DOSSIER mit 485 Beiträgen

Medienethik

«Die Opferrolle steht mir nicht, ich will sie nicht.»

Am Reporterforum vom vergangenen Samstag in Zürich hielt Jolanda Spiess-Hegglin die Eröffnungsrede. Die frühere Zuger Kantonsrätin blickte auf die Zeit seit Ende 2014 zurück, als nach einer mutmasslichen Vergewaltigung die Berichterstattung über den ungeklärten Vorfall ihr Leben nachhaltig prägte und stark veränderte. 2000 Artikel über sie wurden veröffentlicht. «Und wissen Sie, wieviele dieser fast 2000 Artikel aufgrund Akten und Fakten recherchiert waren?», fragte Spiess-Hegglin. «Im Jahr 2015 war es einer.» Und dieser eine wurde damals auf Druck der Gegenpartei gelöscht. Das Gros der Medien hätte sich auch auf sie eingeschossen, weil sie ihr Spiel nicht mitgemacht habe: «Man hätte von mir erwartet, dass ich während einem Interview zusammenbreche. Man hätte mich mit Tränen in den Augen fotografieren wollen. Doch stattdessen war da immer diese Frau, die lächelte. Die stolz bleiben wollte.»

Weitere Beiträge aus diesem Dossier

Tom Kummer zum Fall Relotius: «… und wenn wir scheitern, dann schon tragisch.»

Während die vorweihnachtlichen Schlagzeilen vom Fall Claas Relotius beherrscht werden, stellt sich dem Betrachter mitunter die Frage, wie jene öffentlichen Selbstreinigungsakte der Zeitungsmedien eigentlich zu lesen sind – und was sie mit Blick auf die Geschichte des journalistischen Fakes bedeuten. Wir haben uns darüber mit demjenigen unterhalten, der es am besten wissen muss: Tom Kummer, Weiterlesen …

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«Ich wusste, dass er lügt»

Die Fälschungen des Reporters Claas Relotius treffen den «Spiegel» hart. Sein Kollege Juan Moreno deckte den Fall auf. Ein Gespräch über die Probleme bei der Enttarnung und Relotius‘ brillante Lügen.

Die Blender sind unterwegs

Ein junger Reporter hat für den «Spiegel» und womöglich noch andere führende Medien Fakten, Zitate und Personen gefälscht und ganze Reportagen erfunden: ein GAU für den deutschen Journalismus. Und vermutlich kein Einzelfall.

Der Fall Relotius: Systemversagen

Es kommt in den besten Blättern vor: Sie publizieren erfundene oder gefälschte Artikel. Trotz Dokumentation, Kontrolle, Gegenlesen. Diesmal war es einer vom «Spiegel». Der einsam recherchierende Reporter als Reputationsrisiko. Jeder Mitarbeiter des «Stern» zuckt heute noch zusammen, wenn man «Hitler-Tagebücher» sagt. Obwohl die Affäre bereits 35 Jahre her ist. Der renommierte und berühmte Reporter Gerd Weiterlesen …

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Jetzt braucht es extreme Transparenz

Der Fall Relotius kommt zu einer Unzeit. In einer Zeit, in der politische Akteure den Journalistinnen und Journalisten vorwerfen, nicht mehr zu schreiben, «was ist». In einer Zeit in der ein regelrechter Informationskrieg um Fakenews und «alternative Fakten» begonnen hat, ist die Glaubwürdigkeit mitunter das letzte Gut, das der Nachrichten-Journalismus für sich ins Feld führen Weiterlesen …