Polizei verzichtet auf Herkunftsnennung: die Medienethiker vom Dienst
Die Stadtpolizei Zürich nennt die Herkunft von Straftätern nur noch auf Anfrage. Man wünschte sich sehr, dass diese staatliche Massnahme nicht notwendig geworden wäre.
Die Zürcher Stadtpolizei nennt ab sofort in den Medienmitteilungen die Nationalität von Tatverdächtigen, respektive Täterinnen und Tätern nicht mehr. Diese neue Praxis zielt vor allem auf die Berichterstattung über Straftaten wie Taschendiebstähle oder Bagatelldelikte, wie man sie als Kurzmeldungen auf den vermischten Seiten der Zeitungen und auch Nachrichten-Websites findet. Hier findet die Polizei, soll auf die Nennung der Herkunft verzichtet werden, da die Nationalität für die Straftat nicht relevant sei, wie der Zürcher Polizeivorsteher Richard Wolff sagte.
Dieser Entscheid hat weder mit «falscher Toleranz» noch mit «Political Correctness» zu tun, wie auch nicht mit einem «Verschweigen» oder «Vertuschen von unliebsamen Wahrheiten». Diese neue Regelung hilft vielmehr eine Diskriminierung und Stigmatisierung von Minderheiten zu verhindern, die mit einer automatischen Herkunftsnennung immer wieder unter Generalverdacht gestellt werden.
Die relevantere Frage lautet doch, weshalb häufiger Menschen mit Migrationsgeschichte eine Existenz am Rande der Gesellschaft führen.
Es ist bekannt, dass gewisse Gruppen in einigen Kriminalitätsbereichen teilweise überrepräsentiert sind. Das hat komplexe Gründe und erlaubt keine Rückschlüsse auf die Gesamtgruppe. Kriminalität ist kein Ausländer-, sondern vor allem ein Schichtenproblem. Zu den Ursachen gehören Armut, ein tiefes Bildungsniveau, zerrüttete Familienverhältnisse, Kriegs- und Fluchttraumas sowie andere Faktoren. Und diese Faktoren treffen im Verhältnis häufiger auf die Wohnbevölkerung mit Migrationserfahrung zu. Die relevantere Frage lautet doch, weshalb häufiger Menschen mit Migrationsgeschichte eine Existenz am Rande der Gesellschaft führen.
Gewiss ist es bei manchen Delikten nicht vermeidbar, dass die Herkunft ebenfalls thematisiert wird. Wenn beispielsweise von Menschenhandel die Rede ist, dann kann es sinnvoll sein, zu nennen, wo dieser seinen Ursprung genommen hat.
Das Problem liegt bei den Medienhäusern, die lieber einmal mehr die Nationalität nennen. Hier müsste der ethische Kompass in den Redaktionen justiert werden, bevor die Polizei in die Bresche springt und versucht, dieses Defizit auszubügeln.
Allerdings scheinen die meisten Redaktionen nicht im Stande zu sein, einen vernünftigen und nachvollziehbaren Umgang mit dieser Problematik zu üben. Gerade Massenmedien feiern oftmals die Verbindung zwischen Herkunft und Straftat. Immer wieder ist sogar von «Schweizern mit Migrationshintergrund» zu lesen.
Dieser Eingriff ist gerechtfertigt, so lange die Medien nicht selbst willens sind, die Herkunftsnennung mit der gebotenen Sorgfalt anzugehen.
Die medial hergestellte Verbindung einer Ethnie zu einer Straftat, beziehungsweise die «Ethnisierung» der Straftaten, ist irreführend und bietet vor allem populistischen Kreisen einen Nährboden. Es ist nur ein kurzer Weg bis zur öffentlichen Hetze gegen Minderheiten.
Die Regelung der Stadtzürcher Polizei stellt einen staatlichen Eingriff dar in die Informationsfreiheit. Dieser Eingriff ist aber gerechtfertigt, so lange die Medien nicht selbst willens sind, die Herkunftsnennung mit der gebotenen Sorgfalt anzugehen.
Zwar haben die Chefredaktoren von Schweizer Fernsehen, «Blick»-Gruppe und «20 Minuten» angegeben, die Herkunftsnennung mit Zurückhaltung zu praktizieren, als sie vom Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich Anfang 2017 befragt wurden. Allerdings geben sich die meisten Medienhäuser in der Praxis kaum zurückhaltend, mit wenigen Ausnahmen. Sicherlich würde hier mehr Vielfalt in den Redaktionen dazu beitragen, dieses Thema nicht bloss einseitig anzugehen.
So lange dies aber nicht der Fall ist, ist es zu begrüssen, dass sich Journalistinnen und Journalisten zuerst Gedanken machen müssen, ob die Herkunft direkt etwas mit der Tat oder dem Tatverdacht zu tun hat. Sollten sie zu diesem Schluss kommen, dann können sie sich bei der Stadtpolizei um diese Information bemühen. Man wünschte sich sehr, diese staatliche Massnahme wäre nicht notwendig.
Manuel Pestalozzi 09. November 2017, 17:06
Als Konsument von Nachrichten interessieren mich bei Täterinnen und Tätern von sowohl die Nationalität als auch das Geschlecht (das interessanterweise überhaupt nicht zur Debatte steht). Ich erwarte, dass diese Informationen bekanntgegeben werden und halte mich für reif und abgeklärt genug, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die „aktive“ Nichtnennung der Staatsangehörigkeit empfinde ich als eine Bevormundung. Wenn die Autorin des Beitrags der Meinung ist, ihre Leserinnen und Leser seien nicht in der Lage, Informationen „korrekt“ zu absorbieren, dann schiesst sie sich ja gewissermassen selbst in den Fuss.
Roland Huber 09. November 2017, 17:13
Viel Lärm um nichts! Das Volk ist weder naiv noch blöd. Es kennt z.B. die Zahlen von ausländischen Gefängnisinsassen: erschreckend! Ob’s Euch Medien nun passt oder nicht. Oder dem linken Zürcher Stadtrat. Nicht alle, aber viele Verbrechen, ob Kleinkriminalität oder „schwerere Sachen“ haben viel mit kulturellem Hintergrund von (Wirtschafts-) Flüchtlingen zu tun. Auch das passt Medien und linken Politikern nicht, die damit auch hierzulande mitverantwortlich für eine weitere Spaltung des Volkes sind. Die SVP dankt! Auch der Islamismus. Wie naiv darf ein Land sprich ein Kontinent sein? Nichts gegen eine an sich sympathische Naivität. Wenn zu viel davon, grenzt sie aber an Dummheit und wird gefährlich. Vor allem wenn ideologiegesteuert. Linker Populismus ist in diesen Belangen (siehe oben) gefährlicher als rechter.