«Schawinski»: Zum Schluss mit der Chefin in Bestform
In seiner drittletzten Sendung empfing Roger Schawinski SRF-Direktorin Nathalie Wappler. Das Gespräch mit der Chefin geriet zu einem seiner besten Talks: Kenntnisreich und klar strukturiert und ohne das geringste Ressentiment – obschon es ja Wappler war, die ihn aus dem Programm kippte.
Aufgrund der Vorgeschichte musste man mit dem Schlimmsten rechnen. Im vergangenen September entschied SRF-Direktorin Nathalie Wappler den Talk «Schawinski» abzusetzen. Gastgeber Roger Schawinski hätte gerne weitergemacht und sah sich als «Opfer des Zeitgeists, wo ‹alte weise Männer› aussortiert werden» («Sonntagszeitung»). Nun trafen die beiden aufeinander. Als eine seiner letzten Gesprächspartnerinnen lud der altgediente Journalist seine Chefin ein.
Wie Schawinski gegen Funktionsträger aus dem Unternehmen auftreten kann, das er bald verlassen muss, zeigte er unlängst im Gespräch mit SRF-Ombudsmann Roger Blum. Da ging es nicht um einen fachlichen Austausch unter alten Medienmännern. Vielmehr diente der Ombudsmann als «Blitzableiter» für einen aufgestauten Frust. Das war am 17. Februar.
Für die verbleibenden Sendungen verhiess das nichts Gutes. Selbst Schawinski grundsätzlich wohlgesinnte Journalisten prognostizierten ein ungeniessbares Ende. «Doch um spannende Talks geht es Roger Schawinski in seinem letzten Monat bei SRF offensichtlich nicht mehr. Sondern um eine Abrechnung», schrieb etwa Rico Bandle in der «Sonntagszeitung» vom 23. Februar.
Doch es sollte anders kommen.
Trotz des Zündstoffs, der in der Luft liegt, entwickelt sich das Gespräch mit SRF-Direktorin Nathalie Wappler zu einem der besten «Schawinski»-Talks. Keine Spur von Ressentiment, keine Tiefschläge, sondern echtes Interesse am Gegenüber und an der Auseinandersetzung mit Argumenten. Das liegt auch daran, dass Roger Schawinski sehr gut vorbereitet ist. Er trifft die wunden Punkte, lässt aber dem Gegenüber genügend Raum, um sich erklären zu können. So ergibt sich ein informatives und instruktives Streitgespräch zur Strategie von Schweizer Radio und Fernsehen SRF.
Schawinski bringt noch einmal all die Brennpunkte aufs Tapet, die in den letzten Jahren bereits für reichlich Gesprächsstoff sorgten. Etwa der (vor Wapplers Amtszeit) beschlossene Umzug grosser Teile der Radioinformation vom Studio Bern in den neuen Newsroom in Zürich. Ein Entscheid, den Schawinski für einen «Unforced Error» hält, weil SRF damit sehenden Auges mit der Politik auf Konfrontation geganen sei und im Bundeshaus Kredit verspielt habe. Die Kommunikation rund um den Studioentscheid habe der Glaubwürdigkeit des Unternehmens geschadet.
Wappler hält dagegen mit dem Verweis auf die Audiostrategie, die SRF nicht erst als Reaktion auf den Protest der Politik ausgearbeitet habe. Der Standort Bern solle auch weiterhin eine starke Rolle spielen, sagt Wappler. Etwa bei der digitalen Audioproduktion, Stichwort Podcasts. Noch im Dezember hiess es allerdings, dass künftig Zürich Leutschenbach «zum einzigen und zentralen Entwicklungs- und Produktionsstandort für digitale Audioangebote von SRF wird.» Ein Widerspruch, den Schawinski leider nicht aufgreift in der Sendung.
Im Laufe der weiteren Tour d’Horizon über die zahlreichen Baustellen von SRF kann Nathalie Wappler zu den unbestrittenermassen grossen Herausforderungen ausführlich Stellung nehmen. Seine Kritik trägt Schawinski fein, aber gleichwohl pointiert vor. Etwa wenn er rhetorisch fragt, was zuerst in Betrieb genommen werde, das neue Sendestudio im Newsroom Leutschenbach oder der Flughafen Berlin BER. Wappler reagiert auf diese Pointe zwar mit einem Lacher, aber sonst bleibt das Gesprächsklima kühl und sachlich.
Dank der vergleichsweise milden Moderation ist der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer beim Gespräch mit SRF-Direktorin Wappler umso grösser.
Zu einem alles in allem entspannten Austausch trägt auch bei, dass es Roger Schawinski unterlässt, die Absetzung seines Talks zu thematisieren. Dazu bietet sich ihm verschiedentlich Gelegenheit. Etwa, als er die Häufung prominenter Abgänge bei SRF problematisiert und dazu acht Köpfe einblenden lässt, die das Unternehmen aus den verschiedensten Gründen verlassen haben. Seiner ist nicht dabei. Das zeugt von Professionalität und Grösse.
Wenn nun nicht die Fetzen fliegen, oder, wie andere Kritiker schreiben, Schawinski «brav und bieder» auftritt, dann steht das zwar im Kontrast zu so manchen seiner früheren Talks, aber die besseren Sendungen waren das deswegen nicht. Im Gegenteil. Dank der vergleichsweise milden, aber nicht soften, Moderation ist der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer beim Gespräch mit SRF-Direktorin Wappler umso grösser. Schawinski lässt Widerspruch zu und hört sich einigermassen konzentriert an, was sein Gegenüber sagt. Auch springt er nicht willkürlich von Thema zu Thema, sondern hält sich an die anfangs angekündigte Struktur.
Wegen solch erhellender Gespräche wird man Roger Schawinski vermissen.
In einer guten halben Stunde kann sich das Publikum ein Bild machen, wie es um SRF steht. Nathalie Wappler antwortet offen und ehrlich. So wird auch klar, wie wenig eigentlich klar ist. Wann läuft das neue Sendestudio? «Das wird laufen. Das verspreche ich jetzt und da.» Wird die Werbung wieder anziehen? «Frag mich in einem halben Jahr.» Online-Strategie? «Das ist eine Herausforderung und das braucht Geld.»
Wegen solch erhellender Gespräche wird man Roger Schawinski vermissen. Mit ihm verlässt zwar nicht «der letzte unabhängige Journalist» das Schweizer Fernsehen, wie er das selbst unlängst behauptet hat, aber ganz sicher ein kantiger und einzigartiger Talkmaster.
Adrian Probst 10. März 2020, 22:40
Frau Wrappler wirkte ruhig, sachlich und souverän. Schawinski hingegen ziemlich hilflos. Er versuchte, Frau Wrapplers Leistungen als Jounalistin zu schmälern, z.B mit der Bemerkung, dass ihre letzte Stelle beim MDR ein zweitklassiger Sender ist. Schawinski stehen bei den Talks seine vorgefassten Meinungen im Wege. Seine Talks sind in der Regel Abrechnungen mit einem unliebsamen Gast. Ein guter Talkmaster ist er nie geworden.
Ingrid Isermann 12. März 2020, 20:03
Peinlich, dieses Interview… und peinlich diese Lobhudelei… Nichts Neues! Dafür mensplaining in reinster Form! Sowas werde ich keinesfalls bei SRF vermissen.
Ingrid Isermann
DöRFLiNGER André 16. März 2020, 03:12
Nick Lüthi: Nee, Unsinn > Ihr Kommentar ist reine Pflicht-Übung. Man wird Schawi nicht vermissen, das Interview war todlangweilig, ein Absteller; ich habe bald mal weiterge-zockt. Aber auch die befragte Person strahlte keine Stim-mung aus > dann hab ich wieder mal 5 Min. reingehört : dasselbe Gesülze. Nee, bin heidenfroh, wenn das leidige “Kapitel Schawi“ endlich vorbei ist. Der Besserwisser, Zuvielschnorri soll doch, mit 75, endlich “Ruhe geben“-.
Axel B. Bott 18. März 2020, 07:48
Ich weine Schawinski keine Träne nach. Ihre Lobhudelei im Bericht ist unerträglich. Seine Art, Frau Wappler immer wieder ins Wort zu fallen zeigte seine Bessserwisserei in Antworten und Fragen, die bereits klar waren. Frau Wappler hat richtig gehandelt, sie hat diesen Wichtigtuer gefeuert!