Von der langen Bank direkt ins Abseits
Kein Ruhmesblatt für den Schweizer Presserat: Ein aktueller Entscheid, den das Gremium mehr als ein Jahr vor sich hergeschoben hat, wirkt praxisfern und würdigt die Bemühungen der gerügten Schweizerischen Depeschenagentur SDA um Korrektheit ihrer Berichterstattung nicht angemessen.
Dem Gegenstand der folgenden Zeilen angemessen, dürfte dieser Text frühestens in einem Jahr erscheinen. Da sich bis dann niemand mehr für das Geschriebene interessiert, ziehen wir eine Publikation vor. Ein bisschen Beschleunigung täte auch dem Schweizer Presserat gut. Geschlagene 13 Monate benötigte das Ethikgremium um eine ziemlich harmlose Beschwerde ziemlich zweifelhaft zu behandeln.
Es ging um die Frage, ob die Schweizerische Depeschenagentur SDA gegen die Berichtigungspflicht verstossen hatte, als sie es unterliess, ihren Kunden ein Korrigendum zukommen zu lassen und eine irrtümlich verwendete Zahl zu berichtigen. Ja, hat sie. Und zwar ohne wenn und aber, kam kürzlich das Präsidium des Presserats zum klaren Schluss: Die Beschwerde wird gutgeheissen.
Punkt. Mit Genugtuung wird das jene nicht näher bekannte Privatperson zur Kenntnis genommen haben, die mit ihrer Beschwerde überhaupt erst das Prozedere in Gang gesetzt hatte. Darüber hinaus wird die Rüge keine weitere Wirkung entfalten, höchstes Irritation über das Vorgehen des Presserats.
Denn die Nachrichtenagentur hat die falsche Zahl sehr wohl berichtigt. Das schreibt der Presserat sogar selbst im von ihm publizierten Sachverhalt der Beschwerde. Zwei Tage nach der Veröffentlichung hat die SDA die falsche Zahl in der Archivdatenbank korrigiert, das übliche Vorgehen der Agentur. Was sie hingegen unterlassen hatte, war das Versenden einer Korrekturmitteilung an die Kunden über den Nachrichtenticker. Das kann man ihr vorwerfen. Oder auch nicht. Schliesslich bliebt die Agentur nicht untätig, sondern überprüfte mehrfach die Korrektheit der Zahl, bis eine zeitnahe Berichtigung nicht mehr möglich war und stattdessen eben im Archiv die Korrektur erfolgte.
Mit seiner absoluten Rüge, die das nachweisliche Bemühen der SDA um faktische Korrektheit in keiner Weise würdigt, zeigt sich der Presserat kleinlich und praxisfremd. Wenn die Ethikhüter dazu noch unsäglich lange brauchen, um zu einem solch zweifelhaften Schluss zu kommen, obwohl sie für die Behandlung der Beschwerde den schnelleren Korrespondenzweg wählten, wirft das – erneut – kein gutes Licht auf den Presserat.