Netzsperren auch im Filmgesetz?
In Zukunft sollen auch ausländische Streamingdienste den Schweizer Film finanziell unterstützen. Aber was tun, wenn sie nicht zahlen wollen? SP-Nationalrat und Film-Lobbyist Matthias Aebischer bringt Netzsperren als Sanktionsmöglichkeit ins Spiel. Im Rahmen der laufenden Revision des Filmgesetzes waren solche Massnahmen bisher nicht vorgesehen.
Eigentlich ist es ganz einfach: Bei der Filmförderung sollen für alle Akteure die gleichen Regeln gelten. Während heute nur schweizerische Fernsehunternehmen verpflichtet sind, ins heimische Filmschaffen zu investieren, sollen das künftig auch internationale Online-Filmeanbieter tun müssen.
Neben Teleclub und Pro7 würden damit auch Netflix und Disney zur Kasse gebeten. Egal ob in- oder ausländisch: Wer für ein Schweizer Publikum Filme über elektronische Abruf- oder Abonnementsdienste anbietet, muss vier Prozent seiner hier erzielten Bruttoeinnahmen «für das unabhängige Schweizer Filmschaffen aufwenden». Das sieht die Revision des Filmgesetzes vor.
Was aber, wenn das ein Unternehmen keine gute Idee findet und sich seine Strategie nicht durch schweizerische Gesetze vorschreiben lassen will? Im dossierführenden Bundesamt für Kultur BAK zeigt man sich zuversichtlich. Die Praxis der internationalen Filmförderung sei in der EU bereits etabliert. «Wir sehen keine Anzeichen, dass sich Netflix & Co. den neuen Schweizer Regeln zu entziehen gedenken», sagt Laurent Steiert, stellvertretender Leiter der Sektion Film im BAK. Ihre Bereitschaft sei da, in den Schweizer Film zu investieren, so Steiert gegenüber der MEDIENWOCHE.
Was aber auch klar ist: Sollte sich ein Unternehmen weigern, in den Schweizer Film zu investieren, sind die Sanktionsmöglichkeiten beschränkt. Das betreffe aber nicht in erster Linie Netflix, Disney oder Amazon. Die grossen Player hätten alle einen Sitz in Europa und seien damit ansprech- und erreichbar. «Bei Unternehmen ausserhalb Europas dürften die Kontrollmöglichkeiten hingegen eingeschränkt und die Durchsetzung aus der Schweiz heraus eher schwierig sein», heisst es in den Unterlagen zur geplanten Revision des Filmgesetzes. Auf welche Unternehmen das allenfalls zutreffen könnte, kann BAK-Mann Steiert nicht voraussagen.
SP-Nationalrat und Cinésuisse-Präsident Matthias Aebischer bringt nun Netzsperren als Sanktionsmöglichkeit ins Spiel. «Die Frage, ob sich ausländische Streaminganbieter an unser Gesetz halten würden, stellt sich eigentlich nicht», sagte Aebischer unlängst in der «Sonntagszeitung» auf die Frage, wie sich die Ausweitung der Filmförderung umsetzen lassen. «Die Umsetzung des Geldspielgesetzes, aber auch der Kampf gegen illegale Pornografie zum Beispiel zeigen, dass die Durchsetzung hiesiger Gesetze kein Problem darstellt.» In beiden Fällen wird der Zugang zu den illegalen Inhalten für Nutzerinnen und Nutzer aus der Schweiz technisch blockiert. Nach diesem Modell könnte auch der Zugang zu zahlungsunwilligen Online-Filmeanbietern unterbunden werden.
Im Rahmen der laufenden Revision des Filmgesetzes waren Netzsperren bisher kein Thema, bestätigt Laurent Steiert vom BAK. Geldbussen seien grundsätzlich ausreichend und durchsetzungsfähig. Für Filmpolitiker Aebischer ist es nun am Bundesrat, aufzuzeigen, wie er die Einhaltung des Gesetzes sicherstellen will. «Sollten uns seine Ausführungen nicht genügen, werden wir nachbessern», erklärt der SP-Politiker auf Anfrage. Als Forderung nach Netzsperren will das Aebischer aber nicht verstanden wissen. Beim Bundesamt für Kultur gibt es keine Pläne, die Sanktionierungsmöglichkeiten dergestalt zu erweitern.
Sollten Netzsperren den Weg ins Filmgesetz finden, würde die Vorlage an politischer Brisanz gewinnen. Ein Referendum wäre wahrscheinlich, das Gesetz träte entsprechend später in Kraft. Auch ohne den Umweg über eine allfällige Volksabstimmung greifen die neuen Regeln frühestens 2022. Mit Referendum dauert es entsprechend länger, bis Fördermittel aus dem Ausland in den Schweizer Film fliessen können. Das liegt eigentlich nicht im Interesse der Branche, die das Geld gut gebrauchen kann.
Update 14.2.2020: Auf Twitter schreibt NR Matthias Aebischer, dass er keine Netzsperren im Filmgesetz fordere. Das stimmt. Aebischer hat das Thema Netzsperren lediglich ins Spiel gebracht. Der Artikel wurde an den entsprechenden Stellen korrigiert. Wir entschuldigen uns für die Unterstellung.