von Marko Ković

Corona-Kommentare: Starke Forderungen, schwache Argumente

Wer die Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie für übertrieben oder gar gefährlich hält, macht es sich oft sehr einfach. Die Forderungen nach Lockerung sind argumentativ meist nur dürftig untermauert und faktisch schwach belegt. Sechs aktuelle Kommentare aus Schweizer Medien unter der Lupe.

In der Coronavirus-Pandemie betreten wir als Gesellschaft heikles Neuland. Die ganze Welt befindet sich im Ausnahmezustand, «Lockdowns» und «Shutdowns» beschneiden unsere gewohnten Freiheiten teils massiv. Und: Es bahnt sich eine Wirtschaftskrise an, gegen die die Finanzkrise von 2008/09 wie ein Klacks anmuten dürfte.

In solch ungewissen Zeiten sind kritische, hinterfragende Stimmen wichtig. Um uns möglichst erfolgreich durch die Pandemie zu manövrieren, müssen wir nämlich darüber nachdenken, wo wir stehen, was falsch läuft und, wie wir unser Ziel – das Überstehen der Pandemie – möglichst schnell möglichst gut erreichen.

Doch nicht jede kritische Stimme ist automatisch auch eine rationale. In den letzten Wochen melden sich nämlich immer mehr Journalistinnen und Journalisten, Intellektuelle und sonstige Personen des im weitesten Sinne öffentlichen Lebens zu Wort, um zu verkünden, dass die Massnahmen gegen die Pandemie die grössere Gefahr darstellten als die Pandemie selber. Es herrsche Panik, Angst und Irrationalität, in die wir als Bürgerinnen und Bürger allzu handzahm und unterwürfig einstimmen, so der Tenor.

In solchen Kommentaren, die oft Fundamentalkritik am Umgang mit der Pandemie üben, wird zwar gekonnt gepoltert, aber Fakten und Logik kommen im Zuge dieses angestrengten Gegen-den-Strom-Schwimmens unter die Räder. Nachfolgend sechs solcher Wortmeldungen aus den letzten Wochen unter der Lupe:

«Es reicht jetzt mit dem Lockdown»

Arthur Rutishauser, SonntagsZeitung

Der Chefredaktor der Tamedia-Redaktion verkündete am 19. April, dass der «menschliche Schaden grösser [wird], als ihn das Virus je anrichten könnte», wenn der gegenwärtige Lockdown weiterginge. «Am schlimmsten sind die Folgen gerade für jene, die man am stärksten schützen will: die Risikogruppen und vor allem die Hochbetagten.»

Das ist eine eindrückliche Botschaft, denn diese Art der utilitaristischen Schadenabwägung müssen wir tatsächlich machen: In der Pandemie moralisch richtig zu handeln bedeutet, das zu erwartende Leid zu minimieren. Sind wir gegenwärtig drauf und dran, genau das Gegenteil zu bewirken und Leid zu verursachen? Das ist eine wichtige Frage.

Das Leid, das der «Lockdown» angeblich zu verursachen droht, verortet Rutishauser in Spitälern sowie in Alters- und Pflegeheimen, weil es dort für die Risikogruppen der älteren Bevölkerung und der Hochbetagten ein Besuchsverbot gibt. Eine Umfrage der Interessengemeinschaft 50plus.ch habe nämlich ergeben, dass mehr über 50-Jährige den Kontakt mit Familie und Freunden vermissen als um die eigene Gesundheit bangen.

Rutishausers moralisches Kalkül sieht also folgendermassen aus: Eine temporäre Einschränkung physischen Kontakts ist für ältere Menschen schlimmer als Covid-19-bedingtes qualvolles Leiden und Sterben. Dies, weil über 50-Jährige in einer nicht-repräsentativen Umfrage angeben, Kontakt mit anderen Menschen zu vermissen.

Doch in der Umfrage werden die Befragten gar nicht direkt gefragt, ob sie den fehlenden Kontakt als schlimmer erachten als die Aussicht auf Covid-19 – diese Abwägung macht Rutishauser stellvertretend für sie. Leider ist er dabei etwas zu bequem und versäumt es, das gegeneinander abzuwägende Leid – Leid durch fehlenden Kontakt und Leid durch Covid-19 – zu konkretisieren und zu bemessen.

Ein Gedanke, der ihm dabei hätte kommen können: Wer an Covid-19 stirbt, kann gar keinen Kontakt mehr mit Angehörigen haben. Wenn Rutishauser Kontaktmangel bei Risikogruppen tatsächlich so schlimm findet, müsste er gemäss seiner eigenen Logik eigentlich umso entschlossener für den «Lockdown» sein.

«Pastoraler Paternalismus»

Konrad Paul Liessmann, NZZ

Der Philosoph Konrad Paul Liessmann sinnierte am 21. April über das Konzept der Herdenimmunität, doch er scheint Herdenimmunität auf ganz grundlegender Ebene zu missverstehen. In schöner Sprache beschreibt er zunächst, an was ihn der Begriff der Herdenimmunität erinnere:

«Das Bild des braven Hirten, der die altersschwachen Böcke von den munteren Schafen scheidet und Letztere zusammendrängt, damit sie sich rasch zum Wohle der Wirtschaft infizieren, drängt sich unwillkürlich auf.»

Das Bild des «braven Hirten» und der «altersschwachen Böcke» mag sich Liessmann aufdrängen, aber die Metapher der Herdenimmunität meint etwas ganz Anderes: Viele Tiere bilden in freier Wildbahn Herden, womit für die schwächsten Mitglieder der Herde ein Schutz entsteht. Elefanten schützen mit Herdenbildung die Jungtiere, Pinguine schaffen mit Herdenbildung Wärme im eisigen Klima der Antarktis.

Der Begriff lehnt sich also an den Vorteil von Herden im Tierreich an: Dadurch, dass sich Tiere zu einer Herde zusammenfinden, entstehen Vorteile für alle einzelnen Tiere, besonders für die schwachen und schutzlosen unter ihnen. Seine fehlgeleitete Deutung führt Liessmann fort und schlussfolgert: «Der Mensch gleicht ja doch dem Vieh, und die Strategien zur Eindämmung der Pandemie gehorchen den Maximen der Nutztierhaltung.»

Hier zeigt sich, was passiert, wenn man in der Coronavirus-Krise verkrampft nach Paternalismus und staatlicher Bevormundung sucht: Aus einer eindrücklich falschen Prämisse wird eine logisch unsinnige Schlussfolgerung gezogen, die mit dem eigentlichen Thema Herdenimmunität aber rein gar nichts mehr zu tun hat. Dieser rhetorische Kniff ist auch als Strohmann-Argument bekannt, weil sich die Kritik nicht gegen die Person oder den Gegenstand an sich richtet, sondern gegen eine verzerrte Karikatur davon.

«Wir Affen»

Markus Somm, «Sonntagszeitung»

Auch Markus Somm bemühte in der «Sonntagszeitung» vom 18. April eine krude Tier-Metapher: Die Mitglieder des Bundesrates seien Wärter und wir Bürgerinnen und Bürger die eingesperrten Zootiere. Alain Berset sei ein «freundlich lächelnder Corona-Diktator», dem es schwer falle, sich von seiner neu erlangten Macht zu trennen; auch die anderen Bundesratsmitglieder schienen sich in den Ausnahmezustand «verliebt» zu haben.

Somm reitet hier Ad-hominem-Attacken, doch er liefert auch eine inhaltliche Begründung für seine vernichtende Kritik: Die Kurve der Ansteckungen sei flacher geworden, die Kapazitäten im Gesundheitswesen mehr als ausreichend – angesichts der positiven Entwicklung sei es falsch, den teuren «Lockdown» weiterhin aufrechtzuerhalten.

Bei seiner Kritik unterläuft Markus Somm ein Denkfehler, wie ihn viele «Lockdown»-Kritikerinnen und -Kritiker machen. Ja, das Schlimmste konnten wir tatsächlich abwenden – aber dass vielleicht gerade der «Lockdown» auch dazu beigetragen hat, wird vergessen. Wenn die Massnahmen zur Verlangsamung wirken, wird dies also missverstanden als Beweis, dass die Massnahmen unnötig seien.

Dies zum Anlass zu nehmen, die Massnahmen über Nacht wieder mehr oder weniger komplett aufzuheben, ist in etwa so schlüssig, wie den Fallschirm wenige Sekunden nach dem Sprung aus dem Flugzeug wieder abzulegen, weil man ja soweit ganz gut und wohlbehütet unterwegs war.

Zu einer ähnlichen Einsicht kam Somm selber eine Woche später in einem Kommentar, in dem er die Wirksamkeit des «Lockdowns» anhand neuer Daten der ETH Zürich diskutiert. Doch auch in dieser neuen Analyse macht er grobe Fehler.

Hätte er die ETH-Studie nämlich gelesen, wüsste er, dass die Autorinnen und Autoren ganz explizit betonen, ihre Daten zeigten keine Kausalität – und die Studienautorinnen und -autoren verweisen explizit auf andere Untersuchungen, die zum Schluss kommen, dass eben Massnahmen wie die Schliessung aller nicht-notwendigen Unternehmen und Geschäfte einen grossen positiven Impact haben.

«Wir wollen keine Coronakratie!»

Thomas Borer, «Tages-Anzeiger»

Der ehemalige Diplomat und heutige Lobbyist und Unternehmensberater Thomas Borer analysierte am 21. April in den Tamedia-Zeitungen, wie mit einer möglichen zweiten Welle an Coronavirus-Ansteckungen umzugehen sei. Er beschreibt dabei die erschreckenden Konsequenzen, welche der «Lockdown» bisher hatte, als Grund, warum wir keinen zweiten «Lockdown» in Kauf nehmen dürfen:

«Hunderttausende von Schweizerinnen und Schweizern werden dafür mit Arbeitslosigkeit, Vernichtung der Existenz, Verlust der Zukunftshoffnung, sozialem Abstieg, Depression, Suizid und anderen Kollateralschäden bezahlen.»

Das sind alles schlimme Konsequenzen. Nur bleibt Borer die Evidenz für seine Behauptungen schuldig. Arbeitslosigkeit dürfte wohl in der Tat massiv zunehmen, aber wie verhält es sich mit «Vernichtung der Existenz», dem «Verlust der Zukunftshoffnung», «sozialem Abstieg», Depression und Suizid? Derart weitreichende Behauptungen einfach mal so in den Raum zu stellen, ohne dafür relevante Argumente und Daten zu liefern, ist schlicht verantwortungslos und nahe an Panikmache.

Und was ist Thomas Borers zentrales Argument? Der «Lockdown» sei schlimm gewesen, und darum dürfe es so einen «Lockdown» nicht mehr geben, wenn eine zweite Welle an Infektionen auf uns zukommen sollte. Der Kommentar suggeriert damit, der «Lockdown» sei komplett nutzlos und richte ausschliesslich Schaden an.

Wäre Thomas Borer an einer rationalen Nutzenabwägung interessiert, würde er auch den allfälligen positiven Effekt der «Lockdown»-Massnahmen mitberücksichtigen. Doch davon sieht er ab, weil sich ja «Regierung und Wissenschaft […] im Blindflug befinden». Es ist bequem, Meinungen, die der eigenen widersprechen, einfach komplett zu ignorieren und zu glauben, dass man selber alles besser wisse.

Thomas Borers Kommentar ist ein schönes Lehrstück in Sachen Overconfidence, dem Denkfehler der Selbstüberschätzung, der dazu verleitet, die Qualität der eigenen Überzeugungen und des eigenen Wissens massiv zu überschätzen.

«Denk an die Freiheit, die dir gehört!»

Xenia Tchoumi, NZZ

Die frühere Vize-Miss Schweiz und heutige «Influencerin» Xenia Tchoumi, ehemals Tchoumitcheva, verkündete am 17. April, dass sie bereit sei, für «liberale Demokratie» und Kapitalismus einzustehen – und fragt: «Bist du es auch?».

Xenia Tchoumis Denkanstoss liest sich stellenweise zwar fast ein bisschen stereotypisch so, wie man ihn sich von einer reichen Influencerin verfasst vorstellen könnte: «Ich bin an meine Freiheiten gewöhnt. Ich mag es, rasch in ein Flugzeug zu steigen, so wie ich am Morgen früh in den Bus springe – um dorthin zu gehen, wo immer ich gerade will. Jetzt sehen die Flughäfen wie Geisterstädte aus.» Doch trivial ist der Text nicht.

Xenia Tchoumi mahnt, dass wir als Gesellschaft nicht «einfach alles schlucken» sollten, «wenn wir weiterhin frei leben wollen». Und sie appelliert, dass es an der Zeit sei, uns für das nächste Virus und «für die Erhaltung unserer Freiheit» zu wappnen.

Was genau bedeutet das? Tchoumi versäumt es, in irgendeiner Art zu erklären, was Freiheit genau bedeutet. Vielleicht «rasch in ein Flugzeug zu steigen, so wie ich am Morgen früh in den Bus springe»? Sie versäumt es auch, zu erklären, wie genau unsere Freiheit im Zuge der Coronavirus-Pandemie unverhältnismässig beschnitten wurde. Sie erklärt lediglich, dass «der Verlust vieler Menschenleben» zwar schmerzhaft sei, uns mittel- und langfristig aber das «soziale und ökonomische Chaos», in das wir uns «vom Virus haben stürzen lassen», stärker beschäftigen werde.

Xenia Tchoumis impliziertes moralisches Kalkül scheint also in etwa zu sein, dass wir noch viel mehr Leid und Tod in Kauf nehmen sollten oder hätten nehmen sollen, weil das «soziale und ökonomische Chaos» und unsere eingeschränkte «Freiheit» das grössere Problem darstellten. Das sagt sich leicht, wenn man so eine Behauptung in keinster Weise mit Argumenten oder Daten untermauert.

«Dynamik der Panik»

Alex Baur, Weltwoche

Am 15. April beschrieb Alex Baur in der Weltwoche, wie rund um die Coronavirus-Pandemie ein Hype entstanden sei. Eine zentrale Aussage seines Artikels: Der «Lockdown» werde weltweit «mehr Menschen umbringen, als das Virus bei einer rationalen Reaktion töten könnte». Ein Argument ähnlich wie jenes von Arthur Rutishauser, nur nochmals zugespitzt.

Die alarmierte Leserin fragt sich natürlich, wie genau der «Lockdown» mehr Menschen als das Coronavirus töten wird. Und reibt sich verwundert die Augen: Nirgendwo im Text wird diese krasse Behauptung in irgendeiner Weise begründet. Rutishauser hat zumindest im Ansatz versucht, seine Schadenabwägung zu erklären (und ist kläglich gescheitert). Alex Baur hingegen versucht gar nicht erst, irgendeine Logik oder Evidenz für seine These vorzulegen.

Was findet sich stattdessen im Text? Eigentümlich krude Fehlschlüsse der Sonderklasse. Einer davon ist Baurs Bemerkung, dass die Coronavirus-Pandemie im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg harmlos sei:

«Gemessen an den Schlächtereien, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte, muten die Bilder aus den Kliniken und Leichenhallen von Wuhan, Bergamo oder New York harmlos an.»

Hier kratzt man sich nur am Kopf: Hä? Darf man gegen Pandemien erst etwas unternehmen, wenn das Leid so gross wird wie im opferreichsten Krieg der Menschheitsgeschichte?

Doch das ist nicht Baurs einzige Weltkriegs-Analogie. Er beschreibt, wie Winston Churchill 1940 die Angst und Panik im Land angesichts der deutschen Luftangriffe klein halten wollte. Wäre Panik ausgebrochen, so Baur, hätten die Briten den «von Hitler anerbotenen Frieden» akzeptiert und damit den «Terror sofort gestoppt». Churchill habe die Bevölkerung und die Medien davon überzeugt, dass man «nur die Wahl des geringeren Übels hatte». Abgesehen von der «kreativen» Geschichtsdeutung des Weltwoche-Redaktors (dass eine «Panik» im Vereinigten Königreich Hitler den Sieg in From eines Friedensabkommens beschert hätte, ist eine These, die einzig Alex Baur vertritt), ist die gesamte Churchill-Analogie wenig mehr als ein Confirmation Bias: Ein Denkfehler, bei dem Informationen so ausgewählt und präsentiert werden, dass sie die eigenen Erwartungen bestätigen. Wie im Falle von Baurs Churchill-Analogie macht das Ganze aber oft irgendwie irgendwie nicht richtig Sinn, weil man nicht ergebnisoffen nach Fakten sucht, um sich eine Meinung zu bilden, sondern Fakten so zurechtbiegt, dass sie zu der bereits existierenden Meinung passen.

Mit seiner Churchill-Analogie möchte Alex Baur argumentieren, dass wir, anders als damals die Briten im Zweiten Weltkrieg, im Zuge der Coronavirus-Pandemie der Panik freien Lauf gelassen und darum den «Lockdown» eingeführt haben. Und der «Lockdown» sei das grössere Übel als – ja, als was eigentlich? Alex Baur beschreibt mit keinem Wort, was genau das kleinere Übel wäre. Gar keine Massnahmen und eine ungebremste Epidemie? Andere Massnahmen, die genauso gut wirken wie die aktuellen? Und welche wären das denn? Oder Massnahmen, die einen Kompromiss zwischen Nutzen und Schaden darstellen? Es ist sehr einfach, etwas als das grössere Übel zu bezeichnen, wenn man sich nicht die Mühe macht, zu definieren, was das kleinere Übel sein soll.

Grundsätzlich macht Baur denselben Denkfehler wie Somm: Weil Leid und Tod der Pandemie nicht so gross seien, wie sie hätten sein können, sei der «Lockdown» falsch – dass aber der «Lockdown» gerade dazu beigetragen hat, das Schlimmste zu verhindern, kommt Baur offenbar nicht in den Sinn.

***

Die untersuchten Artikel folgen alle demselben Muster: Je lauter die Forderungen und je schriller die Rhetorik, desto dürftiger die argumentative Unterfütterung. Das ist ein Problem. Denn die privilegierten Stimmen, die in den Medien derart prominent zu Wort kommen, beeinflussen die Meinungsbildung ihrer jeweiligen Publika. Und wenn das frei von Logik und Fakten erfolgt, kann es gefährlich werden.

Es gibt bereits erste Erkenntnisse aus den USA, dass Fehlinformationen und verzerrende Kommentare in den Medien einen negativen Einfluss auf das Verhalten der Bevölkerung haben: Weil die Pandemie über Wochen und Monate kleingeredet und die möglichen Massnahmen gegen die Pandemie kritisiert wurden, haben Millionen von Menschen Empfehlungen wie «Social Distancing» und Händewaschen nicht ernst genommen und damit sehr wahrscheinlich viel vermeidbares Leid und viele Todesfälle mitverursacht.

In der Coronavirus-Pandemie wird viel über Desinformation, Fake News und Verschwörungstheorien in sozialen Medien, Blogs und auf YouTube geredet. Durchaus zurecht, weil solche Inhalte eine Gefahr für die öffentliche Vernunft und für die öffentliche Gesundheit darstellen können. Doch es lohnt sich, auch die irrationalen Meinungsbeiträge in den etablierten und «seriösen» Medien genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch dort verbreiten nämlich Menschen mit wenig bis keinem Fachwissen und ohne Rücksicht auf Logik moralisch dubiose bis gefährliche Thesen, welche bestenfalls der Rationalität des öffentlichen Diskurses einen Abbruch tun, schlimmstenfalls unnötiges Leid und Tod verursachen.

Leserbeiträge

Heinz Baumann 28. April 2020, 20:21

Sehr plausibel und für die zitierten Männer und die Frau entlarvend auf den Punkt gebracht. Vielen Dank!

Nina Zhao Seiler 29. April 2020, 07:55

Vielen Dank für diese Analyse. Ich wünsche mir, ein solches kritisches Denken würde bei und weiter verbreitet und in Schulen vermittelt!

Ueli Custer 29. April 2020, 08:02

Wenn sich in den sozialen Medien einzelne Menschen mit solchen lächerlichen Argumentationen wichtig machen, kann man das ja noch verstehen. Dass sich aber gestandene Journalisten nicht zu schade sind, wider besseres Wissen irgendwelche abstrusen Texte abzusondern, erschüttert dann schon mehr. Aber gerade die Weltwoche tritt ja mit dem Anspruch an, das Gegenteil der „Mainstream-Medien“ zu schreiben. Und dazu muss man halt manchmal die Realität ausblenden.

Lotti Eschmann 29. April 2020, 09:49

Vielen Dank für diese Analyse!

Schon am Anfang der strengen Massnahmen sagte jemand (hab den Namen leider nicht mehr), dass es ein Zeichen des Erfolges sein werde, wenn die Leute später finden, das sei alles völlig übertrieben gewesen. Ja eben, wegen den Massnahmen kam es ja gerade nicht zum Schlimmsten. Im umgekehrten Falle würden vermutlich die gleichen Leute den Behörden vorwerfen, dass sie zuwenig getan und damit das Leben vieler aufs Spiel gesetzt hätten. Die Situation ist nun mal neu und mit vielen Unsicherheiten verbunden.

Also, Diskussion ja, mit Behauptungen um sich werfen nein.

Oliver Brunner 29. April 2020, 11:13

Der Autor macht aber den gleichen Fehler, den er den Kommentatoren vorwirft. Hat er die ultimative richtige Einschätzung? Nein. Der Bundesrat und ausländische Regierungsstellen sind nicht unfehlbar. Es zeigt sich heute rückblickend, dass die Infektionszahlen bereits vor dem Lockdown wieder abnahm. Auf einmal können Kinder weder krank sein noch anstecken. Die Regierung war spät und hat dann überreagiert. Für zu starke Massnahmen gibt es das Totschlag-Argument: „Genau deshalb ging die Welt nicht unter“

chris 30. April 2020, 16:51

@oliver brunner: Weshalb sollte der Bundesrat die „ultimativ richtige Einschätzung“ haben? Die kann zur zeit noch niemand haben, weil man noch viel zu wenig über Covid19 und dessen Verlauf weiss. Aber der Budnesrat hat auch nie behauptet, im Besitz ultimativer Weisheiten zu sein. Er tut das,was man von einer aufrichtigen Regierung erwarten kann: Er orientiert seine Handlungen an den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und passt erstere dann letzteren an, wenn sich diese ändern. Genau wie er das bei der Entscheidung bezüglich „Kinder“ getan hat – und die er evtl. noch einmal wird ändern müssen, sollten sich die heute veröffentlichten neuen Erkenntnisse bestätigen. Er hat ausserdem die verfassungsmässige Pflicht, das Leben der Menschen in der Schweiz zu schützen. Diese haben all die schlauen KommentatorInnen nicht, denen ihre „Freiheit“, tun und lassen zu können was ihnen grad in den Sinn kommt, oder die Erwirtschaftung möglichster hoher Gewinne, wichtiger ist, als die Gefahr solcher Haltungen für andere.

BUGSIERER 29. April 2020, 11:19

eine schurni-kohorte des grauens.

 

walter helbling 29. April 2020, 14:28

Eine wohltuend sachliche und distanzierte Auseinandersetzung mit der nicht ungefährlichen Art der Argumente und Fakes von Egomanen, welche sich aus dem Solidarstaat verabschiedet haben.

Robert Weingart 30. April 2020, 13:37

Baurs Worte sind unerträglich.

Marcel Stalder 30. April 2020, 15:21

Eines ist sicher: Die meisten Staaten mit viel strengerem Lockdown als die Schweiz sind kein bisschen besser durch die Kriese gekommen als wir. Hausarrest bringt offensichtlich wenig. Nichts tun wäre auch schlecht. Wie weit soll/darf man gehen? Die Antwort ist keineswegs klar. Die Lock-Down-Freaks hier folgen einfach den Meinungen ihrer bevorzugten Experten (die sich scheinbar täglich ändern) und kritisieren alle, die sich eine eigenständige und ausgewogene Meinung bilden.

Sophie Strahm 30. April 2020, 16:22

Das sehe ich genau so, Herr Stalder und auch Herr Brunner, Danke!

Die Aussage von Herrn Kovic im Artikel: „Das Leid, das der «Lockdown» angeblich zu verursachen droht“ ist eine Missachtung ganz vieler Menschen, deren Lebensgrundlage in Gefahr ist. Angeblich?! Sind Sie blind und ohne Mitgefühl Herr Kovic? Oder sehen Sie einfach nur einen kleinen Ausschnitt, den Sie sehen wollen?

 

 

chris 02. Mai 2020, 15:46

1. Niemand weiss, wie die Länder mit strengerem Lockdown durch die Krise gekommen wären, hätten sie auf denselben verzichtet. Wie sich die Situation heute darstellt, ist sie w e i l es den Lockdown gab – udn nicht o b w o h l es ihn gab. Wollten Sie denn die Verantwortung für noch mehr Tote und noch mehr Probleme in Spanien, Italien etc. übernehmen. 2. Niemand übersieht die wirtschaftlichen Probleme, die der Lockdown verursacht(e). Aber: Die Wirtschaft kann man wiederbeleben. Tote Menschen nicht.

chris 30. April 2020, 16:56

@Marcel Stalder: Woher wissen sie denn, dass die strengen Lockdown-Regeln anderer Staaten nihts gebracht haben? Wissen Sie denn, wie es in diesen Ländern aussähe, hätte es diese strengen Regeln nicht gegeben? Das können Sie gar nicht wissen – weil der Versuch, ohne diese Massnahmen zu überleben, nicht gemacht wurde. Zum Glück nicht. Das italienische und das spanische Gesundheitssystem sind bereits so an und über ihre Belastbarkeitsgrenze hinausgeraten. Was glauben sie denn, was dort ohne Lockdown passiert wäre?  Man kann doch nicht aus der Tatsache, dass in der Schweiz oder deutschland mildere Massnahmen genühten, schliessen, dass diese überall gereicht hätten. Die Ausgangssituationen waren doch sehr unterschiedlich.

Marcel Stalder 30. April 2020, 17:12

Ich weiss es, weil ich es beobachten kann. Vergleichen sie die Zahlen der verschiedenen Länder. Das Virus verhält sich in Spanien nicht anders als hier. Also kann man die Wirkung der Massnahmen durchaus vergleichen. Natürlich sind Massnahmen nötig gegen die Ausbreitung des Virus. Es muss aber nicht gleich Hausarrest sein.

Ueli Custer 30. April 2020, 17:25

Man kann die Zahlen der verschiedenen Länder eben gerade nicht vergleichen. Wer viel testet, hat viele Fälle. Wer wenig testet, hat wenig Fälle. Und wer erst bei einem konkreten Verdacht testet, hat mehr Fälle als wer auch Leute ohne konkreten Anlass testet. Das ist doch nicht so schwer zu begreifen, oder?

Marcel Stalder 30. April 2020, 17:31

@Custer: Es stimmt, nicht alle Zahlen sind direkt vergleichbar. Die wichtigste aber schon: Die Abweichung der Sterblichkeit vom langjährigen Trend. Die ist, meiner Meinung nach, die sicherste Zahl. Und dort ist die Sache eindeutig.

walter helbling 30. April 2020, 17:38

@Marcel Stadler,  keine Ahnung, wie Sie zu dieser Ansicht kommen. Vergleichen Sie doch bitte auf den Seiten der John Hopkins Universität die Statistik der täglichen Neu-Infektionen in der Schweiz, Spanien, Schweden und den USA. Die Länderliste links, die Statistik unten rechts und dann auf Daily Cases klicken. Die Grafik lässt sich vergrößern. Hier können Sie den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Sanktionen  und deren Wirkungen ablesen.

Marcel Stalder 30. April 2020, 17:42

@Helblich: Hier verweise ich auf Herrn Custer.

chris 03. Mai 2020, 18:08

Das Virus verhält sich natürlich nicht anders als überalle. Dem Virus ist es nänlich egal, wo es sich verbreitet. Aber die Gesundheitssysteme sind in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich belastbar. Die ganzen Einschränkungen dienen ja vor allem dem Zweck, die Verbreitung des Virus‘ zu verlangsamen, damit die schwer Erkrankten eine Chance auf adäquate Behandlung haben. Und wenn ein Gesundheitssystem bereits dann zusammenbricht, wenn alle Möglichkeiten ergriffen wurden, die Virus-Ausbreitung zu verlangsamen, dann möchte ich mir nicht vorstellen, was ohne „Verlangsamungs-Massnahmen“ passiert wäre. Und das wissen Sie auch nicht, weil eben Italien und Spanien (als Beispiele) eine ungebremste Ausbreitung nicht ausprobiert haben. Es war z.B. in italienischen Spitälern auch so schon schlimm genug.

Urs Schneider 30. April 2020, 21:28

Sehen Sie sich doch mal die Zahlen von Argentinien (Stand 29.4.) an: 214 Tote (0.47 auf 100‘000 EW) und Schweiz 1‘716 Tote (19.57 auf 100‘000 EW). In Argentinien wurde am 18.3. ein strenger Lockdown verfügt, obwohl es damals weniger als 100 Coronafälle und erst 2 Todesopfer  gab. Das Resultat spricht eine klare Sprache.

Marcel Stalder 30. April 2020, 22:29

Gerade auch in Argentinien steigen die Zahlen der Infizierten derzeit leider stark an. Es ist eines der Beispielländer, wo man aufzeigen könnte, wie fragwürdig der Nutzen eines kompletten Lockdowns ist im Vergleich zu den immensen Kosten, die dadurch verursacht werden. Die Frage muss lauten: Kann man eine Eindämmung auch ohne dise Schäden erreichen. Die Antwort scheint mir klar: Bei uns ist der Lockdown weit weniger rigoros, und bei uns gehen die Zahlen der Neuinfektionen zurück (anders als in Argentinien).

Urs Schneider 30. April 2020, 23:39

Wie wärs mit Fakten statt Behauptungen. Zurzeit gibt es in Argentinien täglich zwischen 100 und 150 neue Fälle, und das bei einer Bevölkerung von 45 Mio. Einwohnern. Von einem starken Anstieg kann da nicht die Rede sein. In der  Schweiz mit 8.8 Mio EW. gab es in den drei letzten Tage: 100 / 143 /179 neue Coronafälle.

 

Marcel Stalder 01. Mai 2020, 08:01

 

Wenn Sie die Zahlen vergleichen, muss doch auffallen, dass sich die Entwicklung trotzt Ausgangssperren nicht aufhalten lässt. Vergleichen Sie Frankreich mit der Schweiz: Die Kurven sind sehr ähnlich (nicht absolut, aber relativ), nahezu deckungsgleich. Oder Italien mit der Schweiz. Es gibt einige Ausnahmen (z.B. Japan) wo die Kurven aus irgendwelchen Gründen fundamental anders verlaufen. Einige Länder haben früh Massnahmen ergriffen und haben derzeit weniger Fälle (Argentinien). Aber es bleibt dabei: Sehr strenge Massnahmen konnten den Verlauf der Ansteckungen nicht fundamental ändern. Viele Ländern mit strenger Ausgangssperre haben die Lockerungen verschoben auf Mitte bis Ende Mai.

Mit dem Vergleich der Zahlen will ich nur deutlich machen, dass ein Punkt kommt, ab dem zusätzliche strengere Lockdown-Massnahmen nichts mehr bringen, dafür aber den wirtschaftlichen Schaden enorm vergrössern. Das Verhältnis Nutzen/Kosten stimmt dann einfach nicht mehr! Zum Glück haben das auch die Verantwortlichen erkannt und lockern jetzt in den meisten Ländern die Zügel etwas.

Verharmlosen will ich keineswegs. Nur dazu beitragen, dass man davon wegkommt, die enormen Schäden der Massnahmen einfach wegzuargumentieren und „streng“ mit „besser“ gleichzusetzten. Die nächste Pandemie kommt irgendwann bestimmt: Ich hoffe, wir werden dann aus der Corona-Kriese gelernt haben.

 

Ueli Custer 01. Mai 2020, 08:32

@Urs Schneider: Die Zahlen sprechen eben gerade keine klare Sprache. Lesen Sie meinen Post von gestern Nachmittag! Nicht einmal die Zahl der Toten ist vergleichbar. In GB fehlen z.B. alle, die in einem Altersheim verstorben sind. Und auch die Todesursache wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Sind es Tote durch oder im Zusammenhang mit Corona. Das ergibt riesige Abweichungen. In einigen Ländern gelten alle als Coronatote, die aus diesem Grund ins Spital eingeliefert wurden. Auch wenn die Todesursache schliesslich eine andere war.

Jaap Achterberg 01. Mai 2020, 08:54

Ausgezeichnet! Wer es kann soll dagegen halten. Sie können es offensichtlich. Besten Dank.

Urs Schneider 01. Mai 2020, 09:29

@Marcel Stalder

Wenn Sie die richtigen Zahlen vergleichen, sehen Sie sehr wohl, dass mit rechtzeitigen Massnahmen sehr viel erreicht wird. Hier sind die Zahlen:

Argentinien 45 Mio. EW: 214 Tote

Spanien 46 Mio. EW: 24’275 Tote

Italien 60 Mio. EW: 27’682 Tote

Frankreich 65 Mio. Ew: 24’087 Tote

UK 66 Mio. Ew: 26’097 Tote

In Argentinien gibt es also 25’000 Tote weniger, und das nicht „aus irgendwelchen Gründe“, sonder wegen einem rechtzeitigen Lockdown. Alles klar?

Marcel Stalder 01. Mai 2020, 10:06

Herr Schneider, versuchen Sie doch wenigstens zu verstehen, was ich meine. Ich habe mich, glaube ich, klar genug ausgedrückt. Es geht darum, wie, mit welchem Aufwand, man ein Resultat erzielt. Sie sagen selber: Argentinien (und andere Länder) haben RECHTZEITIG reagiert. Das ist das wichtige Stichwort. Aber „rechtzeitig“ impliziert nicht automatisch „streng“. Man muss rechtzeitig angemessen reagieren, und nicht einfach irgendwann denn Schalter umlegen und alle zu Hause einsperren.

Urs Schneider 01. Mai 2020, 12:07

Herr Stalder, ich versteh schon was Sie meinen. Nur, was heisst angemessen? Aufrufen zum Händewaschen, auf Restaurantbesuche zu verzichten, nicht mehr ins Kino gehen; das genügt sicher nicht.

Hätte die Argentinische Regierung  nur dazu aufgerufen, sähe es heute in Argentinien so aus wie im Nachbarland Brasilien mit 90’000 Infizierten und über 6’000 Toten.

Noch zu Ihrer Information: Wir waren bis am 30.3. in Buenos Aires und haben den Lockdown (vom 18.3.) miterlebt. Die Leute waren nicht eingesperrt, man konnte Einkaufen gehen, zur Arbeit gehen wenn Home Office nicht möglich war. Hingegen war es nicht mehr möglich mit dem Auto / ÖV ans Meer oder in die Berge zu fahren. Für Sie mag das „streng“ sein. Wenn dadurch aber 25’000 Todesfälle weniger zu verzeichnen sind, sicher vertretbar.

Urs Schneider 01. Mai 2020, 10:52

@Ueli Custer

Ich habe Ihren Post von gestern schon gelesen. Im Fall von Argentinien geht es nicht um ein paar 100 Todesfälle die vergessen oder dazu gezählt wurden. Wenn ein vergleichbares Land 100 mal weniger Todesfälle hat, ist das signifikant – selbst für einen Nicht-Mathematiker. Und das ist dem rechtzeitigen Lockdown zu verdanken. What else? Am grösseren Fleischkonsum der Argentinier oder am fehlenden 5G-Netz dürfte es kaum liegen.

 

Ueli Custer 01. Mai 2020, 11:40

@Urs Schneider: Eine wichtige Rolle spielt auch, wie viele Wochen verstrichen sind, seit der erste Corona-Fall registriert wurde. Es ist doch sicher ein Unterschied, ob das 4 oder 12 Wochen her ist. Da ich diese Daten alle nicht kenne, hüte ich mich vor voreiligen Schlüssen. Zudem ist nicht nur die Härte der Massnahmen entscheidend, sondern auch die Zeit, die zwischen dem ersten Fall und dem Verhängen der Massnahmen verstrichen ist. Und ein weiterer Punkt: Die Argentinier haben praktisch alle einen Teil ihres Lebens in einer Diktatur verbracht. Da ist es einfacher, von Anfang rigorose Massnahmen durchzusetzen. Zudem steht dort ein stehendes Heer durch Durchsetzung zur Verfügung. Wenn der BR schon kurz nach den ersten Fällen im Tessin eine Ausgangssperre verhängt hätte, wäre dies von der Bevölkerung nie akzeptiert worden. Auch das ist zu berücksichtigen.

Urs Schneider 01. Mai 2020, 15:17

@ Ueli Custer

Zum ersten Teil Ihres Post möchte ich mich nicht mehr äussern. Hingegen bedarf Ihre Aussage bezüglich Argentinien einer Richtigstellung. Sie schreiben:

Die Argentinier haben praktisch alle einen Teil ihres Lebens in einer Diktatur verbracht.

1. Alle Argentierinnen, die heute jünger als 45 Jahre alt sind, haben die Diktatur (1976-1983) nicht mehr erlebt und das sind an die 50% der Bevölkerung (also ziemlich weit weg von praktisch alle).

2. Den Argentiniern zu unterstellen, sie würden sich „rigorose Massnahmen“ wegen der Vergangenheit eher unterwerfen, ist schlichtweg falsch und kann nur jemand machen, der Argentinien nicht kennt. Für den Teil der Bevölkerung, der die Diktatur noch erlebt hat, gilt „nunca mas!“, also „nie wieder“. Damit ist natürlich die Militärdiktatur gemeint.

3. So viele Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Obrigkeit wie in Argentinien, gibt es kaum in einem westlichen Land. Die Avenida 9 de Julio (eine der Hauptverkehrsachsen von Buenos Aires) wird praktisch jede Woche einmal von Demonstranten gesperrt ohne dass die Polizei eingreift. Die Argentinier haben weder von der Polizei noch vor dem Militär grosse Angst. Der Lockdown wird daher in Argentinien recht gut akzeptiert. Die Argentinier haben im Nachbarland Brasilien gesehen, wie es ohne oder zu späte Massnahmen herauskommt. Interessanterweise kommt die Opposition gegen den Lockdown aus dem rechtsbürgerlichen Spektrum der Bevölkerung, also dem Teil der Argentinier, der auch der Militärdiktatur wohlwollend gegenüberstand.

Ueli Custer 01. Mai 2020, 18:31

@Urs Schneider: Ich gebe mich geschlagen.

Marcel Stalder 01. Mai 2020, 11:08

Die glaubwürdige Statistik in Euromomo (https://euromomo.eu/graphs-and-Maps) zeigt vielleicht am Besten, was ich meine: Die Übersterblichkeit korreliert kaum  mit der Rigidität der Massahmen gegen die Pandemie. „Strenge“ Massnahmen sind nicht notwendigerweise „bessere“ Massnahmen. Es kommt offensichtlich auf andere Faktoren mehr an. Ich würde vermuten: Rechtzeitig Hygienemassnhmen fördern und Menschenansammlungen vemeiden.

Nötig Hans 01. Mai 2020, 17:33

Welche Fakten, welche Logik? Mit ein bisschen Abstand, mehr als 2 Meter!, und einer kleinen Portion „sog. gesundem Verstand“ kann man vermutlich bald mal sehen, auf was für einen monströsen Schwindel die Welt gerade(pandemisch hereinfällt. Schon irgendwie peinlich. Die Folgen, für, und vorallem IN den Menschen sind riesig. Aufwachen und sich verwundert die Augen reiben…

Schweizer 02. August 2020, 12:53

 Ich zweifle an der Kompetenz der Menschen die fürs solche Dinge Verantwortlich sind und eigentlich richtig handeln sollten und ehrlich zum Volk sein müssten.
In meinen Augen hat jeder der in diesem Land etwas zu sagen hat einfach nur Angst und keinen Mut irgendwie zu handeln oder entscheiden!
Ich befinde mich momentan in Isolation und wissen Sie warum weil ich nie krank bin, Zuhause schaue das ich nichts kriege, aber ins Militär gehen und siehe da… ich wurde positiv getestet weil im Militär Chaos herrscht und dort eifach jeder kommen kann ohne das man die Massnahmen richtig einhalten kann, da die Kasernen nicht für solche Dinge ausgelegt sind!!
Vielen Dank Schweiz, Vielen Dank Armee
Einmal mehr sehe ich meine Familie nicht und die Bedingungen sind sehr Fragwürdig, im Gefängnis wäre es noch besser!