Warum die NZZaS gewinnt
Während viele Zeitungen Leser verlieren, legte die verkaufte Auflage der NZZ am Sonntag (NZZaS) von 2005 bis 2012 um 13 Prozent zu. Es liegt unter anderem am Kurs der Zeitung, dem grossen Namen und am Unvermögen der Konkurrenz.
2005 hatte die 2002 gegründete NZZ am Sonntag eine verkaufte Auflage von 115’671. 2012 waren es schon 130’837 Exemplare. Einige neue Leser sind wohl …
… Zugewinne durch Umsteiger der Tageszeitung
Alle einmal wöchentlich erscheinenden Zeitungen heimsen seit einigen Jahren Neuabonnenten ein, denen die Tageszeitung zu viel geworden ist. In Deutschland sind das vor allem die «Zeit» und die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung». In der Schweiz profitiert die NZZaS vom …
… Segeln unter der grossen Marke NZZ
Das Lesen der Marke NZZ bedeutet Prestige. Auch wenn man nur eine Weekend-Unterhaltungszeitung in der Hand hält, wirkt es so, als würde man harte intellektuelle Arbeit verrichten. Zu der man natürlich auch problemlos in der Lage ist. Eigentlich sieht es ja auch schon gut aus, wenn eine Zeitung einfach nur im Haus rumliegt. So muss der Besuch nicht denken, man könne gar nicht lesen. Ausserdem ist die NZZaS ein …
… Printmedium mit Stil
Mitarbeiter wie Jeroen van Rooijen oder Katharina Blansjaar sind eigentlich unersetzbar. Sie sehen nicht nur gut aus, sie haben auch glanzvolle Namen und verschiedene Brillen. Mal ehrlich, wie vertrauenswürdig wären denn Styletipps eines Köbi Bünzli oder einer Debbie Mötteli? Dann kann man seine Kleider doch auch gleich im Caritas-Markt kaufen. Eine stilvolle Zeitung ist zudem das perfekte …
… Medium für Frauen
Papiermedien werden je länger je öfter nur noch von Frauen gelesen, ausser die Weltwoche, da verhält es sich umgekehrt. Viele Frauen sind nämlich technischen Veränderungen anfangs eher kritisch eingestellt und mögen die immer wieder neuen Smartphones und Tablets nicht besonders. Einige von ihnen hassen sie sogar von ganzem Herzen, vor allem dann, wenn sie mit ihnen in eine Konkurrenzsituation um die Aufmerksamkeit ihrer Männer geraten. Das Schöne einer Zeitung ist, dass sie weder piepst noch blinkt. Und ihre Endlichkeit. Ist sie ausgelesen, darf man sich am Gefühl laben, etwas erledigt zu haben – ein edles Gefühl, viel erhabener als jenes, das sich nach dem Putzen der Küche einstellt. Sicherlich entgegen kommt vielen Frauen die …
… Ausrichtung links der Mitte
Die letzten Schweizer Parlamentswahlen wurden von jenen Parteien gewonnen, die sich in der Mitte aufgestellt haben, mit leichter Schlagseite nach links (GLP) und nach rechts (BDP). Anders als das aus einer liberalkonservativen Warte kommende Mutterblatt hat sich die NZZaS von Anfang an «progressiver» und vor allem leichter aufgestellt. Selbst wenn das Blatt öfters mit unbequemen Recherchen auffällt, so atmet es doch den grösstmöglichen Konsens der neuen Bildungsbürger: moderat links und grün und klar abgegrenzt gegenüber den vermeintlich «Vorgestrigen» der Blocher-SVP. Alles in allem gewinnt die NZZaS aber durch das …
… Unvermögen der Konkurrenz
Die Sonntagszeitung? Laaangweilig. Der Sonntag? Aaargau. Der SonntagsBlick? Traaash. Die NZZ am Sonntag? Weltläufigkeit. Es geht halt schon auch drum, welchen Eindruck man mit dem Accessoire Zeitung erweckt.
Fred David 07. November 2012, 13:37
Im letzten Absatz den Ist-Zustand sec auf dreieinhalb Zeilen zusammengefasst. Passt. Einzig das Wort „Weltläufigkeit“ würde ich relativieren wollen und etwas ungelenk durch „nicht so verknorzt schwiiiizerisch“ ersetzen.
By the way: NZZaS legte um 13% zu, die Sonntagszeitung verlor um 13%. Zwei Konkurrenzmedien aus der gleichen Stadt. Was sagt uns das über die Zukunft der einen Chefredaktion? Für die Antwort muss man nicht Mike Shiva und sein Orakel-TV bemühen.
Matthias 07. November 2012, 13:45
Gut beobachtet. Nur habe ich aus genau diesen Gründen vor wenigen Wochen mein NZZaS-Abo nicht mehr verlängert und lese jetzt nur noch die Original-NZZ. Fette Indiskretions-Schlagzeilen, regelmässiges FDP/SVP-Bashing, Sex&Crimes-Storys auf Boulevardniveau und dutzende Tipps über unerschwingliche Luxusprodukte haben mir die sonntägliche Leselust verdorben. Ähnlich krass-urban ist ansonsten nur das Tagi-Magi, das mittlerweile ungelesen im Altpapier landet.
Bernd Wenzlaff 10. November 2012, 15:36
Im Artikel wird erklärt, weshalb ich vor >1 Jahr auf das NZZaS-Abo verzichtet habe. @Matthias nennt die Einzelheiten, gehe völlig konform.
Die Alte Tante bleibt mein Leib- und Magenblatt, schon wegen des noch immer beachtlichen Feuilletons.
Jedoch keine üble Entwicklung, wird eine NZZaS als Accessoire, gar als Lebensstil betrachtet. Für die Journalisten, die das Blatt herstellen. Immer noch besser, als Lohnschreiber von Konzernen zu werden. Wobei die Unterschiede sich bereits in changieren bewegen.
Milo Brunner 07. November 2012, 13:56
Das ständige „Vorgestrigen“-Bashing ist besonders amüsant zu beobachten, wenn man weiss, dass der Chef der NZZaS selbst bei einer Zunft, also quasi dem Prototyp der „vorgestrigen“ Organisation, in Amt und Würden steht. Wenn auch nur bei den „Vorgestrigen“ zweiter Klasse, eine historische Zunft ist es nicht.
Jürg Fischer 14. November 2012, 16:58
Sehr geehrter Herr Grob
Sie schreiben in Ihrem Beitrag: «Papiermedien werden je länger je öfter nur noch von Frauen gelesen, ausser die Weltwoche, da verhält es sich umgekehrt.» Können Sie mir sagen, auf welche Quellen Sie sich dabei stützen?
Vielen Dank und freundliche Grüsse
Jürg Fischer
Ronnie Grob 14. November 2012, 18:22
Der Text ist ja ein wenig humoristisch gehalten, und so ist auch die Passage über den Frauenanteil unter den Lesern der Weltwoche zu verstehen. Ich schreibe nicht, dass der Frauenanteil der Weltwoche generell klein ist, sondern dass die Weltwoche je länger je mehr von Männern gelesen wird und wurde – und nicht von Frauen, wie sonst so viele Printmedien. So jedenfalls glaube ich das zu beobachten. Kurz: Zahlen und Fakten liegen dieser Beobachtung keine zugrunde. Mich würde es allerdings wundern, wenn die Weltwoche-Leserschaft einen Frauenanteil von, sagen wir mal, mehr als 45 Prozent hat. Sollte das erwiesenermassen anders sein, bin ich gerne bereit, diesen Text anzupassen.
Jürg Fischer 15. November 2012, 09:55
Sehr geehrter Herr Grob
Dann darf ich das so zusammenfassen: Der Artikel ist humorvoll gemeint, aber ansonsten zahlen- und faktenfrei. Und wenn Ihnen jemand die klitzekleine Recherche abnimmt, herauszufinden, wie es sich mit der geschlechterspezifischen Nutzung von Printmedien verhält, sind Sie bereit, Ihren Artikel anzupassen. Soll das Medienkritik sein?
Mit freundlichen Grüssen
Jürg Fischer
Ronnie Grob 15. November 2012, 10:06
Wer Printprodukte tatsächlich liest, ist nicht zweifelsfrei mit Fakten zu ergründen. Zwar will jeder Verlag sich selbst, den Lesern, aber vor allem der Werbewirtschaft glauben machen, dass jedes Exemplar von mehreren Lesern gelesen wird, und zwar von vorne bis hinten, und besonders von der für die Werbewirtschaft besonders attraktiven Sorte Leser. Das kann man glauben oder auch nicht. Eine Analyse der Print-Leserschaft hat immer mehr mit Glauben zu tun als mit Fakten. Wenn Sie, Herr Fischer, über zweifelsfreie Fakten verfügen: Her damit!
Pascal Merz 21. November 2012, 16:05
Lieber Ronnie
Guter Text und eigentlich kann ich sehr viel von deinem Geschriebenen unterstreichen, aber Kleider mein Lieber wirst Du im Caritas-Markt wirklich „nur“ sehr sehr selten kaufen können. Der Caritas-Markt ist zu 98% ein Format für Nahrungsmittel und wirklich einkaufen können dort „nur“ Menschen, die auf oder unter dem Existenzminimum leben und diese müssen bei jedem Einkauf eine entsprechende Caritas-Markt Karte vorweisen. Ich gehe mal nicht davon aus, dass Du die Bedingungen für den Einkauf im Caritas-Markt erfüllst. Ansonsten bin ich dir gerne behilflich, dass Du zu einer solchen Karte kommst. Dafür müsstest Du mir jedoch deine finanzielle Situation offenlegen. Wie ich aus gut unterrichteter Quelle weiss, bist Du ein regelmässiger Weltwoche Leser und da weiss ich halt nicht, wie Du es mit der Transparenz so hast.
In diesem Sinne hoffe ich für uns alle, dass wir nie die Bedingungen erfüllen werden, um im Caritas-Markt einkaufen zu können respektive zu müssen.
Freundliche Grüsse
Pascal Merz
Leiter Einkauf von Caritas-Markt
Ronnie Grob 21. November 2012, 16:15
Vielen Dank für die Ergänzungen, Pascal. Zur Transparenz: Ja, ich bin regelmässiger Weltwoche-Leser. Nein, ich erfülle kaum die Bedingungen für den Einkauf im Caritas-Markt.