von Paul Fischer

Zeitungsdruck: Ringier und NZZ gehen, Blocher kommt

Die Schliessung des Ringier-Druckzentrums in Adligenswil markiert einen Wendepunkt: Von den grossen drei Zürcher Verlagen verbleibt nur noch Tamedia im Zeitungsdruck, NZZ und Ringier haben die Segel gestrichen. In Basel arbeitet derweil Christoph Blocher an einem Zeitungsdruck-Revival.

Quizfrage: Glauben die grossen Zeitungsverlage der Schweiz noch an die Zukunft der gedruckten Zeitung? Eine klare Antwort darauf gibt Ringier, die wollen ihr Zeitungsdruckzentrum in Adligenswil auf Ende 2018 schliessen. Ähnlich wie die NZZ, welche ihr Stammblatt bei den Tamedia-Zeitungsdruckzentren produzieren lässt, sollen auch «Blick» & Co. künftig in Zürich, Bern und Bussigny produziert werden. Ringier entledigt sich damit auch einer modernen Zeitungsdruckanlage, welche noch keine zehn Jahre alt ist. Ein wahrlich erstaunlicher Vorgang.

Dem muss man entgegenhalten: Wer das Ringier-Erdbeben jetzt noch für erstaunlich hält, hat den Kopf in den letzten Jahren offensichtlich in den Sand gesteckt. Die Aussage «Wir haben bei der Zeitungsproduktion in der Schweiz grosse Überkapazitäten» umschreibt vornehm eine Entwicklung, die man nur als dramatisch bezeichnen kann. All die Zeitungsrotationen, welche heute stillgelegt werden, waren zum Zeitpunkt ihrer Installation noch gut bis sehr gut gefüllt.

Projizieren wir die Entwicklung in die Zukunft, dann wird es zappenduster.

Wenn nun ab Anfang 2019 die grossen Zeitungsverlage der Schweiz all ihre Zeitungen (mit Ausnahme des St.Galler Tagblatts) an drei Standorten produzieren können, zeigt das auf, wie der Zeitungsmarkt der Schweiz geschrumpft ist. Projizieren wir die Entwicklung in die Zukunft, dann wird es – Pardon, man muss es so benennen – zappenduster. Ob die gedruckte Tageszeitung in der Schweiz so ab 2025 definitiv verschwinden wird, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt, ist mittlerweile sehr hoch.

Nun kann man sich mit zwei Dingen trösten: Im Gegensatz zu Adligenswil hält Ringier an seiner Akzidenzdrucktochter Swissprinters in Zofingen fest, trotz beinharter Konkurrenz aus dem EU-Raum. Darum muss man an dieser Stelle klar festhalten: Das absehbare Ende von gedruckten Tageszeitungen ist eben nicht das generelle Ende der printmedienverarbeitenden Industrie. Diese wird sich weiterentwickeln. Und da gibt es noch einen gewissen Christoph Blocher, der mit einer Occasion-Zeitungsdruckmaschine aus Frankreich und einer Occasion Weiterverarbeitungsanlage aus Norwegen in Basel das grosse Zeitungsdruckrevival einläutet.

Die Vision mächtiger Blocher-Medien ist viel realistischer als man gemeinhin annimmt.

Doch Achtung! Christoph Blocher geht es nicht nur darum, damit Geld zu verdienen, er will vielmehr die Schweizerische Medienlandschaft umpflügen. Die Vision mächtiger Blocher-Medien ist viel realistischer als man gemeinhin annimmt. Da mögen sich Gewerkschaften noch lange entsetzt zeigen. Doch deren Meinung zählt nicht. Weil es den Verantwortlichen der grossen, politisch «unabhängigen» Verlage, welche die Arbeitsplätze für diese Journalisten schaffen und schufen, gar nie um den Inhalt, sondern um den Franken gegangen ist. Und jetzt, wo der Franken nicht mehr so locker rollt, wendet man sich anderen Steckenpferden zu. Mit anderen Worten: Die nationale Verlagslandschaft wird in wenigen Jahren ganz anders aussehen als heute, die bekannten, noch aus dem späten 20. Jahrhundert bestehenden Strukturen ausradiert sein.

Leserbeiträge

Frank Hofmann 16. November 2017, 08:58

Da glaubt wenigstens einer noch an die gedruckte Zeitung und schafft oder erhält immerhin Arbeitsplätze. Aber leider ist es der Falsche, denn er will ja die „Medienlandschaft umpflügen“. Da jedoch die gedruckte Zeitung ein Auslaufmodell ist, wie behauptet wird, wie soll denn das geschehen? Wer findet den Fehler bzw. die Logik?

Thomas Kron 16. November 2017, 17:39

In der Diskussion über die Zukunft der gedruckten Zeitung ist zu unterscheiden: Die herkömmliche Tageszeitung dürfte im Laufe der nächsten fünf bis acht Jahre tatsächlich verschwinden. Man reflektiere das eigene Verhalten: Man setzt sich am Morgen an den PC, den Laptop, nimmt das Tablet oder das Handy und informiert sich über die Aktualitäten, je nach zeitlichen Möglichkeiten auch zu Hintergrundinformationen. Dieser Vorgang wiederholt sich im Laufe des Tages je nach Kapazitäten und Befindlichkeit. Anders sieht es mit der Lokal- und Regionalpresse aus, die man ein- bis dreimal pro Woche in gedruckter Form erhält. Die Lokalzeitungsverlage waren gescheit genug, nicht gleich alles aufs Netz zu schmeissen und so den Kannibalismus voranzutreiben. Die Bauernschläue des Christoph Blocher ist in diesem Zusammenhang unbestritten, dies zeigt sich darin, dass er sich bei kleineren Verlagen engagiert. Dass die BaZ nie mehr über eine lokale Bedeutung wird hinaus wachsen können, hat er schon längst gemerkt. Statt eine grosse Tageszeitung mit 200’000 Lesern zu kaufen, infiltriert er die Lokalblätter, die in der Summe auch eine stolze Lesermasse hergeben und gleichzeitig eine hohe Verwurzelung und Glaubwürdigkeit aufweisen. Blocher handelt also konsequent.

Andreas Häuptli 16. November 2017, 19:01

Unsorgfältig recherchiert: Die AZ druckt ihre Zeitungen noch immer selber in Aarau.

Paul Fischer 17. November 2017, 00:24

Der Text ist natürlich nicht unsorgfältig recherchiert. Wir reden von den drei grossen Verlagshäusern der Schweiz. AZ Medien sind mit weitem Abstand die Nummer 4 und sie sind (noch) kein nationaler Player. Sollte das Joint Venture mit den NZZ Regionalzeitungen wirklich kommen, wäre die Situation eine andere. Aber im Moment reden wir vom IST-Zustand. Neben dem Druckzentrum der AZ Medien gibt es ja weitere diverse Zeitungsdruckereien von regional ausgerichteten Mediengruppen. Das ist nicht Thema des Kommentars. Blochers Experiment in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist korrekt, da er klar eine nationale Strategie verfolgt. Dazu kommt: in einem Interview mit Peter Wanner hat dieser unserem Magazin gegenüber bereits vor mehreren Jahren erklärt, dass er sich sehr gut vorstellen kann, die AZ im nächsten Jahrzehnt vielleicht nur noch drei oder viermal pro Woche zu produzieren. Ich weiss nicht, wie man die AZ in einem solchen Fall bezeichnen soll, aber eine Tageszeitung ist es dann definitiv nicht mehr. Ich bleibe dabei: eine Zukunft, in der es nur noch eine nationale Tageszeitung, gesponsert durch eine nationalkonservative Bewegung gibt, etwas was Charles Lewinski in seinem ironischen Krimiroman beschrieben hat, ist absolut nicht abwegig.

Ueli Custer 17. November 2017, 09:45

Konkret: Seit 2007 hat die verbreitete Auflage der echten Tageszeitungen (mind. 5 x wöchentlich) um 581’000 Exemplare oder 18,6% abgenommen.