The Good, The Bad & The Ugly XXII
Keystone-SDA, Clubhouse, Republik
The Good – Keystone-SDA muss Rechenschaft ablegen
Ist das das Ende des Niedergangs? Vielleicht entpuppt es sich als blosse Randnotiz im jahrelangen Stellenabbau, der bis Pandemiebeginn auch noch von Millionendividenden an die Aktionäre begleitet worden ist.
2021 unterstützt das Bundesamt für Kommunikation Bakom das Textangebot von Keystone-SDA neu «mit einer Finanzhilfe von maximal vier Millionen Franken pro Kalenderjahr», wie es in der Leistungsvereinbarung heisst. Das entspricht knapp einem Zehntel des Umsatzes von Keystone-SDA 2019. Schon da erhielt die letzte verbliebene Nachrichtenagentur der Schweiz zwei Millionen Franken Defizitausgleich. Die Verdoppelung der Bundesgelder war bereits bekannt; die Neuigkeit liegt im Detail, in Abschnitt 3.3 der Leistungsvereinbarung 2021: «Personelle und publizistische Veränderungen».
Neu muss Keystone-SDA das Bakom vor inhaltlichem oder personellen Aderlass in der Zentral-, Sport- oder einer Regionalredaktion informieren. Wenn Abbaupläne beim Bakom zu Zweifeln führen, ob das Basisangebot in Deutsch, Italienisch und Französisch noch gewährleistet ist, kann dieses die Finanzhilfen kürzen. Ob diese Verpflichtung den Abbau bremst oder gar stoppt, muss sich zeigen.
The Bad – Club wider die Datenvernunft
Kennen Sie «Clubhouse»? Spätestens diese Woche hat die Audio-Only-App die Schweiz erreicht. Bereits bieten Medien, etwa der «Blick», eigene Talks auf der neuen Plattform. Der aktuelle Hype im deutschsprachigen Raum wäre aber kaum möglich gewesen, wenn es nicht massenhaft ironische Nutzer*innen gäbe, welche die bereits existierenden Sozialen Medien mit «Clubhouse»-Memes geflutet hätten. Oft zeigen diese Memes Wiener Würstchen. Clubhouse sei eine Plattform, wo Männer mit Männern reden. Ob ironisch oder nicht: Alle Nutzer*innen gehen rücksichtslos mit den Daten ihrer Handykontakte um.
Wer auf «Clubhouse» will, braucht das «Invite» einer Person, die bereits dabei ist. Wer solche Einladungen verschickt, muss der App Zugang zum Handytelefonbuch geben. Das ermöglicht es dem Unternehmen, Schattenprofile auch von all jenen anzulegen, die nicht dabei sind.
Weil es kein Unternehmen, sondern die Nutzer*innen selbst sind, die ihre Kontakte freigeben, handelt es sich – wiedermal – um eine Grauzone im europäischen Datenschutzrecht. Gemäss dem Digital Business-Magazin T3N kann es aber sein, dass jene, die «Clubhouse» auch beruflich nutzen, illegal handeln, wenn sie Kontaktdaten europäischer Bürger*innen ohne deren Einverständnis hochladen. Angesichts des Clubhouse-Hypes hat die Tech-Journalistin Adrienne Fichter bereits dazu aufgerufen, dass alle Fichters Nummer löschen sollen, bevor sie sich bei Datensaugern anmelden.
The Ugly – Rechtsextremer Monolog in der Republik
Wie berichtet man über Rechtsextreme? Daniel Ryser und Olivier Würgler machten in der «Republik» mit Jürgen Elsässer einen Versuch, der dem Rechtsextremen sehr viel Raum lässt: 8800 Zeichen direkte Rede und Paraphrasen. Elsässer breitet seine Sicht vom Deutschland Bismarcks bis zu den Jugoslawienkriegen unwidersprochen aus; sogar Verschwörungstheorien darf er analysieren – als wäre er ein Experte.
Die wenigen Einschübe in den Monolog stärken teilweise noch Elsässers Perspektive: Nachdem er erzählt, dass er auf einen neuen «Maidan» gehofft hat, übernehmen die Journalisten diesen Begriff. Oder sie schildern, dass er American Spirit raucht und ein Helmut Schmidt-Porträt in seinem Haus hängt. Der Beitrag endet mit Elsässers Unterscheidung zwischen «westlich-rationalistischen» und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Dem Elsässer-Monolog vorangestellt sind – grafisch abgetrennt – 6600 Zeichen mit Analysen von Rechtsextremismus-Expert*innen, etwa Annika Brockschmidt. Am Ende der Lektüre wirkt das wie eine blosse Packungsbeilage. Der Twitterer, der den Artikel mit der Bemerkung «Elsässer sagt ein paar kluge Sachen» teilte, scrollte wohl einfach darüber hinweg.
Auf Anfrage begrüsst Ryser Kritik am Text, wie sie etwa die Journalistin Anina Ritscher formulierte. Die Diskussion sei wichtig. Er bestreitet aber, dass die Rechtsextremismus-Expert*innen zum Beiwerk verkommen: «Zuerst Klarheit und Aufschlüsselung durch die Wissenschaftler*innen, danach der Wahnsinn.» Weitere Beiträgen zum Thema sollen sich «Aufschlüsselungen» widmen.
zinniker 23. Januar 2021, 10:54
Die linksextremen Medienwöchner suhlen sich wieder mal in ihrem Einheitsdenken-Sumpf.
Ueli Custer 23. Januar 2021, 13:01
Für mich hat sich der ganze Artikel wie eine einzige Blossstellung eines Verschwörungsfantasten gelesen und meine Meinung über solche Leute deutlich gestärkt.
Hanspeter Spörri 23. Januar 2021, 15:44
Ich kann die Kritik am Republik-Artikel ebenfalls nicht nachvollziehen. Der Weg, der Jürgen Elsässer in die Irre geführt hat, ist sichtbar geworden. Zum ersten Mal habe ich nun das Gefühl, ein wenig mehr zu wissen über den Mann, der ja tatsächlich klug ist, aber unglaublich dumme Theorien verficht – nicht erst heute übrigens. Schon als Linker war er ein dogmatischer Fantast.