von Ronnie Grob

Höchste Bundeshausjournalistin stärkt Behördenkommunikation

Eva Novak, die als Präsidentin der Vereinigung der Bundeshaus-Journalisten (VBJ) sowie als Leiterin von zwei Bundeshausredaktionen die Interessen von Journalisten vertreten sollte, schult in ihrer Freizeit Mitarbeiter des Aussendepartements EDA mit Kamera- und Interviewtrainings. Die Bundesangestellten sollen so ihre «Kommunikations- und Auftrittskompetenz» verbessern – gegenüber Journalisten, versteht sich.

Die Journalistin Eva Novak leitet mit einem 80-Prozent-Pensum die Bundeshausredaktionen der Neuen Luzerner Zeitung und der Zentralschweiz am Sonntag. Von ihr erscheinen auch regelmässig Texte in Publikationen wie dem St. Galler Tagblatt, der Ostschweiz am Sonntag oder dem Boten der Urschweiz. Darüber hinaus ist sie die Präsidentin der Vereinigung der Bundeshaus-Journalistinnen und Journalisten (VBJ). In dieser Funktion ist es ihre Aufgabe, die Rechte und Bedürfnisse von Bundeshausjournalisten gegenüber der Verwaltung vertreten.

2013 und 2014 arbeitete Novak nicht nur als Journalistin. Sie liess sich auch in ihrer Freizeit von der Verwaltung für verschiedene Medienseminare anstellen und bezahlen. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verbuchte Gelder für:

  • ein Medienseminar vom 1. Juni bis zum 31. August 2013
    (1600 Franken)
  • ein Medienseminar vom 28. April bis zum 31. Mai 2014
    (1600 Franken)
  • ein Grundkurs Medienarbeit vom 1. Mai bis zum 30. Juni 2014
    (700 Franken)

Auf Anfrage bestätigt das EDA diese Informationen. Man habe von Eva Novak «einzelne Ausbildungssequenzen auf Mandatsbasis» bezogen: «Bei den aufgeführten Beträgen handelt sich um Bruttohonorare, von denen die Sozialversicherungsbeträge abgezogen wurden. Die Verträge wurden mit Frau Novak persönlich abgeschlossen.» EDA-Sprecher Georg Farago – früher übrigens auch ein Journalist (St. Galler Tagblatt) – schreibt weiter: «Beim Medienseminar und Mediengrundkurs handelt es sich um EDA-intern organisierte Kurse. Sie gehören zu den obligatorischen Weiterbildungsmassnahmen für die EDA-Mitarbeitenden. Ziel der Kurse ist es, mittels Kamera- und Interview-Training die Kommunikations- und Auftrittskompetenz zu verbessern sowie Verständnis für die Arbeitsweise und Bedürfnisse von Medienschaffenden zu fördern. Insbesondere für die im Ausland eingesetzten Kader-Mitarbeitenden gehören Auskünfte an Medienschaffende sowie Radio- und TV-Interviews zum Berufsalltag. Die externen Mandate umfassen in der Regel ein ganz- oder halbtägiges Interview-Training in kleinen Gruppen.»

Ein paar Tausend Franken, die sich eine Journalistin neben ihrem Job verdient, sind nicht das Problem. Das Problem ist, dass Novak das Geld vom Bund bezieht. Sie unterstützt also konkret die Verwaltung, gegenüber der sie als Bundeshausjournalistin antreten sollte, darin, sich geschickter den Fragen der Journalisten zu widersetzen. Sie korrumpiert so nicht nur die eigene journalistische Glaubwürdigkeit, sie schadet damit auch dem Ansehen der Vereinigung der Bundeshaus-Journalisten (VBJ).

Novak selbst sieht die von ihr durchgeführten Kurse für Bundesangestellte nicht als Problem an. Sie beschreibt ihre Tätigkeiten für die Verwaltung wie folgt: «Was ein Kameratraining ist, können Sie sich vorstellen: Die Leute werden angewiesen, sich kurz und verständlich zu fassen, in die Kamera zu schauen und nicht ins Mikrofon zu beissen, sich angemessen zu kleiden etc. Geübt wird das in praxisnahen Situationen, unter anderem in Interviews. Ich sehe nicht, inwiefern sich das nicht mit meinen Tätigkeiten als Journalistin und als VBJ-Präsidentin vereinbaren liesse. Mein Arbeitgeber und meine Kollegen sind selbstverständlich informiert.»

Die Vereinigung der Bundeshaus-Journalistinnen und -Journalisten (VBJ), früher durchaus mit Haltung und Bedeutung, ist spätestens unter Novak in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht – in den Printmedien ist kaum die Rede vom der Vereinigung, im Internet ist sie nicht präsent. Ein sehr grosses Anliegen scheint der VBJ unter Novak vor allem zu sein, zu entscheiden, wer sich zum Club der vorgeblich ehrenwerten Bundeshausjournalisten zählen darf und wer nicht. Den Statuen gemäss vertritt die VBJ «die Interessen der Medienschaffenden im Bundeshaus gegenüber der Bundesverwaltung, der Regierung und dem Parlament». Davon vertreten fühlen sich nicht alle Bundeshausjournalisten. Der altgediente Journalist Markus Schär etwa, angestellt bei der «Weltwoche», schreibt auf Anfrage: «Die Bundeshausjournalisten und die Kommunikationsleute von Bundeskanzlei, Departementen und Bundesämtern sollten eigentlich natürliche Gegner sein. Die Bundeskommunikatoren, die sich immer noch rasant vermehren, betreiben teils pure Propaganda; die Journalisten müssten das aufdecken. Ein grosser Teil von ihnen schielt aber auf die andere Strassenseite, weil dort sichere, ruhige, besser bezahlte Jobs locken. Entsprechend verhalten sie sich, leider auch die Vereinigung.»

VBJ-Mitglied Urs Paul Engeler (Handelszeitung), der sich zweimal aufgrund von unwillentlich und unwissentlich begangenen Verletzungen von Sperrfristen vor dem VBJ-Vorstand rechtfertigen musste, sieht die Vereinigung als «schon immer viel zu behördennah», als «verlängerten Arm der Verwaltung», als «Fortsetzung des Beamtentums auf den Journalismus»: «Die VBJ müsste die Antipode zur Verwaltung sein. Sie sollte ihren Mitgliedern nicht Wohlverhalten predigen, sondern für offene Information kämpfen, das wuchernde Informationsbeamtentum und die Steuerung der Information von oben thematisieren und hart für die Rechte der Medienleute kämpfen. Das Ziel muss es doch sein, möglichst vielen Journalisten einen möglichst breiten Zugang zu möglichst vielen Informationen zu bieten. Denn die Informationen gehören der Öffentlichkeit, und nicht der Verwaltung und einem exklusiven Club von Journalisten namens VBJ.»

Andere Bundeshausjournalisten waren noch nie Teil der Vereinigung, und haben auch nicht vor, ihr beizutreten. So Christof Moser von der Schweiz am Sonntag: «Der VBJ ist mir zu wenig unabhängig. Was staatliche Behörden, also die Parlamentsdiente oder die Bundeskanzlei sagen, scheint für den VBJ massgebend zu sein. Das widerspricht meiner journalistischen Auffassung, die sich darin manifestieren muss, sich bei der Arbeit nicht staatlichen Vorgaben zu unterwerfen.»

Novak ist nicht die einzige Journalistin, welche sich von der Verwaltung bezahlen lässt. Bei Bedarf engagiere das EDA Journalistinnen und Journalisten für Medienseminare und Moderationen, lässt EDA-Sprecher Farago verlauten: «Eine Liste der Journalistinnen und Journalisten, mit denen wir in den letzten Jahren zusammengearbeitet haben, können wir Ihnen nicht abgeben.»

Will die VBJ zukünftig von den Journalisten ernstgenommen werden, dann muss sie mehr machen als einmal im Jahr eine Schulreise und einmal im Jahr ein Essen mit dem Bundespräsidenten zu organisieren. Mit der bescheidenen Jahresgebühr von 40 Franken ist die Schlagkräftigkeit des Vereins zugegebenermassen beschränkt. Festzuhalten aber bleibt: Nicht diese Anlässe, sondern die Durchsetzung der Rechte von (allen) Journalisten gegenüber dem Staatsapparat ist die vordringlichste Aufgabe der VBJ. Eine Präsidentin, die hinter den Kulissen gegen die Anliegen der Journalisten arbeitet, ist untragbar.

Leserbeiträge

Markus Schär 27. November 2015, 16:34

Ich habe auf einer Auslandreise erlebt, wie der mitreisende Mitarbeiter der EDA-Medienabteilung den Mann vor Ort für ein Interview mit Radio SRF drillte oder einen Konflikt mit der Zentrale und dem Botschafter wegen einer anstössigen „Blick“-Schlagzeile managte. Er machte das kompetent – er war vorher auch lange Jahre Journalist.

Das ist das Anstössigste an dieser Geschichte: Das EDA – wie alle Departemente und Bundesämter – bezahlt mit Millionen noch externe Experten, obwohl es Heerscharen von dafür kompetenten Leuten beschäftigt.

Peter Zbinden 28. November 2015, 21:17

Ach, Herr Grob, sind Sie immer noch betupft, weil Sie nicht als Journalist ins Bundeshaus reingelassen wurden?

Ronnie Grob 28. November 2015, 23:15

Da sind Sie falsch informiert, Herr Zbinden. Mir wurde der Zugang lediglich temporär nicht gewährt. Mehr dazu hier.

Wie auch immer, es hatte keinen Einfluss darauf, ob ich einen Artikel schreibe oder nicht schreibe. Finden Sie denn das Verhalten von Frau Novak nicht problematisch?