von Nick Lüthi

Einmal zahlen, überall lesen

Alle wollen die Paywall, erst wenige haben sie erfolgreich umgesetzt; auch deshalb, weil die meisten Medien den Alleingang wählen. Nicht so in Osteuropa: in drei Ländern gibt es eine «nationale Paywall». Beim Flaterate-Modell zahlt der Nutzer einmal und liest überall. Die MEDIENWOCHE hat sich in Bratislava beim Paywall-Betreiber und in verschiedenen Medienhäusern umgehört.

Nur noch das «Times»-Café im Parterre des markanten Büroturms am Rande des Stadtzentrums von Bratislava erinnert an dessen Vergangenheit als Medienhaus. Im «Tower 115» residierten einst zahlreiche slowakische Zeitungen. Heute bietet der zwischen Parkplätzen und Stadtautobahn aufragende Komplex vor allem Finanz- und Handelsunternehmen einen mehr oder weniger repräsentativen Firmensitz. Hier im «Times»-Café habe er die zündende Idee gehabt, sagt Tomáš Bella.

Seine Vision vor zwei Jahren: ein einheitliches Bezahlmodell für alle Online-Medien der Slowakei. Mit seiner Firma würde er die Paywall bereitstellen und unterhalten. Das klingt zuerst einmal ziemlich vermessen. Weshalb sollten konkurrierende Medien mit unterschiedlichen Online-Strategien ausgerechnet einem Jungunternehmer vertrauen bei einem so wichtigen Geschäft? Heute zeigt sich: Die «nationale Paywall» funktioniert. Und nicht nur in der Slowakei. Auch in Slowenien und seit Mitte Juli in Polen setzt ein Grossteil der Online-Medien auf die Lösung von Piano Media, die Bella im Herbst 2010 gegründet hat. Damit hilft die junge Firma aus Bratislava den Medien in Osteuropa nicht nur eine neue Geldquelle zu erschliessen, sondern leistet auch einen wichtigen Denkanstoss in der Debatte über kostenpflichtige Online-Inhalte und wie man die Gratisleser zum Zahlen bringt.

Nach jahrelangem Gejammer über die schädliche Gratiskultur im Internet machen sich Zeitungsverlage weltweit daran, ihre Inhalte im Netz kostenpflichtig anzubieten. In der Schweiz haben in den vergangenen Wochen und Monaten mit Tamedia, Ringier und AZ Medien gleich drei der grössten Verlagshäuser laut über Paywall-Lösungen für einen Teil ihrer Online-Angebote nachgedacht. Die Neue Zürcher Zeitung ist bereits einen Schritt weiter und beginnt in den nächsten Monaten damit, ihre Bezahlschranke zu senken. Am weitesten ist «Le Temps». Die Westschweizer Zeitung führte ihre Paywall bereits im Januar 2011 ein, zwei Monate, bevor die New York Times den gleichen Schritt unternahm und seither weltweit als Vorbild dafür gilt.

Die «Graue Lady» hat ihre Bezahllösung so eingerichtet, dass der Leser nicht direkt Kasse gebeten wird, sondern erst bei regelmässiger Lektüre. Mit der damit gewährleisteten Zugänglichkeit für Gelegenheitsnutzer bleiben die Seiten auch als Werbefläche attraktiv. So einleuchtend das Modell, so kompliziert seine Umsetzung. Das musste auch die NZZ erfahren. Gegenüber dem ursprünglichen Projektfahrplan liegt die Zürcher Zeitung bereits ein halbes Jahr im Rückstand. Anderen Verlagen wird es nicht besser ergehen. Zumal dann, wenn sie das Rad selbst neu erfinden und ihre eigene Paywall entwickeln wollen. Das beansprucht Geld, Zeit und Ressourcen, die anderweitig fehlen. Und selbst wenn einmal alles reibungslos funktionieren sollte, bleibt ein grosses Manko: Der Leser muss sich mit so vielen Bezahllösungen und Abrechnungsmodellen herumschlagen, wie es kostenpflichtige Medien gibt.

Diesem Dilemma ein Schnippchen geschlagen hat die «nationale Paywall», wie sie nun schon in drei Ländern Osteuropas steht. Hier zahlt der Nutzer einmal und liest überall. Seit Mai 2011 gibt es in der Slowakei für 3.90 Euro pro Monat freien Zugriff auf rund 50 Premium-Angebote aus 11 Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Ähnlich funktioniert das Modell in Slowenien, die Paywall seit seit Anfang steht.  In Polen haben sich im Juli 42 Titel für die Zusammenarbeit mit Piano Media entschieden. Von den Einnahmen gehen 30 Prozent an Piano, 40 an denjenigen Titel, bei dem der Leser sein Login gekauft hat. Die restlichen 30 Prozent verteilen sich anteilmässig auf jene Medien, die der Leser neben seinem Leibblatt auch noch nutzt.

Da nur einzelne Rubriken und Dienste der jeweiligen Online-Angebote mit dem Piano-Login zugänglich sind – meist die aufwändigeren und exklusiven Geschichten – wird die Laufkundschaft nicht vergrault; News gibt es weiterhin gratis. Damit bleiben die Websites auch für die Werbung attraktiv. Auf diese Weise erreicht das Piano-System das gleiche Ziel, wie eine «metered Paywall» à la New York Times oder NZZ: Die Leser zum Zahlen bringen, ohne gleichzeitig auf Werbeeinnahmen verzichten zu müssen.

Dass das Modell einer «nationalen Paywall» erstmals in der Slowakei erfolgreich umgesetzt werden konnte, überrascht nur auf den ersten Blick. Beim zweiten zeigt sich, das das kleine Land (5 Mio. Einwohner) geradezu ideale Voraussetzungen bietet für eine verlagsübergreifende Bezahllösung für Online-Inhalte: Zum einen gibt es in einem kleinen Land wenige Medien und Verlage, mit denen man sich auf eine Lösung einigen muss, damit die Paywall flächendeckend greift. Zum anderen braucht man keinen Gratis-Overspill zu befürchten von ausländischen Medien, da in keinem anderen Land Slowakisch gesprochen wird. Es reicht also, die einheimischen Medien ins Boot zu holen. Ausserdem sind in einem kleinen Land die Wege kurz; man kennt und vertraut sich. Tomáš Bella hat zehn Jahre als Online-Redaktor bei der Tageszeitung SME gearbeitet und war deshalb mit dem Online-Geschäft eines seiner künftigen Schlüsselkunden bestens vertraut.

Für die Verlage wiederum ist die Lösung von Piano Media ein Glücksfall: Ohne das Risiko einer Fehlinvestitionen in Kauf nehmen zu müssen, können sie sich eine Paywall leisten. Allerdings nicht zur Freude der Leser. Piano-Gründer und CEO Tomáš Bella weiss von teils heftigen Reaktionen zu berichten. «Die Leute sind natürlich nie glücklich, wenn etwas plötzlich kostet, das vorher gratis erhältlich war. Am Anfang sind die Reaktionen am heftigsten, aber mit der Zeit lässt das nach.» Ausserdem sei es ja nicht so, dass es nichts mehr gratis gibt im Netz. Die Verlage entscheiden selbst, welche Ressorts und Dienste sie nur noch kostenpflichtig anbieten. Abgesehen von den negativen Reaktionen war Bella aber überrascht von der grossen Zahlungsbereitschaft. Viele hätten bereits bezahlt, bevor sie überhaupt ein Angebot nutzten. Bella vergleicht das mit der Psychologie des Pay-TV: «Man kauft das ganze Paket, um ja nichts zu verpassen, obwohl von Anfang an klar ist, dass man nur einen Bruchteil des Angebots nutzen wird.»

Auch nach mehr als einem Jahr seit dem Start bleibt die «nationale Paywall» in der Slowakei für die Verlage ein Experiment. So gilt es immer wieder aufs Neue herauszufinden, welche Angebote sich am besten für die Kostenpflicht eigenen. Schliesslich gilt es eine sinnvolle – und vor allem lukrative – Balance zwischen den werbe- und nutzerfinanzierten Teilen des gesamten Online-Angebots zu finden. Dabei können die Verlage auf die Nutzerstatistiken von Piano Media zurückgreifen. «Wir verstehen uns auch als Beratungsunternehmen», erklärt Tomáš Bella. «Je bessere Daten wir generieren, desto besser können wir den Verlagen auch empfehlen, welche Inhalte sich eignen, hinter die Paywall gestellt zu werden.»

Erfreuliche Auswirkungen hat die Paywall auf die Leserkommentare. «Mit der Paywall hat sich die Qualität der Kommentare schlagartig verbessert», sagt Radoslav Augustin, Projektmanager beim Portal der Tageszeitung SME. Auf SME.sk können nur noch drei Kommentare kostenlos veröffentlicht werden. Wer ein grösseres Mitteilungsbedürfnis hat, muss zahlen. Damit ging die Zahl der täglichen Lesermitteilungen von 9000 auf 5000 zurück. Weniger Kommentare mit eine verbesserte Qualität sind ein Gewinn für Redaktion und Leser: SME.sk konnte die Kommentarmoderation abschaffen und so zwei Stellen einsparen, die Leser wiederum profitieren von übersichtlicheren Diskussionssträngen.

Neben solch erfreulichen Begleiterscheinungen, geht es im Kern darum mit einer Paywall im Netz Geld zu verdienen. Genaue Zahlen dazu erfährt man Piano Media und den Verlagen keine. Einen Einblick bietet Jakub Kratochvil, Online-Redaktor beim Nachrichtenmagazin Týždeň. Er sagt: «Werbung und die Einnahmen der Paywall bringen uns raus.» Die Website des Magazins ist dank der Paywall selbsttragend. Von SME.sk erfährt man immerhin soviel, dass die Einnahmen aus der Paywall weniger als 10 Prozent der gesamten Online-Einnahmen ausmachen (Stand Februar 2012). «Piano gibt uns ‚extra money’», sagt Radoslav Augustin. «Die Paywall deckt Bereiche ab, die von der Online-Werbung schlecht erfasst werden.» Damit meint Augustin Kommentare oder Leitartikel, generell anspruchsvollere Formate, die weniger Leser anziehen als die reinen News und daher für Werbung weniger attraktiv sind.

Eine Befragung von slowakischen Internetnutzern brachte zutage, dass es vor allem Besserverdienende und am politischen Geschehen Interessierte sind, die für Online-Inhalte zu bezahlen bereit sind. Daher sei auch die Preiserhöhung nach einem knappen Jahr für den monatlichen Zugang von 2.90 Euro auf 3.90 kein Problem gewesen, weiss Valér Kot, der im Management von Piano Media für die technische Umsetzung der Paywall zuständig ist. «Die ‚Gorilla-Affäre‘, ein Korruptionsskandal in der slowakischen Politik, brachte uns Anfang Jahr zusätzlichen Zulauf, weil die Leute gut informiert sein wollten», sagt Valér Kot im Gespräch mit der MEDIENWOCHE. «Und die kompetenteste Berichterstattung zur Affäre gab es nur hinter der Paywall.»

Mit der bisherigen Entwicklung kann Piano Media mehr als zufrieden sein. Die junge Firma hatte die richtige Idee zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und damit einen Volltreffer gelandet. Das sehen auch die Investoren so. Für die Expansion in weitere Länder hat das slowakische Unternehmen im April zwei Millionen Euro an Risikokapital erhalten. Auch in den öffentlichen Reaktionen kommt das Start-up nur gut weg. Vor allem englischsprachige Fachmedien berichten ausführlich über das Paywall-Modell aus der Slowakei. Das Piano-System gilt als Ei des Kolumbus. Von allfälligen Risiken und Nebenwirkungen mag niemand reden, obwohl sich eine Frage geradezu aufdrängt: jene nach der Abhängigkeit. Im Unterschied zu anderen Dienstleistern für die gesamte Branche, wie etwa Archive oder Nachrichtenagenturen (in der Schweiz SMD und SDA), sind bei Piano Media die Verlage Kunden und nicht Miteigentümer oder Partner. Solange die Paywall nur «extra money» einbringt, mag das unproblematisch erscheinen. Wenn aber der Online-Bereich – wie von den Verlagen erhofft – an kommerzieller Bedeutung gewinnt, kann es sich zu einem Nachteil entwickeln, wenn eine ganze Branche in einem strategisch zentralen Geschäftsfeld von einem einzigen Dienstleister abhängig ist. Zudem kann sich die monopolähnliche Stellung des Paywall-Anbieters innovationshemmend auswirken. Wenn das Geschäft mit den Online-Inhalten an einen externen Anbieter delegiert werden kann, gibt es weniger Anreize, um andere, vielleicht sogar bessere, Bezahllösungen zu entwickeln. Fragen, die bald auch ausserhalb Osteuropas interessieren dürften, denn Piano Media will weiter expandieren; weltweit.

Ob sich das Modell einer «nationalen Paywall» auf beliebige Medienmärkte übertragen lässt, gilt es aber erst noch zu beweisen. Die drei Länder, in denen Piano mit einer Paywall aktiv ist (Slowakei, Slowenien und Polen), weisen das gemeinsame Merkmal einer «exklusiven» Landessprache auf, die ausserhalb der Grenzen nicht gesprochen wird, womit die Erfolgswahrscheinlichkeiten einer nationalen Bezahllösung nicht durch ausländische Gratisangebote kompromittiert werden können. Aber Tomáš Bella wäre ein schlechter Geschäftsmann, wenn er die Bedeutung der Sprache für den Erfolg seiner Paywall-Lösung nicht relativeren würde: «Die Sprache muss nicht der Schlüsselfaktor für den Erfolg sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass unser Modell auch in geografisch abgrenzbaren Märkten funktioniert, wo regionale Content-Bündel mit unserer Paywall angeboten werden könnten.» Für die Startphase sei er aber schon froh gewesen, dass er sich nicht mit Schweizer Verhältnissen habe herumschlagen müssen.

Bild: Flickr/Ute Vogel (CC BY-SA 2.0)

Leserbeiträge

Martin Steiger 22. August 2012, 14:01

Die Preisgestaltung dürfte auch zum Erfolg beigetragen haben: 3.90 Euro pro Monat bewegt sich in einer völlig anderen Dimension als die 35 Franken, die allein für die digitale NZZ pro Monat (im Jahresabonnement) fällig werden.

Nick Lüthi 23. August 2012, 08:56

Sicher sind 3.90 Euro wenig, wobei dieser Betrag an den Lebenshaltungskosten in der Slowakei gemessen muss.

bugsierer 22. August 2012, 19:21

sehr interessant. – weisst du zufällig, wie der zahlungsprozess vonstatten geht?

Nick Lüthi 23. August 2012, 08:53

Ganz einfach: Login erstellen, Dauer des Abo wählen (Woche, Monat oder Jahr), mit Kreditkarte oder PayPal bezahlen. Siehe auch hier.

o aus h 23. August 2012, 09:27

Was ich mich nur frage, ist ein solches gemeinsames Vermarktungsmodell aller Verlage mit dem [deutschen] Kartellrecht vereinbar? Die gemeinsame Videoplattform der Privatsender war es jedenfalls nicht.

ykw 23. August 2012, 09:40

„Auf SME.sk können nur noch drei Kommentare kostenlos veröffentlicht werden. “

Pro Monat? Pro Tag? Insgesamt?

Nick Lüthi 24. August 2012, 11:02

Insgesamt, dann wird man zur Kasse gebeten.

TurNichtsZurSache 23. August 2012, 12:00

„Paywalls“ kennen wir schon aus der realen Welt. Die werden z.B. von Privatschulen und Privatunis genutzt, damit der gemein Pöbel sich nicht anschickt, in die Welt der Reichen und Schönen einzudringen.
„Paywalls“ gibt es auch bei anderen Dingen, wie z.B. Zeitungen. Weil man aber die Infos auch konstenlos und aktueller im Netz bekommen kann, zahlt man da auch nicht mehr so gern.
Und nun wird die „Paywall“ auch noch zur Zensur eingesetzt. Naja, nicht direkt Zensur, aber wer diskutieren will, der muss eben zahlen. Damit vertreibt man natürlich viele Poster…und verzichtet damit auf einen recht großen Teil des Meinungsspektrums. Denn wer zahlt dafür? Genau, die, die das Angebot ohnehin toll finden. Und wer zahlt nicht? Die, die nur mal eben ihre Meinung äußern wollen, aber an dem Angebot kein Interesse haben. Wer also kritische Meinungen Außenstehender vermeiden möchte, verschanzt sich hinter seiner Paywall und lebt in seinem rosa Lalaland, wo sich alle lieb haben und niemand ein böses Wort sagt.
Herzlich willkommen im Internet. User werden abwandern und dann könnt ihr sehen, wo die tollen Pageimpressions und Klickraten herkommen. Aber nachher nicht beschweren, dass niemand mehr mag.

kleitos 23. August 2012, 12:39

Hört sich eigentlich nach einer guten Idee an. Allerdings nur, wenn ich auch per PaySafe oder ähnlichen anonymen und flüchtigen Zahlungsmodellen bezahlen kann.

Was mir etwas sauer dabei aufstösst ist die Frage, was mit den Abrechnungsdaten geschieht in denen ja drinstehen muss, was ich wann gelesen habe oder wollte. Und das geht niemanden etwas an.

Die Datenschutzrichtlinien des Paywall-Anbieters müssten da schon sehr strikt sein, um mich zu überzeugen und selbst dann kann ich meine Bauchschmerzen bezüglich Datensammlungen nur schwerlich ignorieren.

Nick Lüthi 24. August 2012, 15:28

Zahlen kann man auch mit PayPal. Kundendaten werden genutzt, aber nicht persönliche Daten wie E-Mail oder Telefonnummer: «Customer gives his consent to Provider which allows the latter to provide third party with Customer’s data which are not personal (e-mail, telephone number); third party being in contractual relationship with Provider and being the one via which Customer registered to System.»

Mark 23. August 2012, 13:07

Wie hat sich die Paywall eigentlich bei Le Temps ausgewirkt? Dort kann man nichts mehr lesen, wenn man nicht bezahlt.

Nick Lüthi 24. August 2012, 15:33

Stimmt so nicht. Le Temps bietet Zugang zum gesamten Online-Angebot mit einem kostenlosen Login. Die metered Paywall greift erst nacht einer bestimmten Anzahl Zugriffe.

Thomas Knüwer 23. August 2012, 16:22

Bitte sagen Sie mir, dass ich einen Denkfehler habe. Aber für mich bedeutet dies: Jedes der Objekte hinter dieser „Flatrate“ erhält pro Nutzer monatlich 7 Cent. Das bedeutet: Bei einem TKP von 3 bedeutet das: Schon 24 Seitenabrufe/Monat weniger durch die Paywall machen das System unrentabel.

Nick Lüthi 24. August 2012, 15:53

In der Annahme, dass ich Sie richtig verstanden habe, wäre es möglich, dass Sie folgenden Denkfehler machen: Da der überwiegende Teil des Angebots weiterhin frei zugänglich bleibt und nur ausgewählte Rubriken und Dienste kostenpflichtig sind (bei SME.sk sind es maximal 2 Objekte auf der Startseite), gibt es keine Ertragsminderung, wie Sie sie beschreiben.

mein name 23. August 2012, 17:22

Ich halte das Modell doch fuer etwas bedenklich:

Zuerst einmal, wenn sich schon ueber die monopolistische Stellung des Vermittlers beschwert wird, kann man auch sagen, dass dieses Modell den Wettbewerb zwischen den Verlagen verringert, schliesslich verdient jeder auch an dem anderen, solange die Flatrate gezahlt wird. Das muss man diskutieren, wie es bewertet wird, ist eine andere Frage.

Ausserdem, apropos Wettbewerb: die meisten Menschen sprechen Englisch, deshalb ist eine ,,exklusive Sprache“ auch nur begrenzt praktisch.

Das viel wichtigere ist aber, dass dadurch der groesste Wert des Internets verloren geht: die Moeglichkeit, dass jeder (einen Internetanschluss, der leider auch kostet, vorrausgesetzt) umsonst sich allumfassend informieren kann. Stattdessen wird Wissen wieder eingezaeunt und nur den zahlenden (Mittelschicht-)Kunden zur Verfuegung gestellt.

Ueli Custer 24. August 2012, 12:17

Wunderbar, dass es diese technische Lösung schon gibt. Ich bin schon lange der Überzeugung, dass nur eine gemeinsame Paywall wirklich erfolgreich sein wird. Die ganz grossen brauchen sie vielleicht nicht, könnten aber die Kleineren zum Wohle der gesamten Schweizer Presse unterstützen, wenn sie sich einem solchen Modell anschliessen würden. Die Frage ist nur, ob Solidarität in der heutigen zeit noch jemanden interessiert.

Leo Nauber 29. August 2012, 15:08

Ja genau, mit dem GA kann ich auch SBB, Tram, Bus, Schiff… fahren.

Ueli Custer 10. Januar 2014, 12:32

Ich kann es mir nicht verkneifen: In der Werbewoche Nr. 40 vom 19.11.2009 habe ich in einem Beitrag mit dem Titel „So hat die gedruckte Tagespresse Zukunft“ unter anderem folgendes geschrieben:
„Alle Tageszeitungen, die sich entschliessen können, ihre wertvollen Inhalte nicht mehr allgemein zugänglich zu machen, müssten sich zusammenschliessen. Sie könnten die Mitgliedschaft in einem Presseclub anbieten. Diese Mitgliedschaft ermöglicht es, auf den Websites aller mitmachenden Titel auf die wertvollen Inhalt zugreifen zu können. Die Jahrsgebühr dafür könnte zum Beispiel 30 Franken betragen und zusammen mit dem Jahresabo der Printausgabe belastet werden. In der digitalen Welt heisst das Flat-Rate. Wie die Erfahrungen aus andern Bereichen (Internetzugang, Telefongebühren, Abos für die öV-Nutzung) zeigen, sind solche Angebote sehr beliebt – sogar dann, wenn die Kunden damit nicht in jedem Fall günstiger wegkommen. “
Vielleicht wird die Werbewoche ja in Osteuropa aufmerksamer gelesen als in schweizerischen Verlagshäusern…