«Republik» droht mit Exitus
Zum Jahresende hin ruft die «Republik». Diesmal klingt der Appell aber schriller und weniger elegant als auch schon: Zahlt, oder wir schmeissen hin! Es kam, wie zu befürchten war: Nach der Zusatzfinanzierung ist vor der Zusatzfinanzierung. Der Unterschied: Es nervt. Auch treue Verlegerinnen und Verleger. – Weiter unten: Sechs Fragen an Clara Vuillemin, Mitgründerin und Verwaltungsrätin, zu den Finanzen der «Republik».
«Im worst case wären wir im Dezember 2019 pleite.» Damit erschreckte die «Republik» ihre Leser und Verleger. Das war Anfang Januar 2019. Rund ein Jahr zuvor war das Online-Magazin zur Rettung der Demokratie mit satten 7,7 Millionen Franken in der Kasse gestartet. Mit dem grössten Crowdfunding-Erfolg aller Zeiten für ein Online-Magazin, plus spendablen Investoren.
In Windeseile waren die Personalkosten auf eine halbe Million im Monat gestiegen.
Man habe einen soliden Businessplan, und die ersten zwei Jahre seien durchfinanziert, da lasse man sich vom überwältigenden Echo nicht zu unüberlegten Ausgaben hinreissen. Man könne nun einfach mehr in guten Journalismus investieren, sagten die Gründer am Anfang.
Nach einem Jahr musste dann dringend eine Zwischenfinanzierung von einer zusätzlichen Million gesucht werden, in Windeseile waren die Personalkosten auf eine halbe Million im Monat gestiegen. Munter wurde eingestellt und ausgebaut, bis sich rund 50 Mitarbeiter Lohn und Brot teilten.
Eine schöne, ausgewachsene Mannschaft, deren Output aber sehr übersichtlich blieb. Wie auch immer, die Zusatzmillion wurde gefunden; wir schreiben Dezember 2019, und die «Republik» ist nicht pleite. Allerdings: «Es steht zu befürchten, dass die ‹Republik› nicht am garstigen Umfeld für Medien scheitert, sondern am eigenen Unvermögen, an der Kluft zwischen vollmundigen Ankündigungen und schmalbrüstigen Einlösungen, an der Kluft zwischen fein gedrechselten Sätzen und zu wenig beachteten nackten Zahlen. Das ist kein Anlass zu Häme, sondern zu tiefem Bedauern. Denn jedes gescheiterte Experiment, Qualitätsjournalismus betreiben zu wollen, macht es noch schwieriger, den nächsten Versuch zu starten.»
Das schrieb ich vor knapp einem Jahr, und ich hasse es manchmal wirklich, Recht zu haben. Denn schon wieder lässt ein Newsletter der «Republik» die Alarmsirene ertönen. Sozusagen im flackernden Rotlicht der Notfallambulanz schreibt sie, dass der aktuelle Newsletter einer der kürzeren sei. «Bis Ende März müssen wir wieder 19’000 Verlegerinnen sein und zusätzlich 2,2 Millionen Franken auftreiben.»
Und wenn nicht? Nun, dann «werden wir am Nachmittag des 31. März für sämtliche Mitarbeitenden der Republik die Kündigung aussprechen. Und danach das Unternehmen geordnet auflösen.» Diese schrille Drohung kommt nicht bei allen Verlegern, wie die «Republik» ihre Abonnenten nennt, gut an. Sie verlange mehr Geld und Vertrauen, ohne konkrete Kostensenkungen anzukündigen, wird kritisiert. Der Ton wird auch bei Unterstützern härter: Die «Republik»-Macher zahlen sich einen satten Fixlohn, aber als vermeintliche Unternehmer betteln gesättigte Arbeitnehmer um mehr Geld, wird gefetzt.
Der Notruf weckte aber auch die nach wie vor grosse Fangemeinde: 600 Abo-Erneuerungen in zwei Stunden.
Der CVP-Präsident Gerhard Pfister bemerkt maliziös, dass die «Republik» ein solches Vorgehen, die Drohung mit Massenentlassung, bei anderen Unternehmen scharf kritisieren würde. Nun fällt den «Republik»-Machern auf die Füsse, dass sie meistens auf Kritik mit bornierter Arroganz reagierten.
Der Notruf weckte aber auch die nach wie vor grosse Fan-Gemeinde. Innert zwei Stunden haben 600 Personen nach Bekanntwerden der finanziellen Schieflage umgehend ihr Abo erneuert.
Im Newsletter schliessen sich die üblichen Durchhalteparolen an; es brauche «Entschlossenheit. Von uns und von Ihnen», die Aufgabe sei es, «vom Experiment zur Institution zu werden» – «wir freuen uns auf den gemeinsamen Kampf mit Ihnen.»
«Seien wir realistisch, verlangen wir das Unmögliche», soll Che Guevara gesagt haben. Und dann ruinierte er die kubanische Wirtschaft.
Die Frage sei gestattet: Kampf wofür und wogegen? Der Kampf ums Überleben, gegen Massenentlassungen und gegen das drohende Scheitern des jüngsten Experiments? Es seien schon rund 605’000 Franken von «Investoren und grosszügigen Verlegerinnen» reingekommen. Fehlen also noch 1,6 Millionen. Zu diesen Investoren gehört auch die umtriebige und nicht unumstrittene Unternehmerpersönlichkeit Adrian Gasser. Der Multimillionär ist wohl nicht altersmilde geworden, und es stellt sich die Frage, wie die «Republik» zukünftig über seine Justizinitiative berichten will, für die er gerade 120’000 Unterschriften in Bern deponiert hat.
«Seien wir realistisch, verlangen wir das Unmögliche», soll Che Guevara gesagt haben. Und dann ruinierte er die kubanische Wirtschaft. Aber nehmen wir einmal an, die «Republik» kriegt die 2,2 Millionen und die nötige Anzahl an Abonnenten zusammen. Dann ginge es also auch im April 2020 weiter.
Pardon, aber womit? Die «Republik» sei das «Labor für den Journalismus des 21. Jahrhunderts», nimmt sie weiterhin den Mund ziemlich voll. Was sieht sie als ihre Aufgabe? Weniger als die volle Orgel mit spitzen Posaunentönen geht da nicht: «Unsere Aufgabe ist es, brauchbaren Journalismus zu machen. Einen, der die Köpfe klarer, das Handeln mutiger, die Entscheidungen klüger macht. Und der das Gemeinsame stärkt: die Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie.»
Die Lernkurve der «Republik»-Macher verläuft recht flach.
Wer so in die Vollen greift, muss sich Kritik gefallen lassen. Müsste. Denn Selbstkritik, Fehlerkultur, das erkennbare Bemühen, nicht vom hohen Ross zu beckmessern, wenigstens der Versuch, nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen – all das war im ersten Jahr der «Republik» nicht erkennbar. Im zweiten auch nicht.
Kritik an den wenigen Enthüllungsstorys der «Republik»? Tiefenbeleidigte Zurechtweisung der Kritiker. Reaktion auf das Nachweisen von Ungenauigkeiten, Fehlern in Reportagen? Halsstarriges Festhalten an falschen Tatsachenbehauptungen. Kritik an der Unfähigkeit, einen anständigen Businessplan mitsamt Finanzflussrechnung hinzukriegen? Die Kritiker haben doch keine Ahnung. Der Hinweis, dass es angesichts von schon im Herbst 2018 absehbaren finanziellen Schwierigkeiten grobfahrlässig ist, die Payroll wie einen Ballon aufzupumpen – und kaum Luft abzulassen? Ach was!
Selbst das Alarmsignal, dass sich Mark Dittli, immerhin ein zertifizierter Finanzanalyst und langjähriger Chefredaktor von «Finanz und Wirtschaft», nach nur einem Jahr still und leise die «Republik» verliess, na und? Da verläuft die Lernkurve der «Republik»-Macher doch recht flach, wie auch das unlängst erschienene Porträt des FDP-Bundesrats «Ignazio Cassis, die Schadensbilanz» belegt.
Dass es sich ausschliesslich auf anonyme Quellen abstützt, mag noch hingehen – wer will schon seine Stelle mutwillig riskieren? Dass aber reiner Thesenjournalismus betrieben wird, sozusagen als «Weltwoche» mit umgekehrten Vorzeichen, ausschliesslich Kritik und Meckereien kolportiert werden, das stösst Lesern unangenehm auf. So moniert ein Bundesangestellter und Lokalpolitiker, es sei einfach, Mitarbeiter zu finden, die kritisieren: «Dabei wäre es ein Leichtes, zumindest einige der vielen positiven Stimmen zu bringen, die es parteiübergreifend gibt, und zwar in den Departementen wie im Parlament.» Das sei aber offenbar nicht die Absicht gewesen.
Sollen wirklich «Expeditionen in die Wirklichkeit» unternommen werden, die per Definition ergebnisoffen sein müssten?
Hier, ebenso wie bei den grossen Storys über das Bündner Baukartell, die Reise quer durch die USA, das angebliche Mobbing an der ETH, geht es um etwas Fundamentales. Sollen wirklich «Expeditionen in die Wirklichkeit» unternommen werden, die per Definition ergebnisoffen sein müssten? Oder soll die Weltsicht des eigenen Klientels bedient werden, das seine Vorurteile in der «Republik» gespiegelt sehen möchte? Und das sehr ungnädig reagierte, als die «Republik» ein ausgewogenes Porträt des SVP-Exponenten Alfred Heer brachte? Der wurde nicht nur aus der Bar im Redaktionssitz Rothaus geworfen, als ihn die Reporterin dort zu einem Absackerchen einladen wollte. Sondern es erhob sich lauter Protest, dass man «so einem» doch keine Plattform in der «Republik» bieten dürfe.
Aber es ist noch schlimmer, wenn man die «Republik» beim Wort nimmt, und das will sie ja. Sie sieht als ihre Aufgabe, «brauchbaren Journalismus zu machen». Das ist Journalismus, der gebraucht wird. Für den es Bedarf gibt. Für den genügend Konsumenten – völlig egal, ob man die Abonnenten oder Verlegerinnen nennt – bereit sind, die geforderte Summe zu zahlen. Mit diesem Geld sollte dann haushälterisch umgegangen werden, damit die Konsumenten auch mittel- und längerfristig bedient werden können.
Nun wohnt jedem Anfang nicht nur ein Zauber inne, sondern auch ein Risiko. Alle Marktanalysen, Bedarfsabklärungen, vermuteten Zielgruppen, die genaue Ausformung des Angebots, die dafür nötigen Ressourcen, das alles sollte so präzise wie möglich analysiert werden. Und dann zeigt sich während der «Expedition in die Wirklichkeit», wie gut alle diese Annahmen funktionieren.
Die Wirklichkeit ist manchmal ganz schön fies und sorgt dafür, dass das, was frohgemut und lautstark begann, schnell auf Normalmass zusammenschrumpft.
Leider neigt der, nun, sagen wir mal linksliberale bis linke Journalismus dazu, sich die Wirklichkeit schönzureden. Denn rhetorisch begabt ist da noch mancher, der eine oder andere führt auch eine flotte Feder. Also entsteht schnell die Illusion: Gute Reportagen, starke Denkstücke, Analysen, das Feuilleton nicht zu vergessen, das muss doch sein Publikum finden. Vor allem in dem sich zu Tode sparenden Wisch-und-Weg-Journalismus der meisten grossen Medienhäuser.
Nun ist die Wirklichkeit manchmal ganz schön fies und sorgt dafür, dass das, was frohgemut und lautstark begann, schnell auf Normalmass zusammenschrumpft. Das kann passieren, das tut der Hochachtung vor dem Mut und der Energie der Beteiligten keinen Abbruch. Nur: den gleichen Fehler, die gleichen Fehler immer wieder zu machen, das hat in der Regel mehr mit Engstirnigkeit zu tun, mit einem Tunnelblick, mit dem Bedürfnis, gegen die feindlich gesonnene Wirklichkeit eine Wagenburg zu bilden.
Dabei ist die Wirklichkeit gar nicht feindlich. Im Gegenteil, sie ist recht gut mit unseren modernen Methoden analysierbar und sogar kontrollierbar. Vorausgesetzt, man nimmt sie zur Kenntnis. Diese Wirklichkeit im Spätkapitalismus bedeutet, dass journalistische Wertschöpfung ein Angebot darstellt, dass eine kostendeckende Nachfrage bewirken soll. Tut es das nicht, geht das Angebot ein. Die «Republik» behauptet, mit 19’000 zahlenden Lesern könne sie sich stabil über Wasser halten. Wenn sie es nicht schafft, eine solche Randgruppe an sich zu binden, ist sie unrettbar gescheitert.
Nun kann man mit unablässigen Aufrufen zu Kampf und Spende, verbunden mit dunklen Andeutungen von Finsternis und Untergang, ein künstliches Koma verlängern, indem lebenswichtige Organe mit Geldtransfusionen am Leben erhalten werden. Aber das ist dann wie bei den europäischen Zombie-Banken oder der Schweizer Landwirtschaft: Eigentlich braucht es sie nicht, aber niemand traut sich so recht, den Stecker zu ziehen. Rechtzeitig. Es ist für alle Kämpfer innerhalb und ausserhalb der «Republik» zu hoffen, dass es dann mal gut ist mit dem Verrösten von Geld.
Die «Republik» sagt, dass sie ihr Budget bereits auf 6 Millionen geschrumpft habe, und viel mehr gehe nicht.
Dabei wäre es zuträglich, die Grundrechenarten zu beherrschen. Die «Republik» sagt, dass sie mit 19’000 Abonnenten nachhaltig finanziert sei. Die «Republik» sagt, dass sie ihr Budget bereits auf 6 Millionen geschrumpft habe, und viel mehr gehe nicht, wenn man ein «schlagfertiges Medium» bleiben wolle. Gönnen wir ihnen sogar 20’000 zahlende Abonnenten. Mal die «Jahresmitgliedschaft» von 240 Franken sind das haargenau 4,8 Millionen. Bei 19’000 sogar nur 4,56 Millionen. Bliebe also ein Loch von rund 1,5 Millionen. Ein solcher Realitätsverlust ist beängstigend.
Es ist ja nun nicht das erste Mal, dass in der ach so reichen Schweiz mit ach so vielen Alt- und Erb-Linken, wie auch anderweitig alternativ angehauchten Begüterten, das Experiment eines neuen Mediums krachend scheitert. Erinnert sei hier an die erfolglosen Weiterführungsversuche der einst wichtigen SP-Presse oder auch an Nischenprojekte im Netz, die nie zum Fliegen kamen. Ein paar Multimillionäre sind dann jeweils um ein paar Millionen ärmer, viele Abonnenten können sich gute Teile ihres Abonnements sonst wohin stecken, und üblicherweise werden gegen Schluss die Durchhalteparolen schriller, die internen Querelen grösser, bis dann die Cleveren bereits ein neues trockenes Plätzchen gefunden haben, die Treudoofen aber meistens «fassungslos» und «erschüttert» vor verschlossenen Redaktionstüren stehen.
Hält es die «Crew der Republik und von Projekt R» wirklich für geschickt, Abonnenten für den Abschluss oder die Verlängerung eines Jahresabonnements zu motivieren, Investoren zum Hineinstecken von grösseren Geldsummen, wenn sie gleichzeitig damit droht, in rund drei Monaten könnte schon Schluss sein? «Republik» weg, Redaktion weg, Geld weg. Ach, und die Verantwortlichen für das neuerliche Desaster sind dann natürlich auch weg.
Solche Pleiten sind immer, aber wirklich immer, hausgemacht. Wer sich selbst zu sehr überhöht, fällt tief.
Auf der Führungsetage fand Ende September mal wieder der grosse Umbau statt. Erica Dubach Spiegler und Miriam Walter amtieren neu als Geschäftsführerinnen, der Chefredaktor Christof Moser behält zwar Prokura, ist aber aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten. Damit verbleibt einzig Constantin Seibt als letzter Mohikaner der Gründungsmannschaft in diesem Gremium. Bei der Projekt R Genossenschaft wurde Dubach Spiegler ebenfalls Geschäftsführerin, Walter war das schon seit dem letzten Umbau im Dezember 2018. Hier sind alle sieben Gründungsmitglieder aus dem Jahr 2017 bereits aus dem Handelsregister gelöscht.
Statt die Demokratie rettenden Journalismus wurde mal wieder allen, die versuchen, qualitativ hochstehenden Journalismus zu machen, ein Bärendienst erwiesen. Und da komme dann keiner mit den üblichen Ausflüchten. Solche Pleiten sind immer, aber wirklich immer, hausgemacht. Wer sich selbst zu sehr überhöht, fällt tief.
«Ob es ein finanzielles Desaster wird, das sehen wir Ende März»
Clara Vuillemin, Mitgründerin und Verwaltungsrätin, zum Zustand der «Republik».
MEDIENWOCHE:
Im Januar dieses Jahres kündigte die «Republik» an, dass sie zusätzlich eine Million Kapital brauche. Das hat sie bekommen; wieso muss jetzt schon wieder um Geld gebettelt werden?
Clara Vuillemin:
Ihre Frage enthält leider einen Fehler. Wir haben rund 800‘000 Franken organisieren können, davon sind über eine halbe Million auf dem Konto eingetroffen. Das ist wunderbar. Aber eben weniger als die geplante eine Million.
MEDIENWOCHE:
In der damaligen Auseinandersetzung erklärte mir Christof Moser, dass die «Republik» ihre Finanzen im Griff habe, alles im grünen Bereich sei und man alle nötigen Massnahmen ergriffen habe, um weiter in die Zukunft zu marschieren. Was ist schiefgelaufen?
Clara Vuillemin:
Die Kürzestversion: Wir haben zu wenig Marketing betrieben, nicht die ganze Summe der geplanten Investitionen organisieren können – und halb so viele neue Mitglieder hinzugewonnen, wie damals geplant.
MEDIENWOCHE:
Schon im Januar 2019 musste Ihnen klar sein, dass vor allem die Gehälter einen Ausgabenposten darstellen, den sich die «Republik» nicht leisten kann. Wieso haben Sie nicht rechtzeitig die entsprechenden Massnahmen ergriffen?
Clara Vuillemin:
Wir hatten ein Budget. Dieses ging von mehr neuen Mitgliedschaften und höheren Investitionen aus, als wir dann erreichten. Darum haben wir auf das neue Geschäftsjahr im Sommer das Budget um 1 Million Franken verkleinert. Seither haben wir das Budget nochmals um rund zehn Prozent unterboten. Die entsprechenden Massnahmen für eine finanziell stabile Zukunft, die treffen wir jetzt.
MEDIENWOCHE:
Warum ist es nicht möglich gewesen, diesen absehbaren Gang ins finanzielle Desaster rechtzeitig zu stoppen?
Clara Vuillemin:
Wir wollen das Unternehmen in eine finanziell stabile Zukunft führen. Darum haben wir jetzt reagiert. Ob es ein finanzielles Desaster wird, das sehen wir Ende März. Bis jetzt ist der Rücklauf extrem ermutigend.
MEDIENWOCHE:
Im Januar 2019 drohte die «Republik», dass sie bei nicht den Plänen entsprechendem Geschäftsgang im Dezember 2019 pleite sei, bzw. abgewickelt werden müsse. Nun brauchen Sie ganze 2,2 Millionen mehr und drohen damit, dass sonst die «Republik» Ende März eingestellt werde. Halten Sie das für eine verantwortungsvolle Unternehmenspolitik?
Clara Vuillemin:
Wir haben zwar weniger geschafft, als damals erhofft. Aber genug, damit wir jetzt bis Ende März Zeit haben, das Unternehmen in eine stabile finanzielle Zukunft zu führen.
MEDIENWOCHE:
Verstehe ich die Angabe im Cockpit richtig, dass Sie zurzeit über lediglich 6700 Verleger verfügen, die auch noch im März 2020 dabei sein werden, sie aber 19’000 bräuchten?
Clara Vuillemin:
Im Moment haben rund 18,900 Personen eine Jahresmitgliedschaft oder ein Abo. Aber die meisten von ihnen müssen sich bis am 31. März entscheiden, ob sie ein weiteres Jahr dabei sind. Im Moment (10. Dezember, 16.30) haben wir rund 7555 Verlegerinnen und Verlegen, die schon über März hinaus dabei sind.
Die Fragen wurden schriftlich gestellt.
Guido Biland 12. Dezember 2019, 08:21
Kompliment, Herr Zeyer, zu dieser differenzierten Analyse. Immerhin hat es die „Republik“ geschafft, eloquente und unterhaltsame Porträts wie dieses zu provozieren. Das ehrt sie irgendwie. Aber gemessen an dem, was von den journalistischen Versprechen der Gründertage übrig geblieben ist, erhält die „Republik“ eindeutig zu viel Aufmerksamkeit. Man sollte ihr etwas palliative Ruhe gönnen und sie fern vom Rampenlicht der Öffentlichkeit in Frieden gehen lassen. Farewell, „Republik“!
Stefan Moser 12. Dezember 2019, 16:18
Man wird den Eindruck nicht los, dass nicht Wenige auf der Lohnliste standen, die eigentlich gar nicht für diese Lohnliste vorgesehen waren. Wie man mit derart viel Geld und Goodwill eine Online-Publikation derart in den Sand setzen kann bleibt mir ein Rätsel. Ich hab mich jedes Jahr weichklopfen lassen und war stets enttäuscht über den quantitativen Output. Etwas mehr Gründerspirit und damit verbunden ein höheres Arbeitsethos hätten gut getan.
Lahor Jakrlin 12. Dezember 2019, 16:34
Wissen Sie, was mir an Ihrem hervorragend recherchierten Artikel gesonders gefällt, lieber Herr Zeyer? Die epische Länge – da machen Sie schon fast den 1-Million-Zeichen-Sermonen der Republik Konkurrenz.
Ironie off: Euphorisch eingestiegene urbanlinke „Verleger/innen“ erwachen und merken, dass sie etwas gekauft haben, das viel günstiger viel besser gemacht werden könnte. Und ohnehin verzichtbar ist.
Wie Die Republik retten? Am einfachsten durch eine Übernahme durch SRF, die haben die Kassen voll, und die Republikaner/innen müsste nicht mal via Brainwash auf rotgrünen Kurs gebracht werden.
Mark Dittli 14. Dezember 2019, 13:29
Die Darstellung, ich habe die Republik nach nur einem Jahr «still und leise» wieder verlassen, ist nicht korrekt. Mein Engagement war von Beginn weg sowohl intern wie auch extern als temporär mit einem 50%-Pensum deklariert, weil ich daneben an einem anderen Medienprojekt (themarket.ch) arbeitete. Es war daher von Beginn weg auch klar, dass ich die Republik wieder verlassen würde, wenn sich das andere Projekt konkretisiert. Mein Austritt wurde sodann auch offen kommuniziert.
Koutchie Dubee 08. Januar 2020, 03:12
Stellenweise legt Herr Zeyer hier Dinge fast bösartig und definitiv tendenziös gegen die Republik und ihre LeserInnen aus. Auch in folgendem Absatz:
> Oder soll die Weltsicht des eigenen Klientels bedient werden, das seine Vorurteile in der «Republik» gespiegelt sehen möchte? Und das sehr ungnädig reagierte, als die «Republik» ein ausgewogenes Porträt des SVP-Exponenten Alfred Heer brachte? (…) Sondern es erhob sich lauter Protest, dass man «so einem» doch keine Plattform in der «Republik» bieten dürfe.
Hierzu zwei einfache Fragen:
1. Wo bitteschön findet sich dieser „laute Protest“? Ich habe soeben die Kommentarspalte zum besagten Artikel gesichtet und das dortige Echo der angeblich so ignoranten Republik-LeserInnen ist summa summarum ausserordentlich positiv (verglichen mit dem üblichen Echo zu anderen Republik-Artikeln).
2. Wo finden sich Belege für die – wenig originelle – Behauptung, das „eigene Klientel möchte seine Vorurteile in der «Republik» gespiegelt sehen“? Ich persönlich habe nach 3/4 Jahr regelmässiger Republik-Lektüre (inkl. unregelmässigen Besuchs der Kommentarspalte) den Eindruck, dass dieses „Klientel“ deutlich heterogener ist, als von Herrn Zeyer offenbar angenommen, und intellektuell durchaus im Stande, mit der einen oder anderen kognitiven Dissonanz umzugehen, die seriöse Berichterstattung auszulösen vermag.
Disclaimer: Ja, ich mag die Republik und lese sie auch aus Überzeugung. Als besonders seriös erachte sie, weil sie a) _durchgehend_ sehr hohe journalistische Standards einhält und nicht bloss in einzelnen „Aushänge“-Artikeln wie etwa der Tages-Anzeiger und b) trotzdem eine Haltung zeigt, die nicht meinen Verstand beleidigt (wie etwa jene der NZZ).
René Zeyer 15. Januar 2020, 13:55
Sie belieben, unter Pseudonym zu kommentieren.
Aber dennoch, Sie haben Fragen gestellt, ich antworte. Da Sie offenbar mir nicht glauben, verweise ich doch gerne auf den Chefredaktor der «Republik», der sein «Erschrecken» äusserte, wie Leser auf den von mir erwähnten Artikel über den SVP-Exponenten reagierten:
https://twitter.com/christof_moser/status/1103326221901926400
Auch hier gilt: zuerst informieren, dann kapieren, dann kommentieren. Und nur Mut, ich reagiere nicht wie die «Republik»-Inquisitoren auf andere Meinungen oder Kritik, Sie dürfen auch Ihren richtigen Namen verwenden.
Koutchie Dubee 20. Januar 2020, 18:38
Lieber Herr Zeyer,
Genau, ich ziehe es vor, solcherlei Debatten unter Pseudonym zu führen, was mir erlaubt, die Hoheit darüber zu behalten, was beim Googeln meines richtigen Namens auftaucht und was nicht. Zudem ist das Schreiben unter einem (solch offensichtlichen) Pseudonym auch immer ein schöner Test, ob der Adressat tatsächlich auf den Inhalt eingeht – oder einfach auf die wenig rühmliche „kill the messenger“-Taktik ausweicht. Diesbezüglich: Gratulation, Test (knapp) bestanden! 😉
Besten Dank für den Link zur Twitter-Diskussion. Ich denke nicht, dass diese auch annähernd einen „lauten Protest“ des „Republik-Klientels“ (das Sie offenbar mit der Person Franziska Schutzbachs gleichsetzen) belegt. Der Stein des Anstosses in Form des Tweets von Schutzbach hat gerade mal 38 Likes und 5 Retweets. (Hint: Schauen Sie doch mal in die Kommentarspalte des erwähnten Artikels, um sich ein etwas umfangreicheres Bild des Leserschafts-Feedbacks zu machen: https://www.republik.ch/dialog?t=article&id=9cb00c15-89ec-4d40-b224-b4bc12826d01 )
Auf meine zweite Frage sind Sie leider _nicht_ eingegangen, weshalb ich davon ausgehe, dass Sie dort ähnlich hervorragend (also gar nicht) recherchiert haben.
Bez. ihrer Feststellung, dass ich Ihnen „offenbar nicht glaube“: Da liegen Sie absolut richtig – wieso sollte ich auch? Aus dem Bauch raus schreiben kann ja schliesslich jeder, nicht wahr?
Einen schönen Abend!