ARD und ZDF protestieren, die SRG kann damit leben
Alle Jahre wieder: Führt die Uefa die Kamera, gibt es nur Fussball zu sehen. Unschöne Szenen auf der Tribüne werden konsequent ausgeblendet. So auch an der Fussball-EM in Frankreich. Dagegen protestieren ARD und ZDF. Sie fordern Zugang zu umfassendem Bildmaterial. Die SRG dagegen sieht sich durch die Uefa-Vorauswahl in ihrer Freiheit nicht eingeschränkt.
Ob bei einem Europa-League-Spiel in Saloniki im letzten Herbst oder bei der EM-Partie England gegen Russland vom letzten Freitag in Marseille – wenn die Uefa das TV-Signal produziert, dann sieht der Zuschauer nur die schönen Seiten des Spiels. Weder Pyrotechnik noch Randale sollen das Bild trüben.
Sämtliche Sendeanstalten, welche die Spiele der Europameisterschaft zeigen, sind den vertraglichen Vorgaben des Turnierveranstalters unterworfen. Das wurde vorab ausgehandelt. Daher kann es nicht wirklich überraschen, wenn sich die Uefa beim aktuellen Wettbewerb so verhält, wie sie das bisher auch schon getan hat.
Nichtsdestotrotz erhebt sich Protest gegen die Praxis, nur geschöntes Bildmaterial zu liefern. Als am letzten Freitag russische Gewalttäter auf englische Fans losgingen im Stadion in Marseille, sahen das die TV-Zuschauer rund um die Welt nicht; und auch den Flitzer nicht im Kroatien-Spiel.
Das öffentliche Interesse an den unschönen und störenden Szenen mag angesichts des gleichzeitig laufenden Fussballspiels tatsächlich gering sein. Auch spricht gegen eine Ausstrahlung das Nachahmungsrisiko. So gesehen könnte man der Uefa sogar zugestehen, medienethisch verantwortungsvoll gehandelt zu haben.
Dennoch gemahnt die Bildpolitik der Uefa an Zensur. Sie unterläuft mit ihrer selektiven (und auch forcierten) Weitergabe eigener Inhalte und Blickwinke das Unabhängigkeitsgebot ihrer Vertragspartner. Gerade die öffentlichen und öffentlich-rechtlichen Anstalten sehen sich durch ihren Auftrag an sehr strenge Gebote gebunden.
Wenn nun ARD und ZDF ihre Stimme erheben gegen die Knebelung durch den Fussballverband, dann wirkt das angesichts der realen Vertrags- und Machtverhältnisse als wenig aussichtsreiches Unterfangen. Die Uefa sitzt am längeren Hebel. Dennoch ist es wichtig, wenn eines der grössten Medienunternehmen sich vernehmbar macht zu Eingriffen in die Berichterstattungsfreiheit – und sei der Anlass dafür nur ein Fussballturnier und nicht das Parkett der Politik.
Keinen Anlass zum Handeln sieht dagegen die SRG. «Bis jetzt ist eine Beschwerde für uns kein Thema», teilt SRG-Sprecher Daniel Steiner auf Anfrage mit. Das heisst: Die SRG übernimmt unverändert für alle Live-Spiele das von der Uefa gesendete Material. Ereignisse, welche die Uefa nicht ins Bild rückt, soll das SRG-Personal mittels Moderation und eigener Kameras einfangen, sowie in den Nachrichtensendungen aufgreifen. Das müssten sie tun, denn: «Die SRG-Mitarbeitenden haben die Pflicht, solche Geschehnisse in angemessenem Rahmen zu beschreiben – was sie auch tun», erklärt Steiner und präzisiert: «Andererseits soll Chaoten und politischen Protestierenden, die den Sportanlass für ihre Messages missbrauchen, keine unangebracht grosse Plattform geboten werden.» Darum kann die SRG mit der Bildpolitik der Uefa ganz gut leben.
Einem öffentlichen Sender stünde es dennoch gut an, das grenzwärtige Gebaren eines mächtigen Monoplisten nicht einfach als gegeben hinzunehmen, geht es doch hier auch um Grundsatzfragen einer unabhängigem Berichterstattung. Wer widerspruchslos sendet, was die Uefa liefert, signalisiert sein grundsätzliches Einverständnis mit dem Vorgehen. Genau so gilt: Die Uefa ist auf die öffentlichen und öffentlich-rechtlichen Sender mit ihren enormen Reichweiten angewiesen. Allein deshalb kann sie kein Interesse daran haben, den Bogen zu überspannen. Daran muss man sie aber regelmässig erinnern. ARD/ZDF machen das, die SRG nicht.
M. Wenger 14. Juni 2016, 15:30
ARD und ZDF sind Heuchler, siehe hier: https://propagandaschau.wordpress.com/2016/06/13/heuchler-des-monats-atlantikbruecken-propagandist-schoenenborn/
Auch die Schweizer Medien sind verlogen, weil sie die Aggression der russischen Fans mit wüsten Titeln gross aufmachen (Tagesanzeiger: „russische Gewalt“, „Russen-Team“ etc. geht’s noch?!), aber die Provokationen der englischen Fans (Pfeifen während der russischen Hymne etc.) und deren Gewalttaten verschweigen oder herunterspielen.
Die Medienwoche agiert einmal mehr als heuchlerische Pseudo-Kritikerin, die periphere Missstände aufgreift, aber des Pudels Kern geflissentlich ignoriert.
M. Wenger 15. Juni 2016, 18:18
Hier sieht man, was ARD und ZDF mit dem „umfassenden Bildmaterial“ machen: es wird mit politischer Absicht dreist geschnipselt und manipuliert. Ist das Ihre „unabhängige Berichterstattung“, Herr Lüthi?? Dann noch lieber Schönwetter-TV von der UEFA.
https://propagandaschau.wordpress.com/2016/06/15/ard-und-zdf-manipulieren-berichte-ueber-fankrawalle-um-russland-einseitig-zu-diffamieren/