fusionierte «BaZ»-bz gestellt hätte). In diesem Szenario hätte die «Tageswoche» als einzige Alternative sicher an Gewicht gewonnen. Nach der Übernahme der «BaZ» durch Tamedia darf das Gegenteil erwartet werden: Die «Tageswoche» wird weiterhin eine Fangemeinde haben, sie ist als «Erlöserprojekt» aber für Basel nicht mehr nötig. Wenn die «Tageswoche» ihr Profil schärfen will, dann wäre das sicher links – einen ersten Schritt hat sie kürzlich bereits gemacht, indem sie aktiv das Referendum gegen die Überwachung von Versicherten unterstützt.
Markus Somm hat in letzten sieben Jahren die «Basler Zeitung» zu einer «rechtsbürgerlichen Zeitung umpositioniert» (nicht meine Worte, so schrieb es «BaZ»-Verwaltungsratspräsident Rolf Bollmann letzte Woche in seinem Wutartikel). Wenn Tamedia mit der «BaZ» kommerziell Erfolg haben will, muss sie die «BaZ» wieder in die Mitte positionieren. Das Marktpotenzial für Regionalzeitung, die sich rechtsbürgerlich positioniert, ist schlicht zu klein.
Die Umpositionierung muss deshalb rasch und glaubwürdig erfolgen. Für das Gelingen wird massgeblich die neue Chefredaktion verantwortlich sein.
Das Problem bei einer Umpositionierung ist, dass sie bei bestehenden Lesern schneller wirkt als bei potenziellen Lesern. Es besteht also die Gefahr, dass Abonnenten, die mit dem politischen Kurs der «BaZ» einverstanden sind, schneller abspringen, als dass neue Kunden zusteigen. Die Umpositionierung muss deshalb rasch und glaubwürdig erfolgen. Für das Gelingen wird massgeblich die neue Chefredaktion verantwortlich sein. Ihr wird die Aufgabe zufallen, der BaZ ein neues Gesicht zu geben und den Wandel glaubwürdig zu verkörpern. Das wird schon darum keine einfache Aufgabe sein, weil der neue Verleger Zürcher ist und deshalb in Basel erst mal auf Misstrauen stösst. Tamedia muss mit der neuen «BaZ» also einerseits zeigen, dass sie sich vom rechtsbürgerlichen Konfrontationskurs verabschiedet und andererseits unter Beweis stellen, dass sie weiterhin eine Basler Zeitung ist. Das könnte als Slogan etwa heissen: anständig, aber eigenständig.
Guy Krneta 19. April 2018, 00:54
Die Umpositionierung kann nicht rasch und glaubwürdig erfolgen, weil Markus Somm noch ein halbes Jahr lang Chefredaktor ist. Damit verpasst Tamedia die (einmalige) Chance auf einen glaubwürdigen Neuaanfang.
Sibylle Ciarloni 19. April 2018, 12:30
Blocher wird von Tamedia im Gegenzug die Beteiligungen am Tagblatt der Stadt Zürich und vier Gratiszeitungen bekommen. Er setzt offenbar nach wie vor auf Medien. Nicht auf Abonnenten, sondern auf müde Konsumenten, die gratis essen, was aufs Papier kommt. Eine Eigenschaft vieler Gratiszeitungen ist, dass sie nicht lange reden, sondern sich kurz fassen. Das ist geeigneter für einfache Mitteilungen, die wir in den letzten Jahren von SVP-Plakaten zu lesen bekamen. Gratis.