Wo News drauf steht, ist Werbung drin
Wer mit Google News nach Informationen sucht, rechnet nicht unbedingt damit, Sponsored Content oder Native Advertising als Treffer angezeigt zu erhalten. Genau das ist aber der Fall. Verlage können es sich offenbar leisten, auch kommerzielle Inhalte für die News-Suche bereitzustellen, weil sie trotz anderslautender Regeln keine Sanktionen befürchten.
Eigentlich sind die Spielregeln klar: Kommerzielle Inhalte gehören nicht auf Google News. Native Advertising, Sponsored Content und andere als Journalismus verkleidete Werbung haben auf der Nachrichtenplattform nichts zu suchen. Verlage, die dagegen verstossen, müssen mit gravierenden Konsequenzen rechnen, hält Google in den Publisher Richtlinien fest: «Wenn wir Nachrichteninhalte gemischt mit anderen Inhalten auf Ihrer Seite vorfinden, kann es sein, dass wir die gesamte Website aus Google News ausschliessen.» Was nach der Maximalstrafe klingt, erweist sich in der Realität als toter Buchstabe.
Von allen grossen Schweizer Online-Medien findet man gegenwärtig auch Werbeformate auf Google News. Wer nach Informationen zu einer aktuellen Kampagne der Autofahrlobby Ecodrive sucht, findet auf der Nachrichtenplattform nicht etwa redaktionelle Beiträge, sondern ein Werbeformat von «20 Minuten Online». In der Trefferanzeige von Google News fehlt ein Hinweis auf den kommerziellen Charakter des Beitrags. Von der NZZ erscheinen Beiträge einer von McKinsey finanzierten Serie in der Trefferanzeige. Watson wiederum ist mit Native Advertising präsent.
Was läuft hier falsch? Google spielt den Ball den Verlegern zu. Diese hätten ihre Inhalte den Veröffentlichungskriterien von Google News entsprechend bereitzustellen. Das ist in erster Linie eine technische Aufgabe. Sponsored Content muss klar als solcher kenntlich gemacht und von den redaktionellen Inhalten abgegrenzt werden. Google delegiert also die Verantwortung an die Publisher. Sie sollen selbst für ein sauberes Angebot sorgen. Gleichzeitig weist ein Sprecher von Google Schweiz darauf hin, dass die Regeln «für alle News-Publisher gleichermassen» gelten. Wer gegen die Regeln verstösst, muss mit Sanktionen rechnen. Zu den konkreten Fällen der Schweizer Medien äussert sich Google aber nicht.
Die Verlage wiederum, die ihre kommerziellen Formate zu Google News durchrutschen lassen, wollen nicht absichtlich nachlässig gehandelt haben. Für die NZZ sind es «ungeklärte Gründe», wieso trotz Befolgen der Google-Regeln einzelne Werbestücke als Nachrichten ausgeben wurden. In der Zwischenzeit hat die NZZ dafür gesorgt, dass zumindest ein Teil der Werbeformate wieder von der Nachrichtenplattform verschwunden sind. Bei Watson können sich die Verantwortlichen im Verlag keinen Reim auf die Sache machen. Nur so viel: Man halte sich an die Spielregeln. Bei Tamedia wiederum, der Herausgeberin von «20 Minuten», betont man die klare Kennzeichnung der bezahlten Inhalte. «Weshalb trotzdem vereinzelt Sponsored Content bei Google News angezeigt wird, entzieht sich unserer Kenntnis», schreibt eine Sprecherin. Vorderhand werde man nichts unternehmen. Ringier konnte oder wollte keine Stellung nehmen, obwohl sich auch Sponsored Content von «Blick» mit Google News finden lässt.
Auf den Experten wirkt das alles etwas fadenscheinig. Lukas Stuber von der auf Google-Marketing spezialisierten Agentur Yourposition findet dazu: «Angesichts des fraglos vorhandenen technischen Know-Hows gehe ich davon aus, dass man diesen Content bewusst indexieren lässt.» Die Verlage wüssten sehr wohl, «dass man da Google-Richtlinien verletzt, die offensichtlich nicht wirklich rigoros umgesetzt werden.» Praktiker an der Front bestätigen hinter vorgehaltener Hand diese Vermutung. Vor Googles Drohungen müssen sich die Verlage nicht wirklich fürchten. Und wenn, dann wäre ein vorübergehender Ausschluss aus Google News zu verkraften, da sich der Trafficzustrom von dort her in Grenzen hält.
Man könnte das Ganze für eine Kleinigkeit halten, schliesslich erfüllt Google News seinen zweck als Nachrichtenplattform grossmehrheitlich gut und wird nicht von Werbung geflutet. Und trotzdem wirft die Nonchalence im Umgang mit eigentlich unmissverständlichen Regeln ein schlechtes Licht auf die Verlage und Google. Der Wille zur sauberen und konsequenten Trennung von Werbung und Journalismus sieht anders aus.