So wird die Behördenkommunikation auf ein sinnvolles Minimum beschränkt
Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: In der Sonntagszeitung fordert Simon Bärtschi, die Kommunikation der Bundesbehörden mit noch mehr Bürokratie zu beaufsichtigen und sie so einzuschränken. Falsch, findet Christoph Grenacher. Die Medien halten den Hebel selber in der Hand. Drei Vorschläge, was zu tun wäre für weniger warme Luft aus Bundesbern.
Dass sich die Bundesverwaltung (mit unserem Geld) eine Armada von Schönfärbern zulegt, um ihrem Arbeitgeber (nämlich uns) Informationen wohlfeil unterzujubeln statt nüchtern darzubieten, ist nicht eben fadengrader Service public. Simon Bärtschi ist darum beizupflichten, wenn er diese Praxis in der letzten «Medienmacher»-Kolumne der SonntagsZeitung als «Bienenfleissig, aber unnütz» deklariert.
Allerdings: Dass sich Medien über die Kommunikationsarmada aus der Verwaltung beklagen, ist scheinheilig. Wenn Journalisten bedauern, dass die Berner Nebelwerfer unentwegt Bullshit in die Redaktionsstuben pfeffern, so verweigern sich die Medien auch ihrem ureigenen Auftrag als Gatekeeper.
Selbst wenn der Jammer über das wachsende Heer von Berner Hofschranzen durchs Land hallt – was geschieht dann: Breite Kampagne in den Medien über steuerfinanzierte Behördenpropaganda? Informationspflicht oder Manipulation als Thema in der öffentlichen Debatte? Diskurs über die Abgrenzung zwischen PR und Journalismus in der Branche?
Iwo!
Die Karawane zieht weiter und bürstet den kurzfristigen Aufreger weg, der sowieso auf die Falschen zielte: Nicht die Verursacher sind zu tadeln, sondern die Empfänger. Die Medien hätten und haben es ursächlich in der Hand, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Doch was schlägt Bärtschi vor? «Eine Beschränkung des Ausstosses auf die wichtigsten Informationen, einheitliche Standards für alle Kommunikationsstellen sowie die Schaffung eines Rats für Kommunikation, wie ihn heute selbst Insider der Verwaltung fordern.»
Mumpitz, geschätzter Simon Bärtschi, Blendgranaten! Statt sich der Aufgabe der Medien zu erinnern, appelliert er an Standards und fordert zur Beschränkung der Kommunikationsbürokratie noch mehr Bürokratie. Als ob die Behörden auf Geheiss irgendeines neu gegründeten Gremiums auf Kompetenzen verzichten würden, die sie einmal erhalten haben.
Ich habe mal gelernt, dass Journalismus ein Handwerk ist und kein Lieferservice aus Bern. Das offenkundige Malaise kann somit nur durch Arbeit und Transparenz behoben werden – etwa folgendermassen:
- Schweizer Medien als Wächter der Demokratie nehmen ihren Auftrag ernst und lancieren eine auf die National- und Ständeräte fokussierte Kampagne mit dem Ziel, die Volks- und Standesvertreter an ihre Aufsichts- und Kontrollpflicht zu erinnern und dafür zu sorgen, dass mit politischen Vorstössen quer durch die Parteienlandschaft die Etats der Departemente und der Bundeskanzlei für öffentlichkeitsrelevante Aufgaben massiv beschnitten werden. Die Namen jener Parlamentarier, die sich einer Reduktion der Informationsflut des Bundes verschliessen, werden veröffentlicht. Initiiert wird die Kampagne von der Konferenz der Chefredaktoren (was tun die eigentlich?), den Branchenverbänden und –Organisationen und den Verlagen, denen es ja wohl nicht genügen kann, bloss Steigbügelhalter zu spielen.
- Schweizer Medien als vierte Gewalt im Staat etablieren eine nachvollziehbare Informationskultur in der Branche, die fallweise auch nachweist, in welchem Interesse welche Geschichte lanciert wurde. Wieso verweist die SonntagsZeitung bei einer Tourismusgeschichte lobenswert darauf dass die Reise von der Deutschen Zentrale für Tourismus unterstützt (und wahrscheinlich auch inspiriert) wurde – und wieso ziehen die Medienhäuser hier nicht mit durchgehenden Standards auch in andern Ressorts nach? Und wenn wir schon bei den Internas der Redaktionen sind: Wie wär’s mit einem Vertragszusatz, der nicht nur Modalitäten, Verhaltensweisen und Beziehungen zu Informanten regelt, sondern auch einen Kodex enthält bei einem Jobwechsel in eine öffentliche staatliche, kantonale oder kommunale Aufgabe?
- Schweizer Medien als Garanten des politischen und gesellschaftlichen Diskurses brauchen weniger Lippenbekenntnisse. «Mir wäre als Leser, Zuschauer und Verleger schon sehr viel geholfen, wenn es weniger schlechten und tendenziösen Journalismus gäbe», schrieb einst Michael Ringier. Den Worten wären einfach noch Taten beizufügen: In einer ernsthaften Aus- und permanenten Weiterbildung, einer steten Qualitätskontrolle und einer unablässigen kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen leidenschaftlichen Arbeit fänden sich Ansätze, dass die Medien ihre Aufgabe als eigenständige Plattformen zur Meinungsbildung und Partizipation des Souveräns erfüllen könnten. Und wenn sie dieses Zeitgeschehen, wie Pietro Supino verlangt, während sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr abdecken müssen, dann braucht es für 7/24 auch entsprechend genügend Personal.
Das, lieber Simon Bärtschi, das wäre dann auch bienenfleissig. Bloss auf der richtigen Seite.
Ronnie Grob 13. Mai 2016, 08:54
Guter Input! «Die Schaffung eines Rats für Kommunikation» will das erkannte Problem, dass zu viel Steuergelder verwendet werden, mit der Verwendung von weiteren Steuergeldern lösen.
Ich glaube, dass nur ein Rückbau unter gesetzlichem Zwang etwas bringt. Wieso sollte man den Behörden nicht verbieten können, zu viel Geld mit Schönfärberei in eigener Sache zu verschwenden? Gefordert ist die Politik.
Christoph Grenacher 13. Mai 2016, 14:19
Einverstanden – und sag ich ja auch: Gefordert ist eine Kampagne mit dem Ziel, die Volks- und Standesvertreter an ihre Aufsichts- und Kontrollpflicht zu erinnern und dafür zu sorgen, dass mit politischen Vorstössen quer durch die Parteienlandschaft die Etats der Departemente und der Bundeskanzlei für öffentlichkeitsrelevante Aufgaben massiv beschnitten werden. Die Namen jener Parlamentarier, die sich einer Reduktion der Informationsflut des Bundes verschliessen, werden veröffentlicht.
Aber: Dazu braucht es medialen Druck. Und zwar ordentlich