Neuer Streitpunkt: TV-Werbung
Die SRG will ihr Online-Angebot möglichst schnell für Werbung öffnen, die Verleger fordern nun auch ein Verbot der TV-Werbung. Findet sich kein Kompromiss, entscheidet die Politik nach eigenem Ermessen. Das wäre schlecht für alle.
Zwar hat die längst fällig Debatte um die Zukunft des Service public noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen, aber hinter den Kulissen herrscht bereits rege Betriebsamkeit: Anhörungen vor Parlamentskommissionen und Medienkommission, wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema und ein Bundesrat, der im kommenden Jahr einen Bericht veröffentlichen will.
Die Eidgenössische Medienkommission Emek versucht sich derzeit einen Reim darauf zu machen, wie der Service public der Medien in Zukunft aussehen und finanziert werden soll. Dazu lud die Kommission vor einer Woche Vertreterinnen und Vertreter von SRG, Verlagen und Berufsverbänden zu einer öffentliche Anhörung. Während sich zur Frage der inhaltlichen Ausgestaltung eines medialen Service public noch keine klaren Konturen abzeichnen, haben Verleger und SRG in einem anderen zentralen Punkt ihre Postionen bezogen: es geht um die Frage der Werbung in Schweizer Radio und Fernsehen.
Ein bisschen dramatisch klingt es schon, wenn Tamedia-Präsident Pietro Supino festhält: «Langfristig können wir nicht überleben mit einer SRG als Konkurrenz.» Das ist natürlich übertrieben, legitimiert aber die Maximalforderung nach einem kompletten Werbeverbot für Schweizer Radio und Fernsehen. «Die SRG braucht keine Werbung», sagte Supino an der Emek-Anhörung. Anfang Jahr lancierte Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument die Idee einer werbefreien SRG und man dachte zuerst an einen präsidialen Alleingang. Inzwischen vertreten auch andere Präsidiumsmitglieder, wie eben Pietro Supino, die radikale Forderung. Ihre Rechnung geht so: Da mittelfristig mehr Haushalte gebührenpflichtig würden, vermögen diese zusätzlichen Mittel den Ausfall von Werbeeinnahmen weitgehend zu kompensieren.
Die SRG, an der Emek-Anhörung vertreten u.a. durch SRF-Kulturchefin Natalie Wappler, geht ebenso auf Tutti und plädiert für einen Ausbau der Online-Aktivitäten, also just jenes Bereichs, der den Verlegern seit jeher ein Dorn im Auge ist. Mit «Ausbau» meint die SRG auch die kommerzielle Öffnung ihres Web-Angebots, das sei eine «hoch geschätzte Werbeplattform», sagte Wappler. Eine finanzielle Schwächung der SRG könne auch nicht im Interesse der Verleger sein, weil damit nur die ausländischen Wettbewerber gestärkt würden.
In der zentralen Frage der Finanzierung des Service public gibt es vorderhand keinen Spielraum für Kompromisse. Die Positionen von Verlegern und SRG bewegen sich sogar diametral voneinander weg. Ging es den privaten Medienhäusern ursprünglich um ein Verbot der Online-Werbung, fordern sie nun ein komplettes Werbeverbot. Die SRG plädiert für möglichst grossen publizistischen und kommerziellen Spielraum auf all ihren Kanälen.
Wenn sich Verleger und SRG zu keinem Kompromiss finden, entscheidet der Bundesrat. Bereits im Mai 2013 sprach sich die Regierung in einem Grundsatzentscheid dafür aus, der SRG Online-Werbung zu erlauben. Das Machtwort wäre nicht erforderlich gewesen, hätten sich Verleger und SRG in den vorausgegangenen Gesprächen einigen können. So wird es auch in Zukunft laufen. Wenn sich die Kontrahenten nicht zusammenraufen, entscheiden die Behörden. Und wie sich immer wieder zeigt: in der Tendenz zu Gunsten der SRG.
Das sind keine guten Aussichten. Für die Verleger nicht, weil sie mit grosser Wahrscheinlichkeit den Kürzeren ziehen werden. Aber auch für die SRG nicht, weil sie mit für sie massgeschneiderten Bundesratsentscheiden noch stärker als bisher in den Ruch als «Staatsbetrieb» gerät.