Die neue SRF-Kultur
Mit dem Einzug ins neue Meret-Oppenheim-Haus am Basler Bahnhof hat Schweizer Radio und Fernsehen seine Abteilung Kultur an einem einzigen Standort zusammengeführt. Von hier aus erfolgt künftig die konvergente Berichterstattung für Radio, TV und Online. Wie das genau gehen soll, erklären Mitarbeitende und der Leiter von SRF Kultur.
«Jetzt ist auch das Radio im 21. Jahrhundert angekommen», bemerkte eine Redaktorin, als sie die neuen Studios erstmals sah. SRF Kultur befindet sich seit Juni in Basel in einem markanten Hochhaus des Architekturbüros Herzog und De Meuron gleich neben dem Bahnhof. SRF Kultur umfasst in diesem Studio neu Radio, Fernsehen und Online.
Das neue Gebäude ist auch vom ehemaligen Radiostudio mit Blick Richtung Stadt nicht zu übersehen. 1940 hat das Schweizer Radio erstmals vom Bruderholz aus gesendet. Wer in den vergangenen Wochen noch einmal durch Gänge, Büros und Studios und vorbei an Hörspielregie und Sendepulten gegangen ist, konnte die sinnliche Seite der Radioarbeit noch gut fassen: Immer noch standen vereinzelte Tonbandmaschinen herum, auch bei den modernen digitalen Senderegien beeindruckte vor allem der Kabelsalat. An den Wänden hingen die letzten Einsatzplän, auf den Pulten der Redaktorinnen und Redaktoren türmten sich noch die Dossiers. In den verwinkelten Gängen liegen die Einzelbüros, zum Teil mit Fenstern auf einen lauschigen Garten. Es hätte nicht überrascht, die Stimmen von längst verstummten Radiolegenden zu hören, die den Ruf des Bruderholz-Studios prägten. Die Abgeschiedenheit dieses Medienhauses sorgte immer wieder für Spott. Aber das Haus hatte eine einzigartige Arbeitsatmosphäre und bot vielen Medienschaffenden eine kreative Heimat.
Es gibt keine Einzelbüros mehr, überhaupt kaum abgeschlossene Räume, dafür Reihen von langen Tischen mit Bildschirmen.
Ganz anders als das Bruderholz-Studio muten die neuen Räume im Meret Oppenheim Haus, kurz MOH, an: Architektur, Raumkonzept und Inneneinrichtung strahlen Offenheit, coole Modernität und doch eine mediale Atmosphäre aus. Es gibt keine Einzelbüros mehr, überhaupt kaum abgeschlossene Räume, dafür Reihen von langen Tischen mit Bildschirmen. Die grossen Flächen werden durch Kuben unterteilt, wo Produktions- und Senderegien, Sitzungszimmer, Edit-Suiten, Sprecherkabinen, Audio-Suiten untergebracht sind – alle hinter Glas. Überall modernes Design, grosse Fensterfronten hin zu einer urbanen Umgebung. Niemand hat ein eigenes Büro, auch die Chefs nicht, niemand hat einen eigenen Arbeitsplatz. Dafür gibt es Lounges, Rückzugsräume, und sogenannte Think Tanks. An den langen Pulten herrscht das Prinzip des «Clean Desk» – nach Arbeitsschluss alles wegräumen, von der Teekanne über die Joggingschuhe bis zum Arbeitsdossier. Dafür stehen überall ganze Reihen von insgesamt über 300 Schliessfächer.
Der neue Kulturstandort von SRF ist als konvergentes Studio konzipiert – für Radio, Fernsehen und Online. Die Mitarbeitenden sollen über diese einzelnen Vektoren hinaus denken, planen und teilweise auch produzieren. Darum müssen die Redaktionen mehr als bisher untereinander kommunizieren und gemeinsam planen. Davon zeugt auch das offene Raumkonzept.
Eigentliche Fernsehstudios gibt es im Basler Neubau keine.
Man sieht kaum Kabel – aber alles ist vernetzt und transparent. Von den offenen Flächen sieht man durch die grossen Glasscheiben in alle Regien. Jeder Arbeitsplatz und jedes Studio kann für jede Art von Arbeit genutzt werden. Und wenn sich beim Auditorium im Parterre mit etwa hundert Plätzen aussen ein Regiewagen andockt, entsteht daraus ein Radio- oder TV-Studio. Eigentliche Fernsehstudios gibt es im Basler Neubau keine. Ein Teil der «Sternstunden»-Sendungen wird weiterhin in Zürich aufgenommen.
Die Mitarbeitenden von SRF Kultur sind nach erst wenigen Tagen am neuen Arbeitsort noch zurückhaltend mit Wertungen. Von Skepsis bis zu Begeisterung ist alles zu hören – die meisten «müssen sich erst mal an den neuen Ort gewöhnen» oder «wollen mal sehen». Bei jenen, die neu pendeln müssen, steht diese Belastung im Vordergrund. Immerhin befindet sich das Studio gleich neben dem Bahnhof. Für andere ist der Arbeitsweg massiv kürzer geworden. Hört man sich im Studio bei den Mitarbeitenden um, dann gibt es bereits Kritik zur Klimaanlage und zur Lärmsituation: «Man hört auf diesem schönen Holzboden jede Schritt.» Und: «Schön, wenn die Nähe zu den Kolleginnen und Kollegen die Kommunikation fördern soll. Aber bei allen Gesprächen hat man das Gefühl, man störe die andern.»
SRF will die Betriebskosten im Vergleich zu den bisherigen Studiosituationen in Basel und Zürich um einen Drittel senken.
Knapp über 300 Mitarbeitende arbeiten im MOH – inklusive Regionaljournal und Korrespondentenstelle des Fernsehens SRF. Dafür stehen 250 unpersönliche Arbeitsplätze bereit. Auf vier Stockwerke verteilt, belegt SRF 8000 Quadratmeter – das ist gerade mal die Hälfte der bisher benötigten Fläche für die gleichen Redaktionen und Funktionen.
SRF hat für das neue konvergente Studio 20 Millionen Franken investiert – davon hat die SRG Basel fünf Millionen beigetragen. SRF könne, wird kommuniziert, im neuen Haus die Betriebskosten im Vergleich zu den bisherigen Studiosituationen in Basel und Zürich langfristig um einen Drittel senken.
Der Ausbau des SRF-Standortes Basel birgt politische Brisanz. Ungefähr 120 Arbeitsplätze sind von Zürich-Leutschenbach ins Meret-Oppenheim-Haus transferiert und der Standort Basel damit gestärkt worden. Gleichzeitig wehrt man sich in Bern und Genf dagegen, dass die dortigen SRG-Standorte geschwächt und redaktionelle Entscheidungskompetenz nach Zürich, respektive Lausanne, verschoben wird. Die Frage, welche föderalen Rücksichten die SRG nehmen müsse, beschäftigt inzwischen die Bundespolitik. Der Nationalrat setzte kürzlich ein klares Signal gegen die Zentralisierungspläne der SRG.
Basel sollte auf ein Regionalstudio reduziert werden. Doch man lobbyierte erfolgreich für den neuen SRF-Kulturstandort.
Basel führte den Kampf für ein starkes SRF-Studio schon früh. Er begann, nachdem Radio DRS 1, dann DRS 3 und später Radio Virus vom Bruderholz nach Zürich abgezogen wurden. Es gab damals Pläne, Basel auf ein Regionalstudio zu reduzieren und auch DRS 2, das heutige SRF 2 Kultur, in Zürich anzusiedeln. Bereits 2009 hat deshalb die SRG Basel in einer politisch breit abgestützten Kampagne für den SRF-Standort Basel lobbyiert und auf die Karte «Kulturstandort» gesetzt. Dabei wurde offensiv argumentiert: «DRS 2 sollte sich als mediales ‹Kompetenzzentrum Kultur› verstehen und Modelle ausarbeiten für ein konvergentes, multimediales SRG-Studio zum Themenbereich Kultur.» Die Kampagne war erfolgreich.
Zehn Jahre später ist nun die ganze Abteilung Kultur von SRF am neuen Standort in Basel vereint und für eine konvergente multimediale Arbeitsstruktur angelegt. Wir treffen dort Stefan Charles, Leiter der Abteilung Kultur SRF:
MEDIENWOCHE:
Wohin steuert jetzt SRF Kultur, was ist die strategische Hauptachse?
Stefan Charles:
Wir wollen die Online-Angebote massiv ausbauen auf 50 Prozent unseres Angebots – in Entsprechung der SRG-Strategie. Dafür wollen wir passende Erzählformate entwickeln. Es sollen neue Themen in unser Angebot integriert werden. Und Ausbau bei Recherche und Hintergrund.
MEDIENWOCHE:
Nur noch 50 Prozent lineare Angebote – heisst das, klassisches Radio und TV werden zurückgefahren?
Stefan Charles:
Nein, das Online-Angebot wird massiv ausgebaut, während das lineare Angebot in etwa gleich bleibt.
MEDIENWOCHE:
Mit neuen Themen wollen Sie das Angebot inhaltlich verbreitern – mit welchen Themen denn?
Stefan Charles:
Etwa bei Migration und Integration oder Natur, Umwelt und Klima – und dafür wollen wir die Fachkompetenz in den Redaktionen weiterentwickeln.
MEDIENWOCHE:
Heisst das auch, Recherche und Hintergrund ausbauen?
Stefan Charles:
Das ist das, was unser Publikum erwartet. Dennoch müssen wir auch eine Berichterstattung darüber leisten können, was aktuell in Theatern, Museen, bei Literatur oder Musik geboten wird. Denn viele Printmedien können das nicht mehr breit abdecken. Wir setzen da neben der Tagesaktualität auf wöchentliche Überblicke und sehen, dass unser Publikum bereit ist, dafür mehr als 20 Minuten aufzuwenden.
MEDIENWOCHE:
Mehr Online – also mehr klickgetriebenes Kurzfutter?
Stefan Charles:
Nein. Es geht um ein Angebot, das auf Themen und nicht auf Sendungen aufbaut. Das Publikum wählt selbst Themen aus, entscheidet, wo es weitersuchen, verknüpfen und vertiefen will. Und es geht um Online-spezifische neue Erzählformen. Wichtig ist, dass unsere Inhalte auch über Suchmaschinen gefunden werden.
MEDIENWOCHE:
Was heisst neue Erzählformen?
Stefan Charles:
Es reicht nicht, einen Radiobeitrag einfach ins Netz zustellen. In welche Richtung diese Formen gehen, können wir aber nicht pauschal sagen. Ausser: Sie werden sich laufend verändern. Und wir sind überzeugt, dass diese Erzählformen nicht oberflächlich sind, sondern neue Vertiefungen ermöglichen. Ein Video-Dok oder ein «Kontext»-Stoff kann beispielsweise völlig anders dargestellt werden.
Spricht man mit den Mitarbeitenden, ist man schnell bei den vielen Veränderungen. Neuer Standort, neue Räume, ein anderer Typ von Arbeitsplätzen. Vor allem soll das konvergente Denken, Planen und Umsetzen konsequenter umgesetzt werden; nicht nur die Produktionen, sondern auch die Teams aus Radio, TV und Online sollen näher zusammengebracht werden. Die neu eingeführten «Planer» koordinieren und entscheiden künftig, welche Themen in welcher Form auf welchen Vektoren und Plattformen ausgespielt werden. Beim Fernsehen werden die Fachredaktionen eingeführt, beim Radio hat SRF die beiden grossen Redaktionen «Kontext» und «Aktuell» unter einer neuen Leitung zusammengelegt. Das ist ein grösserer Change-Prozess. «Schon wieder», bemerken viele Mitarbeitende. Denn sie sind ob der seit Jahren andauernden Reformen müde und fühlen sich dadurch bei der eigentlichen Programmarbeit behindert. Wie werden sie in diesem Prozess begleitet? «Eher nicht – zumindest bisher nehmen wir da nichts wahr» – so die Antworten aus den Redaktionen.
Bei vielen Radiomitarbeitenden steht die Befürchtung im Raum, man werde sich mit der Konvergenz dem teureren und schwerfälligeren Fernsehen anpassen müssen.
Die Strukturreformen lösen Erwartungen und auch Ängste aus. Gut sei, hört man da und dort, dass das «Gärtlidenken» der einzelnen Redaktionen zurückgedrängt werde. Andere hoffen, die Reformen würden langjährige Machtstrukturen endlich aufbrechen. Dennoch fürchten viele, dass die Redaktionen an Bedeutung verlieren. Es drohe eine weitere Entfremdung zwischen Planern und Machern. Man wünsche sich endlich Reformen, welche die Kreativität und die Qualität der Beiträge beförderten, indem die Position der Beitragsmacherinnen und -macher gestärkt werde. Stattdessen werde die Arbeit immer mehr verwaltet. Und bei vielen Radiomitarbeitenden steht die Befürchtung im Raum, man werde sich mit der Konvergenz dem teureren und schwerfälligeren Fernsehen anpassen müssen und so an Qualität und Profil verlieren.
Die grösste Sorge, vor allem bei den Radioleuten, betrifft aber die Ressourcen: Jetzt schon müsse mit gleichem Zeitbudget mehr geleistet werden. Hinzugekommen sei in den letzten Jahren viel an Strukturarbeit und das Aufbereiten der Radio-, respektive TV-Beiträge auch noch für Online. Befürchtet wird, dass die neuen Planungsfunktionen auf Kosten von Redaktionsstellen finanziert würden, dass die Strukturen, sowie die zusätzlichen Angebote fürs Publikumnicht ausreichend finanziell hinterlegt seien. «Und zumindest beim Radio», so ein Mitarbeiter, «habe ich das Gefühl, gespart werde kontinuierlich auf Kosten der Redaktionen.»
«Die Medienlandschaft verändert sich derart rasant, da müssen auch wir uns verändern. Medienschaffende müssen sich dauernd bewegen.»
Stefan Charles, Leiter SRF Kultur
Stefan Charles verneint: «Das Wichtigste ist, möglichst viele Ressourcen ins Programm zu schieben.» Gespart werde, so Charles, SRF-weit bei den Führungspositionen und in der Verwaltung, über die weniger aufwändige Technik und via Verbesserung der Prozessabläufe. Charles ist von den Reformen überzeugt. «Die Medienlandschaft verändert sich derart rasant, da müssen auch wir uns verändern. Medienschaffende müssen sich dauernd bewegen. Aber tatsächlich kann es nicht immer Richtung ‹mehr› gehen. Eine bessere Planung trägt dazu bei, dass die Mitarbeitenden für ihre Themen genügend Zeit erhalten.»
Mit den Fachredaktionen werde das Know-how konzentriert. Die einzelnen Redaktionen können im Planungstool eingeben, welche ihrer Themen ein weiteres Potenzial haben, und steuern damit den Prozess. Bei den Planern würden alle Themen erfasst und koordiniert. Dort werde geprüft, welche vorgeschlagenen Themen zusätzlich tiefer und breiter bearbeitet werden, wo sie platziert und in welcher Form sie erzählt werden können. Die Planer koordinieren dann auch die Ressourcen. «Wir sehen das als Unterstützung für die Redaktionen. Diese sollen in ihren Kompetenzen nicht geschwächt werden.» Kein Medium werde gegen das andere ausgespielt: «Jeder Vektor, Radio, Fernsehen, Online, hat seine eigenen Stärken, die er ausspielen soll. Gleichzeitig kann man voneinander profitieren, wenn zum Beispiel eine Radiosendung in die Nähe eines TV-Beitrags mit ähnlichem Thema gesetzt wird oder umgekehrt.» Und schliesslich sollen sich die Reformen «als Mehrwert im Programm auswirken. Wir wollen dadurch dem Publikum neben der Aktualität mehr Hintergrund und Recherche bieten können.»
MEDIENWOCHE:
Herr Charles, Stichwort Programm: Bei der «No Billag»-Abstimmung hat sich die Kulturszene stark für SRF engagiert. Eine Chance?
Stefan Charles:
Kooperationen sind uns wichtig, das war schon vor der Abstimmung so. Wir streben einen Mehrwert an – nicht einfach einen Ausbau der Berichterstattung über die vielen kulturellen Leistungen. Die Themen, Fragestellungen, Inputs des Kulturlebens möchten wir mit unseren eigenen Kompetenzen angehen und etwas Eigenes oder Gemeinsames entwickeln. Damit bieten wir dem Publikum wiederum einen neuen Zugang zu den Leistungen der Kulturszene.
MEDIENWOCHE:
Gibt es bereits Beispiele?
Stefan Charles:
Ja – und da sind wir wieder bei den Chancen des Online-Bereichs. Die neue klassische Musik ist nicht leicht zu vermitteln. Mit mehr Sendezeit ist es nicht getan. Nach Vorbild von MX3, einer Plattform für Schweizer Popmusik, schaffen wir neo.mx3. Diese Plattform lancieren wir technisch und betreuen sie mit unseren Fachkompetenzen. Sie soll zur besseren Sichtbarkeit der neuen Klassik beitragen. Oder beim Jazz: Unserer Hörerinnen und Hörer haben ein immenses Wissen. Wir haben dafür eine Facebook-Community geschaffen. Dorthin vermitteln wir die Fragen unseres Radiopublikums. Aus der Facebook-Gruppe kommen die besten Antworten, welche wir zurück ins Programm spielen. Wir «erklären» nicht einfach den Jazz, sondern wir treten in einen Fachdialog mit unserem Publikum. Auch dieser Einbezug des Publikums ist ein Strategie-Element.
Die 300 Mitarbeitenden und die vielen Redaktionen – je nach Zählweise mehr als 14 – im konvergenten Haus müssen sich offenbar erst noch zu einem gemeinsamen Team finden. Stefan Charles will neue Kommunikationsformen einführen: «Es wird offenere, durchlässigere Sitzungsformen geben, zum Beispiel wöchentliche Feedbackrunden zu allen Produktionen. Diese sind ohne Anmeldung für alle Kolleginnen und Kollegen aus allen Redaktionen offen. Dann wollen wir ein wöchentliches Redaktionsmonitoring einführen, weil es mehr Schnittstellen zwischen Produktionen und Redaktionen geben wird. Und wir müssen lernen, schneller zu reagieren – gerade, wenn etwas nicht gut läuft. Deshalb kann jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter sich zu jedem Thema, auch ausserhalb ‹seines› Bereichs, mit Fragen, Inputs, Kritik melden. Und wir vom Leitungsteam wollen uns verpflichten, darauf innert einer Woche zu antworten und Lösungsvorschläge anzubieten.»
«Oft hat man das Gefühl, das Kreative unserer Arbeit werde gar nicht zur Kenntnis genommen.»
Mitarbeiterin SRF Kultur
Zur internen Kommunikation in der Abteilung Kultur hört man von den Mitarbeitenden viel Kritik: «Wir wissen eigentlich nicht, was die Chefs planen, wohin die Reise von SRF Kultur geht», «zu Fragen erhält man meist unklare Antworten», «informiert wird meist erst nach Abschluss eines Prozesses». Der Abteilungsleiter, Stefan Charles, wird von sehr vielen Mitarbeitenden als «weit weg» und «nicht präsent im Alltag» beschrieben. Das provoziere Verunsicherung, «wohin unsere Arbeit überhaupt führen soll». Und eine weitere Stimme: «Oft hat man das Gefühl, das Kreative unserer Arbeit werde gar nicht zur Kenntnis genommen, denn wenn diskutiert wird, dann über Organisatorisches.» Und oft in Gesprächen geäussert: «Man merkt nicht, ob unsere Arbeit geschätzt wird.»
«Ist das so?» – so die Reaktion von Stefan Charles, wenn man ihn mit dieser Kritik konfrontiert. Aus seiner Sicht habe man die Strukturveränderungen «nicht top-down vorgenommen». Und er erklärt seine Rolle: Er sei Teil der SRF-Geschäftsleitung, dort gehe es um Probleme des ganzen Unternehmens. Operationell wolle er beim Tagesgeschäft nicht in die Redaktionen eingreifen. Seine Aufgabe sei, Strukturen zu schaffen, damit das Team gut arbeiten könne. Aber jetzt, die erste Zeit nach dem grossen Wechsel ins neue Haus, da müsse er präsent sein und spüren, was die Leute brauchen, was sie plage. «Und selbstverständlich werde ich auch bei den erwähnten wöchentlichen Feedbackrunden anwesend sein.»
SRF-Direktorin Nathalie Wappler titelte ihre Ansprache zur Eröffnung mit: «Neuer Standort, neue Chancen» und sagte: «Das wird ein Neuanfang im Denken». Mit dem Konvergenz-Ansatz, einer neuen Studioarchitektur und einem Haus ganz für die Kultur setzt SRF Zeichen. Man darf gespannt beobachten, ob sich daraus wirklich Aufbruchstimmung entwickelt. Und vor allem, wie das im Programm hör- und sichtbar wird.