von Nick Lüthi

Gewerkschaft SSM bringt Medienmagazin «Edito» in Not

Das Medienmagazin «Edito» wird von den Gewerkschaften Syndicom und SSM, sowie vom Berufsverband «Impressum» gemeinsam finanziert. Nun hat das SSM entschieden, nicht mehr weiter zu zahlen. Der Wegfall von jährlich 90’000 Franken trifft das Magazin schwer. Doch der Verlag rechnet trotzdem mit einem Weitererscheinen des Hefts.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet eine Mediengewerkschaft, die sich als Hüterin der Medienvielfalt versteht, das eigene Medienmagazin in existenzielle Nöte bringt. Genau das aber hat das Syndikat Schweizer Medienschaffender SSM getan. Eine Mehrheit der SSM-Delegierten entschied im Juni, die Mitfinanzierung des Magazins «Edito» per Ende 2018 einzustellen und den jährlichen Betrag von 90’000 Franken nicht mehr zu zahlen.

Damit bringt die Gewerkschaft jene Publikation in Schieflage, die sie einst selber mitgegründet hatte. Das «Edito» hat seine Wurzeln in der SSM Gazette, dem langjährigen Mitgliedermagazin der Gewerkschaft und dem Medienmagazin «Klartext», dessen Stifterin die Syndicom-Vorgängergewerkschaft SJU war. Bis vor einem Jahr amtete mit Philipp Cueni zudem ein SSM-Sekretär als Chefredaktor.

Nach dem Ausstieg des SSM bleiben dem «Edito» die Gewerkschaft Syndicom und der Berufsverband «Impressum» als Träger erhalten. Die beiden steuern 76’000, respektive 128’000 Franken pro Jahr für das Erscheinen des Hefts bei. Damit finanzieren sie die von ihnen bezogenen Mitgliederabonnements. Das heisst auch, dass fortan nur noch die Mitglieder von «Impressum» und die in Syndicom organisierten Medienschaffenden das Heft automatisch erhalten. SSM-Mitglieder kriegen das Medienmagazin nur noch, wenn sie es aus freien Stücken abonnieren.

«Nach langer und schwieriger Abwägung haben wir die Priorität auf die Sanierung der eigenen Finanzen gesetzt.»
Ruedi Bruderer, Präsident SSM

Den Entscheid, dem Medienmagazin die Mittel zu streichen, habe man nicht leichtfertig gefällt, erklärt SSM-Präsident Ruedi Bruderer auf Anfrage: «Nach langer und schwieriger Abwägung haben wir die Priorität auf die Sanierung der eigenen Finanzen gesetzt.» Zahlte das SSM weiter Geld fürs «Edito», ginge das an die Substanz der Organisation. «Ein Abbau von Arbeitsplätzen bei der Gewerkschaft wäre mit einem weiteren Engagement bei ‹Edito› unausweichlich geworden.» Bruderer erwähnt dabei im Speziellen «die Herausforderungen», die das SSM nach der «No Billag»-Abstimmung zu bewältigen habe. Tatsächlich ist die SRG-Hausgewerkschaft gefordert, wie selten zuvor, etwa im Zusammenhang mit der umstrittenen Standortpolitik der SRG und den absehbaren Folgen für das Personal. Und das kostet Geld. So gesehen erscheint der Verzicht auf die Mitfinanzierung von «Edito» als eine Fokussierung auf das Kerngeschäft einer Gewerkschaft.

Auch wenn der SSM-Präsident den Entscheid im Nachhinein als zwingend und existenziell für seinen Verband begründet, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur ein Zufallsmehr von zwei Stimmen im «Nationalen Vorstand» den Ausschlag gab, sich vom eigenen Medienmagazin abzuwenden. Für eine Streichung der Mittel sprachen sich insbesondere die Delegierten aus der Westschweiz und dem Tessin aus. Wegen der Abwesenheit einiger Deutschschweizer Delegierter erreichten sie so die knappe Mehrheit. Dass die lateinischen SSM-Sektionen die Mitfinanzierung eines Medienmagazins für verzichtbar halten, überrascht indes nicht sonderlich. Anders als die Deutschschweizer Mitglieder identifizierten sie sich weniger mit «ihrer» Publikation, obwohl «Edito» auch mit einer französischsprachigen Ausgabe erscheint. Ausserdem erhalten die welschen SSM-Mitglieder das Heft erst seit zwei Jahren automatisch als Teil der Service-Leistungen ihres Verbandes.

Es sei kein gutes Signal, «gerade in Zeiten wie diesen», sich als Mitherausgeberin eines Medienmagazins zu verabschieden.

An der Basis in der Deutschschweiz kommt der Entscheid des Nationalen Vorstands nicht gut an. Das zeigen auch die zahlreichen Zuschriften von Mitgliedern, die den Präsidenten erreichen. Es sei kein gutes Signal, «gerade in Zeiten wie diesen», sich als Mitherausgeberin eines Medienmagazins zu verabschieden, schreibt etwa ein enttäuschtes Mitglied.

Gefordert ist nun vor allem Ivo Bachmann. Der Basler Medienmacher amtet seit sechs Jahren als Verleger von «Edito» und muss sich nun überlegen, wie er mit weniger Mitteln auskommen soll. Die Lage sei zwar kritisch, kommentiert Bachmann den Sparentscheid des SSM auf Anfrage der MEDIENWOCHE. «Aber ich bin zuversichtlich, dass es ‹Edito› auch im nächsten Jahr in der gleichen Form wie heute noch geben wird.» Um das sicherzustellen, müssten sich nun möglichst viele SSM-Mitglieder «solidarisch zeigen und ihr heutiges Mitgliederabonnement in ein persönliches Normalabo umwandeln.» Das heisst: 69 Franken zahlen für sechs Heftausgaben pro Jahr, die es bisher als Teil des Mitgliederbeitrags «gratis» gab.

So bleibt am Ende, wie das bei den meisten anderen Medienunternehmen auch üblich ist, der Rotstift. Viel Sparpotenzial gibt es bei «Edito» nicht.

Um den angerichteten Schaden in Grenzen zu halten, weibelt das SSM derzeit bei seinen Mitgliedern mit Briefen und Newslettern dafür, diesen Schritt doch zu tun und das Portemonnaie zu zücken. Um den wegfallenden SSM-Betrag durch private Abos zu ersetzen, müssten über tausend Mitglieder die 69 Franken bezahlen. Damit ist kaum zu rechnen. So bleibt am Ende, wie das bei den meisten anderen Medienunternehmen auch üblich ist, der Rotstift. Viel Sparpotenzial gibt es bei «Edito» nicht. Die Redaktion arbeitet schon heute mit minimalem Budget. Ein Leistungsabbau würde unvermeidlich und das dünne Blättchen noch dünner.

Der Ausstieg des SSM aus der Mitfinanzierung von «Edito» wirft ein Schlaglicht auf das seit jeher fragile Konstrukt der tripartiten Trägerschaft des Medienmagazins. Der Aussteig eines Verbands könnte eine Kettenreaktion auslösen, schliesslich schwimmen auch die beiden anderen Berufsorganisationen nicht im Geld. «Wir stehen klar auch weiterhin zu unserem Engagement. ‹Edito› spielt als Fachmagazin eine wichtige Rolle», betont Syndicom-Vizepräsidentin Stephanie Vonarburg auf Anfrage. Etwas weniger klar ist die Situation beim Berufsverband «Impressum». Es werde «zurzeit noch diskutiert und entsprechende Abklärungen sind im Gange. Unser Zentralvorstand hat sich dazu noch nicht geäussert», erklärte Zentralsekretär Michael Burkard Anfang September. Zwischenzeitlich kursierten zudem Gerüchte, die «Impressum»-Spitze wolle mit den 128’000 Franken, die der Verband heute für «Edito» zahlt, eine eigene Online-Publikation herausgeben. Das wiederum käme einem Todesstoss für das «Edito» in seiner heutigen Form gleich.

Leserbeiträge

Gerhard Lob 09. Oktober 2018, 17:16

Der Entscheid des SSM ist nicht nachvollziehbar. Bei 3000 Mitgliedern (so steht es auf der Webseite) entsprechen 90’000 Franken einem Beitrag von 30 CHF pro Mitglied und Jahr an die Zeitschrift. Das scheint mir nicht viel. Was also bringt eine solche Ersparnis?  Ich bin skeptisch, dass sich 1000 Privatabos finden lassen. Optimismus in Ehren, aber ich wäre mir nicht so sicher, dass sich „Edito“ auf Dauer  am Leben erhalten lässt. Schon jetzt ist die Zeitschrift recht dünn.