Alles für den Sponsor
Hier rollt SRF dem Sponsor den roten Teppich aus: Die neue Sendung «Gadget Box» auf SRF zwei zeigt sich geradezu massgeschneidert für die Bedürfnisse des Geldgebers. SRF übernimmt quasi das Content Marketing für den Sponsor microspot.ch.
Wer es nicht bessere wüsste, hielte «Gadget Box» für attraktiv und aufwändig gestaltete Werbeclips der Firma microspot.ch. Sind sie aber nicht. Seit drei Wochen steht «Gadget Box» im Programm von SRF als Sendung für ein «eine jung, urban, männlich» ausgerichtetes Publikum – und als Plattform für den Sponsor.
Die Präsenz von microspot.ch beschränkt sich nicht auf eine Nennung am Anfang einer Folge, wie man das von anderen Sendungen kennt. Vielmehr baut das Konzept der Sendung geradezu auf den Kernleistungen des Online-Shops auf. So steht «Gadget Box» wörtlich für einen vom Sponsor gelieferten Karton voller elektronischer Spielsachen. Direkt anschliessend an die erlaubten zehn Sekunden Sponsornennung sieht man dem Moderator beim Bestellvorgang zu, wie er sich durch die Website microspot.ch klickt. Dabei immer wieder gut sichtbar: der grüne Schriftzug des Sponsors. Als wäre das noch nicht genug, taucht kurz darauf der Lieferwagen auf, der die «Gadget Box» bringt, natürlich mit gut sichtbarem Logo des Händlers. Erzählt wird dann die Geschichte einer Gruppe Menschen, zum Beispiel einer Wohngemeinschaft oder einer Musik-Band, die von Moderator Daniel Bachmann mit allerlei mehr oder weniger nützlichen elektrischen Gerätschaften beglückt wird.
Alles im grünen Bereich findet SRF. Sonst wäre die Sendung ja nicht ins Programm aufgenommen worden. Derweil schaut sich das Bundesamt für Kommunikation die Präsenz des Sponsors in «Gadget Box» genauer an. Binnen Monatsfrist will die Aufsichtsbehörde abklären, ob das Intro, wo der Moderator im Online-Shop des Sponsors die Ware für die Sendung bestellt, allenfalls gegen die Sponsoringbestimmungen der Radio- und Fernsehverordnung verstösst. In Artikel 20 steht: «Die Sponsornennung darf nicht unmittelbar zum Abschluss von Rechtsgeschäften über Waren oder Dienstleistungen anregen, insbesondere nicht durch verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen.» Allerdings zählt die Anfangssequenz mit Moderator Daniel Bachmann nicht mehr zur Sponsornennung nach Definition der Verordnung. Dem Zuschauer dürfte diese Unterscheidung allerdings egal sein. Er sieht zum Start jeder Folge 25 Sekunden Film, wo sich alles um den Sponsor dreht.
Auch anderweitig drückt der Sponsor der Sendung den Stempel auf. Zwar nicht im rechtlichen Graubereich, aber in einer für SRF durchaus problematischen Form. So hat die Firma microspot.ch ein eigenes Portal rund um die «Gadget Box»-Sendung gebaut. Wer im Browser gadgetbox.ch eingibt, landet bei microspot.ch und nicht bei SRF. Die Domain gehört Coop als Mutter des Elektronikhändlers und nicht dem Schweizer Fernsehen. Damit der Sponsor die Videos der einzelnen Folgen in seine eigenen Werbeplattform einbauen kann, haben Coop/microspot.ch von SRF «die Lizenz erhalten, um sein Sponsoring-Engagement auf seinen eigenen Kanälen zu aktivieren». Über die vertraglichen Details geben SRF und der Werbevermarkter Publisuisse keine Auskunft.
Klar ist aber: Für den Sponsor ist das Ganze eine äusserst lohnende Sache. Er darf professionell produzierte Video-Inhalte mit dem Qualitätslabel SRF bei sich einbetten und mit einem Kauflink zu seinen Produkten garnieren. Aus unternehmerischer Sicht profitieren SRF und Coop/microspot.ch gleichermassen von dieser Zusammenarbeit. Der Sender stellt einen Sponsor zufrieden für gutes Geld, und dieser erhält ein einmaliges Umfeld für seine (Verkaufs)botschaften. Nur: SRF ist kein gewöhnliches Unternehmen.
Ein derart offensiver Ausverkauf seiner Inhalte steht einem öffentlich finanzierten Medienhaus schlecht an. Solange Radio und Fernsehen der SRG auch kommerzielle Einnahmen erzielen dürfen, wird das Unternehmen immer wieder der Versuchung unterliegen, einem Sponsor oder Werbekunden den roten Teppich auszurollen. Umso mehr, als dass auch am Fernsehen traditionelle Formate, etwa die Unterbrecherwerbung, an Wirkung einbüssen und daher kommerzielle Botschaften stärker mit dem Programm verwoben werden.
Update: Am 14. Juli 2016, mehr als ein halbes Jahr nach der Anfrage der MEDIENWOCHE, meldet das zuständige Bundesamt für Kommunikation, es sei «zum Schluss gekommen, dass kein werblicher Auftritt des Sponsors vorliegt. Das BAKOM sieht darum keinen Anlass, diese Angelegenheit weiter zu verfolgen.»
Thomas Mauch 12. Oktober 2015, 14:12
Ein aktuelles Beispiel von Radio SRF 1: Die neue Single von Bryan Adams ist seit drei Wochen auf der Playlist. Bis zum Erscheinungsdatum am kommenden Freitag wird, so die Moderatorin heute morgen, jeden Tag ein anderer Song gespielt. Am Freitag kann man die CD dann auch gewinnen.
Soviel Liebe von SRF1 für Bryan Adams??