von Torsten Haeffner

Jeden Tag Krawall

Für viele Redaktionen werden die Online-Kommentere ihrer Leser zunehmend zur Belastung: Sie bringen oft keinen publizistischen Mehrwert und verursachen viel Aufwand bei der Moderation. Der häufig verletzende Ton und Inhalt motivieren Redaktoren nicht eben, sich selbst an den Online-Diskussionen zu ihren Artikeln zu beteiligen.

Erster Teil einer Serie zu Gegenwart und Zukunft der Online-Kommentare.

Früher gab es in eigens dafür ausgewiesenen Spalten der Tages- und Wochenzeitungen einige wenige Leserbriefe. Deren Qualität wurde von der jeweiligen Redaktion geprüft. Der Autor des Leserbriefes wurde mit Namen und Wohnort genannt. Eifrige Leserbriefschreiber, deren Traktate regelmässig veröffentlicht wurden, durften sich in einem gewissen Sinne geadelt fühlen. Und: Die Zuschriften wurden gelesen und manchmal entwickelte sich daraus eine gepflegte Debatte; ein gesittetes Hin und Her der Argumente.
Mit dem Aufkommen der Online-Kommentare wurde alles anders: Jeder Leser kann sofort nach Aufschaltung eines Artikels zu diesem seine Meinung kundtun, sich mit anderen austauschen und neue Informationen hinzufügen.

Eigentlich müssten die Redaktionen, Verlage und die Kommentatoren der Online-News-Plattformen zufriedener denn je sein: Die Leser können sich äussern, kritisieren und ihr Sendungsbewusstsein ad hoc befriedigen, und die Verlage profitieren von zusätzlichem Traffic, einer hohen Dynamik auf ihrer Online-Ausgabe und von neuen Möglichkeiten der Leserbindung.
Doch von Zufriedenheit ist allerorten nur wenig zu spüren. Statt den seriösen Meinungsaustausch zu pflegen, hagelt es häufig übelste Beschimpfungen, immer wieder kommt es zu verbalen Schlägereien unter den Online-Kommentartoren. An den Haaren herbeigezogene Argumentationslogiken und Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Sowas mögen weder Journalisten noch die hinsichtlich Stilempfinden und Inhaltsqualität mehr oder minder anspruchsvollen Leser.

Manchem Redaktor mag beim Ansehen des Sketches «Talkback-Nerds» (Giacobbo/Müller) das Lachen buchstäblich im Halse steckenbleiben.

Denn was Giacobbo/Müller da zeigen, ist der Realität näher, als einem lieb sein kann. Immerhin nimmt die Zahl der zu beanstandenden Kommentaren laut den Verantwortlichen von Blick, NZZ, Tages-Anzeiger, Bild-Online und sueddeutsche.de nicht mehr zu, was vor allem den administrativen und technischen Massnahmen geschuldet sein dürfte.

Neu ist das Problem der entgleisten Online-Kommentare nicht: Stefan Niggemeier, langjähriger Medienredaktor der «Frankfurter Allgemeinen am Sonntag» sowie Gründer und Autor des BILDblog.de beschrieb bereits im März 2008 in seiner klugen Analyse («Wie sag ich’s meinem Randalierer?»), mit welchen Schwierigkeiten die Redaktionen in ihren Online-Kommentaren kämpfen und bezeichnete die ganze Entwicklung als «mühsamen Lernprozess».
Seitdem nimmt der Druck zu. Denn innerhalb der Redaktionsleitungen wird längst darüber geklagt, dass sich die Talkbacks enthemmter Kommentatoren schädlich auf das Image der jeweiligen News-Plattform auswirken und anspruchsvolle Leser die besorgte Frage stellen: «Was muss das für eine Zeitung sein, die solche Leser hat?»

Stefan Plöchinger, Chefredaktor von sueddeutsche.de und Urs Holderegger von NZZ-Online sind sich durchaus bewusst, dass sich ihre Titel ein Image-Problem einhandeln, wenn sich die Qualität der Online-Kommentare nicht verbessert. In beiden Redaktionen werden deshalb eifrig mögliche Problemlösungen diskutiert. Im Fokus ihrer Bemühungen stehen dabei nicht nur die Leser und Kommentatoren, sondern auch die eigenen Redaktoren. Stefan Plöchinger: «Denn der scharfe Ton in den Kommentaren und auch persönliche Angriffe führen dazu, dass wir weniger Lust haben, uns an Diskussionen zu beteiligen.»
Der Stachel sitzt tief: Nicht nur bei der Online-Ausgabe der «Süddeutschen», auch bei Spiegel-Online halten sich mittlerweile einzelne Redaktionsmitglieder damit zurück, ihre Artikel auch online zu publizieren, weil sie die geharnischten und persönlich oft verletzenden Kommentare der Leser fürchten. «Der Aufwand beim Community Management», resümiert Urs Holderegger von NZZ-Online, «nimmt zu. Auf Dauer wird man das nicht mehr nebenher managen können.»

Leserbeiträge

Matthias 16. Juni 2011, 11:30

Schlechte Kultur in den Kommentarspalten kann man nicht auf die Kommentierenden abschieben. Community Management ist nicht wirklich eine neue Disziplin. Wenn sich die Massenmedien online bewegen wollen, müssen sie sich halt endlich damit befassen.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 12:45

Werter Matthias, ich teile Ihre Meinung nicht. Wenn ein Kommentator sich schlecht benimmt, Leute beschimpft und persönlich angreift, so tut er dies bewusst und hat dies auch selbst zu verantworten. Mit bestem Gruss, T. Haeffner

Titus 16. Juni 2011, 11:50

Es gibt einige Kommentar-Schreibende, welche nichts „Entgleisendes“ in ihren Kommentaren sehen. Hier reicht es nicht, sich bloss mit der Frage auseinander zu setzen, wie man diese los wird. Hier stellt sich aus gesellschaftlicher Sicht die Frage, warum es solche Zeitgenossen gibt bzw. was es war, dass sie zu solchen gemacht hat. Um nicht missverstanden zu werden: Ich spreche nicht die Anders- oder Fremdartigkeit einer Meinung an, sondern den falschen Ton bzw. die Unfähigkeit, sich respektvoll zu äussern.

Andere wissen um ihre „Entgleisung“, fühlen sich aber im vermeintlich anonymen Internet sicher, ihre eigenwilligen „Meinung“ nach Stammtisch-Manier frei kund zu tun. Dabei findet auch so eine Art gegenseitiges Aufbauschen statt: Der eine äusserst sich unangebracht, was den anderen dazu motiviert, es ihm gleich zu tun. Hier würde es nach meiner Auffassung reichen, einmal die schlimmsten zehn Prozent zu verbannen. Das motiviert dann auch „die Anständigen“, sich (wieder) zu äussern. Wenn man allerdings damit rechnen muss, angegriffen zu werden, mag man sich auch gar nicht erst äussern. Dann ist Schweigen Gold.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 12:52

Werter Titus, Sie schreiben: „Hier stellt sich aus gesellschaftlicher Sicht die Frage, warum es solche Zeitgenossen gibt bzw. was es war, dass sie zu solchen gemacht hat.“

Die Antwort ist aus meiner Sicht einfach:
1. Es gibt diese Zeitgenossen, weil sie sich anonym äussern können.
2. Was ihnen fehlt, ist Anstand und Respekt vor dem Andersdenkenden.
3. Was sie so aggressiv macht: Möglicherweise jede Menge Frust im eigenen Leben.

Das Fehlen von anerzogenem Respekt und Anstand und erlebter Frust rechtfertigen niemanden, sich gegenüber Dritten despektierlich und verletzend zu verhalten.

In diesem Sinne seien Sie herzlichst gegrüsst,
Torsten Haeffner

Titus 16. Juni 2011, 16:08

@ Torsten Haeffner
Ja, möglicherweise ist es Frust im eigenen Leben. Darüber hätte ich gerne Gewissheit, denn solche entgleisten Kommentare bringen eben auch ans Tageslicht, was jemand tatsächlich denkt und sich nicht verbeisst.

Diese Gewissheit wünschte ich mir als Gesellschaftsteilnehmer, nicht als Leser des Online-Portals X oder Y. Oder anders ausgedrückt: Es wäre nur Oberflächen-Bereinigung, würde man solche Kommentare einfach nur löschen. Es ist auch ein Warnzeichen dafür, dass irgendwo etwas schief läuft. Aber wir sind manchmal Weltmeister im Übertünchen derartiger Entwicklungen, statt die Probleme an der Wurzel anzupacken.

Ein kleiner Anfang könnte ja damit gemacht werden, dass die Online-Portale, die unter solchen Kommentaren leiden, dies thematisieren. Was sind das für Menschen? Was veranlasst sie so, verbal um sich zu schlagen? Was meint der Psychologe dazu 🙂 ? usw.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 12:55

Lieber Titus: Hinsichtlich der Lust „der Anständigen“, sich wieder zu äussern, gebe ich Ihnen vollumfänglich recht. Mir ist diese Lust bei manchen Medien schon lange vergangen und offen gestanden, meide ich diese (nicht einmal schlechten) Medien mittlerweile sogar, einfach weil ich mich nicht in einem Umfeld bewegen möchte, in dessen Kommentarspalten laufend Gift und Galle verbreitet werden.

Mit bestem Gruss
Torsten Haeffner

Martin 16. Juni 2011, 13:59

Welche Schweizer Medien moderieren ihre Kommentare?

Moderieren, nicht vor allem löschen … ich kenne keine einzige Schweizer Medien-Website mit Kommentaren, die moderiert werden. Blogger mit erfolgreichen Kommentarspalten wissen, wie Kommentarmoderation funktioniert, aber das dafür notwendige Engagement möchten Schweizer Medien vermutlich nicht leisten, und die Schreibenden schon gar nicht. Wie viele Schreibende sind in den Kommentarspalten ihrer Artikel präsent?

P.S.:

E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren zu diesem Beitrag abonnieren (wird nach 2 Wochen automatisch deaktiviert).

Wieso ist nach zwei Wochen Schluss?

Thomas Paszti 16. Juni 2011, 15:44

Hallo Martin, gute Frage, warum eigentlich nur zwei Wochen lang? Diesen Vorschlag der IT haben wir nicht hinterfragt, werden wir aber auf jeden Fall nachholen. Vielen Dank für den Hinweis.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 22:04

Sehr geehrter Martin, Sie haben natürlich schon recht, die wenigsten Kommentare werden „moderiert“. So sehr mich das selbst oft stört, habe ich doch ein gewisses Verständnis dafür: Es fehlt schlicht und einfach die Zeit, der Druck in den Redaktionen ist sehr hoch und vielen fehlen Zeit und/oder Reserven, um sich auf Diskussionen einzulassen.
Dies trifft insbesondere auf Diskussionen zu, zu denen etliche Meinungsmeldungen eingehen. Die Leute kommen einfach an ihre Grenzen.
Man kann darüber diskutieren: Wenn die Redaktionen keine Budgets haben, um die Kommentare zu moderieren, sollen sie es halt sein lassen. Das wäre eine Option.
Ich kann beide Seiten irgendwie verstehen: Jene Kommentatoren, die über die fehlende Präsenz der Redaktoren in den Kommentarfunktionen frustriert sind und jene Redaktoren, die einfach unter dem Alltagsdruck nicht mehr die Nerven haben, sich auf langwierige Diskussionen einzulassen.

Mit bestem Gruss, Ihr Torsten Haeffner

Fred David 16. Juni 2011, 16:22

Jegerlis, die Damen und Herren Journalisten mögen sich nicht mehr face to face mit Ihren Kunden, den Usern, Lesern und Käufern auseinandersetzen, weil sie Gescheiteres zu tun haben. Natürlich müssen Blogs moderiert werden, natürlich müssen Journalisten ihren Lesern antworten, natürlich kostet das Zeit, Geld und manchmal Nerven.

In deutschen online-Medien gibt es längst schon differenzierte Modelle, wie man’s machen kann, hier ein Beispiel aus der „Zeit“ (die übrigens sehr gute Debatten zustande kriegt):

“ Dümmer geht’s nimmer

Entfernt wegen Diffamierungen. Die Redaktion/sh
Eine Leser-Empfehlung
Kommentar als bedenklich melden“

Solche Dinge helfen, mehr Disziplin reinzukriegen. Die anonyme Wortmeldung ist hingegen tatsächlich ein Problem, aber auch das lässt sich eingrenzen mit wiederholten Hinweisen, sich möglichst , wie in jeder verbalen Diskussion auch, mit Vollnamen zu melden..

Was glauben Damen und Herren Redaktoren, was zum Beispiel Politiker zu hören und zu lesen kriegen? Sie sollten mal deren tägliche Mail-Flut lesen oder deren Telefonbeantworter mithören (wäre übrigens bereits eine Story-Idee, gewonnen aus dem web). Oder Kundenberater, oder Verkäuferinnen. Die müssen auch Wege finden, damit umzugehen. Ist doch Teil des selbst gewählten Jobs. Und wer behauptet, aus Leserreaktionen liessen sich keine neuen Geschichten generieren, der war zu lange in der geschützten Werkstatt und sollte wieder mal das vollklimatisierte Büro verlassen, dorthin wo’s Leben der Kundschaft spielt.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 22:21

Sehr geehrter Herr David, gestatten Sie mir, dass ich auf die zwei Hauptaspekte Ihres Kommentars explizit eingehe:
1. Als alter Hase im Mediengeschäft (Sie verzeihen mir diese vertrauliche Bezeichnung bitte) wissen Sie ja auch, dass in den Redaktionen heute die Budgets oft schlicht fehlen (das kann man zurecht kritisieren!), um face to face mit den Lesern und Kommentatoren zu kommunizieren. In Anbetracht der Tatsache, dass das Klima in den Kommentarspalten oft rauh ist, fehlt dann oft nicht nur das Budget, sondern auch der Wille. Ein weiterer Aspekt scheint mir hier noch bemerkenswert: Journalisten haben – nach meiner Erfahrung – in ihrer Arbeit weniger den Fokus auf den Leser, sondern eher auf die Nachricht, die Information, die News.

2. Es gibt aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für Verrohung wie sie gegenüber Journalisten, Call-Center-Mitarbeitern, Poltikern oder sonstigen Funktionsträgern täglich verübt werden. Die Zeiten mögen härter geworden sein, das mag stimmen, aber dies rechtfertigt nicht, dass wir einander verbal abschlachten (was Sie auch nicht behauptet haben, nur der Vollständigkeit halber).

Was die Leserreaktionen und die sich daraus ergebenden Story-Chancen betrifft, bitte ich Sie um Geduld. Auch auf diesen Aspekt werden wir in unserer Serie eingehen.

Mit bestem Gruss, Torsten Haeffner

Fred David 16. Juni 2011, 23:04

@) Thorsten Haeffner, Sie schreiben:“Journalisten haben – nach meiner Erfahrung – in ihrer Arbeit weniger den Fokus auf den Leser, sondern eher auf die Nachricht, die Information, die News.“

Dann wird es aber Zeit, dass sich Journalisten mit dem aufdringlichen , lästigen, aber sonst offenbar ziemlich unbekannten Wesen, das unter der Bezeichnung „User“ oder „Leser“ geführt wird, befassen. Denn diese unbekannten Wesen sind die Lebensgrundlage der Publizistik. Ich bin schon etwas perplex, dass dies offenbar eine relativ neue Erkenntnis ist.

Ist das in Journalistenschulen nie ein Thema?

Journalisten sollen Usern und Lesern ja nicht nach dem Mund reden. Aber in ihren vollklimatisierten Newsrooms sollen sie bitteschön von der Existenz dieser Wesen Kenntnis und, wenn’s geht, diese auch noch einigermassen ernst nehmen. Dann gibt es auch weniger Gehässigkeiten und Friktionen in Online-Kommentaren. Liegt irgendwie nahe, finde ich.

Ich setzt jetzt noch einen drauf, weil wir gerade dabei sein: Journalisten sollen sich nicht so jammertüterig benehmen, wenn sie mal leibhaftig ihren Usern und Lesern begegnen. Scheint ohnehin ein seltenes Ereignis zu sein. Und darüber bin ich, offen gesagt, noch immer ein wenig perplex.

Fred David 16. Juni 2011, 23:20

…und eines wollte ich doch noch anfügen: Das Argument, es fehle das Budget, sich mit den Lesern näher zu befassen (Sie kritisieren das ja zu Recht) , halte ich nun für ein ganz schiefes.

Wenn mir die Kozernleitung der Tamedia vorrechnet, sie müsse eine Marge von 15 bis 20 % haben (das sind UBS-Kategorien!), um glücklich zu sein, und auch Ringier mit 8% gut zu Fuss unterwegs ist und auch die NZZ als dritte grosse Mediengruppe in ihrem letzten Geschäftsbericht erfreulich munter gejubelt hat , nicht über die Auflage, aber über den Gewinn – worüber wir uns ja alle freuen -, dann muss man mir nicht kommen, es sei zu wenig Geld für diese Dinge da (das betrifft nicht Sie, ich weiss, Sie haben das ja relativiert). Wenn Journalisten sich das einreden lassen, sind sie selber schuld.

Torsten Haeffner 16. Juni 2011, 23:44

Lieber Herr David, danke für Ihre Antwort.

Zum Thema Rendite: Sie haben absolut recht!

Zum Thema Journalisten, Ausbildung, Leserorientierung etc. pp: Den Leuten fehlen schlicht die Ressourcen, und damit meine ich nicht die finanziellen (verlagsseitig, siehe „Rendite“), sondern rein zeitlich, menschlich.

Gestatten Sie mir folgende Anmerkung: Wir haben heute im Journalismus die gleichen Bedingungen wie in irgendeinem Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb: Die Leute stehen so unter Druck, irgendetwas zu produzieren, das Kohle (also Verkaufszahlen, Klickraten) bringt. Daran werden sie gemessen und nicht an der Anzahl der freundlich und vielleicht mit mehr oder minder grosser Empathie behandelten Reklamationen oder Meinungsäusserungen. Das ist das Problem in diesem Kontext.
Mit bestem Gruss,
Torsten Haeffner

Max Weller 17. Juni 2011, 09:59

„Herren und Damen Redaktoren“ – ist das wirklich Fred David? Oder ein Fall von Identitätsraub?

Konrad Weber 17. Juni 2011, 00:46

Die wichtigesten Punkte wurden in dieser Diskussion eigentlich schon fast alle erwähnt:
– Journalisten sollten künftig nicht nur produzieren, sondern vor allem auch moderieren und zuhören.
– Kommentar-Moderation kostet Zeit und Geld, die es sich lohnt einzusetzen, will sich eine Newssite zur Meinungsplattform mausern.
– Anonyme Kommentare sollten in Zukunft nicht mehr erlaubt werden. Hinweise zu Misständen und Recherchetipps können weiterhin anonym via Kontaktformular an die Redaktion gesandt werden.

Ich bin mir sicher, dass langfristig Newsplattformen vom «Wissen der Masse» profitieren könnten. Dazu habe ich mir unlängst einige Gedanken gemacht und würde mich interessieren, ob ich mit meinen Ideen zu weit gehe.

Torsten Haeffner 17. Juni 2011, 08:22

Sehr geehrter Herr Weber: Sie gehen mit Ihren geschilderten Gedanken keineswegs zu weit. Ich finde sie sehr interessant und denke auch, dass zumindest einige der Ideen und Vorschläge in der ein oder anderen Weise umgesetzt werden. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, „die Dinge“ neu zu denken und das eigene Verhalten an den dann neuen Erkenntnissen auszurichten. Hirn, Herz – und natürlich das liebe Geld – sind die entscheidenden Kriterien.

Beste Grüsse
Torsten Haeffner

Fred David 17. Juni 2011, 10:07

@) Thorsten Haeffner, Sie schreiben:“Daran werden sie gemessen und nicht an der Anzahl der freundlich und vielleicht mit mehr oder minder grosser Empathie behandelten Reklamationen oder Meinungsäusserungen. Das ist das Problem in diesem Kontext.“

Ich kann Ihrer Argumentation nicht folgen. Das ist doch kein gemeinnütziger Liebesdienst, von dem hier die Rede ist, sondern hard selling business: Es geht schlicht um die Kundschaft, die entweder kommt oder irgendwann wegbleibt.

Und viele Medien spüren recht drastisch, wie die – zahlende – Kundschaft mehr und mehr wegbleibt. Online-Medien müssen nicht nur in der Lage sein Clickrates zu generieren, sondern auch eine User-Bindung zu erzeugen, die einiges aushält und die dauerhaft ist. Und das ist anstrengend und kostet natürlich auch Geld und Ressourcen.

Torsten Haeffner 17. Juni 2011, 10:16

Lieber Herr David
Das ist ja nicht meine „Argumentation“, sondern das System, wie Verlage und Redaktionen heute „funktionieren“.

Beste Grüsse
Torsten Haeffner

Fred David 17. Juni 2011, 10:31

…ja schon. Aber Redaktionen bestehen doch aus Journalisten. Dann müssen sie halt auch mal nach Innen, in eigener Sache, ein wenig lauter werden und engagierter auftreten, wenn sie sehen, dass da was falsch läuft. Nach aussen fällt es ihnen ja sonst auch nicht so schwer.

René Rödiger 17. Juni 2011, 17:35

Aus meiner Erfahrung als Online-Redaktor (immerhin schon seit rund 10 Jahren): Die „Schärfe“ der Kommentare hat zugenommen. Die Sensibilität der Redaktionen jedoch ebenfalls.
Wir hatten bei uns lange Zeit die Philosophie, dass möglichst alle Kommentare veröffentlicht werden. Natürlich nur dann, wenn sie niemanden in der Ehre verletzen, diffamierend sind oder gegen das Recht verstossen. Seit dem ein Gericht in St.Gallen jedoch eine Person verurteilt hat, weil sie auf Facebook eine andere Person als „armen Menschen“ bezeichnet hat, gehen wir strenger vor und sichten die Kommentare vor ihrer Veröffentlichung (zuvor haben wir das nachträglich gemacht…).
Kommentare werden bei uns übrigens auch gelöscht, wenn sie nichts zum Thema beitragen, bzw. keinen Bezug zum Thema haben.
Ich glaube, dass man bereits eine Verbesserung der Kommentar-Kultur erreichen würde, wenn man sich über Facebook einloggen könnte (was leider wenige Medienportale bieten). Denn: Unter dem richtigen Namen werden die Kommentare meist milder.

Fred David 18. Juni 2011, 10:55

@) René Rödiger: So, wie sie es schildern, wenden Sie ziemlich viel Zeit auf für die Blog-Pflege. Anders geht es wohl nicht mehr. Ihren Vorschlag, den Zugang mit Klarnamen via Facebook zu limitieren, finde ich interessant, wobei mich einzig die zunehmende Abhängigkeit von Facebook stören würde. Das wird allmählich eine Riesenkrake. Sollte man aber auf alle Fälle prüfen. Geht das technisch problemlos?

René Rödiger 20. Juni 2011, 11:49

Die Technik dazu bietet Facebook bereits an. Bin auch kein grosser Fan eines „Pflicht-Facebook“ für Kommentierende. Für Facebook-Verweigerer könnte man sicher eine andere Schranke einführen. Zum Beispiel, dass eine gültige Handynummer zum Benutzername hinterlegt werden muss. Kann man mit Verifizierung über SMS einfach machen. So hat man im Zweifelsfall einen Kontakt zu diesen Personen und könnte bei rechtlichen Problemen die Nutzer auch ohne grösseren Aufwand eindeutig identifizieren. Müsste natürlich auch so kommuniziert werden.

Konrad Weber 20. Juni 2011, 14:09

Ich kann René nur beipflichten: Die technischen Möglichkeiten (sei es Facebook, Angabe der Wohnadresse oder Authentifizierung via Handy-Nummer) würden bestehen. Eine klare Haltung der Redaktionen und sichtbare Konsequenzen sehe ich allerdings selten bis nie.

Reto Stauffacher 20. Juni 2011, 17:49

Auf Facebook werden die Kommentare alles andere als besser. Meine Redaktion postet von Zeit zu Zeit Online-Artikel auf der Fanseite – diese generieren viele Likes und ebenso viele Kommentare: Aber mehr als „Jaaaa“ und „sheisse“ kommt dabei selten heraus.

Stephan Lichtenhahn 30. Juni 2011, 00:59

Facebook und richtiger Name müssen nun wirklich nicht allzu viel miteinander zu tun haben. Es gibts nichts einfacheres, als bei Facebook ein Zweikonto mit einem Fantasienamen zu führen und sich dann auf diesem Weg doch anonym bei den Foren einzuloggen und Kommentare abzugeben. Via ein Zweitkonto notabene, das durchaus über einen beachtlichen Freundeskreis verfügen kann, weil in der heutigen Zeit viele, sehr viele User auch Leute adden, die sie überhaupt nicht kennen. Hauptsache mehr Freunde.

Fred David 20. Juni 2011, 20:05

@) Reto Stauffacher: Eben, wenn man das Zeug Usern und Lesern einfach hinknallt, in der Attitüde: Guckt gefälligst selber, was ihr damit anfängt, ihr könnt’s auch bleiben lassen, eigentlich seid ihr uns ohnehin ziemlich lästig und als Klickvieh gerade noch brauchbar, dann kommt es exakt so heraus, wie Sie es beschreiben.

Blog-User wollen wie Restaurantgäste vom Wirt möglichst persönlich behandelt werden, so ,dass man merkt, es liegt ihm daran, dass man sich wohl fühlt, dass man wieder kommt und das nächste mal vielleicht das Fünfgangmenue wählt. Gäste, die so behandelt werden, mäkeln auch nicht dauernd an allem herum, selbst wenn die Küche mal nicht ihren grossen Tag hat. Diese Denke ist Journalisten völlig fremd. Aber sie müssen sich daran gewöhnen.

Blogs sind harte , zähe Arbeit für Betrieber, und die Einstellung, man können etwas ankicken und der Rest laufe dann ganz von allein, ist kurzsichtig. Interessant ist Ihr Hinweis auf die vielen Links, die generiert werden. Da liegt in meinen Augen ein Riesenpotential. Aber das will anständig gepflegt werden. Sonst ist Renitenz programmiert.

Reto Stauffacher 20. Juni 2011, 23:04

Das habe ich nicht gemeint, im Gegenteil, meiner Meinung nach sollten die Online-Portale die Kommentar-Funktion ausschalten.
1. Sind die Diskussionen praktisch nie ergiebig, sondern – wie im Artikel richtig erwähnt – von Hasstiraden und Ideologien geprägt. Solche Sprücheklopfer schaden den Plattformen wie NZZ oder TA Online nur. Am besten: Man lässt gar keine Diskussion zu.
2. Eine News-Plattform ist kein Forum! Dafür sind Blogs da, richtige Foren und Facebook.
3. Der Arbeitsaufwand ist in keinem Verhältnis zum Ertrag. Die Online-Redaktionen könnten sich viel Mühe sparen und sich stattdessen auf fehlerfreie Artikel fokussieren…
Ich wiederhole: Ich spreche hier von News-Seiten wie 20 Minuten oder Newsnetz. In Blogs braucht es selbstverständlich zähe Diskussionen mit Einbezug des Bloggers.

Torsten Haeffner 20. Juni 2011, 23:29

Ihr Kommentar, sehr geehrter Herr Stauffacher, gefällt mir sehr gut, auch wenn ich es auf gewisse Weise sehr bedauern würde, wenn es keine Online-Kommentare mehr gäbe.

Aber Sie haben natürlich recht: In den 90iger Jahren predigte man in der Industrie: „Konzentrieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen.“ Es könnte sein, dass diese Devise auch sehr bald in der Medienwelt gilt. Will heissen: Konzentration auf Informationsbeschaffung, -lieferung und -distribution, Interpretation der Information und Deutung der jeweiligen Information im Sinne der vorausschauenden Interpretation (Prognostik). Das wäre das Kerngeschäft der Medien, das nur noch wenige erfüllen (siehe Euro-Debatte, siehe Agentur-Journalismus etc.). Und wenn dieses qualitativ gut erbracht wird, dann sind Medien gut.

Andersherum formuliert: Medien müssen nicht everybodys Darling sein, müssen nicht Verkündungsbecken für x-beliebige Meinungen sein, sondern haben einen klaren Auftrag, nämlich Informationen zu liefern und zu interpretieren, ohne den Leser, Zuschauer, Zuhörer zu manipulieren.

Leserorientierung (vulgo: Kundenorientierung) heisst nicht: des Lesers Meinung zu transportieren und ihn zu befriedigen, sondern vor allem: dem Leser jene Informationen zu vermitteln, die er für die Beurteilung einer wie auch immer gearteten Entscheidung benötigt.

Ich stelle fest: Es gibt nur wenige Medien, die mich dazu befähigen, wie auch immer geartete Entscheidungen zu fällen. Aber vielleicht liegt’s ja auch an meinem Intellekt. ; )))

Danke nochmals für Ihren erfrischenden Kommentar. Ich hoffe auf eine angeregte und auf eine in jeder Hinsicht lösungs- und ergebnisorientierte Debatte.

Beste Grüsse,
Torsten Haeffner

Markus Gräubmann 21. Juni 2011, 08:21

Ich arbeite selber auf einer Online-Redaktion und bin oft in der Situation, dass ich Kommentare freigeben oder zurückweisen muss. Um es vorwegzunehmen: Ich finde die Kommentare in rund 95 % der Fälle überflüssig, ich vermeide deren Lektüre, wo immer es geht. Denn nach meiner Erfahrung bleiben in diesen Foren fast ausschliesslich die ganz Hartnäckigen, Extremen und oft auch Tumben hängen; die restlichen Nutzer machen sich – wenn sie sich überhaupt auf eine Diskussion einlassen – sehr bald wieder davon. Ich vermute, dass oft das Niveau der Diskussion und deren Ton dazu beiträgt, dass an ernsthaften Diskussionen Interessierte schnell wieder verschwinden.

Abhilfe schaffen können in meinen Augen nur zwei Ansätze: Zum einen muss auf Klarnamen bestanden werden. Das heisst aber, dass die Nutzer ihren Account autorisieren müssen. Denkbar sind dazu der bereits erwähnte SMS-Code, ein Freischalt-Code via Postkarte an die Heimadresse oder eine Einschreibung via Kreditkarte. Von einem Facebook-Login halte ich wenig. Auch da lassen sich ohne weiteres eine Vielzahl von Logins unter falschem Namen anlegen.
Zweitens braucht es eine durchgängige Moderation; also nicht nur ein zurückweisen unstatthafter Beiträge, sondern aktive Eingriffe in die Diskussion. Im Falle von Schweizer Medienportalen bedeutete dies aber, dass täglich zwei Redaktoren wohl ausschliesslich für diese Arbeit abgestellt werden müssen. Ob sich diese Investition beim sehr oft dürftigen Ertrag lohnt, zweifle ich an.

Max Trossmann 21. Juni 2011, 12:05

Liebe Fachgenossen (leider keine -genossinnen, warum wohl?), liebe Interessierte, geschätzter Torsten

Immerhin, dieser Wortwechsel hat Niveau und Substanz. Aber da speien ja auch keine Anonymous Gift und Galle. Leider scheint der Schutz der Dunkelheit, sprich der verdeckten Meinungsäusserung, stets nur die Primitivlinge besonders anzulocken und zu „beflügeln“. Abhilfe? 1. Moderieren unumgänglich. 2. Fehlbaren auf die Finger hauen, sie im Wiederholungsfall ausschliessen. 3. Als Newssite überprüfen, ob man Kommentare überhaupt führen will; sie eventuell auf einen affiliierten Blog leiten. 4. Als Normalfall die Angabe des echten Namens einfordern, ansonsten kein Zugang.

Aus meiner Erfahrung im Schweizer Presserat kann ich beifügen, dass wir gut daran tun, das altbewährte Bestehen auf dem vollen Namen (+ evtl. Wohnort) auch im Online-Zeitalter fortzuführen. Zwar haben wir, der Presserat, vor kurzem einen Entscheid publiziert, der dieses Prinzip leicht lockert, aber immer unter der Voraussetzung, dass kein anderer beschimpft, persönlich angegriffen, verleumdet wird. Nachzulesen am Beispiel einer sms-Rubrik im „Oltner Tagblatt“ (www.presserat.ch, Stellungnahme 64/2010).

Beste Grüsse

Max Trossmann

Rodolfo Keller 21. Juni 2011, 12:24

… die Geister, die ich rief …

So richtiges Bedauern mit den Zauberlehrlingen vom Web.2 kommt bei mir leider nicht auf.

Man wollte es den alten, traditionellen, «in eingefahrenen Schienen fahrenden» Zeitungen jetzt mal so richtig zeigen, und propagierte eine «Demokratisierung» des Journalismus. Schluss mit der «Bevormundung durch Journalisten», Basisdemokratie bis zur Selbstzerstörung des Mediums.

Ist aber alles auch nicht so neu. Die Älteren oder Geschichtskundigeren werden sich noch an die «LeserZeitung» erinnern, die in den siebziger Jahren den Journalismus revolutionieren und demokratisieren wollte. Resultat: nach kurzer Zeit ein hochideologisches Blättchen, in dem nur noch die linksten und lautesten das Sagen hatten. Die Postille ist, ohne grossen Schaden für die Presselandschaft, seit langem nur noch Geschichte.

Eine gepflegte Diskussion setzt nun einmal, wenn sich mehr als nur Diskussionspartner mit Stil beteiligen, eine Moderation voraus. Ich bin, als Liberaler von altem Schrot und Korn, zutiefst irgendwelchen formellen Regeln oder gar Zensur abhold – die menschliche Natur zwingt uns allerdings leider ein Stück weit dazu.

Und vor allem: Wer seine journalistischen Perlen Säuen vorwirft, muss sich über das Resultat nicht wundern. Wer schreibt, trägt die Verantwortung nicht nur für das Geschriebene, sondern auch für die Diskussion darüber. Man kann das nicht einfach einer neuen Technik überlassen.

Kaspar Vollenweider 24. Juli 2011, 22:12

Die in den von mir online gelesenen Zeitungen abgesetzten Leserkommentare sind zum Teil tatsächlich haarsträubend. Dies ist, in meinen Augen, eine Fortsetzung der Forenkultur, bei der man ähnliche Diskussionsunkulturen schon seit längerem beobachten kann.

Allerdings sehe ich die Schuld daran (ich beziehe ich mich jetzt auf das Beispiel Newsnetz) auch in der Art der Umsetzung.

In verschiedenen Webforen aller Art sehen wir, das eben dieses Problem mit dem Useraccount angegangen wurde. Anstatt die auf Privatsphäre bedachten Nutzer mit einem Klarnamen und sogar Wohnortangabe zu verscheuchen, sollte man sich ein Forensystem zulegen das einen Account voraussetzt. Ein Userpseudonym mit guter Reputation ist sehr viel mehr wert wie ein Hans Muster aus Schwammedingen der die übelsten Beleidigungen absondert und auch noch gegen die Antirassismus-Strafnorm verstösst.

Bewertungssystem

Mir ist auch nicht klar, weshalb die Macher der Online Zeitungen noch nicht auf die Idee gekommen sind das man ein weiterführendes Bewertungssystem machen könnte. Von vielen positiv bewertete Beiträge werden bevorzugt am Anfang angezeigt.
Wird ein Nutzerbeitrag von einem Nutzer der in der Vergangenheit sehr viele positive Bewertungen erhalten hat positiv bewertet so hat das höheres gewicht wie im umgekehrten Fall.

Damit könnten sich die Zeitungsportale meiner Meinung nach sehr viel von dem Moderationsaufwand sparen – Die Nutzer würden sich bis zu einem gewissen Grad selber moderieren.

Ausserdem hätte dies natürlich auch einen in sich steigernden effekt, da die sich steigernde Qualität der Beiträge Nutzer anzieht welche die Qualität noch mehr steigern könnten.

Torsten Haeffner 24. Juli 2011, 22:40

Werter Herr Vollenweider
Danke für Ihren Kommentar. Ich finde Ihre Idee, dass die am positivsten bewerteten Kommentare sozusagen am Anfang gelistet werden, sehr interessant.

Ich bin gespannt, was die von Ihnen angesprochenen Medien dazu zu sagen haben und wünsche Ihnen eine gute Resonanz!

Mit besten Grüssen
Torsten Haeffner

Rodolfo Keller 26. Juli 2011, 00:12

Die Idee der Selbstregulierung durch Zustimmung oder Ablehnung ist bestechend, weil einfach.

Sie birgt aber auch Gefahren, weil
– selbstverstärkende Systeme grundsätzlich gefährlich sind (Kooptation in Firmen, Vereinen etc, „Schmetterlingsprinzip“).

– selbstverstärkende Systeme leicht zu manipulieren sind (erinnern wir uns doch an die Geschichten mit fragwürdigen TED-Umfragen vor ein paar Jahren).

Algorithmen sind für Suchmaschinen und tausend andere Anwendungen ein gutes Hilfsmittel – für die Moderation einer Diskussion unter Menschen taugen sie nicht. Denn sie können mit der Kreativität guter Diskussionsteilnehmer nicht umgehen – das können nur ebenso kreative Moderatoren.

Wir können also die Redaktionen definitiv nicht aus der Verantwortung entlassen.

Kaspar Vollenweider 26. Juli 2011, 23:42

Es wurde auch nicht befürwortet das die Redaktion die Kommentatorenspalten komplett sich selber überlässt.

Algorithmen sind für Suchmaschinen und tausend andere Anwendungen ein gutes Hilfsmittel – für die Moderation einer Diskussion unter Menschen taugen sie nicht. Denn sie können mit der Kreativität guter Diskussionsteilnehmer nicht umgehen – das können nur ebenso kreative Moderatoren.

Einverstanden, wenn aber die Algorithmen mit Bewertungen der „kreativen“ Nutzer arbeiten, so können sie sehr wohl zum Erfolg führen. Klar lässt sich so ein System manipulieren, das konnte man ja auch bei Googles Pagerank sehr gut sehen, aber die zeitliche und finanzielle Motivation ist sicherlich einiges geringer wenn potentielle Manipulatoren keine kommerzielle Ziele haben können.

Die technischen Möglichkeiten der Betreiber dies zu verhindern sind ausserdem viel grösser als Googles, denn sie haben im Gegensatz zu Google, die absolute Herrschaft über das, verglichen mit dem Internet, winzig kleine Kommentaruniversum einer Onlinetageszeitung. Eine Linkfarm kann durch Google nicht verhindert oder gelöscht, sondern höchstens ignoriert werden.

Wenn die Nutzer nicht Kreativ sind und mangelhafte Kommentare gut bewerten, so kann sich das die Onlinezeitung auf die eigene Fahne schreiben, denn sie lockt mit der Qualität ihrer Artikel eben genau die Kommentatoren an die sie verdient hat.

Wenn ich mich wieder auf Newsnetz beziehen darf, so muss ich leider ehrlich sagen dass dieses Portal leider manchmal Artikel online stellt, die kein kreatives und positives Kommentarpublikum anziehen können. Diesen stempel möchte ich nicht dem Ganzen Newsnetz Staaf aufdrücken, es findet sich da auch durchaus lesenswertes, aber manchmal finden sich da so reisserische Exemplare, das es von bekannten Boulevardmedien z.T. kaum übertroffen werden könnte.

Es werden bei Newsnetz ja alle Kommentare zuerst von der Redaktion geprüft. Ich habe aber beobachtet das da zum Teil sogar Kommentare durch gewunken wurden welche eindeutig gegen die Antirassismusstrafnorm verstossen haben. Es bleibt also zu hoffen das die Newsnetz Redaktion in diesem Fall nur, blind und ohne zu lesen, den Kommentar gutgeheissen hat. In jedem Fall zeigt mein Beispiel, dass eine solche redaktionelle Betreuung wie wir sie bei Newsnetz sehen, schlicht weg nicht der Weg sein kann. Es ist getrost zu Behaupten, das diese Fehler nur zwei Ursachen haben können: Überlastung oder Unwillen sich dem unbeliebten Kommentarfreischalten zu widmen. Es ist also ein Mittel und eine Stütze notwendig. Es kann nicht angehen das irgend jemand hunderte Kommentare durchlesen und durchklicken muss – Fehler wie der jenige in meinem Beispiel sind vorprogrammiert.

Hans Moser 23. November 2014, 18:20

Warum die grosse Aufregung? Es steht den Redaktionen doch frei, auszuwählen, was publiziert werden soll und den Rest stillschweigend zu entsorgen.