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Recherche

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Auto-Attacke: politische Instrumentalisierung und Medienschlamperei

Inzwischen ist man es sich gewohnt, dass nach einer Gewalttat, die von der Machart her nach einem Anschlag aussieht, sofort versucht wird, daraus politisches Kapital zu schlagen. Nach der tödlichen Auto-Attacke von Münster war es, wenig überraschend, die AfD, die sich insinuierend zu Wort meldete und einen Konnex zur deutschen Flüchtlingspolitik machte. Doch auch internationale Medien trugen nicht eben dazu bei, die Umstände des Vorfalls zu erhellen. So wollte ein rumänischer TV-Sender wissen, dass der Täter ein Kurde gewesen sei. Eine Quelle zur Aussage gab es keine. Und schon fast lustig ist der Übersetzungsfehler britischer Medien, die aus dem deutschen Satzfragment, beim Täter «soll es sich um Jens R. handeln», kurzerhand den vollen Namen Jens R. Handeln bastelten.

Verdeckte Recherche auch für ein «satirisches Experiment» zulässig?

Ein Mitarbeiter des Ringier-Magazins izzy gibt sich am Telefon als Major der Schweizer Armee aus und bringt einen richtigen Angehörigen der Armee dazu, ihm einen Wachtplan zu schicken. Allein Aufgrund der E-Mail-Adresse hätte der Soldat merken müssen, dass er es nicht mit seinesgleichen zu tun hat. Die Schweizer Armee sieht im Vorgehen mit der verdeckten Identität eine «Amtsanmassung» und behält sich rechtliche Schritte vor. Der Chefredaktor von izzy wiederum hält das Vorgehen für gerechtfertigt, da damit «die hierarchiegläubige Kultur in der Armee» aufs Korn genommen wurde. Medienethisch und auch medienrechtlich sind indes Zweifel angebracht, ob der Nachweis der militärischen Hierarchiegbläubigkeit nur mit dem Mittel der verdeckten Recherche erbracht werden konnte. Gemäss den Richtlinien des Presserats sind verdeckte Recherchen «ausnahmsweise zulässig, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an den damit recherchierten Informationen besteht und wenn diese Informationen nicht auf andere Weise beschafft werden können». Der vorliegende Fall scheint diese Voraussetzungen nicht zu erfüllen.

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Ahnungslosigkeit und Ignoranz als Recherchevoraussetzung

Der Berliner Unternehmer Enno Lenze erhält aufgrund seiner anti-rassistischen Tätigkeit regelmässig (Mord)drohungen, auch über Facebook. Nun wollte Lenze für eine Geldsammlung über die «beste» Drohung abstimmen lassen und diese Aktion auf Facebook bewerben. Geht aber nicht. Facebook findet die Drohungen, sie sie zuerst durchgelassen haben, nun plötzlich zu vulgär. Darüber hat Enno Lenze zahlreichen Journalistinnen Weiterlesen …

Alles ist Recherche

Die inflationäre Verwendung des Recherche-Begriffs für jegliche Form journalistischer Fragerei wertet den Begriff ab. Oder anders: Je weniger recherchiert wird, desto offensiver wird die Nicht-Recherche als Recherche verkauft. Anlass genug für Michael Furger, dieser Unsitte in der aktuellen NZZ am Sonntag seine Medienkritik zu widmen.